Relativismus

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Relativismus

Quelle: Lennhoff, Posner, Binder

ist die erkenntnistheoretische Lehre, derzufolge alle Erkenntnis nur relativ, nur in bestimmter Beziehung, nur für einen bestimmten Standpunkt gültig ist, nicht aber im absoluten Sinne, daß alles Erkennen im Subjekt verankert liegt. In ethischer Hinsicht bezweifelt der Relativismus nur die absolute Gültigkeit der konkreten sittlichen Normen, nicht aber die Prinzipien des Sittlichen an sich.

Im Altertum brachte den Standpunkt des Relativismus am besten der "Homo Mensura"-Satz des Pythagoras zum Ausdruck: "Der Mensch ist der Maßstab aller Dinge."

Kant vertrat den Relativismus in transzendentaler Hinsicht, setzte sich aber zugleich für die Absolutheit der "Fundamental-Erkenntnisse" ein. Relativismus darf mit Skeptizismus (s. d.) nicht verwechselt werden.

In der Gegenwart bringen den Standpunkt des Relativismus die Als-ob-Philosophie (s. d.) Vaihingers, der Pragmatismus (s. d.) von James und der Neu-Humanismus von F. C. S. Schiller-Oxford am prägnantesten zum Ausdruck. Aus dem Relativismus läßt sich der Standpunkt der Freimaurerei zu den Problemen der Welt und der Menschheit ableiten. In ihrer Symbolik und in ihren Ritualen tritt die relativistische Einstellung klar zutage.

Die Freimaurerei ist von der Bedingtheit aller Wahrheiten durchdrungen Der Relativismus unterbaut die Toleranz mit Vernunftargumenten. Die Freimaurerei ist eine der Bewegungen, die vom Ausgang des Mittelalters an als Reaktion gegen die Unbedingtheit der Kirchenlehre und des politischen Absolutismus, als Reaktion gegen den Fanatismus jeder Art entstanden sind und auf Grund der Dogmenmüdigkeit den Typus des afanatischen Menschen hervorbrachten.

Auf religiösem Gebiet führten diese Strömungen zum Protestantismus, auf politischem Gebiet zur Demokratie. Auch die Freimaurerei entsprang dieser Einstellung.

Sie dürfte das einzige Gebilde sein, dem es auf die Dauer gelungen ist, Ideologie und Praxis weitgehend von Dogmen freizuhalten. Die Freimaurerei kann daher als eine Bewegung aufgefaßt werden, die relativistisch eingestellte Menschen zur Förderung des Humanitätsideals zusammenzufassen trachtet. Schenkel ("Die Freimaurerei im Lichte der Religions- und Kirchengeschichte") sagt, daß die Toleranz "ohne das Bewußtsein der Relativität aller geschichtlichen Formen und Ausprägungen" nicht denkbar wäre.