Zensur

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Zensur

Quelle: Lennhoff, Posner, Binder von 1932

Zur Verpflichtung des englischen Freimaurers gehört auch die noch heute im englischen Ritual enthaltene sehr alte Gelöbnisformel: "Further solemnly promise that I will not write those secrets, indite, carve, mark engrave or otherwise them delineate or cause or suffer it to be done by others, if in my power to prevent it on anything movable or immovable under the canopy of heaven, whereby or whereon any letter character, or figure may become legible or intelligible to myself or to any one in the world so that our secret art and hidden mysteries may improperly become known through my unworthiness."

(Ich verspreche ferner feierlich, daß ich diese Geheimnisse weder schreiben, noch diktieren, noch in Holz oder Stein eingraben oder bilden, oder in anderer Weise zur Darstellung bringen, noch auch zugeben werde soweit es in meiner Macht liegt, daß andere es tun, auf irgendeinem beweglichen oder unbeweglichen Gegenstand unter dem Baldachin des Himmels, wodurch oder worauf irgendein Buchstabe oder Schriftzeichen lesbar oder verständlich werden könnte für mich selbst oder irgendjemand auf der Welt, so daß unsere heimliche Kunst und die verborgenen Heimlichkeiten durch meine [Unwürdigkeit] Nichtswürdigkeit bekannt werden könnte.")

Keine freimaurerische Literatur

Würde diese Verpflichtung tatsächlich dem buchstäblichen Wortlaut nach durchgeführt, so gäbe es überhaupt keine freimaurerische Literatur. Denn alles, was von Freimaurern vom und über den Bund geschrieben wird, berührt irgendwie die Heimlichkeiten und Geheimnisse. In früheren Zeiten wurden daher alle maurerischen Untersuchungen usw. handschriftlich niedergelegt, was aber an sich schon einen Verstoß gegen die obige Verpflichtung bedeutet.

Druck unter Aufsicht

Man ging in den alten Logen des 18. Jahrhunderts so weit, daß man sogar daß Protokollbuch nach jeder Arbeit versiegelte und bei der nächsten Arbeit die Unberührtheit des Siegels umständlich prüfte. Bei Druckwerken suchte man sich dadurch zu schützen, das man die Veröffentlichung als "Manuskript für Brüder" kennzeichnete. Die angelsächsische (namentlich amerikanische) Freimaurerei verbietet noch heute die offizielle Drucklegung der Ritualbücher; in Amerika sind die sogenannten Chiffrebücher die von Privatunternehmern zur Unterstützung des Gedächtnisses herausgegeben werden, ausdrücklich mit dem Bann belegt. Es sind aus früheren Jahren Fälle bekannt, das Ritualbücher nur unter persönlicher Aufsicht von Freimaurern gedruckt werden durften u. a. m.

Staatliche Archive

In den meisten Staaten bestehen staatliche Institutionen, denen alle erscheinenden Druckschriften zur Verfügung zu stellen sind. Dadurch wurde an sich schon das Druckgeheimnis durchbrochen. Außerdem ging aber gerade von England eine wissenschaftliche Richtung aus, die sich in aller Öffentlichkeit der Untersuchung der alten Steinmetzenheimlichkeiten und der Logengebrauchtümer zuwandte. Trotz allen in früheren Zeiten getroffenen Vorsichtsmaßregeln war ferner auch nicht zu verhindern, daß freimaurerische Druckwerke nach dem Ableben des Besitzers in Antiquariate abwanderten und dadurch allgemein zugänglich wurden.

Traditionelle Bedeutung

Unter diesen Umständen hat der oben wiedergegebene Eid lediglich traditionelle Bedeutung behalten. Er soll dem Neophyten die strikte Geheimhaltung der Erkennungszeichen auferlegen und ihn eindringlich daran erinnern, daß er mit den Bestandstücken des Rituals nicht fahrlässig umgehen soll. Wie weit man in dieser Beziehung heutigentags die Grenzen stecken kann, zeigt das vorliegende Lexikon, das sich in seiner Anlage an die Grundsätze hält die bereits im "Allgemeinen Handbuch der Freimaurerei" festgelegt und auch vom "Verein Deutscher Freimaurer" bei der Neuherausgabe (s. Auflage) übernommen wurden. Diese und andere Handbücher wenden sich an Freimaurer und Nichtfreimaurer. Sie müssen also in erster Linie dem Freimaurer das geben, was er zum Verständnis seiner eigentümlichen Gebrauchtümer braucht. Und sie müssen in der Darstellung auch so klar sein, daß auch der Nichtfreimaurer soviel davon verstehen kann, um sich eine verläßliche Meinung bilden zu können.

Verantwortung

Setzte also der alte Eid eine durch viele Jahrzehnte fortgesetzte strenge Zensur aller zur Veröffentlichung bestimmten Arbeiten voraus, so kann heute als allgemeine Regel aufgestellt werden, daß eine Zensur nur noch von wenigen Großlogen ausgeübt wird und die Verantwortlichkeit für Veröffentlichungen dem Autor selbst zugeschoben wird. Dort, wo eine Großloge ihre Anschauungen darlegen will, bezeichnet sie diese als amtlich. Die Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland hat heute noch die Vorzensur aller, auch wissenschaftlicher Arbeiten ihrer Mitglieder inne, die in Druck erscheinen sollen. Auch für die ja im gleichen Geist wirkenden skandinavischen Großlogen gilt daßselbe.

Zensur

Im Herbst 1931 hat z. B. der König von Dänemark als Ordensmeister verfügt, daß ein nicht vorgelegtes kritisches Buch (der 2. Teil des Romans "→ En støtte for ham" von Grand Jean [Anm.: Louis E. Grandjean]) aus dem Handel zurückzuziehen sei. Solche Möglichkeit liegt in der Eigenart dieses Systems begründet. Im übrigen herrscht die richtige Anschauung vor, daß Zensur abzulehnen ist. Gewiß, wer die gegnerische Literatur durchsieht, findet immer wieder die verstimmende Absicht, für gelegentliche, unverantwortliche Äußerungen eines einzelnen die gesamte Freimaurerei verantwortlich zu machen. Das kann aber noch kein Grund sein, das Recht auf freie Meinungsäußerung zu beschneiden, das ja nichts mit dem freimaurerischen Geheimnis zu tun hat. Wozu eine andere Auffassung führt, hat man an den Schicksalen mancher freimaurerischer Forscher gesehen, denen "Verrat freimaurerischer Geheimnisse" vorgeworfen wurde: Krause, Moßdorf, Gaedicke, Schiffmann u. a.