Sagen über Freimaurerei Teil 2: Unterschied zwischen den Versionen
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Doch dieses Mal traf der Spruch nicht ein. Um die Zeit des Vollmondes nämlich nahete einst spät am Abende fünfzehn dunkle Gestalten von Männern zu Rosse und Wagen dem Gute, stiegen vor dem Schlosse ab und wurden wie erwartete Gäste vom gnädigen Herrn empfangen. Am anderen Morgen waren sie spurlos wieder verschwunden. Seit jenem Tage kamen jeden Monat immer um die Zeit des Vollmondes spät am Abende fünfzehn, zwanzig und bisweilen mehr vermummte Männer, von denen man am nächsten Morgen keinen sah. Sie versammelten sich im großen Saale des Schlosses, der zwar hell erleuchtet, aber fest versiegelt ward, redeten viel und sangen endlich um Mitternacht Lieder, die keiner der Bauern jemals gehört hatte, noch verstand. Der Kammerdiener allein, mit welchem der gnädige Herr so vertrauet umging, daß beide einander Bruder nannten, ja, wie Lauscher verriethen, bisweilen duzten, durfte in den Saal mit eintreten und hatte ausschließlich die Aufwartung, worüber sich besonders der Leibkutscher ärgerte. Fragende machte der Kammerdiener mit allerlei Schnurren nur zu Narren, und selbst sein Vater, der Dorfrichter, brachte nichts Gescheidtes aus ihm heraus. | Doch dieses Mal traf der Spruch nicht ein. Um die Zeit des Vollmondes nämlich nahete einst spät am Abende fünfzehn dunkle Gestalten von Männern zu Rosse und Wagen dem Gute, stiegen vor dem Schlosse ab und wurden wie erwartete Gäste vom gnädigen Herrn empfangen. Am anderen Morgen waren sie spurlos wieder verschwunden. Seit jenem Tage kamen jeden Monat immer um die Zeit des Vollmondes spät am Abende fünfzehn, zwanzig und bisweilen mehr vermummte Männer, von denen man am nächsten Morgen keinen sah. Sie versammelten sich im großen Saale des Schlosses, der zwar hell erleuchtet, aber fest versiegelt ward, redeten viel und sangen endlich um Mitternacht Lieder, die keiner der Bauern jemals gehört hatte, noch verstand. Der Kammerdiener allein, mit welchem der gnädige Herr so vertrauet umging, daß beide einander Bruder nannten, ja, wie Lauscher verriethen, bisweilen duzten, durfte in den Saal mit eintreten und hatte ausschließlich die Aufwartung, worüber sich besonders der Leibkutscher ärgerte. Fragende machte der Kammerdiener mit allerlei Schnurren nur zu Narren, und selbst sein Vater, der Dorfrichter, brachte nichts Gescheidtes aus ihm heraus. | ||
− | Nun war seit dem ersten Vollmondbesuche beim gnädigen Herrn von den Gästen ein riesiger starker Mann zurückgeblieben, der selten, wie es die damalige Sitte forderte, eine Perrücke trug, sondern sein eigenes lockiges glänzend braunes Haar, und von Niemanden dortiger Gegend weder der Herkunft noch dem Namen nach bekannt war. Die Bauern, welche von ihrem Schulmeister auch Erdbeschreibung erlernt hatten, stritten in der Schenke darüber, ob der Fremde ein Engländer, oder ein Franzose, oder gar ein Italiener wäre, denn er sprach mit den gnädigen Herrn immer wälsch, mit den Leuten aber nur gebrochenes Deutsch | + | Nun war seit dem ersten Vollmondbesuche beim gnädigen Herrn von den Gästen ein riesiger starker Mann zurückgeblieben, der selten, wie es die damalige Sitte forderte, eine Perrücke trug, sondern sein eigenes lockiges glänzend braunes Haar, und von Niemanden dortiger Gegend weder der Herkunft noch dem Namen nach bekannt war. Die Bauern, welche von ihrem Schulmeister auch Erdbeschreibung erlernt hatten, stritten in der Schenke darüber, ob der Fremde ein Engländer, oder ein Franzose, oder gar ein Italiener wäre, denn er sprach mit den gnädigen Herrn immer wälsch, mit den Leuten aber nur gebrochenes Deutsch, aus dem oft selbst der Pfarrer und der Schulmeister sich Verständliches nicht zusammenreimen konnten. Mit wunderlichem Geräthe, das ihm drei Hofeleute trugen, durchstreifte er Sommers wie Winters die Flur, und aß sogar, wenn ihn die Lust ankam, hier und da Erde, während diese ihm aus Erbarmen ein Stück von ihrem Brote vergebens anboten. War etwa regnerisches Wetter, so zeichnete und rechnete und kochte er in einem der zwei Zimmer, die ihm der gnädige Herr im Schlosse eingeräumt hatte, jedoch nur dieser und der Kammerdiener betreten durften, von frühestem Morgen bis zum spätesten Abende, die Zeit abgerechnet, welche er mit der Herrschaft bei Tafel verkostete. Die gnädige Frau legte ihm stets die schmackhaftesten Bissen auf den Teller. Sie lächelte schelmisch, wann ihr beim Ankleiden die Zofe von Gespenstern erzählte, die allnächtlich im großen Saale und vor den Zimmern des Fremden umgehen sollten, verbot ihr aber ernstlichst, den Kindern und anderen Leuten derlei Geschichten mitzutheilen. Aber eine Zofe plaudert alles aus, was sie weiß. |
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+ | Dienstboten, Knechte und Fröhner mußten in allen Anordnungen dem Fremden unbedingt gehorchen, so befahl es der gnädige Herr, obschon jener nach und nach die ganze Wirthschaft über den Haufen warf, woraus die klügsten Bauern Unheil weissagten. | ||
Version vom 28. Januar 2012, 18:19 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Sagen über Freimaurerei
Es haben sich Sagen erhalten, die aus einer Zeit stammen, in der man glaubte, Freimaurer hätten etwas mit dem Teufel oder mit schwarzer Magie zu tun. Man schrieb ihnen übersinnliche und bösartige Dinge zu, die mit der Realität nicht das Geringste zu tun hatten. Auch für heutige Brüder ist es bestimmt interessant, diese alten Sagen zu lesen. Deshalb möchten wir einige davon, die Bruder Heinrich Pilgrim in der Freimauer-Zeitung vorstellte, übertragen.
Diese Sagensammlung haben wir aus weiteren Quellen ergänzt:
Fünfte Sage: Der Kaiser Rothbart, Obermeister...
Der Kaiser Rothbart, Obermeister des Ordens der Freimaurer
Quelle: Freimaurer-Zeitung: Manuscript für Brüder Juli 1857 Jg. 11 Nr. 31
Kennen sie, frug mich der Schlossermeister, den Unterschied zwischen weißer und schwarzer Kunst? - Ja antwortete ich. - Das wundert mich, sagte jener. Denn sonst war es den Professoren der hällischen Universität von der preußischen Regirung bei Galgenstrafe verboten, etwas davon zu verrathen. Sie haben wohl Bücher gelesen? - Ja, erwiderte ich; erlaubte und verbotene, sogar in Ketten gelegte. I was! rief mein Gefährte. Nun so ist es gut; denn anders müßte ich erst in weitläufigen Erklärungen einlassen. Sehen sie, der Kaiser Rothbart wußte seiner Zeit auch mehr, als ein gewöhnlicher guter Christ wissen soll, und seine Frömmigkeit war mitunter übel bestellt. Bei solchen Herren darf man das nicht ganz so ganz genau nehmen. Hören sie nur!
Während der Kriege, welche der Kaiser Rothbart in Italien führte, wo damals Meister der schwarzen und der weißen Kunst lehrten, gab es dort zwei Parteien, die einander mörderisch haßten. Mein Schulmeister, der auch mehr wußte, als er sollte, und deshalb bei dem Pfarrer und mehr noch bei dem Superintendenten sehr schlecht angeschrieben war, besonders weil er den Leuten alle Wunder natürlich erklärte und anschaulichen Unterricht gab, statt die Jungen im lutherischen Katechismus aufs Wort auswendig lernen zu lassen, mein Schulmeister, sage ich, nannte die beiden Parteien Waiblinger und Braunschweiger, wie er die Namen aus dem Italienischen ins Hochdeutsche übersetzte. Jene waren für, diese wider den Kaiser; jene trieben die schwarze, diese die weiße Kunst; jene huldigten den Bafomet; diese dem Paste; jene forderten, daß der Kaiser, diese, daß der Papst den Katechismus damals schreiben sollte. Es war eine ganz heillose Verwirrung in der Christenheit, der erst Luther den Kopf wieder zurecht gerückt hat. Der Kaiser Rothbart galt zwar für eine Meister in der schwarzen Kunst, war aber mit seinen Kenntnissen noch lange nicht zufrieden. Um daher die Sache so recht von Grund aus zu lernen, zog er als Schlossergeselle verkleidet unter fremdem Namen - Wanderbücher gab es damals noch nicht - ins Morgenland zu den Sarazenen bis nach Aegypten, wo seit undenklichen Zeiten die tiefsten Kenntnisse geheim gehalten worden. Als er sich unter der Hand nach allen Dingen erkundigte, hörte er, daß er nur dann in alle Weisheiten eingeweiht werden könne, wenn er vorher Freimaurer geworden sei. Da ihm nun viel daran lag, alles in der Welt zu wissen: so zögerte er nicht einen Augenblick, die freimaurerischen Gelübde zu leisten, die ganz unchristlich sind. Dabei hätte es ihm sehr schlecht gehen können, weil er seinen wahren Namen und Stand nennen mußte und die Christen mit den Sarazenen Krieg hatten; aber die Freimaurer aller Länder und Völker stecken immer unter einer Decke.
Obgleich der Kaiser Rothbart seine Reise geheim gehalten hatte, so munkelte man doch überall von ihr. Als der Papst von ihr erfahren hatte, ahnete er sogleich, daß der Kaiser Rothbart Freimaurer geworden sei. Dafür that er ihn in den Kirchenbann, der jedoch gar nichts fruchtete, weil der Kaiser kluger Weise längst schon in Deutschland eine große Gesellschaft von Freimaurern gestiftet hatte, die sich um den Papst so wenig schoren, als nachher der Dr. Luther. Zu ihr gehörten auch viele Dichter, die Spottlieder auf den Papst dichteten. Von ihnen hat Sangerhausen den Namen erhalten, weil dort die Sänger hauseten.
Vor alter Zeit befanden sich die Freimaurer im Besitze einer weit größeren Menge von Geheimnissen, als gegenwärtig; denn viele derselben haben sie unter den Drangsalen des hussitischen und des dreißigjährigen Krieges vergessen, viele ihrer geheimen Schriften durch Verwüstung des Landes verloren. Namentlich verstehen sie nicht mehr den Trank der ewigen Jugend und den der Unsterblichkeit zu bereiten, wie man deutlich daran sieht, daß sie gleich anderer Menschen mit der Zunahme der Jahre hinfällig, runzelig und schwach werden und endlich sterben, obwohl der Tod manches von ihnen wenigstens eine Zeit lang verhehlt wird; damit die Leute nicht merken sollen, das den Gesellen der Teufel geholt hat. Aber der Kaiser Rothbart weiß noch alle Geheimnisse. Daher bleibt er in seinem unterirdischen Schlosse ewig jung und manneskräftig, und hat Gewalt über alle Geister des Himmels und der Hölle, nur nicht über den lieben Gott, Jesus Christus und den heiligen Geist. Wenn er ein gewisses Wort spricht, darf auch der Teufel keinen Freimaurer holen; daher mag mancher so davon kommen und wenn auch nicht gerade in den Himmel eingehen, doch wenigstens nach der grünen Wiese sich retten.
Bisweilen hält der Kaiser Rothbart Loge, wie die Freimaurer das Ding nennen. Dazu werden aber nur die vornehmsten aus Berlin, Hamburg und Altenburg eingeladen. Aber auch die auserlesenen erfahren noch lange nicht alles, was der Kaiser Rothbart weiß, weshalb gerade sie unselig hin und her schwanken zwischen Himmel und Hölle. Erst dann, wenn die Raben aufhören zu fliegen, offenbart der Kaiser Rothbart als Obermeister des Ordens der Freimaurer diesen alle Geheimnisse. An einem Andreastag wird es dereinst geschehen.
Sechste Sage: Woher alle die Uneinigkeiten, Streitigkeiten und...
Woher alle die Uneinigkeiten, Streitigkeiten und Parteiungen unter den Freimaurern kommen
Quelle: Freimaurer-Zeitung: Manuscript für Brüder 1857 December Jg.11 Nr. 50
Ich erstaune, sagte ich zum Schlossermeister, über die Kenntnisse, welche Sie von der Freimaurerei besitzen. Wie ist es einem möglich, so tief in die Geheimnisse derselben einzudringen, ohne selbst Freimaurer zu sein? -
Ja, erwiderte er mit selbstgefälligem Lächeln, ich will ihnen wohl erklären, wie das zugeht. In Halle und Berlin habe ich den Freimaurern ordentlich aufgepaßt, denn sie waren mir Feind, und aus dem, was ich sah und hörte, das Uebrige mir zusammengesetzt. Glauben sie mir, man kann viel errathen, wenn man gesunde Augen und Ohren besitzt. So geben sich die Freimaurer einander zu erkennen. -
Er machte dabei mit dem Gesichte und der rechten Hand einige lächerliche Grimassen, durch welche er selbst einen Freimaurerlehrling niemals getäuscht haben würde, hätte er auch, woran ich zweifle, eine Täuschung beabsichtiget. - Dann ist, müssen sie wissen, meine Frau aus Altenburg gebürtig. Sind sie schon dort gewesen?
Freilich! antwortete ich. Das alte Schloß, das berüchtigte Fenster muß man ja wohl gesehen haben.
Sie glauben doch nicht, spottete er, an das Märchen vom Raube der sächsischen Prinzen? - Mir, einem Schlossermeister, dürfen sie zutrauen, daß ich mich aufs Klettern verstehe. Daher sage ich Ihnen, es war einem Ritter in voller Rüstung unmöglich, auf einer Strickleiter da hinauf und herunter zu steigen, obendrein mit einer Last. Nein, nein! das Ding hat eine ganz andere Ursache. Dem Kurfürsten war die uralte Reichsfreiheit der Stadt Altenburg ein Dorn im Auge und dem Ritter Kunz zu zahlen, was dem gebührte, wegen des leeren Seckels sehr unbequem. So schlug er zwei Fliegen mit einer Klappe. Alles war abgekartet. Er ritt fort. Die Bürger sollten die Prinzen schützen. Die gingen aber bei Mondscheine im Walde mit ihrem Hofmeister spaziren, der Kunzen übertölpelte sie zu entführen. Nun lärmte der Hofmeister wie besessen. Kunz verlor den Kopf und sein Geld dazu, die Stadt aber ihre Reichsfreiheit. - Nein, nein! Hören Sie, sehen Sie! dort schauet man nach Besserem, als nach dem Fenster am Schlosse. Wunderschöne Mädchen gibt es dort; sie sind seit alten Zeiten ein Wahrzeichen der Stadt, die Kaiser Rothbart mit allen den Schönheiten gesegnet hat. Wenn Sie trotz ihrer Bücher einmal den Einfall haben sollten, sich zu verlieben, so reisen sie nur nach Altenburg. Meine Frau hat freilich ein wunderliches Köpfchen und manchmal den Kukuk im Leibe eben wegen ihrer Schönheit. Ich könnte recht gut einen Wagen bezahlen, aber sie sagt: Lauf! lauf! das ist Dir viel gesünder! So muß ich mir ihretwegen die Beine ablaufen.
Sie jagen mir gewaltigen Schrecken ein, sagte ich. Das meine ich nicht, erwiderte er. Meine Schwägerin ist auch schön, jünger, und commandirt weniger als meine Frau. Beide Schwestern haben überdies einst etwas zu erwarten. Mein Schwiegervater besitzt Mittel. Er ist Freimaurer; aber mich kriegt er nimmer herum. Ich weiß mich zu hüten. Von dem nun habe ich viel aufgeschnappt.
Dann freilich, warf ich ein, darf ich mich über ihre Kenntnisse der Freimaurerei nicht mehr wundern.
Ja, fuhr der Schlossermeister fort, dort habe ich Bücher gesehen und gelesen; in denen steht Zeug, nun, ich sage Ihnen, das allerwunderbarste Zeug.
Gedruckte Bücher? frug ich.
Freilich gedruckte, belehrte er mich; ordentlich gedruckte und anders gedruckte und geschriebene, aus denen allen kein Christenmensch klug wird. Allerdings habe ich, die Wahrheit zu gestehen, nur so geblättert und hineingeschielt; denn mein Schwiegervater nahm mir ein solches Buch, wenn ich eines erwischt hatte, sogleich aus den Händen und sagte: das ist nichts für Sie, Herr Sohn!
Also im Zusammenhange haben sie ein freimaurerisches Buch wohl nicht gelesen? frug ich.
Nun ja, was man so nennt, in Bequemlichkeit freilich nicht; aber gesehen genug, erwiderte er beschämt. Ich lese gern Bücher, sobald ich Nötigeres in meiner Werkstelle nicht zu thun habe. Nun, was man eben nicht lesen soll, hört man gelegentlich. Es geht überall, wie mit den Zeitungen; die verschweigen auch das beste. Da hält bei uns ein Mann, wir nennen ihn den lustigen Jochem, einen Bierschrank. Er hat ein Handwerk bei einem Meister nicht zunftmäßig erlernt, ist aber gescheit, recht geschickt auf den Händen, emsig, betriebsam, immer heiterer Laune, voller Späße, und lebt mit seiner Frau einig und zufrieden; wir haben ihn alle lieb. Bald hilft er diesem, bald jenem Meister, auch mir , wenn es gerade noth thut; denn er schmiedet und feilt, hämmert, mauert und drechselt geschickter, als mancher hergelaufene Geselle. Er macht und bessert sogar auch Uhren, da wir einen gelernten Uhrmacher im Städtchen nicht haben. Sonst nährt er sich ehrlich und redlich von seinem Schanke und einem Stückchen Feld, das er mit seinem Häuschen gekauft und sogleich baar bezahlt hat. Kein Mensch begreift, wie er zu aller der Geschicklichkeit gelangt sei, bis er in lustiger Laune uns eines Winterabends erzählte, er sei viele Jahre in den Bauhütten von Magdeburg oder sonst wo dienender Bruder gewesen. Da war uns dann das Räthsel gelöst. Nun begriffen wir wohl, woher er das Geld zum Ankaufe seines Grundstücke und die Geschicklichkeit hat, mit welcher er Maurern und Zimmerleuten, Schlossern und Tischlern, kurz allen Handwerkern, die ihn verlangten, helfen und Uhren machen kann. Ich möchte aber nicht an seiner Stelle sein; die Geschichte nimmt, wir werden es noch erleben, ein schlimmes Ende, der Teufel dreht einmal unversehens dem lustigen Jochem den Hals um, so rechtschaffen der Mann ist. Um seinen Glauben steht es schief; das merkt man. Manchmal platzt ihm etwas über Freimaurerei heraus, wenn auch nicht viel; er lenkt gleich wieder ein. Am Johannistage ist er immer verschwunden; wahrscheinlich versteckt er sich vor dem Teufel, der ihn zur rechten Zeit sicherlich finden wird. Ueberdies weis er lange nicht alles, weil die dienenden Brüder fortgehen müssen, sobald die Hauptsache kommt. Ja, die Freimaurer sind gar verschmitzt und vorsichtig, werden aber bisweilen recht angeführt. Hören Sie nur!
Da trieb sich vor einigen Jahren ein Kerl in unserer Gegend herum, pfiffig sah er aus wie ein alter Fuchs, und keiner von uns Bürgern trauete dem Gesichte. Ein schöner Mann sonst von seinen Manieren; denn er hatte lange bei Hofe gelebt, war Kammerdiener gewesen und suchte wieder einen Dienst bei einem reichen Edelmanne. Ich weiß nicht nicht, wo er zuletzt einen gefunden hat. Ein Gensdarm ließ uns merken, der Kerl sei Kammerdiener bei einem Minister in Berlin gewesen und wahrscheinlich fortgejagt worden, obgleich nichts davon im Passe stehe. Reden konnte er, wie ein gedrucktes Buch, und schwadronirte das Blaue vom Himmel. Jochem gab ihm mehrere Wochen Wohnung und Kost umsonst, doch nicht zu seinem Schaden; denn die Bierstube war jeden Abend zum Erdrücken voll von Gästen, und mancher Bürger, der sonst lieber zu Hause blieb und Frau und Kindern aus dem Lehnstuhle was verschnarchte, kam damals zu Jochem, um den Berliner was vom Hofe erzählen zu hören. Freilich gab der uns alles unter der Blume, besonders wenn der Gensdarm seinen Kopf zur Stubenthüre hereinsteckte; aber wir verstanden ihn schon, und setzten uns selbst das Uebrige hübsch deutsch zusammen, namentlich das viele Französische. Das waren grauliche Geschichten; na, ich sage Ihnen, die Haare standen uns oft zu Berge. In Berlin spuken Geister und Gespenster nicht blos bei finsteren Nacht, wie auch anderswärts, sondern sogar am hellen lichten Tage; man grauet sich vor dieser Stadt. Hören Sie nur!
Der dicke Wilhelm, wie die Berliner ihren König nannten, und sein Minister Wöllner nahmen sich ganz ernsthaft vor, eine neue Religion zu stiften und statt des ordentlichen Christenthums in Preußen einzuführen. Sie wurden deshalb Geisterbeschwörer, Zauberer, Wunderthäter, und zuletzt gar Freimaurer. Ich kann es wegen des vielen Französischen, das dabei gesprochen werden muß, nicht so wiedergeben; Sie hätten den Kammerdiener müssen erzählen hören, wie damals an hellen lichten Tage und vollends Nachts erst in allen Straßen Berlins französische und deutsche Gespenster herumgelaufen sind. Die Polizei konnte sie nicht fassen, obgleich sie lärmten, polterten, und einander prügelten nach Herzenslust; denn sie sah nicht oder griff Luft und kriegte Schläge von der Elektricität. Kurzum die Geisterwirthschaft ängstigte die berlinischen Bürger so, das sie seitdem ganz wirr geworden sind, vergessen haben, was links, was rechts ist, die Hände, die Füße mit einander verwechseln, und vor jeder weißen Frau, die ihnen am Schlosse begegnet, wie besessen davon rennen und lieber Arme, Beine und Hälse brechen, als stehen bleiben. Schaudervolle Geschichten davon wußte der Kammerdiener, durfte aber, wenn der Gensdarm aufpaßte, nicht alles rein heraus sagen oder doch nur französisch. Den Freimaurern erging es übel. Die wollten erst bald so, bald so; denn Einigkeit kann unter ihnen, weil sie nicht wahrhafte Gotteskinder sind, nach den Worten der heiligen Schrift auch nicht herrschen. Aber der Minister Wöllner zog ihnen die Zügel stramm. Sprach ein Freimaurer nur ein Wort anders, als der Minister befohlen hatte, so ward er ohne Gnade und Barmherzigkeit gefuchtelt. Der Kammerdiener selbst hat als Stockmeister unter den dienenden Brüdern viele der widerhaarigen Freimaurer mit kräftigen Hieben unbarmherzig fuchteln müssen.
Fuchteln? - frug ich denn doch etwas verstaunt über den unerhörten freimauerischen Gebrauch.
Ja, fuchteln, antwortete der Schlossermeister spöttisch lächelnd. Ich merke wohl, daß Sie noch nicht in des heiligen römischen Reiches Erzstreusandbüchse gewesen sind. Dort ist das Fuchteln ein alter allgemeiner Gebrauch. Ein König von Preußen soll tagtäglich in den Straßen Berlins herumgeritten sein und zu seinem Vergnügen die Bürger, besonders aber die Juden, welche ihm gerade in den Weg liefen, mit einem drei Ellen langen Stock gefuchtelt haben. Das habe ich selbst in Berlin gehört, und die Leute dort freuten sich sogar darüber. Uns Thüringern dürfte freilich das nicht geschehen; wir würden wieder fuchteln, und da entstände eine allgemeine Prügelei, in welcher der kräftigste Arm zuletzt Recht behielte. Sehen Sie mich an! Ich will mich nicht berühmen, aber mit zehn Burschen aus der Sandbüchse nehme ich es auf, wenn ich nur mit dem Rücken zur Wand stehe. Doch glauben Sie mir! Der Kammerdiener selbst hat uns den zauberischen Stock, dessen er sich beim Fuchteln bedienen musste, genau beschrieben. Ich weiß aber nicht mehr recht, wie so ein freimaurerischer Fuchtelstock aussieht. Wer auch mag Zaubersprüche und Hexenzeichen merken; das ist gottlos. Ein grausames Werkzeug mag das Ding immerhin sein. Haut und Fleisch zerreißt es. Der Gefuchtelte muß sich auf einen Stuhl an der Thüre setzen und darf da ganz nach seinem Belieben weinen, klagen, ächzen, stöhnen.
Wirklich? - Dies Alles geschieht unter den Augen der polizeilichen, richterlichen Behörden der Hauptstadt? - frug ich.
Glauben Sie, oder glauben Sie nicht, erwiderte er eifrig. So steht es in Büchern gedruckt, so erzählte der Kammerdiener, der dienender Bruder gewesen ist. Er hat es mit eigenen Augen gesehen, mit eigenen Ohren gehört, wie ein unglücklicher Mensch, der unvorsichtig ein Geheimniß verrathen hatte, in blutigem Armensünderhemde da gesessen, geseufzt und gestöhnt hat,entsetzlich, gräßlich! Ein Freimaurer, der gegen einen hohen Herrn in Berlin nur mauet oder muckst, wird ohne Erbarmen mit dem zauberischen Fuchtelstocke so zerhauen, daß Fleischstücke herumfliegen. Solches Durchhauen geschieht immer in einem tiefen, finsteren Keller, in dem Schädel und Gebeine unseliger Menschen, welche da zur Strafe verhungert oder sonst verkommen sind, haufenweise herumliegen.
Das glaube ich nicht! - rief ich unwillkührlich aus.
Halten Sie es, wie sie wollen, entgegnete kalt und ernst der Schlossermeister. Sie können das alles gedruckt lesen. Ich sag´ es Ihnen zur Warnung: unter den Freimaurern ist es nicht geheuer. Hören Sie weiter! Viele der Berlinischen Freimaurer liefen endlich davon, weil sie es nicht mehr aushalten konnten. Wie nun die Freimaurer in Altenburg, Hamburg, England und Frankreich die Berlinischen Vorgänge vernahmen sagten sie: Nein! so was lassen wir uns nicht gefallen. Mit den Preußen wollen wir nichts mehr zu schaffen haben, denn die lassen sich ja eine ganz ketzerische Lehrart aufdringen. - So entstand ein großer Zwiespalt unter den Freimaurern allerwärts, die ihre Sachen hier anders, dort anders machten. Keiner verstand bald den andern mehr; es war gerade so, wie ehemals beim Baue des babylonischen Thurmes, bei dem sicherlich auch Freimaurer geholfen haben. Rief der eine: Schurzfell her! - so brachte der andere die Kelle.
Ihre Annahme, - bemerkte ich, - ist doch sehr gewagt.
Glauben Sie, was ich erzähle, fuhr der Schlossermeister eifrig fort, oder glauben Sie es nicht: gleichviel! - ich weiß, was ich weiß. Als ich in Frankfurt an der Oder in Arbeit stand, behaupteten dort die Freimaurer, die Welt werde nächstens durch einen Kometen untergehen und Frankfurt wegen seiner vielen Sünden zuerst. Ein Professor, dessen Namen mir entfallen ist, zweifelte laut daran. Dafür ward ihm arg mitgespielt. Jahre lang hat der arme Teufel im blutigen Armensünderhemde an der Thüre sitzen und von denen, die aus oder ein gingen, sich durchfuchteln lassen müssen. Das war damals in der ganzen Stadt ruchtbar. Unter den Freimaurern, sage ich Ihnen, kann nur Hader, Zank und Streit sein; das müssen Sie aus der Bibel wissen.
Ich kenne die Stelle nicht, - gestand ich.
Das kommt, meinte der Schlossermeister, eben daher, daß Sie nicht bibelfest sind. Ja, die jetzige junge Welt lernt alles verkehrt. Hören Sie weiter! Kaiser Rothbart, gallig, wie er einmal ist, ärgerte sich über die ihm von seinem rothen Knirpse hinterbrachten Uneinigkeiten, Streitigkeiten und Parteiuungen unter seinen Freimaurern, welche sammt und sonders die recht Lehrart vergessen hatten. Deshalb ließ er durch seine Vertraueten, die ihn bisweilen im Kiffhäuser besuchen dürfen, einen allgemeinen Landtag ausschreiben, auf dem aber ganz und gar nichts ausgerichtet, sondern der Zwiespalt nur noch ärger ward. Das können Sie, wenn Sie wollen, gedruckt lesen. - Nun ward Kaiser Rothbart unwirrsch und schlug mit seiner Eisenfaust so auf den Tisch, daß der Berg wackelte. Nach Fürstenart hat er allerlei Launen, und solchen gemäß seine Günstlinge, unter denen die Altenburger oben an stehen, weil Altenburg, müssen Sie wissen, eine uralte freie Reichsstadt gewesen ist und stets zum Kaiser Rothbart sich gehalten hat. Die Freimaurer in Altenburg werden daher oft von ihm mit Gold, Silber und Edelsteinen beschenkt und haben viele Geheimnisse vor den anderen voraus. Diese sind wegen des Kaisers Gunst sehr neidisch auf die Altenburger und mögen mit ihnen gar nicht mehr verkehren, nennen auch die dortigen Bauhütte eine sonderbare, was ein Schimpf sein soll. Aber die Altenburger lassen sich das alles nicht anfechten, sondern halten immerfort treu zu ihrem gnädigen Kaiser Rothbart, der die Stadt, wenn er erst in seiner ganzen Macht und Herrlichkeit wieder auftritt, zur Hauptstadt des deutschen Reiches erheben wird. Diese Zusicherung hat er ihnen handschriftlich ertheilt, aber geheim; ich darf eigentlich nicht davon reden. Doch Sie werden mich nicht verrathen.
Gewiß nicht! versicherte ich. Ich danke Ihnen für alle die Aufschlüsse, welche Sie mir gegeben haben. Nie habe ich von dergleichen Dingen eine Ahnung gehabt.
Nichtwahr, bemerkte der Schlossermeister lächelnd, auch ein Student, kann von gemeinen Bürgern das und jenes lernen.
Siebente Sage: Der reich gewordene Gutherr
Der reich gewordene Gutherr
Quelle: Freimaurer-Zeitung: Manuscript für Brüder 1858 Mai Jg.12 Nr.22
Im nordwestlichen Thüringen lebte (1740) ein adliger Rittergutsbesitzer, wegen seiner Gastfreundlichkeit und Wohlthätigkeit weit und breit beliebt und geehrt. Standesgenossen, Gelehrte, Schriftsteller, Künstler, vor allen anderen Dichter fanden bei ihm, so oft sie auch erschienen, offene Tafel, reich besetzt mit trefflichen Speisen und köstlichen Weinen, deren Genuß durch das heitere Gesicht und die geistvolle witzige Unterhaltung des Wirthes erhöht ward. Nie verließ ein wandernder Handwerksbursche, ein armer Gesell, ein Bettler den Hof gesättigt und überdies beschenkt worden zu sein. Wäre der unzählig oft wiederholte Abschiedsgruß: Gottes reichster Segen zum Lohne! - hier in Erfüllung gegangen, so hätte das Rittergut ein wahres Kanaan werden müssen. Obgleich jener edle Herr für seine Person keinen Aufwand machte, in leiblichen Genüssen sehr mäßig, für einen Edelmann sogar arbeitsam war: so kam doch unter ihm die Wirthschaft mehr und mehr zurück. Die Bauern des Dorfes, welche der selige Vater des gnädigen Herrn durch eine gut eingerichtete Schule zu lauter klugen Leuten erzogen hatte, meinten oft, der selige Herr habe viel besser als der Sohn verstanden, das Seinige zu Rathe zu halten und große Schätze anzusammeln, die nun der jetzige gnädige Herr in Gastgeboten vergeude. Dieser gerieth auch wirklich nach und nach in Schulden, welche der Herrschaftsrichter zu hohen Zinsen aufnahm und verschrieb. Die Bauern steckten die Köpfe zusammen und wahrsagen traurig über den Verlust des guten gnädigen Herrn den baldigen gerichtlichen Verkauf des Gutes; denn wer sich in Schulden stürzt, stürzt sich ins Elend, und muß endlich Haus und Hof meiden, urtheilten die klugen Bauern, die den weisen Spruch vom seligen gnädigen Herrn gelernt hatten.
Doch dieses Mal traf der Spruch nicht ein. Um die Zeit des Vollmondes nämlich nahete einst spät am Abende fünfzehn dunkle Gestalten von Männern zu Rosse und Wagen dem Gute, stiegen vor dem Schlosse ab und wurden wie erwartete Gäste vom gnädigen Herrn empfangen. Am anderen Morgen waren sie spurlos wieder verschwunden. Seit jenem Tage kamen jeden Monat immer um die Zeit des Vollmondes spät am Abende fünfzehn, zwanzig und bisweilen mehr vermummte Männer, von denen man am nächsten Morgen keinen sah. Sie versammelten sich im großen Saale des Schlosses, der zwar hell erleuchtet, aber fest versiegelt ward, redeten viel und sangen endlich um Mitternacht Lieder, die keiner der Bauern jemals gehört hatte, noch verstand. Der Kammerdiener allein, mit welchem der gnädige Herr so vertrauet umging, daß beide einander Bruder nannten, ja, wie Lauscher verriethen, bisweilen duzten, durfte in den Saal mit eintreten und hatte ausschließlich die Aufwartung, worüber sich besonders der Leibkutscher ärgerte. Fragende machte der Kammerdiener mit allerlei Schnurren nur zu Narren, und selbst sein Vater, der Dorfrichter, brachte nichts Gescheidtes aus ihm heraus.
Nun war seit dem ersten Vollmondbesuche beim gnädigen Herrn von den Gästen ein riesiger starker Mann zurückgeblieben, der selten, wie es die damalige Sitte forderte, eine Perrücke trug, sondern sein eigenes lockiges glänzend braunes Haar, und von Niemanden dortiger Gegend weder der Herkunft noch dem Namen nach bekannt war. Die Bauern, welche von ihrem Schulmeister auch Erdbeschreibung erlernt hatten, stritten in der Schenke darüber, ob der Fremde ein Engländer, oder ein Franzose, oder gar ein Italiener wäre, denn er sprach mit den gnädigen Herrn immer wälsch, mit den Leuten aber nur gebrochenes Deutsch, aus dem oft selbst der Pfarrer und der Schulmeister sich Verständliches nicht zusammenreimen konnten. Mit wunderlichem Geräthe, das ihm drei Hofeleute trugen, durchstreifte er Sommers wie Winters die Flur, und aß sogar, wenn ihn die Lust ankam, hier und da Erde, während diese ihm aus Erbarmen ein Stück von ihrem Brote vergebens anboten. War etwa regnerisches Wetter, so zeichnete und rechnete und kochte er in einem der zwei Zimmer, die ihm der gnädige Herr im Schlosse eingeräumt hatte, jedoch nur dieser und der Kammerdiener betreten durften, von frühestem Morgen bis zum spätesten Abende, die Zeit abgerechnet, welche er mit der Herrschaft bei Tafel verkostete. Die gnädige Frau legte ihm stets die schmackhaftesten Bissen auf den Teller. Sie lächelte schelmisch, wann ihr beim Ankleiden die Zofe von Gespenstern erzählte, die allnächtlich im großen Saale und vor den Zimmern des Fremden umgehen sollten, verbot ihr aber ernstlichst, den Kindern und anderen Leuten derlei Geschichten mitzutheilen. Aber eine Zofe plaudert alles aus, was sie weiß.
Dienstboten, Knechte und Fröhner mußten in allen Anordnungen dem Fremden unbedingt gehorchen, so befahl es der gnädige Herr, obschon jener nach und nach die ganze Wirthschaft über den Haufen warf, woraus die klügsten Bauern Unheil weissagten.
wird fortgesetzt