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Louis-Claude de Saint-Martin wurde 1743 in Amboise geboren. Er studierte die Rechte, zog dann aber eine militärische Karriere vor. Als Offizier im Regiment Foix, das in Bor¬deaux stationiert war, lernte er 1765 oder 1766 Martines de Pasqually kennen und wurde drei Jahre später dessen Sekretär. | Louis-Claude de Saint-Martin wurde 1743 in Amboise geboren. Er studierte die Rechte, zog dann aber eine militärische Karriere vor. Als Offizier im Regiment Foix, das in Bor¬deaux stationiert war, lernte er 1765 oder 1766 Martines de Pasqually kennen und wurde drei Jahre später dessen Sekretär. | ||
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Aktuelle Version vom 27. Dezember 2016, 08:45 Uhr
Louis Claude de Saint-Martin und der Martinismus
Louis-Claude de Saint-Martin wurde 1743 in Amboise geboren. Er studierte die Rechte, zog dann aber eine militärische Karriere vor. Als Offizier im Regiment Foix, das in Bor¬deaux stationiert war, lernte er 1765 oder 1766 Martines de Pasqually kennen und wurde drei Jahre später dessen Sekretär.
Schon früher Freimaurer geworden, trat er dem Elus Coëns bei und wurde 1772 Réau-Croix. Er war wesentlich an der Redaktion des „ Traité de la Réintégration " und später an den „Conférences de Lyon" beteiligt. Nach der Abreise des Meisters schloss er sich eng an Willermoz an, den er nachhaltig beeinflusst hat. Damit hat er auch das Denken der ganzen „Réforme de Lyon" mitgeprägt.
Im Orden der CBCS von Lyon erreichte er die'Klasse der Grands Profès (s. S. 38), folgt dem Orden aber nicht, als er sich 1774 der Strikten Observanz anschließt; er tritt dem RSR erst 1785 bei. 1775 erscheint sein erstes Buch „Des Erreurs et de la Vérité", das einen enormen Erfolg hat und den Verfasser berühmt macht; es folgen bis zum Jahr 1802 zwölf weitere WerkeSpäter hat sich Saint-Martin weitgehend von der Freimaurerei zurückgezogen und, vor allem unter dem Einfluss Jakob Böhmes, seine Mystik fortentwickelt. 1803 ist er in Châtenay bei Paris gestorben.
Saint-Martin ist eine weit bedeutendere Persönlichkeit als der Magier Martines de Pasqually. Obschon er sich stets als dessen Schüler bezeichnete, hat er die Theurgie seines Lehrers hinter sich gelassen und ein umfassendes mystisches Denken begründet. Es erlangte eine große Ausstrahlung, beeinflusste die französische Freimaurerei tief, trug zu den geistigen Grundlagen der Romantik bei und wirkte bis ins 20. Jahrhundert fort.
Saint-Martin hat seine Bücher unter dem Pseudonym „Le Philosophe Inconnu" veröffentlicht. Indessen ist er kein wirklicher Philosoph, sondern ein Mystiker und verkannter Theosoph. Wie für alle Mystiker sind für Saint-Martin Gott, Mensch und Universum ein harmonisches Ganzes, Gott hat eine rein geistige Welt emaniert. Der Abfall Luzifers spaltet die Welt in Gut und Böse, in eine geistige und eine materielle Welt. Saint-Martin betont die Nichtigkeit der materiellen Welt, die Ohnmacht des menschlichen Wissens. Sein zentrales Bemühen liegt in einer Analyse des menschlichen Denkens und seiner Regeneration.
Im Martinismus steht der Mensch im Mittelpunkt der Schöpfung. „Expliquer les choses par l'homme et non pas l'homme par les choses".
- Woher komme ich?
- Wer bin ich?
- Wohin gehe ich?
sind die grundlegenden Fragen. Die Antwort liegt im Menschen. Abgefallen von der göttlichen Weisheit, abgetrennt vom Licht, muss er es wiedererlangen, um zum „Neuen Menschen" zu werden. Dies ist sein Streben, sein „désir". „Wir haben die Freiheit, unserem geistigen Wesen durch unser Bemühen sein ursprüngliches göttliches Bild wiederzugeben, oder ein niedrigeres, ungeordnetes und wirres Menschenbild, und diese Bilder stellen unser Sein dar.
Hier liegt unser Ruhm oder unsere Schande". Die Vervollkommnung vollzieht sich in einer äußeren Aktivität, dem Tun, und einer inneren, der Askese. Diese Lehre ist die Grundlage der freimaurerischen Überzeugung von der Verbesserungsfähigkeit des menschlichen Wesens.
Saint-Martin ist christlicher als Martines: Christus hat die Regeneration des Menschen erst möglich gemacht; der neue Mensch ist mystisch ein neuer Christus. Seine Lehre hat aber auch Berührungspunkte zu Paracelsus und Jakob Böhme.
Es ist verständlich, dass viele Freimaurer in dieser anti-aufklärerischen Lehre den eigentlichen Kern des maurerischen Denkens erblickten. Sie ermöglichte, das Maurertum mit der traditionellen christlichen Religiosität zu verschmelzen und die maurerische Ethik mit der christlichen eins werden zu lassen. Das Denken Saint-Martins hat im RSR bis heute nachgewirkt, insbesondere in den mystischen Traditionen der Loge „Union des Coeurs" (s. S. 68). Einer seiner Schüler war der Philosoph Franz von Baader, der auch seine Werke ins Deutsche übersetzt hat.
Der Martinismus lebte Ende des 19. Jahrhunderts in Frankreich wieder auf. Seit 1884 versuchte der Arzt Gérard Encausse (Papusj, ein bekannter Okkultist, den Martinismus neu zu beleben. 1891 gründete er mit 21 Mitgliedern den „Ordre Martiniste", der sich nach verschiedenen Spaltungen und Wiedervereinigungen bis heute erhalten hat "". Er wird von einem „Grand Maître" geleitet, hat aber mit Freimaurerei nichts zu tun. Robert Ambelin hat mit Philippe Encausse ein „Grand Prieuré Martiniste" gegründet.
Siehe auch
- Strikte Observanz
- Rezension: Bernard Vaillant: Traditions initiatiques Konfuse Beschreibung der maurerischen Einweihung.
- Elus Coëns Erste Bücher des Pentateuch, vor allem der Schöpfungsgeschichte und des Exodus. Die Zentralfigur ist Moses, als dessen Vollstrecker sich Pasqually bezeichnete.
- Martinistenorden Bekannter als "Ordre Martiniste" (in gegnerischen Schriften "Sechspunktebrüder").
- Geschichte des Rektifizierten Schottischen Ritus Die Entstehung der Hochgrade - die Schotten-Maurerei
- Die Ursprünge des RSR