Verein Deutscher Freimaurer: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 23. Oktober 2014, 20:26 Uhr

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Verein deutscher Freimaurer

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)

Der Verein deutscher Freimaurer, ein Versuch, die Freimaurerei zu wirklicher Geistes- und Arbeitsgemeinschaft zusammenzuschließen, ist aus dem quälenden Bewußtsein der freimaurerischen Uneinigkeit geboren. Seine Gründer sind der Schweizer Fürsprech Josef Schauberg, der Leipziger Professor der Philosophie Rudolf Seydel und der maurerische Schriftsteller und Zeitungsherausgeber Gottfried Josef Gabriel Findel.

Nachdem diese drei bereits 1859 über die Möglichkeiten eines Zusammenschlusses der durch die Großlogensysteme getrennten deutschen Freimaurer einen lebhaften Briefwechsel geführt hatten traten sie im Jahre 1860 mit ihrem Plane in Findels "Bauhütte" vor die deutsche freimaurerische Öffentlichkeit.

Den eigentlichen Anstoß zur Gründung gab Schauberg in einem Artikel: "Über einen zu stiftenden wissenschaftlichen Verein der deutschen und schweizerischen Freimaurer mit jährlichen Zusammenkünften" ("Bauhütte", 1860, Nr. 23). Ihm schwebte hierbei das Beispiel der deutschen morgenländischen Gesellschaft vor, die ein Bindeglied der orientalischen wissenschaftlichen Forschung über alles Trennende hinweg geworden war.

Bund für den Bund

Der Vorschlag erhielt nur wenig Zustimmung. Nach längeren schwierigen Verhandlungen gelang es, die Loge "Teutonia" in Potsdam dazu zu bewegen, ihren Tempel für die gründende Versammlung bereitzustellen. Am 18. Mai 1861 fand denn auch dort die vorberatende Versammlung statt, der am folgenden Tage die Gründung folgte. Die Satzungen stellten fest, das der Verein "kein Bund im Bunde, sondern ein Bund für den Bund" sein soll, und nennen als Zweck die Veranstaltung wissenschaftlicher Arbeiten auf dem Gebiete der Freimaurerei durch Anlegen einer Sammlung von maurerischen Handschriften und Urkunden, deren Veröffentlichung durch Anknüpfung wissenschaftlicher Verbindungen mit ausländischen Großlogen u. a m. Zum ersten Vorsitzenden wurde der Generalarzt Puhlmann, Meister vom Stuhl der Loge "Teutonia", gewählt.

Gegnerschaft

Die Gründung begegnete jedoch lebhafter Gegnerschaft. Einzelne Logen, wie die Dresdener Loge "Zu den drei Schwertern" bezeichneten den Verein als zwecklos und dem Geiste der Freimaurerei feindselig. Die "Drei Weltkugeln" zwangen den Vorsitzenden Puhlmann, sein Amt niederzulegen und mit sämtlichen Mitgliedern seiner Loge aus dem Verein wieder auszutreten. Dieser hatte Schwierigkeiten für seine Jahresversammlungen Logenlokale zu erhalten.

Köstlich mutet heute der Einwand eines Br. Lucius in der "Bauhütte" (1867 Nr. 49) an, der dem Verein die Rechtmäßigkeit bestritt, weil er sich eigenmächtig konstituiert habe. Der neue Vorsitzende, Rudolf Seydel, konnte aber schließlich feststellen, dass die Angriffe langsam an Heftigkeit nachließen.

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Yorker Urkunde

Die ersten Jahre galten der Organisationsarbeit. Zugleich versuchte der Verein deutscher Freimaurer, sein geistiges Programm zu erfüllen. Eine seiner ersten beachtlichen Leistungen war die Entsendung Findels nach England, um dort die Echtheit der Yorker Urkunde zu untersuchen. Sein ablehnendes Urteil trug Findel der Jahresversammlung in Hamm (1864) vor. Er besorgte auch den Abdruck der Ordnung der Steinmetzen vom Jahre 1469, der Rochlitzer Bauhüttenordnung, andere Brr. schlossen sich mit geschichtlichen Arbeiten von bleibendem Werte an. Das Erwachen der freimaurerischen Geschichtsforschung in England überflügelte jedoch diese beachtenswerten Anfänge einer kritischen deutschen Historiographie.

An alle Großlogen des Erdenrundes

Unter der Führung Seydels wagte sich der junge Verein an Fragen, die ihn notgedrungenerweise in Konflikt mit den Großlogen bringen mußten. Der Verein erfaßte die Einheit des Maurerbundes in seiner ganzen Schärfe und versuchte, dem Ausdruck zu verleihen. Nach langen Vorarbeiten, die drei Jahresversammlungen eifrigst beschäftigt hatten, wurde ein "Allgemeines Grundgesetz für den Freimaurerbund" verfaßt (Seydel, Bluntschli, Findel, Schauberg und v. Trentowski), daß in einem Manifeste "An alle Großlogen des Erdenrundes" verlautbart wurde. Der Grundgedanke dieses Manifestes geht aus dem einen Satz hervor:

"Die Freimaurerei ist allgemein, und alle auf dem ganzen Erdenrund zerstreuten :Logen und Freimaurer bilden nur eine Loge". Die mit kühner Hinwegsetzung über :die tatsächlichen Gegebenheiten verfaßten und zu Worms beschlossenen Satzungen :sahen vor: National-Großlogen in jedem Lande, die sich in einer :"Universal-Großloge", einem Gesamtlogenverband der ganzen Erde, eine Leitung geben sollten.

Maurertag

In Frankreich und Italien fand dieser Plan Zustimmung. Dagegen äußerten sich in Deutschland bloß zwei Großlogen (Sachsen und Hamburg), beide im ablehnenden Sinne. Da ein internationaler Maurertag noch in weiter Ferne lag, beschränkte man sich auf Satzungen zu einem allgemeinen deutschen Maurertag. Auch der Plan einer deutschen National Großloge wurde ernsthaft erörtert. (Benvenuto Cramer in Düsseldorf, 1878.) Alle diese für einen idealistischen Aktivismus des Vereins sprechenden Versuche schlugen fehl. Nicht zu letzt infolge der Eifersucht der Großlogen, die sich durch den Verein bedroht fühlten. Immerhin hat diese Tätigkeit ein Gutes gehabt: sie führte zu einem, wenn auch losen Zusammenschluß der deutschen Großlogen im Großmeisterverein und später im deutschen Großlogenbund. Wichtige Impulse gingen vom Verein deutscher Freimaurer für das geistige Leben der deutschen Logen aus.

In dieser Beziehung ist er auch heute noch(1932) führend geblieben. Robert Fischer entwickelte 1894 ein Arbeitsprogramm für die Logen, daß von der geschichtlichen Grundlage zur philosophischen Erkenntnis des Freimaurergedankens führte. Schon 1882 hatte Cramer in Danzig es als eine Lebensfrage der Freimaurerei bezeichnet, daß sie sich als treibende Kraft im Volksleben erweise. Daher versuchte der Verein deutscher Freimaurer auch zu den sozialen Fragen Stellung zu nehmen und die freimaurerischen Kräfte hierfür frei zu machen. Es war ein Erfolg, daß die deutschen Großlogen daraufhin beschlossen, den deutschen Logen alljährlich zeitgemäße maurerische Fragen zur Verhandlung vorzulegen, ein Versprechen, daß allerdings nicht eingelöst wurde (Wanner).

Organisierte Wohltätigkeit

Zumindest versuchte man eine organisierte Wohltätigkeit ins Leben zu rufen, zu welchem Zwecke eine Unterstützungskasse begründet wurde. Ein Versuch, die karitativen Leistungen der einzelnen Logen zahlenmäßig zu erfassen, scheiterte an der mangelnden Mitarbeit der Logen selbst. In klarer Erkenntnis, daß er selbst nicht berufen sei, Wandel zu schaffen, versuchte der Verein zumindest durch Anregung zur Erörterung der Lösung der ihm wichtig scheinenden Fragen näherzukommen. Diesem Zwecke dienten mehrere Preisausschreiben, wie das im Jahre l906 erlassene:

"Wie kann die Gesundung unseres sozialen Lebens durch Volkserziehung im Geiste der Humanität gefördert werden?"

Friedensbewegung

1907 schlug der Verein seinen Brr. vor, daß Studium der Friedensbewegung in ihr Programm aufzunehmen. Bei diesem Anlasse wurden von Professor Dr. Heinrich Kraft und Generalleutnant von Reinhardt bedeutungsvolle Reden zur Frage des auf dem Humanitätsgedanken beruhenden Völkerfriedens gehalten.

Publikationen

Bleibende Verdienste, die von der breiten Öffentlichkeit der deutschen Logen leider nicht genügend unterstützt wurden, hat sich der Verein deutscher Freimaurer durch mehrere Standardwerke erworben.

Hiezu gehören: der

  • "Versuch einer Darstellung des positiven inneren Freimaurerrechtes" von Merzdorf, v. Groddeck und Henne am Rhyn (1877), die Herausgabe des
  • Allgemeinen Handbuches der Freimaurerei in dritter Auflage (1900/01) und vor allem die 1911 im ersten, 1912 im zweiten Bande fertiggestellte
  • Bibliographie der freimaurerischen Literatur von August Wolfstieg.

1905 wurde ein Arbeitsamt geschaffen, dem die Leitung der literarischen Arbeiten des Vereins obliegen sollte. Ihm gehörten die als Schriftsteller bekannten Brr. Ludwig Keller, Paul Fischer, Seedorf, Erlenmeyer, Heinrich Kraft, Otto Neumann, Fritz Rackhorst und als Sekretär Ernst Clausen an. In seinem eigenen Blatte, den

  • "Zwanglosen Mitteilungen aus dem Verein deutscher Freimaurer", schuf sich der Verein deutscher Freimaurer ein Organ, daß schon durch die Größe seiner Auflagenzahl und durch die einheitliche Basis für alle deutschen Systeme alle anderen deutschen Freimaurerzeitungen bald überflügelte.
Gedicht von Emil Rittershaus

Wanderredner

Auch die vom Verein geschaffene Institution der Wanderredner hat sich ausgezeichnet bewährt. In Bezirks und Ortsversammlungen wurden Vorträge gehalten, die den allgemeinen Freimaurergedanken herausarbeiteten und die Gegensätze der deutschen Systeme überbrücken wollten. Eine Reihe von wertvollen Erscheinungen der Literatur wurden unterstützt. So das Geschichtswerk von Julius Haarhaus "Deutsche Freimaurer zur Zeit der Befreiungskriege".

Besonders seit Diedrich Bischoff die Leitung des Vereines übernommen hatte (1910), war ein ständiger Aufstieg desselben zu verzeichnen, wozu Bischoff selbst durch sein rastloses literarisches Wirken beitrug. Die große Zahl der vom Verein im Jahrzehnt von 1911-1921 selbst herausgegebenen oder geförderten Schriften (s. Jahrbuch 1921/22) ist ein Beleg für daß reiche geistige Leben.

Erster Weltkrieg

Der Weltkrieg und die nachfolgenden Jahre haben auch den Verein schwer getroffen. Es bleibt ein Ruhmesblatt in seiner Geschichte, daß es ihm unter der geschickten Leitung Bischoffs gelungen ist, trotz aller Anfeindungen von außen und auch von innen (die Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland verbot für Ordensbrüder die Mitgliedschaft) sich nicht nur zu behaupten, sondern auch seine publizistische Tätigkeit aufrechtzuerhalten.

Die Vernichtung der Unwahrheiten über die Freimaurerei

Eine seiner letzten Schriften,

  • "Die Vernichtung der Unwahrheiten über die Freimaurerei", eine Kampfschrift gegen Ludendorff, gehört heute zu den weitverbreitetsten deutschen Schriften über Freimaurerei.

Selbstverständlich war es dem Verein in diesen stürmischen Jahren nicht immer leicht, unbeirrt von rechts und links, die einzig mögliche Politik der Mitte zu halten. Der Verein hat seine Vergangenheit durchaus nicht verleugnet, wenn er unter der harten Not der Zeit sich von Ideologien seiner frühen Jahre abwendete und realpolitisch vorging. Man hat manchen seiner Schritte im Auslande nicht gebilligt. Es darf nicht vergessen werden, daß der Verein deutscher Freimaurer nach seinem Leitspruche "Durch Arbeit zur Einigkeit" nicht einer Partei, sondern vor allem der deutschen Freimaurerei zu dienen bestrebt ist.

Die Organisation des Vereins gliedert sich in einen Vorstand mit einem Beirat, einen engeren Ausschuß und die Bezirksverbünde, deren Obmänner die Obmännerkonferenz bilden. Die Geschäftsstelle, deren Leitung in Händen des Br. Dr. J. C. Schwabe (s. d.) liegt, befindet (Anmerkung: befand) sich in Leipzig, Fichtestraße 43.

Die "Mitteilungen" erscheinen (erschienen) monatlich (Auflagezahl 22.000) und enthalten neben wertvollen Aufsätzen eine sehr genau geführte Zeitungenschau, sowie inhaltsreiche Übersichten über daß freimaurerische Leben aller Weltteile. Außerdem gibt der Verein alljährlich ein Taschenbuch mit den deutschen Logenadressen und ein Jahrbuch heraus, daß die Berichte der alljährlich an einem anderen Orte stattfindenden Jahresversammlungen, und die dort gehaltenen Vorträge enthält.

Über die Entwicklung des Vereines geben die folgenden Zahlen Aufschluß:

bei der

  • Gründung waren es 132,
  • 1911 schon 12.000,
  • 1921 21.146,
  • 1930 20.075 Mitglieder

Ungefähr ein Drittel aller deutschen Freimaurer gehören somit dem Verein Deutscher Freimaurer an.

Geschichte

Siehe auch