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Erfahrungsphilosophie, die erkenntnistheoretische Anschauung, daß es nichts Apriorisches, Angeborenes gibt, daß alle Erkenntnis aus der Erfahrung (Empirie) herrührt. Auf diese gründet der methodologische Empirismus alle Wissenschaft. [[Immanuel Kant|Kant]]s [[Kritizismus]] ist eine Synthese von Empirismus und [[Rationalismus]]: Erkenntnis muß wohl von der Erfahrung ausgehen, doch spielt im Prozeß des Erkennens auch das Erkenntnisvermögen eine wichtige Rolle. Die Stoiker waren Empiristen. | Erfahrungsphilosophie, die erkenntnistheoretische Anschauung, daß es nichts Apriorisches, Angeborenes gibt, daß alle Erkenntnis aus der Erfahrung (Empirie) herrührt. Auf diese gründet der methodologische Empirismus alle Wissenschaft. [[Immanuel Kant|Kant]]s [[Kritizismus]] ist eine Synthese von Empirismus und [[Rationalismus]]: Erkenntnis muß wohl von der Erfahrung ausgehen, doch spielt im Prozeß des Erkennens auch das Erkenntnisvermögen eine wichtige Rolle. Die Stoiker waren Empiristen. | ||
− | Den neuzeitlichen Empirismus begründeten [[John Locke|Locke]] (erkenntnistheoretischer Empirismus) und [[Francis Bacon|Bacon]] (methodologischer Empirismus). Dieser Empirismus war im Grunde die erste Phase des später einsetzenden Rationalismus, wenn auch letzterer und der Empirismus im gewissen Sinne auch Gegensätze sind. Die gegenüber dem Gefühl, der Religion, wieder zum Wort gelangte Vernunft betonte zunächst die Wichtigkeit der Erfahrung, im Gegensatz zur Mystik und zu den Phantastereien des Mittelalters. Der Empirismus beeinflußte stark das Denken des 17. und 18. Jahrhunderts und daher auch die [[Freimaurerei]]. [[Johann Wolfgang von Goethe|Goethe]] und [[Johann Gottfried Herder|Herder]] nahmen den Standpunkt des rationalen Empirismus ein. Die Freimaurerei wertet die wichtige Rolle des Empirismus auf dem Gebiete der Wissenschaft, die die Erfahrung, von allen dogmatischen Voraussetzungen befreit, zwecks Erklärung der Tatsachen und Beherrschung der Natur verarbeitet. | + | Den neuzeitlichen Empirismus begründeten [[John Locke|Locke]] (erkenntnistheoretischer Empirismus) und [[Francis Bacon|Bacon]] (methodologischer Empirismus). Dieser Empirismus war im Grunde die erste Phase des später einsetzenden Rationalismus, wenn auch letzterer und der Empirismus im gewissen Sinne auch Gegensätze sind. Die gegenüber dem Gefühl, der Religion, wieder zum Wort gelangte Vernunft betonte zunächst die Wichtigkeit der Erfahrung, im Gegensatz zur Mystik und zu den Phantastereien des Mittelalters. |
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+ | Der Empirismus beeinflußte stark das Denken des 17. und 18. Jahrhunderts und daher auch die [[Freimaurerei]]. [[Johann Wolfgang von Goethe|Goethe]] und [[Johann Gottfried Herder|Herder]] nahmen den Standpunkt des rationalen Empirismus ein. Die Freimaurerei wertet die wichtige Rolle des Empirismus auf dem Gebiete der Wissenschaft, die die Erfahrung, von allen dogmatischen Voraussetzungen befreit, zwecks Erklärung der Tatsachen und Beherrschung der Natur verarbeitet. | ||
Sie verficht aber die Anschauung, daß es auch außerempirische Erkenntnismöglichkeiten gibt, dies wie z. B. die Religion, aus rein inneren Erlebnissen hervorgehen, deren Realität aber als innere Erfahrung nicht geleugnet werden kann. Sinnliche, von außen veranlaßte Erfahrung, ist in der Auffassung der Freimaurerei nur eine Seite der Gesamterfahrung, die auch auf die seelische Erfahrung bezogen werden muß. | Sie verficht aber die Anschauung, daß es auch außerempirische Erkenntnismöglichkeiten gibt, dies wie z. B. die Religion, aus rein inneren Erlebnissen hervorgehen, deren Realität aber als innere Erfahrung nicht geleugnet werden kann. Sinnliche, von außen veranlaßte Erfahrung, ist in der Auffassung der Freimaurerei nur eine Seite der Gesamterfahrung, die auch auf die seelische Erfahrung bezogen werden muß. | ||
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Aktuelle Version vom 21. März 2019, 08:38 Uhr
Empirismus
Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)
Erfahrungsphilosophie, die erkenntnistheoretische Anschauung, daß es nichts Apriorisches, Angeborenes gibt, daß alle Erkenntnis aus der Erfahrung (Empirie) herrührt. Auf diese gründet der methodologische Empirismus alle Wissenschaft. Kants Kritizismus ist eine Synthese von Empirismus und Rationalismus: Erkenntnis muß wohl von der Erfahrung ausgehen, doch spielt im Prozeß des Erkennens auch das Erkenntnisvermögen eine wichtige Rolle. Die Stoiker waren Empiristen.
Den neuzeitlichen Empirismus begründeten Locke (erkenntnistheoretischer Empirismus) und Bacon (methodologischer Empirismus). Dieser Empirismus war im Grunde die erste Phase des später einsetzenden Rationalismus, wenn auch letzterer und der Empirismus im gewissen Sinne auch Gegensätze sind. Die gegenüber dem Gefühl, der Religion, wieder zum Wort gelangte Vernunft betonte zunächst die Wichtigkeit der Erfahrung, im Gegensatz zur Mystik und zu den Phantastereien des Mittelalters.
Der Empirismus beeinflußte stark das Denken des 17. und 18. Jahrhunderts und daher auch die Freimaurerei. Goethe und Herder nahmen den Standpunkt des rationalen Empirismus ein. Die Freimaurerei wertet die wichtige Rolle des Empirismus auf dem Gebiete der Wissenschaft, die die Erfahrung, von allen dogmatischen Voraussetzungen befreit, zwecks Erklärung der Tatsachen und Beherrschung der Natur verarbeitet.
Sie verficht aber die Anschauung, daß es auch außerempirische Erkenntnismöglichkeiten gibt, dies wie z. B. die Religion, aus rein inneren Erlebnissen hervorgehen, deren Realität aber als innere Erfahrung nicht geleugnet werden kann. Sinnliche, von außen veranlaßte Erfahrung, ist in der Auffassung der Freimaurerei nur eine Seite der Gesamterfahrung, die auch auf die seelische Erfahrung bezogen werden muß.