Regularität

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An Umfang und Genauigkeit bisher unübertroffen enthält das bis zur Gegenwart aktualisierte große lexikalische Standardwerk über die Freimaurerei neben einem lexikografischen Teil, Grundgesetzen, Chronik und Vokabularium der Freimaurerei auch Darstellungen der Leistungen ihrer Mitglieder. Die Vielzahl der Stichworte, Bibliografie und Index ermöglichen einen leichten Zugang zur immer noch geheimnisumwitterten Welt der Feimaurer. Prof. Dieter A. Binder; geboren 1953, lehrt an der Karl-Franzens-Universität Graz und der Andrassy-Universität Budapest Geschichte. Autor zahlreicher Publikationen zur Österreichischen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts und zur Kulturgeschichte. Bestellung: SCHOPF

Regulär

Quelle: Lennhoff, Posner, Binder

1. Eine Loge ist regulär, wenn sie unter der gesetzmäßigen Autorität eines von einer Großloge erteilten Konstitutionspatents arbeitet. Der Ausdruck findet sich bereits in der 8. Verordnung der Andersonschen Konstitution von 1723.

2. Was die Regularität einer Großloge anbelangt, so war lange Zeit die Anschauung geltend, es sei hierzu die Patenterteilung seitens einer anderen Großloge unbedingtes Erfordernis. Die Bestimmungen, die die Vereinigte Großloge von England 1929 über die Grundlagen für die Anerkennung herausgegeben hat, zeigen aber, daß diese Auffassung von der Legitimität zu weit geht.

Die Großloge von England (United Grand Lodge of England) fordert: "Regularität der Abstammung", d. h. jede Großloge muß gesetzmäßig durch eine andere anerkannte Großloge oder durch drei oder mehr regulär konstituierte Logen gegründet worden sein. Zahlreiche Großlogen begnügen sich bei der Feststellung der Regularität mit der Erfüllung dieser Voraussetzungen. Die angelsächsischen Großlogen aber erachten als Erfordernisse der Regularität (also nicht bloß der Anerkennung) wohl auch das Bekenntnis zu folgenden Grundgedanken der Konstitution von 1723: A. B. a. W., Bibel, Zusammensetzung der Mitgliedschaft ausschließlich aus Männern, unbedingte Jurisdiktion der Großloge über die ihr unterstehenden Logen, Auflegen der drei Großen Lichter, Verbot von Diskussionen über Religion und Politik in den Logen

3. Ein Freimaurer ist regulär, wenn er in einer regulären Loge in rechtmäßiger Weise zum Freimaurer geweiht oder, falls seine Aufnahme in einer irregulären Loge, bezw. in irregulärer Form erfolgte, regularisiert worden ist (s. Regularisierung, ferner At sight).

Regularisierung

Vorgehen einer gesetzmäßig konstituierten maurerischen Körperschaft, durch welches eine Person, die auf irreguläre Art in das Gebrauchtum der Freimaurerei eingeführt worden ist, erst ein gesetzmäßiger Freimaurer wird.

Die Regularisierung eines Mitgliedes einer regelwidrigen, irregulären, mit dem Freimaurernamen belegten Vereinigung (Winkelloge) kann nicht auf dem Wege der Annahme, Affiliation (s. d.) geschehen, sondern nur durch rituelle Neuaufnahme bei einer regulären Loge. Um aber Demütigungen zu vermeiden und nicht durch eine nochmalige vollständige Wiederholung der Einweihung das Ritual zu überflüssigem Formelkram herabzuwürdigen, beschritt z. B. die Großloge "Zur Sonne", Bayreuth, auf Vorschlag von Dr. Bernhard Beyer einen Mittelweg, wobei dem irregulären Maurer die Aufnahme eines Suchenden nach dem Bundesritual gewissermaßen zur Instruktion vorgeführt wird. Das Ritual wird auf diese Weise bis zu dem Gelübde durchgenommen, daß das bisherige Mitglied der Winkelloge zugleich mit dem Suchenden ablegen muß. Hierauf wird die Aufnahme in der üblichen Weise zu Ende geführt. Nach Dr. Beyer (vergl. "Bayreuther Bundesblatt" 1922, Heft 5/6) entspricht diese Form durchaus der freimaurerischen Rechtsnorm.

Auch gegen eine rein historische übermittlung der Aufnahmegebräuche bestehen nach Beyer keine rechtlichen Bedenken. Beförderung in den Gesellen- und Erhebung in den Meistergrad kann sich an die Regularisierung unmittelbar anschließen. Zur Regularisierung einer Winkelloge ist nicht erforderlich, daß alle Mitglieder von einer gerechten und vollkommenen Loge aufgenommen werden, es brauchen nur so viele überzutreten, als nach der Verfassung der betreffenden Obedienz zur Konstituierung einer neuen gesetzmäßigen Loge genugen (in der Regel sieben Meister). Ist die Loge dann mit Großlogenautorisation eingerichtet, kann sie ihre früheren Mitglieder aus der Winkellogenzeit selbständig aufnehmen und dadurch regularisieren.


Die lieben Familien

Über reguläre, irreguläre, liberale und anerkannte Obedienzen.
Ein Text aus ZEIT&MASS, dem Mitgliedermagazin der Großloge von Österreich: Zeit & Maß. Von Rudi Rabe.

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Menschliche Gemeinschaften neigen zum Fraktionieren. Lange Zeit waren die Freimaurer davon verschont. Doch seit einem Jahrhundert gibt es auch in der masonischen Welt zwei große Familien. Vereinfacht: die Engländer und die Franzosen. Wir sind Engländer.

In der offiziellen englischen Terminologie sind wir ‚reguläre‘ und die Anderen ‚irreguläre‘ Freimaurer; letztere nennen sich selbst ‚liberal‘. Die bekannteste liberale Obedienz ist der Großorient von Frankreich. Über 60 Großlogen dieser Richtung gehören zur internationalen Dachorganisation Clipsas, einem losen Netzwerk ohne bindende Vorgaben. Anders die regulären Obedienzen: Diese richten sich nach den Grundprinzipien der Vereinigten Großloge von England (UGLE).

Wir gehören zur regulären Freimaurerei

Die Vorgaben der UGLE sind in den Basic Principles zusammengefasst. Vor allem: Glaube an ein ‚supreme being‘; Mitglieder nur Männer, auch keine Frauen als Ritualgäste; Auflegen des ‚Buches des Heiligen Gesetzes‘; keine (missionierenden) Diskussionen über Religion und Politik. Großlogen, welche diese Prinzipien einhalten, sind regulär, und sie können von der UGLE anerkannt werden: von Ausnahmen abgesehen aber nur eine Großloge pro Land, selbst wenn es in einem Land mehrere Reguläre gibt. Die wichtigsten Ausnahmen sind die kontinentalen Staaten USA, Kanada, Australien und Brasilien.

Wenn wir unsere Großloge als Mutter verstehen, dann ist die UGLE unsere Großmutter. Wir richten uns nach ihren Basic Principles, weil wir dadurch zu ihrem weltweiten Familienverband gehören. Doch darüber hinaus hat die Großmutter keine Erziehungsgewalt. Die österreichische Großloge ist erwachsen und kann über sich selbst bestimmen.

Anerkennung heißt Besuchsrecht

Warum ist das Dazugehören wichtig für uns? Ganz einfach: Vor allem wegen der Möglichkeit, rituelle Arbeiten in anderen regulären Obedienzen rund um den Globus zu besuchen. Zur Sicherung dieses Besuchsrechts treffen die von der UGLE anerkannten Großlogen wechselseitige Anerkennungsvereinbarungen. Unsere Großloge hat das mit mehr als 160 Großlogen in über 80 Staaten getan. Das müssen mehrere zehntausend Logen sein, niemand weiß genau wie viele. Das Dazugehören hat aber auch seinen Preis: Nach den englischen Regularitätsregeln und in deren Folge laut unserer Konstitution (§114/3) dürfen wir nur an rituellen Arbeiten regulärer und anerkannter Obedienzen teilnehmen.

Gott und die Frauen

Das sind die beiden Hauptgründe für die Fraktionierung der Weltfreimaurerei. Begonnen hat es gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als sich zwischen den Engländern und den Franzosen ein Konflikt anbahnte, der sich dann immer mehr aufschaukelte. Zuerst strichen die Franzosen aus ihren Aufnahmebedingungen den Glauben an ein – wie es später hieß – ‚supreme being‘. Dann folgten Logengründungen mit Frauen und Männern. Und schließlich ersetzte der französische Großorient das ‚Buch des Heiligen Gesetzes‘ durch ein Buch mit weißen Seiten. 1913 reagierten die Engländer: Sie brachen alle Beziehungen zu den Franzosen ab, das Schisma war perfekt. Und so ist es bis heute.

Die 1918 gegründete österreichische Großloge bekam die Anerkennung von London erst 1930. Und nach der Wiedergründung 1945 mußten wir neuerlich bis 1952 warten. Historisch gesehen war es nämlich nicht ausgemacht, dass unsere Großloge regulär sein wird, gehörten doch die alten österreichischen Grenzlogen bis 1918 zur ungarischen Freimaurerei, und diese lehnte sich an die liberalen Franzosen an. Unsere streng humanitäre Ausrichtung ist wohl eine Errungenschaft aus dieser Zeit.


Siehe auch