England Teil 2
Inhaltsverzeichnis
England
erster Teil unter
- Die Großloge von London
- Die Ancient Masons
- Die Großloge von York
- Grand Lodge of England, South of the Trent
United Grand Lodge of England
Das Verhältnis der beiden großen freimaurerischen Körperschaften der Antients und der Moderns war ein mehr oder weniger feindseliges. Viele, unter ihnen Dermott, erstrebten aber den Zusammenschluss. Durch äußere Anlässe wurden sie zueinander gebracht. Im Jahre 1799 wurde im Parlament ein Gesetzentwurf eingebracht, der alle Vereinigungen, die einen staatlich nicht genehmigten Eid von ihren Mitgliedern einforderten, für ungesetzlich erklären sollte. Dadurch war der Weiterbestand der Freimaurerei ernstlich bedroht. Die beiden Großmeister, der Earl of Moira (s. d.), Progroßmeister der Moderns, und der Herzog von Atholl (s. d.) von den Antients schritten gemeinsam beim Parlament ein und erreichten eine Ausnahmeverfügung für die Freimaurer: Sie wurden gegen jährliche Vorlage der Mitgliederverzeichnisse beim Friedensrichter von dieser Bestimmung ausgenommen. Es bedurfte aber erst weiterer schwieriger Fühlungnahme, um die beiden selbstbewußten Körperschaften an den eigentlichen Verhandlungstisch zu bringen. Um die Annäherung zu erleichtern, ließ der Earl of Moira in einer eigens eingesetzten, aus je neun Stuhl-, bezw. Altmeistern bestehenden Lodge of Promulgation (1809) die Alten Landmarken gründlichst untersuchen um eine gesicherte Basis der wahren Grundlagen der Freimaurerei zu gewinnen.
Hierbei wurden in mehrfacher Hinsicht Annäherungen auch an das Ritual der Alten Freimaurer vorgenommen. Die Moderns, die Überhaupt viel mehr Entgegenkommen zeigten, ließen sich sogar herbei, ihren Großmeister, den Herzog von Sussex, und mehrere Großbeamte noch einmal in einer Loge der Alten aufnehmen, also gewissermaßen regularisieren zu lassen, nur um der Einsetzung des Herzogs von Kent als Großmeister der Alten beiwohnen zu können. Die ritualistischen Schwierigkeiten, die hauptsächlich im Royal-Arch-Grade und verschiedenen Hochgraden gelegen waren, wurden gleichfalls entgegenkommender Weise überwunden. In den am 25 November 1813 unterzeichneten "Articles of Union Between the two Grand Lodges of Freemasons in England", die heute ein Prunkstück des Londoner Großlogenmuseums bilden, wurde festgesetzt, daß die Freimaurerei bestehe aus den drei Graden, des Lehrlings, Gesellen und Meisters mit Einschluß des höchsten Ordens vom heiligen Royal Arch, daß die Bearbeitung anderer Grade geduldet werde und daß ein einheidliches Gebrauchtum und eine einzige unverfälschte Bundeslehre nach den Alten Landmarken überliefert werden müsse. Von einer Lodge of Reconciliation sollte die Einheitlichkeit des Rituals in verbindlicher Form festgelegt und weitergegeben werden.
So mote it be
In ungewöhnlich feierlicher Weise wurde am 27. Dezember 1813 in einer Großartigen Versammlung die "United Grand Lodge" geschaffen. Diese "Grand Assembly" wird mit Recht als einer der größten Tage der englischen Freimaurerei bezeichnet. In feierlicher Prozession hielten die beiden Großlogen in den Festtempel der Freemason's Hall ihren Einzug: immer ein Würdentrager der "Moderns" neben einem Funktionär der "Alten", zum Schluß Arm in Arm die beiden Großmeister aus dem Königshaus, der Herzog von Sussex von den "Antients" und sein jüngerer Bruder, der Herzog von Kent, der die Farben der "Neuen" trug.
Unter Orgelklängen wurde die "ewige Union" von den beiderseitigen Großkaplänen den Reverends Dr. Barty und Dr. Coghian, verkündet und von der Riesengemeinde mit brausendem "So mote it be!" aufgenommen. Nachdem dann die Geräte nach uraltem Ritus mit Korn, Wein und Öl geweiht worden waren und unter dem Vorsitz des Grafen Lagardje von der Großloge von Schweden die Formel des Gelöbnisses für die "Vereinigte Großloge" genehmigt worden war, wurde dieses von allen Anwesenden, die ihre Hände zur "Kette" vereinigt hatten, mit tiefer Bewegung geleistet. Hierauf erklärte der Herzog von Kent seine Großmeisterschaft für beendet und schlug den Herzog von Sussex als ersten Großmeister der "Vereinigten" vor. Einstimmig erfolgte die Wahl. Die Vereinigung trat ins Leben mit einer Grand Stewards Lodge, 139 Londoner, 404 Provinz- und 104 Auslandslogen. Das neue amtlich niemals niedergeschriebene! Ritual wurde 1816 vorgeführt und genehmigt. Die Vereinigte Großloge hatte aber nicht alle Teile voll befriedigt. Und so kam es im Jahre 1823 zu einer Abfallsbewegung in Liverpool, wo sich unter Führung eines von der Großloge von England disziplinierten Bruders wiederum eine "Grand Lodge of Free and Accepted Masons according to the Old Constitutions" auftat. Sie hatte 1838 erst drei Logen. Diese Großloge, die nach ihrem ersten Versammlungsort auch Groß-Loge von Wigan genannt wird, hielt sich überraschend lange. Erst 1913 suchten sieben Pastmasters um Aufnahme in die Vereinigte Großloge von England an. Sie erhielten auch ein Patent, verloren aber ihren alten Rang in der Großlogenliste und erscheinen jetzt unter Nr. 3177. Damit war auch dieser lokale Streit, das "Semi-Schisma", wie es Sir Alfred Robbins nennt, erledigt.
Die Vereinigte Großloge von England hat in den Jahren seit ihrer Gründung eine ununterbrochene Linie bedeutenden Aufstieges zu verzeichnen und namentlich auf karitativem Gebiet Gewaltiges geleistet. Größere Schicksalsschläge sind ihr seither erspart geblieben. Ein aufsehenerregendes Ereignis war es, als der Großmeister Marquis Ripon (s. d.) der 1869 zum ersten Male gewählt worden war und der sich maurerisch besonders betätigt hatte, am 2. September 1874 der Großloge seinen Amtsverzicht mitteilte, weil er zum römisch-katholischen Glauben übergetreten war.
Abtrennung vom Grand Orient de France
Eine weitere, für die englische Freimaurerei sehr einschneidende Periode begann 1877, als im September dieses Jahres der Grand Orient de France die Bibel aus den Logen entfernte und die Formel des A. B. a W. aus Ritualen und amtlichen Schriftstücken strich. In dieser Änderung einer "Landmark" der Freimaurerei erblickten die britischen Freimaurer eine Entfernung von den alten Grundregeln und sahen sich daher veranlaßt, die Beziehungen zum Grand Orient de France abzubrechen und den französischen Brüdern die weitere Anerkennung zu versagen (1878).
Der erste Weltkrieg
Dieser Bruch bestand auch während des Weltkrieges weiter, als französische und englische Truppen gemeinsam auf den Schlachtfeldern bluteten. Eine gründliche Verfassungsrevision des Jahres 1883 schuf ein mustergültiges Grundgesetz, das in seiner Klarheit für alle anderen Großlogen vorbildlich ist. Im selben Jahre zerstörte eine Feuersbrunst das 1784 erbaute Großlogenhaus (Freemason's Hall an der Great Queen Street), wobei kostbare Reliquien zugrunde gingen. Der Tempel wurde wieder erbaut, erwies sich aber bald für die jährlich wachsenden Bedürfnisse zu klein so daß sich die Großloge 1919 entschließen mußte, auf Anregung des Großmeisters einen neuen großen Maurertempel zu errichten, der zugleich eine Erinnerung an die im Weltkrieg gefallenen fast 4000 englischen Freimaurer sein soll, die auf 1 Million Pfund Bau und Einrichtungskosten veranschlagte Masonic Peace Memorial Hall, zu der im Jahre 1927 der Grundstein gelegt wurde und die im Mai 1931 teilweise bezogen werden konnte.
Ein besonderer Glanz fiel 1875 auf die Großloge, als nach langen Jahren wieder ein Mitglied des königlichen Hauses den Großmeisterhammer ergriff. Es war dies Albert Edward Prinz von Wales (später Eduard VII.) der von 1875 bis zu seinem Regierungsantritt 1901 als Großmeister, dann als Protektor fungierte. Er führte seine beiden Brüder, die Herzoge von Albany und Connaugth, sowie seinen Sohn, den Herzog von Clarence dem Bunde zu. Ihm folgte in der Großmeisterwürde der Herzog von Connaught, der seit 1902 bis zum heutigen Tage die Großloge leitet. Der derzeitige König von England ist nicht Freimaurer wohl aber gehören der Prinz von Wales und zwei seiner Brüder in führenden Positionen der Großloge an. Eduard VII. legte seine Würde zurück, als er den Thron bestieg, indem er dem Beispiel des Königs Georg IV. folgte, der ebenfalls (1790-1812) im Augenblicke seiner Thronbesteigung zugunsten des Herzogs von Sussex entsagt hatte. Unter seiner Hammerführung war die Großloge um 1311 Logen gewachsen.
Im Weltkrieg versuchte die Großloge von England anfangs eine ihrer freimaurerischen Tradition und dem Bruderschaftsgedanken entsprechende Haltung einzunehmen. Mit den Freimaurereien ihrer verbündeten Länder, Frankreich und Belgien, hatte sie der Bibel und des A. B. a. W. wegen keine Beziehungen mehr. Rußland hatte keine anerkannte Freimaurerei. Dagegen bestanden freundschaftliche Beziehungen zu den Großlogen Deutschlands, die erst fünfzehn Monate vor Ausbruch des Krieges durch einen Besuch in Berlin besonders unterstrichen worden waren. Der Ausbruch des Weltkrieges überraschte die Großloge. Verschiedene Versuche besonders eifriger Brüder, sie zu politischen Erklärungen gegen die freimaurerischen Angehörigen der gegnerischen Mächte, zu formellem Abbruch zu veranlassen, wurden zurückgewiesen. Ein Bruder, der sich in der Verfechtung seiner diesbezüglichen Anträge eines maurerischen Vergehens schuldig machte, wurde sogar ausgeschlossen. Eine Loge schloß ihren abgegangenen Meister aus, nur weil er Deutscher von Geburt war. Diese Loge wurde von der Großloge aufgelöst. Diese bemühte sich, in politische Fragen nicht hineingezogen zu werden.
Lusitania
Erst im Frühjahr 1915, nach der Versenkung der "Lusitania", wurde die Situation in der Großloge kritisch. Wohl hatten die beiden deutschen Logen Londons gleich zu Beginn des Krieges klugerweise ihre Arbeiten eingestellt, aber in einzelnen Logen waren naturalisierte Engländer, von denen manche verständlicherweise zu ihren alten Vaterländern hielten. Um unvermeidliche Zusammenstöße in den Logen zu verhindern, entschloß sich die Großloge von England zu einer Maßregel, die an sich vernünftig war, solange der Krieg dauerte, die aber durch die überlange Beibehaltung nach dem Friedensschlusse besonders in Deutschland sehr verstimmen mußte. Die Großloge verhinderte einen Antrag, der dahin ging, alle naturalisierten Brüdern aus den gegnerischen Staaten auszuschließen, sie faßte aber den Beschluß, allen Brüdern deutscher, österreichischer, ungarischer, bulgarischer und türkischer Geburt auf Kriegsdauer den Logenbesuch zu verbieten. Die deutschen Großlogen hatten schon bald nach Beginn des Weltkriege, die Beziehungen zur englischen Großloge abgebrochen. Diese entschloß, sich zu dem gleichen Vorgehen erst eineinhalb Jahre später.
200 Jahrfeier
Im Juni 1917 feierte die Großloge von England die Zweihundertjahrfeier ihres Bestehens. 8000 Freimaurer waren in der Albert Hall unter Vorrsitz des Großmeisters versammelt. Ebenso zahlreich war die Versammlung, als die Großloge 1919 Waffenstillstand und Frieden in einer großen Gedenkfeier beging. Mehr als 500 Abgesandte aus befreundeten Großlogen und aus Übersee nahmen daran teil. In Anerkennung der blutigen Opfer, die seitens der englischen Freimaurerei im Weltkriege gebracht worden waren und ihrer großen karitativen Leistungen genehmigte der König, daß der britische Löwe in das Wappen der Großloge aufgenommen werde. Zur Erinnerung an die im Krieg gefallenen englischen Freimaurer und als Friedensmonument wurde eine Sammlung eingeleitet, die eine Million Pfund erreichen soll, um der Erbauung des neuen Großlogenpalastes, der Masonic Peace Memorial Hall, zu dienen (Masonic Million Memorial Fund).
Statistisches
Die Großloge von England umfaßt nach dem letzten "Masonic Yearbook" 1931 5228 Logen, davon 1102 in London selbst, 2739 Logen in der Provinz, 649 in den Kolonien, dazu 55 nicht in Distrikte eingeteilte, und 2 Militärloge. Die Logen sind aus verwaltungstechnischen Gründen in England in Provinzial-Großlogen, in den Kolonien in Distrikts-Großlogen eingeteilt, nur die Londoner Logen unterstehen unmittelbar der Großloge. Großmeister ist [war] der Herzog von Connaught und Strathearn (s. d.), Pro-Großmeister Lord Ampthill (s. d.), zugeordneter Großmeister Lord Cornwallis. Eine ganz genaue Angabe der Mitgliederzahl ist unmöglich, da in England die Erlaubnis der Mehrfachmitgliedschaft besteht, d. h. ein Bruder kann mehreren Logen angehören. Die Zahl der Freimaurer, die der englischen Großloge unterstehen wird auf 300.000 geschätzt. Die Großloge, für die es kein Glaubensproblem gibt, kennt auch keine Rassenfrage. Daher sind in den Kolonien Angehörige aller Rassen vertreten, besonders in Indien, wo in einzelnen Logen alle Glaubensbekenntnisse und viele Kasten und Rassen einträchtlich zusammen arbeiten. Rudyard Kipling schildert eine solche Loge in seinem schönen Gedicht: "My Mother Lodge"
Wohlfahrtseinrichtungen der Vereinigten Großloge von England
Neben dem "Fund of Benevolence" (s. d.), aus dem die Großloge alljährlich aus eigenen Mitteln rund 36.060 Pfund für Hilfeleistung an in Not geratene Brüder und Witwen ausschüttet, bestehen folgende "Institutions":
- The Royal Masonie Institution for Girls, gegr. 1788,
sorgt für Unterricht, Kleidung und Unterhalt von Freimaurertöchtern. Die Anstalt verfügt über eine Unterschule in Weybridge und eine Oberschule in Clapham. Eine neue Oberschule in Rickmansworth Park ist im Bau. (Anm.d.Red. Schule noch heute aktiv: → Website)
- Royal Masonie Institution for Boys, gegr. 1798,
wie oben für Söhne von Freimaurern in zwei Anstalten. (Anm.d.Red.: 1977 geschlossen)
- Royal Benevolent Masonic Institution, gegr. 1842.
Zur Unterstützung von alten Brüdern und Schwestern. Die derzeitigen Jahrespensionen (etwa 1800) betragen 68 Pfund jährlich für Verheiratete, 64 für Unverheiratete, 56 für Witwen. Außerdem Altersheim in Croydon. (→ RBMI Website)
- Freemasons Hospital and Nursing Home, London, 237 Fulham Road, SW 3
gegr. als Krankenhaus mit 46 Betten, die jetzt durch einen Neubau auf 160 gebracht werden sollen, dient gleichzeitig der Ausbildung von Krankenschwestern. Die Verpflegungstaxen betragen wöchentlich drei Guineen. für Unbemittelte werden die Kosten aus einem "Samaritan Fund bestritten.
Die Beiträge für alle diese Wohlfahrtspflege (s. d.) sind freiwillige und werden durch "Stewards" (s. d.) in den einzelnen Logen gesammelt. Alljährlich wird ein großes "Festival" veranstaltet, bei welchem Anlasse die Stewards die gesammelten Betäge übergeben. Für den Umfang der Wohlfahrteleistungen sprechen folgende Zahlen: das Mädcheninstitut faßt gegen 400 Zöglinge, 800 weitere erhalten Erziehungsbeitrfige.
Ebenso sind im Knabeninstitut 800 Zöglinge untergebracht, während über 400 Erziehungsbeiträge erhalten. Der Unterstützungsfonds für alte Freimaurer und deren Frauen oder Witwen unterstützt derzeit gegen 1800 Personen. Der Gesamtaufwand der Wohlfahrtsinstitute beträgt jährlich 300.000 Pfund Sterling. Bei einem der letzten Festivals des Mädcheninstituts unter Vorsitz des Prinzen von Wales wurde eine Rekordsahl erreicht. Die Stewards überreichten aus freiwilligen Spenden 201.046 Pfund Sterling, d. i. über vier Millionen Mark.