Slowakei

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Selten Hochs, viele Tiefs, doch langsam geht es aufwärts

Die Entwicklung der Freimaurerei in der Slowakei ist eng verzahnt mit der Historie des Landes und genau so wechselhaft: über Jahrhunderte ein Auf und Ab. Also lässt sie sich gut entlang der Geschichte der letzten 250 Jahre erzählen. Seit den Nullerjahren ist jedenfalls Land in Sicht. Von Rudi Rabe aus Wien.

Vor 1918: Die Österreichisch-Ungarischen Monarchie

Die Slowakei gehört bis zum Ende des Ersten Weltkriegs 1918 zum Vielvölkerimperium der Habsburger; genauer: zum Königreich Ungarn. Die Hauptstadt Bratislava – damals Poszony (= ungarisch) oder Pressburg – liegt kaum 70 Kilometer von Wien entfernt. Diese Konstellation reflektiert auch die Entwicklung der Freimaurerei bis 1918.

Mitte des 18. Jahrhunderts: Wie in Wien sind die masonischen Anfänge wegen der Gegnerschaft Maria Theresias sehr mühsam; aber unter ihrem Sohn Joseph II gibt es ab den 1770iger Jahren einen gewissen Aufschwung. Über die Schicksale der ersten Logen in der damals kleinen Stadt Pressburg ist wenig bekannt. Genannt werden im Internationalen Freimaurer-Lexikon: ‚Zur Verschwiegenheit’, ‚Zur Sicherheit’, ‚Zur Vereinigung’. Diese Logennamen lassen wohl Rückschlüsse auf die Mitglieder zu: vor allem Angehörige des kleinstädtischen deutschsprachigen Bürgertums und des multilingualen Adels. Slowakisch als normierte Sprache entsteht erst langsam; das Idiom wird damals vor allem von der Landbevölkerung gesprochen.

Die gute Zeit für die Freimaurer dauert nicht lange. 1795: Nach dem Verbot unter Franz II./I., dem Nachnachfolger Joseph II., ist es in Pressburg viele Jahrzehnte genau so vorbei wie in Wien.

1867 bis 1918: Die Zeit der Wiener Grenzlogen

1867 wird das Habsburger-Imperium neu geordnet. Es wird in eine österreichische und eine ungarische Reichshälfte geteilt: mit dem Habsburgerkaiser (damals Franz Josef I.) als verbindende Klammer. Die Slowakei gehört zu Ungarn.

Innenpolitisch sind beide Reichshälften autonom. Und so kommt es, dass das neue liberale Vereinsgesetz des ungarischen Teils die Freimaurerei zulässt, während auf der österreichischen Seite, zu der auch Böhmen und Mähren (heute: Tschechien) gehören praktisch alles beim alten bleibt. Die Folge: In Ungarn und damit auch auf dem Gebiet der heutigen Slowakei entstehen Logen und bald auch eine Großloge: die ‚Symbolische Großloge von Ungarn’ mit Sitz in der Hauptstadt Budapest.

Pressburg ist mit 50.000 Einwohnern viel kleiner als Wien. Die meisten Logen, die dort jetzt gegründet werden, sind de facto Wiener Logen: Sie werden in Wien als Kulturvereine angemeldet und über der Landesgrenze in Pressburg als Freimaurerlogen geführt; daher: ‚Grenzlogen’. In Wien treffen sich die Brüder nichtrituell, und zu Logenarbeiten fahren sie nach Pressburg. Ein rundes Dutzend solcher Grenzlogen werden bis 1918 eingerichtet: Die meisten haben heute Nachfolgelogen in Wien.

1918 bis 1939: Die Republik Tschechoslowakei (CSR)

Jetzt ist wieder alles anders. Das Habsburger-Imperium zerfällt, und einer der Nachfolgestaaten ist die Tschechoslowakei: der Zusammenschluss von Böhmen und Mähren und der Slowakei. In dieser Republik können nun genau so wie in der benachbarten ebenfalls neu entstandenen Republik Österreich Freimaurerlogen gegründet werden; übrigens im Gegensatz zum ungarischen Nachfolgestaat, wo der autoritäre Herrscher Miklós Horthy alles Masonische sehr rasch verbietet.

Die Freimaurerei floriert vor allem in der neuen Hauptstadt Prag, also im tschechischen Landesteil; aber auch in anderen Städten der Republik, wie eben in Pressburg, das ab jetzt Bratislava heißt. Allerdings: Die Grenzlogen übersiedeln 1918 sofort nach Wien, wo sie eine eigene Großloge gründen. Da sich auch in Österreich die Verhältnisse geändert haben, gibt es für sie keinen Grund mehr, in Pressburg zu bleiben.

In der Tschechoslowakei gibt es nun zwei ethnisch-orientierte Richtungen: von Anfang an Logen der deutschsprachigen Minderheit unter der Großloge: ‚Lessing zu den drei Ringen’; bald aber auch die tschechisch-slowakische Großloge ‚Narodni Velika Loze Ceskoslovenska’ (= Nationale Großloge der Tschechoslowakei). Beide werden von der ‚Vereinigten Großloge von England’ anerkannt: das Gütesiegel der ‚regulären’ Freimaurerei. Das ist nicht selbstverständlich angesichts der engen Beziehungen des neuen Staates tschechoslowakischen Staates zu Frankreich.

1939 bis 1945: Eine Slowakei von Hitlers ‚Gnaden’

Die gute Zeit dauert gerade einmal zwei Jahrzehnte. 1939 zerschlägt Hitler die Tschechoslowakei. Das mehrheitlich deutschsprachige ‚Sudetenland’ auf der tschechischen Seite wird dem Deutschen Reich zugeschlagen, die ‚Resttschechei’ vom deutschen Militär besetzt, und die Slowakei wird ein neuer Staat von Hitlers ‚Gnaden’. Staatschef Tiso dreht die Freimaurerei nach dem Vorbild der Nazis sofort ab.

Die weiterhin für beide Landesteile zuständige Großloge ‚Narodni Velika Loze Ceskoslovenska’ emigriert nach London, wo sie während des Zweiten Weltkriegs Asyl bekommt.

1945 bis 1989: Die kommunistische Tschechoslowakei (CSSR)

Nach der Niederlage Hitler-Deutschlands wird die Tschechoslowakei 1945 wiedererrichtet: allerdings in der Einflusszone der Sowjetunion und mit einer dementsprechend mächtigen Kommunistischen Partei. Ein paar Jahre gibt es auch wieder Logen. Diese bekommen jedoch bald Gegenwind, dann Druck und schließlich kommt nach einem stufenweisen Abstieg 1951 zum zweiten Mal das Ende.

In der darauf folgenden kommunistischen Tschechoslowakei wird die Freimaurerei wie in fast allen Diktaturen verboten. Vier Jahrzehnte vergehen bis der Kommunismus1989 implodiert. Die ‚Revolution aus Samt’ (weil es keine Todesopfer gab) stellt die demokratische Republik wieder her. 28 tschechoslowakische Freimaurer sind nach dieser langen Durststrecke noch am Leben. In den Jahrzehnten davor sollen sie sich dann und wann heimlich getroffen haben; manchmal sogar mit Brüdern der ‚Vereinigten Großloge von England’ und der ‚Großloge von Finnland’. Das war mutig: Die CSSR war zumindest in den ersten Jahren ein totalitärer Terrorstaat.

1989 bis 1992: Die zweite demokratische Tschechoslowakei (CSR)

Nun entsteht wieder eine Demokratie: Freimaurerlogen sind erlaubt. Die ‚Großloge der Tschechoslowakei’ wird am 17. November in Prag wieder belebt. Noch im selben Jahr wird sie von England ebenso anerkannt wie von vielen anderen Großlogen.

Aber dieser Staat existiert nur vier Jahre, dann teilt er sich in Tschechien und in die Slowakei.

Ab 1993: Die demokratischen Republik Slowakei

Die tschechoslowakische Großloge wird nun umbenannt in ‚Großloge der Tschechischen Republik’ mit Sitz in Prag. Dennoch behält sie auch nach 1993 die Jurisdiktion über die Logen in der neuen Slowakei. Jahrelang bleibt es unklar, wie es in der Slowakei weitergehen soll. Doch dann entsteht wieder Bewegung: Am 8. Mai 1998 gründet die ‚Großloge der Tschechischen Republik’ eine ‚Distrikts-Großloge der Slowakei’. Langsam, sehr langsam geht es weiter: Manche Freimaurer in Prag sehen die Verselbständigungstendenzen in Bratislava nicht gern. Es dauert noch mehr als ein Jahrzehnt bis zur Eigenständigkeit.

21. März 2009: Mit einer Charter der tschechischen Großloge und unterstützt von der ‚Vereinigten Großloge von Deutschland’ und der ‚Großloge von Österreich’ wird aus der Distrikts-Großloge eine souveräne ‚Großloge der Slowakei’: die ‚Vel’ka Lóza Slovenska’ (Großloge der Slowakei).

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Ein Dutzend Großmeister und Delegierte von mehr als zwanzig europäischen Logen sind bei der Festarbeit präsent. Schon zehn Tage vorher kam die Anerkennung aus London. Viele weitere werden folgen, darunter praktisch alle europäischen Großlogen.

Masonischer Stand 2013: Die slowakische Freimaurerei scheint gesichert

Die Kette ist noch klein: In der Slowakei gibt es bei gut fünf Millionen Einwohnern an die 150 Freimaurer. Diese verteilen sich zu ungefähr gleichen Teilen auf drei Logen:

  • Humanizmus (1993): französisches Ritual auf Slowakisch.
  • Kosmopolis (2003): Kvapil-Ritual auf Englisch.
  • Libertas (2007): Kvapil-Ritual auf Slowakisch.

Kvapil-Ritual = eine Schöpfung des tschechischen Dichters und Theaterdramaturgen Jaroslav Kvapil (1868 bis 1950).


Siehe auch

Links


Bratislava 2009: Links die Burg; rechts die Altstadt, heute wieder ein beliebtes Touristenzentrum. Im Vordergrund die Donau (70 km aufwärts liegt Wien). Hinter dem Rücken des Fotografen ist ein großer Stadtteil aus der kommunistischen Zeit (viele Plattenbauten). Die Stadt hat heute 420.000 Einwohner.

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