Leo Taxil
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Leo Taxil
Quelle: Lennhoff, Posner, Binder
(Pseudonym für Jogand-Pages, Gabriel), französischer Publizist und Buchhändler, der den berühmten Taxil-Schwindel inszenierte, "der größte Lügner des 19. Jahrhunderts", * 1854 in Marseille, † 1907, wurde nach Erziehung durch Jesuiten ein in Wort und Schrift sich sehr radikal gebärdender Freidenkerführer, ließ sich 1881 in der Freimaurerloge "Le Temple de l'honneur française" aufnehmen, in der er es aber nur zum Lehrling brachte. Nach nur dreimaligem Besuch wurde er wegen Vergehens gegen die freimaurerische Ehre (unsaubere Geschäfte) ausgestoßen. Als leidenschaftlicher Bekämpfer des Katholizismus bekannt (er gab u. a. ein antiklerikales Jahrbuch heraus), erregte es gewaltiges Erstaunen als Taxil 1885 öffentlich seine Vergangenheit abschwor und sich feierlichst zur katholischen Kirche bekehrte, mit der Ankündigung, nun für diese streiten zu wollen.
Die Bekehrung des bisherigen Todfeindes, der zuerst in ein Trappistenkloster zu gehen erklärte, wurde als gewaltiger Triumph der Sache der Kirche gewertet; der Apostolische Nuntius in Paris lud ihn ein, seine Feder in den Dienst Roms zu stellen, und niemand ahnte, daß Taxil in Wahrheit einen überdimensionalen Schwindel vorbereite, einmal, um die gehaßte Freimaurerei zu treffen, anderseits um einen Großen geschäftlichen Fischzug zu tun. Taxil erwirkte durch hochgestellte Geistliche bald nach Beginn seiner Antifreimaurerkampagne eine Audienz bei Papst Leo XIII., der kurz zuvor gegen die Freimaurerei die Enzyklika "Humanum genus" erlassen hatte, und machte ihm Mitteilung von seinen auf Vernichtung der Freimaurerei hinauslaufenden Absichten.
1885 erschien das erste seiner, diesem Plandienenden Werke, "Les fréres Trois Points" ("Die Dreipunktebrüder"), das neben manch Richtigem — aber der wirklich interessierten Öffentlichkeit keineswegs Unbekanntem — aus dem freimaurerischen Ritual, faustdick aufgetragenen grofeskesten Schwindel enthielt. Weitere Bücher gleicher Art folgten. Schon in den "Dreipunktebrüdern" enthüllte Taxil daß die Freimaurerei Teufelskult treibe, das ihr ganzes Ritual nichts als eine Verherrlichung Luzifers darstelle. Namentlich "die Areopage und Kapitel", hieß es da, "stehen unter dem Einfluß des Geistes des Bösen, Luzifer und Eblis, des angeblichen Lichtengels, mit welchen die Ritter Kadosch (die Freimaurer des XXX. Grades des A. u. A. Schottischen Ritus) durch ihre Teufelsbeschwörungen und schwarzen Kunste in direkter Gemeinschaft stehen".
Phantastisches erzählte Taxil auch von sexuell-orgiastischen Vorgängen in Frauenlogen und vom "Meuchelmord in der Freimaurerei", dem er ein ganzes Buch widmete. Die Mitteilungen über die Audienz beim Papst, die in der katholischen Presse in sensationeller Aufmachung erschienen, erhöhten den Glauben an die Richtigkeit der Enthüllungen, die immer toller wurden. 1891 kam das Buch "Les Soeurs Maçonnes" ("Gibt es Frauen in der Freimaurerei?") heraus, in dem der angebliche Teufelskult der Hochgradmaurerei noch eingehender ausgemalt wurde. In den "palladistischen Satanslogen" feierte man nach Taxil wahre Unzuchtsorgien. Luzifer wurde auch hier als Prinzip des Guten verehrt, der Gott der Christen als Geist des Bösen geschmäht. "Hier beginnen der Kult und die direkte Anbetung des Teufels, die progressive Vertierung durch die Schwarze Kunst, endlich die Ehrenbezeugung an den Satan in Gestalt einer Schlange... der Adept ruft Satan als seinen Gott an... er betet ihn an in Gestalt von Baphomet (s. d.), einem infamen Götzenbild mit Bocksfüßen, Frauenbrüsten und Fledermausflügeln". Taxil ließ auch eine von ihm erfundene Sophie Walder auftreten, die "Urgroßmutter des Antichrist" und palladistische Großmeisterin.
Noch ein zweites weibliches Wesen wurde ersonnen, die "Palladistin Diana Vaughan", angeblich 1874 als Tochter des Tenfels Bitru geboren, im Alter von zehn Jahren in eine amerikanische Palladistenloge aufgenommen und dem Teufel Asmodeus angetraut. Diese gar nicht existierende Dame "schrieb" unter dem Titel "Mémoires d'une Expalladiste" scheußliche Enthüllungen, die weiteste Verbreitung fanden. Mit der Welt verkehrte Diana Vaughan ausschließlich durch Taxil. Sie publizierte durch ihn Artikel mit authentischen Teufeledokumenten, z. B. der Unterschrift des Teufels Bitru. Als sie dem Kardinalvikar Parocchi eine Spende für einen geplanten antifreimaurerischen Kongreß zukommen ließ übermittelte ihr dieser im Auftrag des Papstes den Apostolischen Segen.
Die Bücher und Artikel Taxils, die in der ganzen Welt Verbreitung fanden, wurden unterstützt durch gleichzeitige, gleichartige "Enthüllungen" von anderer, mit Taxil verbündeter Seite. "Dr. Bataille", in Wirklichkeit ein Deutscher namens Hacks, veröffentlichte in 200 Fortsetzungen das Lieferungswerk "Le Diable au 19e ciecle" ("Der Teufel im 19. Jahrhundert"), das l0.000 Abonnenten fand. Auch der Italiener Domenico Margiotta (s. d.) schrieb mehrere Bücher über den Teufelskult, wobei er namentlich sehr konkrete, wenn auch aus den Fingern gesogene Beschuldigungen gegen Crispi und die italienische Freimaurerei erhob. Der Französe Paul Rosen ("Satan & Co." und "L'ennemie sociale") stieß in das gleiche Horn. Viele Kirchenfürsten, namentlich der Bischof von Grenoble, Favart dann der Erzbischof Leon Meurin ("La Franc-Maçonnerie — Synagogue de Satan") wurden Apostel Taxils, der den amerikanischen Freimaurer Albert Pike (s d.) zum "Teufelspapst" stempelte.
1896 fand auf Anregung von Taxil in Trient ein großer Antifreimaurerkongress (s. d.) statt, zu dem 36 Bischöfe, 50 bischöfliche Delegierte und mehr als 700 Interessenten, größtenteils Geistliche, erschienen. Tagelang würde über "Mis Vaughan" debattiert. Deutsche Kleriker (Hauptredner: Mgr. Gratzfeld als Vertreter des Erzbischofs von Köln und Dr. Baumgartner aus Rom) traten gegen den Glauben an deren Existenz auf, andere, vor allem Franzosen, legten sich für Taxil ins Zeug. Dieser selbst griff ein, indem er auf der Rednertribüne mit einer Photographie Diana Vaughans erschien und heftige Angriffe gegen den Jesuitenpater Hermann Gruber erhob der, anfanglich selbst im Banne des Schwindels dann, nach den aufklärenden Schriften Findels und anderer, das meiste zu seiner Aufdeckung beitrug. Taxil erhielt stürmischen Abgangsapplaus, und man beschloß, das Problem Vaughan durch eine Kommission restlos klären zu lassen.
Diese Kommission erklärte diplomatisch, daß sie keinen zwingenden Beweisgrund, sei es für, sei es gegen die Existenz der Teufelstochter, habe finden können. Am Ostersonntag 1897 enthüllte dann Taxil anläßlich eines Vortrages über den Palladismus Kultus im Saal der Geographischen Gesellschaft in Paris selbst den Schwindel in seinem ganzen gewaltigen Umfang, indem er die Mystifikation aufdeckte und zynisch erklärte, daß Mis Vaughan niemals existiert und er mit seinen Machenschaften die Spitzen des Klerus zwölf Jahre lang dupiert habe.
Theodor Lessing ("Geschichte als Sinngebung des Sinnlosen", Seite 87 ff.) kommt zu einer anderen Wertung Taxils, den er persönlich gekannt hat. Er schreibt: "Vor den Erschienenen trat er am 19. April 1897 zur grenzenlosen Überraschung der uneingeweihten Kleriker mit der lachenden Enthüllung hervor, daß er immer noch, wie in seiner Jugend, Freidenker und Kirchenfeind sei und lediglich ein zehn Jahre lang dauerndes Spiel mit dem Aberglauben und dem Fanatismus des Menschen gespielt habe. Alle Einzelheiten seiner Audienzen beim Heiligen Vater, seinen Verkehr mit den Bischöfen, die kleinen Zuge des von den Jesuiten gewünschten und angebahnten Wunderschwindels, die Lebensgeschichte der Vaughan alles gab er in behaglich-komischer und derbübermutiger Weise dem Gelächter preis."
Der Skandal zitterte manche Jahre nach. Taxil hielt während dieser Zeit Vorträge über seine Erlebnisse mit der Kirche in den französisehen Städten und gab eine Fülle spöttischer, derbsatirischer Schriften heraus, die das Motto tragen ,Tuons-les par le rire' (Töten wir sie durch Gelächter!) und mit übermütigen Widmungen an die befreundeten Bischöfe oder gar an den Papst zum Danke für die ihm erteilten Segen versehen sind. "Ich habe", schreibt Lessing, "den Mann gekannt und einige Jahre mit ihm Verbindung unterhalten. Daher glaube ich zu wissen, das weder Eitelkeit, Ruhmsucht Geldgier noch auch Fanatismus für Aufklärung und Freigeisterei die Triebfeder seines Handelns war. Er gehörte, geborener Gascogner, zu den bewundernswert überlegenen Leuten, die an Spott und Spiel ein wahrhaft künstlerisches Vergnugen haben. Das ist ein Stück Dichtertum, frei von jedem Pathos, außer einem gewissen Pathos des Witzes."
Taxil Schwindel
Quelle: Wikipedia, Artikel dort: "Taxil Schwindel"
Der Taxil-Schwindel war ein von 1885 bis 1897 andauernder Schwindel einer vorgeblichen Enthüllungsgeschichte geheimer satanischer Riten der Freimaurerei durch Léo Taxil (1854–1907). Nach seinem Ausschluss aus der Freimaurerei wusste er den Argwohn der römisch-katholischen Kirche gegenüber der Freimaurerei lukrativ zu nutzen, zugleich konnte er seiner Abneigung gegenüber beiden Seiten genüge tun.
Léo Taxil
Léo Taxil (sein eigentlicher Name war Marie Joseph Gabriel Antoine Jogand-Pagès) war Atheist und bereits wegen seiner Schmähschrift Die geheimen Liebschaften von Pius IX. verurteilt worden.
Am 20. April 1884 veröffentlichte Papst Leo XIII. eine Enzyklika Humanum genus, die aussagte, dass die Menschheit in zwei unterschiedliche oppositionelle Teile geteilt sei, bei der die eine standhaft für die Wahrheit und Tugend kämpfe und die andere für die Dinge, die in Kontrast zu Tugend und Wahrheit stünden. Die eine sei das Königreich Gottes auf Erden, nämlich die Kirche von Jesus von Nazaret, die andere sei das Königreich Satans, die durch die Freimaurerei angeführt oder unterstützt würde.
Zuvor weithin als Bekämpfer des Katholizismus bekannt, entschied sich Taxil nach dieser Enzyklika 1885 öffentlich vorgeblich für den Katholizismus und gab kund, dass er damit den durch ihn verursachten Schaden gegenüber dem wahren Glauben wieder zu beheben versuche. Darüber hinaus erklärte er, in ein Trappistenkloster zu gehen. Dies beeindruckte den Apostolischen Nuntius in Paris derart, dass er ihn darum bat, er möge seine Fähigkeiten als Autor doch in die Dienste Roms stellen. Taxil erwirkte zu Beginn seiner Antifreimaurerkampagne gar eine Audienz bei Papst Leo XIII. Taxils wahre Absicht lag aber darin, die Freimaurerei öffentlich zu verleumden, weil diese ihn bereits nach drei Besuchen wegen unsauberer Geschäfte ausschloss, und die Römisch-Katholische Kirche in Verlegenheit zu bringen.
Satanismus-Schwindel
Das erste Buch Les frères Trois-Points (1885) war die in größeren Passagen frei erfundene vierbändige Geschichte der Freimaurerei, die fiktive Augenzeugenberichte über eine vermeintlich androgyne „palladische Freimaurerei“ mit luziferianischen Orgien enthielt.
1891 veröffentlichte er das Buch Les Sœurs Maçonnes, in der er „palladistische Satanslogen“ ersann und Eliphas Lévis erfundenen Baphomet von 1854 aufgriff, eine Gestalt eines Götzenbildes mit Bocksfüßen, weiblichen Brüsten und Fledermausflügeln. Eine erfundene Sophie Walder sei die palladistische Großmeisterin und „Urgroßmutter des Antichrist[en]“.
Zusammen mit Taxil schrieb der Deutsche Dr. Karl Hacks unter dem Pseudonym „Dr. Bataille“ in 200 Fortsetzungen das Werk mit dem Titel Teufel im neunzehnten Jahrhundert, das 10.000 Abonnenten fand. Das Werk beinhaltet viele unplausible Märchen. Man erfand eine 1874 geborene Diana Vaughan, welche die Tochter des „Teufels Bitru“ gewesen sein soll. Mit zehn Jahren sei sie Satan geweiht und in eine amerikanische Palladistenloge aufgenommen worden. Weiter wurden ihre Begegnungen mit inkarnierten Dämonen beschrieben, dabei soll einer Prophezeiungen auf ihrem Rücken mit seinem Schweif geschrieben haben, ein anderer Dämon in Form eines Krokodils spielte Klavier. Später wäre sie ausgetreten, als sie sich eines Tages zur Verehrung von Jeanne d’Arc bekannt habe, bei deren Name die Dämonen in die Flucht geschlagen worden wären. Als Diana Vaughan publizierte Taxil ihre vermeintlichen Memoiren einer Ex-Palladistin und ein Buch mit dem Titel Eucharistic Novena, eine Sammlung von Gebeten, die vom Papst gelobt wurden. 1896 stand sie im Mittelpunkt des Trienter Antifreimaurerkongresses in der Residenz des Fürstbischofs von Trient, Eugenio Carlo Valussi. Eröffnet wurde dieser Kongress nach Erscheinen der Enzyklika Praeclara gratulationis publicae des Papstes Leo XIII. auf Antrag des Präsidenten der italienischen Antifreimaurerliga Gullino Luigi am 27. September. Zugegen waren 36 Bischöfe, bischöfliche Delegierte, Kardinäle und mehr als 700 zumeist geistliche Abgesandte.
Enthüllung
1896 entlarvte die „Kölnische Volkszeitung“ unter Hermann Cardauns Taxil als Schwindler und Miss Diana Vaughan als dessen Frau.
Cardauns hielt ab 1901 öffentliche Vorträge über „Literarische Kuriosa“, bei denen er auch sehr ausführlich auf Taxil einging.Große Bekanntheit außerhalb des katholischen Lagers erlangte C. durch die Aufdeckung des Antifreimaurer-Schwindels des Franzosen Leo Taxil… In: Biografisch-Bibliografisches Kirchenlexikon, Band XXII (2003) Spalten 161–170 Autor: Gunnar Anger
Am 19. April 1897 deckte Taxil dann selbst statt eines Lichtbild-Vortrages über Diana Vaughan und den Palladismus-Kult im Saal der Geographischen Gesellschaft auf, dass seine spektakulären Enthüllungen über die Freimaurerei fiktiv seien, erklärte zynisch Eugen Lennhoff, Oskar Posner, Dieter A. Binder: Internationales Freimaurer Lexikon. 5. Auflage 2006. Herbig Verlag, Seite 831, dass Diana Vaughan nie existiert habe, und dankte der Geistlichkeit für ihre Unterstützung durch ihre Werbung für seine wilden Behauptungen.
Bis heute wird der Schwindel von verschiedenen Gruppen für wahr gehalten und gegen die Freimaurerei verwendet. So publiziert der fundamentalistisch-protestantische Verlag Chick Publications Traktate wie Der Fluch Baphomets
Literatur
- Eugen Lennhoff, Oskar Posner, Dieter A. Binder: Internationales Freimaurer Lexikon. 5. Auflage 2006. Herbig Verlag,
- Thomas Raff: Der Teufel Bitru, der Taxil-Schwindel und der „Simplicissimus“. In: Quatuor Coronati-Jahrbuch 2003, Nr. 40. S. 217-223.