Geschichtsschreibung der Freimaurerei

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Diese Werke sind, was hervorgehoben zu werden verdient, allgemein zugänglich. Es liegt kein Geheimnis über ihnen. Es sind die informierten und informierenden Werke der Freimaurerei, und wer sie benützt, wird es nicht notwendig haben, sich an die sehr trüben Quellen der gegnerischen Literatur wenden zu müssen.


Geschichtsschreibung der Freimaurerei

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)

Die ältesten Geschichtswerke der Freimaurerei sind nach Art der mittelalterlichen Chroniken abgefaßt. Sie sind den Konstitutionen angeschlossen und sollten bei der Aufnahme von Neophyten vorgelesen werden, um ihnen die notwendige Ehrfurcht vor der Institution beizubringen.

So vorgeschrieben im Robertsdruck 1722, in Andersons "Constitutionen" 1723 und in den alten Manuskripten. Daher beginnen diese Chroniken mit Erschaffung der Welt und werden in einer gewissen Beharrlichkeit über die Bauleute der Bibel (Noah, Nimrod, Salomon usw.) weitergeführt nach Assyrien und Babylonien, Ägypten, Hellas und Rom, von wo aus die Baukunst durch Vermittlung römischer Bauleute nach England kommt, um hier ihre Vollendung im augusteischen Stil zu finden. Ebenso wie Adam werden alle bekannten Namen zu Freimaurernamen umgeprägt. Nimrod war Großmeister, aber auch Kaiser Augustus usw. Hier spricht Gutglaubigkeit Tradition und ein Bestreben, die geliebte Kunst durch ein bis an die Grenzen der Menschheit reichendes Alter besonders ehrwürdig zu gestalten, aus den altehrwürdigen Bauhüttenakten.

Unkritische Interpretationen

Daneben aber entstand im 18. Jahrhundert eine historische Fälscherindustrie, für die es diese Rechtfertigung nicht gibt. Insbesondere das Auftreten mancher Hochgradsysteme hat eine vollkommene Verwirrung der Freimaurergeschichte zur Folge gehabt, an der sie heute noch leidet. Die älteren Freimaurergeschichtswerke sind daher durchweg unkritisch geschrieben. Das gilt auch von englischen, wie beispielsweise dem Prestons. Da in den seltensten Fällen vorhandene Aufzeichnungen eingesehen zumeist nur mündliche überlieferungen verwendet wurden, so hatte die kritiche Geschichteschreibung des 19. Jahrhunderts eine Unsumme von Arbeit zu leisten.

Acta Latomorum

Über den Durchschnitt erhoben sich die Acta Latomorum (Thory) und die Geschichte von Bégue - Clavel, obzwar auch dort noch sehr viel Unkraut zwischen den Furchen wuchert. Wie versandet die freimaurerische Tradition geworden war, zeigt wohl am besten der Umstand, daß der Zusammenhang zwischen der Freimaurerei und den alten Steinmetzenbauhütten durch den Abbé Grandidier (s. d.) erst wieder entdeckt werden mußte. Eine besondere Tragik liegt darin, daß sich die drei "ältesten Kunsturkunden", die Krause bearbeitete, als sichere Fälschungen erwiesen haben.

Umschwung in der Historiographie

Ein Umschwung in der Historiographie der Freimaurerei trat gegen Mitte des 19. Jahrhunderts ein, insbesondere, nachdem in englischen Archiven die alten Manuskripte ihre Auferstehung feierten. Man ging den Handschriften kritisch zu Leibe. Es war als ein großes Ereignis zu buchen, als Findel (s. d.) in England die Fälschung der Yorker Urkunde feststellen konnte. Die Wiedererweckung der freimaurerischen Geschichte ist besonders den Engländern zu danken. In ihrer Loge "Quatuor Coronati" und anderen Forschungslogen vereinigten sich alle wirklichen Kenner der englischen Geschichte: Gould, Speth, Sadler, Chetwode Crawley, Hughan, Conder Crowe, Vibert, Calvert u. v. a.

Gould gab seine Geschichte der Freimaurerei heraus (6 Bände). In Deutschland taten Forscherarbeit: Kloß, Begemann, Keller, Sonnenkalb, Wolfstieg, Kneisner, Schiffmann, Kekule von Stradonitz u.v.a.

Die italienische Freimaurerei bearbeitete Ulisse Bacci, die französische Lantoine, neben diesen Martin u. a. Die Geschichte der Freimaurerei in Österreich-Ungarn fand in Abafi ihren Schilderer.

Spezialgebiet

Unter dem Schwergewicht dieser Autoren, die nicht nur gefühlsmaßig Eleusis oder die ägyptischen Priesterbünde mit der Freimaurerei verbanden, sondern Beweise suchten, die insbesondere auch aus der Geschichte die Vorgeschichte der Freimaurerei zu ergründen trachteten, wurde es langsam schwer, Geschichte der Freimaurerei zu schreiben. Dazu kamen zahlreiche Arbeiten, die das Völkerpsychologische der Erscheinungsform des Männerbundes zum Verständnis heranzogen (Horneffer). Und so ist Geschichte der Freimaurerei heute ein Spezialgebiet geworden, kein Boden für phantasiereiche Tänzer, sondern ein steiniger Boden für ernsthafte Forscher.

Blutiger Dilettantismus

Dieser Wandlung entsprechen auch die heutigen Geschichtswerke. Daß daneben sehr viel Unkritisches weiter produziert wird, daß leider in zahlreichen Logenvortragen und Veröffentlichungen sich ein blutiger Dilletantismus auslebt, hat andere Gründe: die Loge hat einen ziemlichen Verbrauch an Instruktionsvorträgen, aber nicht immer die fachkundigen Instruktoren. Daß das im flüchtigen Wort vorüberrauscht, mag noch hingehen. Schlimmer ist, daß längst Geklärtes in seinen Traditionsfassungen noch immer gedruckt, häufig auch von Gegnern übernommen und gegen den Bund verwendet wird.

Ernsthafter Standard

Wer sich ernsthaft mit Geschichte der Freimaurerei beschäftigen will, hat u. a. folgende in der Bibliographie dieses Lexikons näher verzeichnete Werke zur Verfügung:

In englischer Sprache

1. Gould, ,History of Freemasonry", auch gekürzt als "Concise History" erschienen.
2. Ars Quatuor Coronatorum. Transactions der Quatuor Coronati Lodge in London.
3. Lang, Ossian History of Freemasonry in the State of New York, und zahlreiche Einzelstudien.
4. Robbins, "English speaking Freemasonry".
5. Darrah, History of Freemasonry (amerikanisch).
6. Calvert, Grand Lodge of England 1717-1917.
7. Daynes, Birth and Crowth of the Grand Lodge of England.
8. Vibert, Freemasonry before the Existence of Grand Lodges und Story of the Craft.
9. Telepneff, An Outline of the History of Russian Freemasonry.

In deutscher Sprache

10. Allgemeines Handbuch der Freimaurerei.
11. Begemann, Vorgeschichte der Freimaurerei in England.
12. Ebenso, Irland und Schottland.
13. Boos, → Geschichte der Freimaurerei.
14. Findel, Geschichte der Freimaurei.
15. Wolfstieg, Ursprung und Entwicklung der Freimaurerei.
16. Kneisner, Geschichte der deutschen Freimaurerei.
17. Sonnenkalb, Entstehung des Meistergrades und zahlreiche Arbeiten in der "Zirkelkorrespondenz" und dem "Mecklenburgischen Logenblatt".
18. Beyer, Das Freimaurer-Museum (Einzeldarstellungen).
19. Horneffer, A. Die Freimaurerei.
20. Wannerdit, Zahlreiche, besonders die deutsche Freimaurerei betreffende Arbeiten.
21. Abafi, Geschichte der Freimaurerei in Österreich-Ungarn.
22. Keller, Zahlreiche Schriften und Beitrage in den Comeniusheften.
23. Starcke, Die Freimaurerei, ihre geschichtliche Entwicklung
24. Lennhoff, Die Freimaurer.
25. Posner, Bilder zur Geschichte der Freimaurerei u. a. m.
26. Friedrichs, Geschichte der einstigen Maurerei in Rußland.

In französischer Sprache

27. Lantoine, Histoire de la Franc-Maçonnerie francaise.
28. Martin, Manuel d'histoire de la Franc-Maçonnerie francaise u. a.

In italienischer Sprache

29. Bacci, Il libro del massone italiano.

Daneben viele freimaurerische Zeitungen mit vorwiegend historischem Inhalt (s. Zeitungen). Dem Studium der Geschichte der Freimaurerei dienen zahlreiche wissenschaftliche Gesellschaften, wie die Wolfstieg-Gesellschaft und der Engbund des Bayreuther Großlogen-Museums der Engbund der Logen "Balduin zur Linde" in Leipzig, die Quatuor Coronati-Gesellschaft in Prag, der deutsche und tschechische Freimaurer angehören. Bezüglich England und Amerika s. Forschungslogen, Großlogenbibliotheken und Sammlungen unterstützen diese Bestrebungen. Die Geschichte des A. u. A. Schottischen Ritus hat in Amerika neuestens Lobingier bearbeitet. (Einzeldarstellungen in "The New Age Magazine"), in französischer Sprache Lantoine "Le Rite Ecossais Ancien et Accepte", 1930.

Diese Werke sind, was hervorgehoben zu werden verdient, allgemein zugänglich. Es liegt kein Geheimnis über ihnen. Es sind die informierten und informierenden Werke der Freimaurerei, und wer sie benützt, wird es nicht notwendig haben, sich an die sehr trüben Quellen der gegnerischen Literatur wenden zu müssen. Über diese tendenziöse Geschichtsschreibung s. Gegner.


Siehe auch: