Voltaire

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Büste von Voltaire mit Perücke von Jean-Antoine Houdon. Marmor 1778.The National Art Gallery, Widener Collection, Washington, DC. Foto mit freundlicher Genehmigung von → Paul Lowry
Freimaurer im Dialog: Voltaire und Friedrich der Große

VOLTAIRE, François Arouet

Quelle: Lennhoff, Posner, Binder

d. i. François Marie Arouet, *1694, †1778, Schriftsteller, Dichter und Denker der französischen Aufklärung von nachhaltigstem Einfluß, Kämpfer für religiöse und politische Toleranz, für Gewissensfreiheit und gegen Schandjustiz, einflußreichster Geist der vorrevolutionären Epoche, nach Goethe der "höchste unter den Franzosen denkbare, der Nation gemäßeste Schriftsteller", wurde nach seiner Rückkehr von Fernay in seinem letzten Lebensjahr am 7. April 1778 in Gegenwart von 250 Freimaurern in die Pariser Loge "Les Neuf Soeurs" aufgenommen.

Der Historiker Abbé Cordierde St. Firmin war sein Pate, Graf Stroganoff, Kammerherr der Kaiserin Katharina von Rußland, bereitete ihn vor, Benjamin Franklin führte ihn in den Tempel, der vorher dem Jesuiten-Noviziat als Sitz gedient hatte. Der Akademiker Lalande, der Große Erforscher der Gestirne und Stuhlmeister der Loge, nahm ihn nach der Beantwortung einer Reihe philosophisch-moralischer Fragen auf. Voltaire wurde mit dem Schurz des Helvetius bekleidet, er führte ihn, bevor er ihn umband, an die Lippen. In seiner Aussprache verherrlichte Lalande den Bund, der "keine Religion und keine Nation ausschließt", und pries die Wohltätigkeit und Menschenliebe des Neuaufgenommenen, der bei Hofe als "Geißel des Jahrhunderts" verschrien war. Bei der Aufnahme war auch der Freund und Helfer Voltaires, der Advokat Elie de Beaumaont zugegen, der zweimal unerschrocken vor die Richter getreten war, als Voltaire den Ruf nach Gerechtigkeit hatte erschallen lassen: für die Witwe des unter falscher Beschuldigung in Toulouse unschuldig hingerichteten Protestanten Jean Calas und die Familie Sirvain.

In Voltaires Werken finden sich bloß zwei kurze Beziehungen zur Freimaurerei, die freilich lange vor seinem Eintritt in die Loge geschrieben wurden. Im "Dictionnaire Philosophique" unter Initiation: "N'est-ce pas es besoin d'associations qui formatant d'assemblées secretes d'artisans dont il ne reste presque que celle des françs-maçons?"

Und weiter unter dem gleichen Stichwort: "On faisait serment de se taire et tout serment fut toujours un lien sacré. Aujourd'hui meme encore, nos pauvres francsmaçons jurent de ne point parler de leurs mystéres. Ces mysteres sont bien plat, mais on ne se parjure presque jamais."

Bei der Aufnahme in die Loge wurde eine oft zitierte Fabel, "Der Feigenbaum und der Weißdorn", verlesen, die Blumauer (s d.) ins Deutsche übertragen hat. Die Fabel, die den oft behandelten Wettstreit zwischen Schönheit und Nützlichkeit zum Gegenstande hat, schließt in der Fassung Blumauers:

Die gütige Natur in ihren Gaben allen
Gleich mütterlich, gibt dem die Gabe zugefallen,
Und jenem die des Unterrichts, daß nie
Ein Kind von ihr daß ändere beneide:
Nur ihrem liebsten Sohn Voltairen - gab sie beide.

Ehrengedächtnis auf Voltaire

Quelle: Geschichte der freimaurerei in Frankreich, 1725-1830, Band 1 von Georg Franz Burkhard Kloss, Verlag der Hofbuchhandlung G. Jonghaus, Darmstadt 1852 S. 251-252

Voltaire gieng heim am 30. Mai [Anmerk. 1778] und die Loge begieng am 28. November [1778] sein Ehrengedächtniss. Lalande führte den Hammer, Franklin und Stroganoff waren die Aufseher, Lechangeux Redner. Zweihundert Besuchende traten paarweise in tiefster Stille ein, die ersten Künstler der Hauptstadt übernahmen den musikalischen Antheil der Feier. Nur Madame Denis, Voltaire's Nichte, und die Marquise de Villette wurden eingelassen. Der Saal war durchgehends schwarz ausgeschlagen und nur durch wenige Lampen sparsam erhellt; an den Wänden waren ausgewählte Stellen in Prosa und in Versen aus des Verstorbenen Schriften angebracht. Das Mausoleum für Voltaire stand im Hintergrund des Saals. Nach dem einleitenden Vortrag des Vorsitzenden sprachen der Redner der Loge und Coron, wornach la Dixmerie das Eloge de Voltaire vortrug (4972). Während der Verlesung verschwand auf ein gegebenes Zeichen das Mausoleum und man erblickte ein Bild Voltaire's Apotheose darstellend. Nach diesem trug Br. Roucher ein Gedicht vor, in welchem der Vers: où repose un grand homme, un dieu doit habiter, eine solche Bewegung hervorrief, dass er das ganze Gedicht nochmals vorlesen musste.

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