Friedrich Wichtl

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Wichtl, Friedrich

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)

Dr., österreichischer deutschnationaler Politiker, Reichsratsabgeordneter, Mitglied der ersten provisorischen Nationalversammlung der Republik Deutschösterreich, * 1872, † 1921, trat gleich nach dem 1. Weltkrieg mit sensationell aufgemachten unkritischen Schmähschriften gegen die Freimaurerei hervor, deren verbreitetste "Weltfreimaurerei - Weltrevolution - Weltrepublik" (11. Auflage, München 1928) wurde. Dr. Carl Vogl behauptet in "Aufzeichnungen und Bekenntnisse eines Pfarrers" (Berlin 1930), daß das Material und die Richtlinien zu dem Machwerk 1917 vom Auswärtigen Amt in Berlin geliefert worden seien (s. Meyrink).

Weitere Pamphlete waren: Dr. Karl Kramar, der Anstifter des Weltkrieges" (München 1918), "Freimaurermorde" (Wien 1920) usw. Dank geschickter Reklame, die durch Vorträge unterstützt wurden, wirkten die Wichtlschen Publikationen in der aufgeregten Umsturzzeit in gewissen Bevölkerungsschichten ähnlich überzeugend wie seinerzeit die Erzeugnisse Taxils.

Skrupellos geschrieben, gab die "Weltfreimaurerei..." in aufreizender Weise den Ton für die Kampfmusik an, die dann von Ludendorff und anderen noch lauter aufgenommen wurde. Wichtl war es darum zu tun, "nachzuweisen", daß die Freimaurerei mit allem revolutionären Tun, mit allen politischen Morden (Sarajevo!) aufs innigste verknüpft sei, und er gab auch das ebenso falsche Schlagwort aus, die Freimaurerei diene den Herrschaftsgelüsten des Judentums.

Das Endziel der freimaurerischen Arbeit sah Wichtl in der Schaffung einer Weltrepublik. So absurd alle diese Behauptungen auch waren, so sehr sie der geschichtlichen Wahrheit ins Gesicht schlugen, sie haben heute noch viele gläubige Nachbeter.

Wichtl ist auch der Autor weiterer deutsch-nationaler Propaganda-Literatur, unter ihr die Pamphlete Dr. Karl Krámář, der Anstifter des Weltkrieges (München 1918) und Freimaurermorde (Wien 1920) die mit ihrer antisemitischen und antifreimaurerischen Propaganda unter anderem auch die Grundlage für General Ludendorffs Antifreimaurerschriften bildete.

Wichtl ging es darum, die Öffentlichkeit Glauben zu machen, dass hinter allem revolutionären Tun, allen Umbrüchen in der Geschichte und allen Morden an wichtigen politischen Persönlichkeiten (insbesondere hinter dem Attentat auf den österreichischen Thronfolger Franz-Ferdinand in Sarajevo) eine freimaurerisch-jüdische Weltverschwörung zur Erlangung der Weltherrschaft stünde. So steht Wichtl durchaus in einer ganzen Reihe von Wegbereitern der antisemitischen Politik des Dritten Reichs. Selbst heute noch finden sich Wichtls Aussagen in fast sämtlichen Verschwörungstheorien über eine angeblich freimaurerisch-zionistische Weltverschwörung, obwohl mittlerweile zweifelsfrei nachgewiesen ist, dass sie ausschließlich Propagandazwecken dienten. Umso erstaunlicher ist es, dass diese Pamphlete nach wie vor ihren Weg im Rahmen von sogenannten Faksimile-Drucken zur „Geschichtsforschung“ über diverse Esoterik-Verlage in die Öffentlichkeit finden.




Das Bild rechts zeigt den Buchcover einer frühen Ausgabe des oben erwähnten Wichtl-Buchs, gezeigt auf der großen
Freimaurer-Ausstellung Wien 2017.
Untertitel des Buchs: Eine Untersuchung über Ursprung und Endziele des Weltkriegs, Ausgabe 1919.

Dazu der Ausstellungstext: "Gegner der Freimaurer machten die „jüdisch unterwanderten“ Logen für alle möglichen Katastrophen verantwortlich – von der Oktoberrevolution über den Zusammenbruch der Monarchien bis zur Wirtschaftskrise. Auch am Ausbruch des Ersten Weltkrieges sollen die Freimaurer Schuld tragen, zumindest sah das Friedrich Wichtl so, ein Jurist und Abgeordneter der österreichischen Nationalversammlung. In seinem Pamphlet „Weltfreimaurerei, Weltrevolution, Weltrepublik“ (1919), das auch in der Schau zu besichtigen ist, bezichtigte er die französische Freimaurerei, Schuld am Ausbruch des Kriegs zu tragen. Sie sollen hinter der Ermordung von Franz Ferdinand in Sarajevo stecken und auch davor beim Selbstmord von Kronprinz Rudolf ihre Hand im Spiel gehabt haben. Auf dem Titelbild sind unter anderem zu sehen: der britische Premier Lloyd George (links), der tschechoslowakische Ministerpräsident Karel Kramár (Mitte), US-Präsident Woodrow Wilson, der französische Ministerpräsident Georges Clemenceau und der deutsche Reichskanzler Gustav Stresemann (zweite Reihe)."

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