Kanonen und Gläser

Aus Freimaurer-Wiki


"Kanonen" im Freimaurermuseum Schloss Rosenau

Quelle: Prof. Schinner

Im Schloss Rosenau besteht seit 35 Jahren das Österreichische Freimaurer-Museum, das in der Welt einzigartig ist. Nirgendwo sonst gibt es im Original erhaltene Logenräume aus der Zeit der Aufklärung, die nicht nur als Museum dienen, sondern auch von Freimaurern aus Europa und Übersee laufend für rituelle Zusammenkünfte genutzt werden.

Von der hochinteressanten Sonderausstellung „Zum Wohle Ihr Brüder“, so der Titel, sind nicht weniger als 65 Gläser aus der Zeit von 1740 bis heute zu sehen. Die musealen Kostbarkeiten tragen reiche und symbolhafte Verzierungen, die sich mit der Mystik der Freimaurer beschäftigen und Zeugnis geben vom kulturellen Niveau der brüderlichen Tafelfreuden.



Kanonen-Sammlung der Loge "Im Quadrat"

Mit freundlicher Genehmigung der Loge Im Quadrat


Freimaurerische Trinksitten und Trinkgläser

Rolf Appel und Gisela Jaacks

Quelle: Auszug aus: Trinkgläser für Freimaurer figürliche Porzellane und andere Gebrauchsgegenstände

Museum für Hamburgische Geschichte

Der freimaurerische Brauch, bei der Tafel Toaste auszubringen, ist uralter Herkunft. Schon aus dem 4. Jahrhundert stammt der von Ausonius überlieferte Spruch: „Trinke dreimal, so verlangt es das mystische Gesetz.“ Die Handwerksgilden und Bauhütten pflegten ebenfalls auf besondere und symbolische Weise Trinksprüche auszubringen. Die bis heute noch in England gepflegten Trinksitten wurden in Frankreich verfremdet. So berichtete die Vossische Zeitung im Jahre 1738, Nr. 10 -15, wie folgt:

„Ein jeder hat die Bouteille vor sich, und wenn es an ein Trincken gehen soll, wird gerutten: ‘Ladet!’, worauf sie alle aufstehen und das gläserne Gewehr (Trinkglas) ergreiffen. Ferner commandiret der Großmeister: ,Pulver auf die Pfanne’, welches soviel heisset als Wein in das Glas schenken. Weiter rufft er: ,Legt an! Gebt Feuer!’ Unter welchen Worten man das Glas auf drey Tempo zum Munde bringet und gedachte Gesundheit trincket. Wenn das Glas ausgeleeret ist, hält man es erst an die lincke, hernach an die rechte Brust und drittens mitten vor die Herzgrube alles auf dreymal Absetzen, so wird es auch mit drey Tempo in gerader Linie wider auf den Tisch gesetzet. Endlich klatschet man dreymal in die Hände und schreyet dreymal: ,Vivat!’“

Diese wesensfremde Vermengung der alten Handwerksbräuche mit soldatischen Elementen stammt von den Fürsten, die zu den Hochs Kanonen abfeuern ließen. Daher werden die zum Teil besonders schön gestalteten Trinkgläser der Freimaurer auch Kanonen genannt. Die noch heute besonders bei den Johannisfesten der Logen geübten Toaste gelten zunächst dem Vaterland und der Vaterstadt, dann der Großloge, den zum Fest gekommenen Gästen, den abwesenden Damen, ‘Schwesterntoast’ genannt, und zum Schluß wird ein Toast ausgebracht auf die abwesenden Brüder und die, die sich im Übergang ins jenseitige Leben befinden. Danach wird in Hamburg das Kettenlied gesungen. Eine Reihe derartiger Trinkgläser, alle mit verstärktem Boden, damit die Gläser gleichzeitig - auf einen Schlag - auf den Tisch aufgesetzt werden können, werden hier gezeigt. Entsprechend dieser Sitte haben die Freimaurergläser ihre besonderen, schweren Formen entwickelt, die sich über viele Jahrzehnte fast unverändert erhalten haben, so daß die Datierung nicht einfach ist.

Andererseits haben sie sich jedoch auch vielfach dem Formenwandel in der Geschichte der allgemeinen Trinkgläser und ihres Dekors angeglichen. Die Gläser sind häufig Erinnerungsgeschenke zu besonderen Anlässen. Widmungen finden sich auf der Kuppa ebenso wie auf dem Fuß. Speziell für derartige Inschriften waren oft die eingeschliffenen Medaillons in der Wandung vorgesehen, in die später die Widmung eingraviert werden konnte. Solche Stücke belegen, daß auch manche Freimaurergläser, vor allem im beliebten Typus des ‘Römers’, serienmäßig auf Vorrat hergestellt wurden. Damit wird die Datierung der Gläser noch zusätzlich erschwert, denn Herstellungszeit und Inschriftbestellung können oft erheblich differieren.


"Kanonen" im Phoenixmasonry-Museum

Quelle: Phoenixmasonry

Dies ist eine der schönsten Freimaurer-Kanonen die Sie je gesehen haben. Es handelt sich um eine frühe schweren Kristall-Kanone. Sie wiegt fast ein Pfund und ist aus Bleikristall. Die Kanone ist mit einer Vielzahl von kunstvoll gravierten Bildern verziert: Die gekreuzten Schwerter, gekreuzte Schlüssel, Senkblei, Musivischer Fußboden, rauher und perfekter Stein, Meister-Hammer, die Kelle, die Sonne, Mond und Sterne, die sieben Schritte, die die sieben freien Künste und Wissenschaften, die acht Sterne, das Allsehende Auge, der flammende Stern, die Bundeslade, die drei großen Lichter, die Säulen des MiniMini3zw.jpg und MiniMini3zw.jpg sowohl mit dem terrestrischen wie den himmlischen Sphären, das Tetragrammaton, der Altar, das Grab und memento mori. Dies ist eine frühe Kanone wie man an ihrem Gewicht, und dem Auftreten von kleinen Bläschen und Einschlüsse erkennen kann, wie auch an der Art des Polierens und Schneidens.

Kanonen

Die Trinkgefäße werden in der Freimaurerei auch Kanonen genannt, weil mit ihnen symbolisch ein Salutschuss abgefeuert wird. Kanonen sind in der Regel mit Symbolen aus der Freimaurerei verziert und durch Widmungen oder Namenszeichen personifiziert. Der Glasboden ist verstärkt, um Glasbruch zu vermeiden.

Diese Kanonen kann man über den Bauhütten-Verlag beziehen:


Diese Kanonen (Design: Prof. Michael Boehm) kann man über Pythagoras beziehen:

"Kanonen", entworfen von Alphonse Mucha

MuchaGlas1.jpg


Die Abbildungen wurden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt von → Josef Novak Untertitel: Designed by Alphonse Mucha and made from Bohemian Glass.

Geschichte der "Kanonen"

Quelle: Freimaurermuseum / Rosenau

Image courtesy of Chris John Beckett

Das gemeinsame Mahl mit Familienmitgliedern, aber auch mit Freunden gehört wohl zu den ältesten menschlichen Bräuchen. Diese Verbundenheit, wie sie im antiken Liebesmahl, dem Agape, dem Minnetrinken oder dem Bescheidtrinken der mittelalterlichen Zünfte zum Ausdruck kommt, war natürlich vom Anbeginn im Jahr 1717 in London auch der Freimaurerei eigen.

Wie schon bei den operativen Maurern, also den Handwerkern, gab es auch bei den spekulativen Freimaurern ab deren Gründung bestimmte Sittengesetze, um die Ziele der "Königlichen Kunst", Brüderlichkeit und mildtätige Nächstenliebe, anzustreben. Nie ist diese "Arbeit am rauhen Stein" schöner ausgedrückt worden, als in der Rede eines Freimaurers namens Michael de Ramsays im Jahr 1737: "Unsere Festmahle ähneln jenen tugendhaften Symposien des Horaz, bei denen man sich über all das unterhielt, was den Geist erleuchten, das Herz zügeln und den Sinn für das Wahre, das Gute und das Schöne einflößen konnte".

Flachfusskanone, Sachsen 1740 Zu diesen Festmahlen gehörten von Anbeginn auch Trinksprüche, die schon in der ersten veröffentlichten Konstitution aus dem Jahr 1723, in der das Leben der Freimaurer nach außen und nach innen geregelt wird, aufgezählt werden. Dieses "Gesundheitstrinken" ist erstmals im 17. Jahrhundert in Deutschland aufgekommen und hat sich rasch in ganz Europa verbreitet. Die Freimaurer, in deren Ritual die uralte heilige Zahl drei eine große Rolle spielt, trinken drei Mal zu und bewegen dabei das Glas ebenfalls in Dreiecksform (Kreuzschlagen über einen Pokal?). Die Freimaurer haben viele alte Tisch- und Trinksitten übernommen, aber sie verändert und beispielsweise die Bräuche der Studentenverbindungen stark beeinflußt. Eine Besonderheit haben die Freimaurer mit den sogenannten "Kanonen" entwickelt: Es sind dies Gläser mit einem außerordentlich starken Fuß, um einem speziellen Ritual zu entsprechen. Nach dem Trinkspruch muß das Glas nämlich fest aufgesetzt werden. Dieser Brauch lehnt sich offensichtlich an die Gewohnheit in Fürstenhöfen an, einen Glückwunsch durch Böllerschüsse zu bekräftigen.Die Studenten machten daraus später das Salamanderreiben.

Logenglas, Dänemark 1960 Die Kanonen hießen ursprünglich in England "Feuergläser", weil die Toasts abgefeuert wurden. Nach einem absolut militärisch klingenden Befehl des Meisters vom Stuhl. Dabei weist das Wort Feuer nicht zwingend auf militärischen Ursprung hin. Man denke nur an "anfeuern" oder das sprichwörtliche "Feuer und Flamme".

Literatur

Jens Oberheide - Logengläser

Quelle: Jens Oberheide - Logengläser - Dieses Buch kann über ADEVA bezogen werden.

Bereits seit 1983 existiert eine kulturhistorische Betrachtung der Entstehung und Entwicklung von Trink- und Tafelsitten von Jens Oberheide. 2010 erschien dies als vollständiger Reprint in der Akademischen Druck- und Verlagsanstalt Graz, ISBN: 978-3-201-01222-5, ISBN: 3-201-01222-X. (Bestellung über ADEVA Graz)

Hier liegt ein Buch vor, bei dessen Betrachtung jeder Fachmann verwundert fragen wird, wieso ein Werk dieser Art nicht schon längst erschienen ist. Freimaurerische Trink- und Tafelsitten haben vor allem im 19. Jahrhundert einen großen Einfluss auf das Brauchtum vieler akademischer Verbindungen ausgeübt und sind daher kulturhistorisch überaus interessant, wurden aber bisher meist nur in Fachpublikationen beschrieben. Das Brauchtum der Tafellogen erforderte spezielle Trinkgläser, die fast immer mit symbolkundlich sehr aufschlussreichem Dekor geschmückt waren. Die „Logengläser“ finden daher seit vielen Jahrzehnten das Interesse kultur- und kunstgeschichtlich orientierter Sammler. Bisher lag jedoch kein Basiswerk vor, das diese Gläser exakt beschrieben und klassifiziert hätte.

Durch das Verdienst des Sammlers Bodo Nährer kam im Verlauf vieler Jahre eine wertvolle Kollektion von Logengläsern zusammen, die in vorliegendem Band mit Hilfe hochklassiger Fotos dokumentiert wird. Diese systematisch erstellten Kurzbeschreibungen der Objekte enthalten auch die freimaurerischen Klassifizierungsmerkmale und Hinweise auf den speziellen Verwendungszweck der Gläser.
Die als Dekor dienenden Symbole wurden in einem eigenen Abschnitt umgezeichnet und erklärt, wodurch der Leser Aufschluss über ein sonst nur selten klar behandeltes Teilgebiet der Symbolforschung erhält. Der Begleittext von Jens Oberheide berichtet über den geselligen Aspekt des freimaurerischen Lebens und bringt dabei interessante kulturgeschichtliche Details zur Sprache, wie die Titel der einzelnen Abschnitte zeigen:

Gans und Bratrost – „So Noble a Toast“ – „Frères et Campagnons de la Maçonnerie“ – Hierauf trincket man die Gesundheit – „Freimaurerischer Tumult“, Anlass für „typische“ Kanonen – Friedrich der Große hält Tafelloge – Goethe tafelt in Weimar – „Gute Tischreden, frohes Brudermahl“ – Reichsfreiherr vom Stein über die „herrliche Mischung von Freude und Ernst“ – Das höfische Zeremoniell der Epoche des Galant-Homme – Das Rundschreiben von 1868, das „Poltern mit Gläsern“ zu unterlassen – Friedrich Schiller schrieb für die Loge einen „feurigen Sang“: „Freude, schöner Götterfunke“ … u. a. m.

Erfreulich ist, dass die Gläserkollektion Bodo Nährer nach dem Tod des Sammlers nicht zerstreut wurde, sondern nach dem Buchhändler Friedrich Gottschalk nun in der Sammlung Prof. Schinner in Wien geschlossen einen neue Heimatstätte gefunden hat. Der vorliegende Band wird für jede künftige Untersuchung der Trink- und Tafelsitten freimaurerischen Ursprungs als Basis dienen müssen und hält erstmalig einen interessanten Teilaspekt des gesellschaftlichen Lebens fest, der von der kulturgeschichtlichen Forschung bisher noch nicht genügend gewürdigt wurde.

TRINKGLÄSER FÜR FREIMAURER

Dieses Buch kann über die Buchhandlung SCHOPF bezogen werden.

Gläser-Titel.jpg


Appel, Rolf / Bracker, Jörgen / Jaacks, Gisela / Jahn, Werner

TRINKGLÄSER FÜR FREIMAURER figürliche Porzellane und Gebrauchsgegenstände

Darstellung der Sammlung Jahn im Museum für Hamburgische Geschichte 112 Seiten, gebunden


Hersteller und Editionen

Siehe auch