Slowenien: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 10. Juli 2014, 22:19 Uhr

Die slowenische Hauptstadt Ljubljana (Laibach): das Zentrum mit den drei Brücken über die Ljubljanica. Ljubljana zählt 270.000 Einwohner, etwa wie Graz, dem der alte Teil der Stadt ähnlich ist. Slowenien gibt es als politische Einheit erst seit dem Ersten Weltkrieg. Davor gehörte das Gebiet zwar zur Habsburgermonarchie, aber außer der gemeinsamen Sprache der slowenischen Bevölkerungsmehrheit gab es kein einigendes Band. Der Adel und Teile des städtischen Bürgertums waren deutsch, das Machtzentrum war Wien. 1918 zerfiel die Donaumonarchie, und so entstand Slowenien aus dem Herzogtum Krain (Laibach/Ljubljana), der Untersteiermark (Marburg/Maribor) und einigen weiteren kleineren Regionen. Etwas adriatisches Küstenland kam erst nach dem Zweiten Weltkrieg dazu. Von 1918 bis 1991 war Slowenien ein Bundesland Jugoslawiens, nur unterbrochen im Zweiten Weltkrieg, als es vier Jahre lang von Deutschland, Italien und Ungarn besetzt wurde. Seit 1991 ist Slowenien ein souveräner Staat mit zwei Millionen Einwohnern und einer Fläche ungefähr so groß wie Hessen oder Niederösterreich und halb so groß wie die Schweiz.
Logo der Großloge von Slowenien

Vier masonische Anläufe in fast 250 Jahren

Seit dem 18. Jahrhundert wurde auf dem Gebiet des heutigen Sloweniens viermal versucht, Logen zu gründen. Die ersten drei Anläufe gelangen immer nur für kurze Zeit. Der vierte scheint gelungen zu sein: Im jungen unabhängigen demokratischen Slowenien existiert seit 1999 eine eigene (reguläre) Großloge. Zu ihr gehören 5 Logen mit ungefähr 250 Mitgliedern (2014). Von Rudi Rabe.

Erster Anlauf im 18. Jahrhundert

Im Schloss Rothmund/Radvanje am Stadtrand von Maribor/Marburg soll nach den Forschungen von Historikern 1781 die kurzlebige erste slowenische Loge gearbeitet haben: die Loge 'Zu den vereinigten Herzen', Namensgeberin der heutigen Loge 'Združena Srca' in Maribor. Das Haus ist desolat; wie nicht selten in postkommunistischen Ländern sind die Eigentumsverhältnisse verworren.

Einzelne slowenische Adelige finden bereits 1741 ihren Weg zu deutschen Logen in Bayreuth; andere später auch nach Wien, Freiburg, Triest, Prag und Budapest; mit Ausnahme von Bayreuth sind das damals habsburgisch regierte Städte. Zu diesen frühen slowenischen Freimaurern gehören mehrere Grafen und Freiherren, ein Erzbischof und andere hohe Kleriker, Professoren und theologische Autoren, Buchdrucker und Erfinder, Wissenschaftler, Dichter und Militärangehörige.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts erlebt die Freimaurerei im Habsburgerreich ihren Gipfel und bald darauf durch ein kaiserliches Verbot auch ihren Untergang. Aber ein paar Jahre zuvor entstehen auf dem Gebiet des heutigen Slowenien noch zwei Logen: die Loge ‚Zu den vereinigten Herzen’ in Maribor (damals Marburg in der Untersteiermark) und die Loge ‚Zur Wohltätigkeit und Standhaftigkeit’ in Ljubljana (damals Laibach im Herzogtum Krain). Die deutschen Logennamen signalisieren, dass dies Logen der herrschenden Oberschicht waren.

Die Loge in Maribor wird 1782 gegründet. Sie kommt auf 14 Mitglieder und übersiedelt bereits ein Jahr später in die steirische Landeshauptstadt Graz, also in die damals für Maribor/Marburg zuständige Landeshauptstadt. In dieser gibt es auch heute wieder eine Loge mit der Bezeichnung 'Zu den vereinigten Herzen'.

Die Loge in Ljubljana wird 1792 gegründet. Sie kann gerade einmal drei Jahre arbeiten: bis zum Freimaurerverbot durch Kaisers Franz I. im Jahr 1795. Diese Loge hat 13 Mitglieder, alle aufgenommen in verschiedenen anderen österreichischen, deutschen und ungarischen Logen.

Zweiter Anlauf unter Napoleon

Der siegreiche Napoleon nimmt den europäischen Fürsten nach 1800 einen Teil ihrer Territorien ab: den Habsburgern unter anderem das Gebiet des heutigen Slowenien. 1807 wird es mit den angrenzenden Gebieten zu den französisch verwalteten ‚Illyrischen Provinzen’ zusammengefasst. Napoleons Statthalter sitzt in Ljubljana. Aufschlussreich: Nachdem die Habsburger mehr als ein Jahrhundert später Geschichte waren, errichtet die Stadt Napoleon zu Ehren ein Denkmal, das einzige in diesem Teil Europas.

Für die Freimaurerei ist die Napoleonische Zeit nach der Unterdrückung aus Wien eine gute Zeit. Während Logengründungen im geschrumpften Herrschaftsbereich des Habsburgerkaisers weiter verboten bleiben, entstehen im jetzt französisch geführten Südosten Europas viele Freimaurerlogen. Diese nehmen neben den französischen Beamten und Militärs manchmal auch Einheimische auf. Die französisch-illyrische Loge der ‚Freunde des römischen Königs und Napoleons’ (1811-1813) hinterlässt Mitgliederlisten, auf denen die Namen bekannter Einheimischer vermerkt sind: Anwälte und Richter, Kaufleute und Professoren, Geistliche und Musiker sowie Beamte aus der französischen Verwaltung. Andere Logen akzeptieren nur französische Militärs, etwa die 1808 in Ljubljana gegründete ‚Vollkommene Freundschaft’.

Die napoleonischen ‚Illyrischen Provinzen’ existieren nur wenige Jahre. Nach dem Auszug der französischen Soldaten stellen die Logen ihre Arbeit ein. Nun gilt wieder das Verbot. Jahrzehnte vergehen, die ehemaligen Freimaurer werden älter und sterben.

Erst am Ende des 19. und am Beginn des 20. Jahrhunderts werden einige Slowenen wieder in Logen aufgenommen: entweder im Ausland oder in der ungarischen Reichshälfte der Donaumonarchie, wo die Freimaurerei ab 1867 wieder zugelassen ist, etwa in Kroatien, das zum ungarischen Teil gehört, während das spätere Slowenien zum österreichischen Reichsverband ressortiert.

Dritter Anlauf nach dem Ersten Weltkrieg

Durch die Niederlage Habsburgs zerfällt die Monarchie, und jetzt erst entsteht Slowenien als politisch definiertes Territorium. Es wird ein Teilstaat des ‚Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen’, das spätere Jugoslawien. Logengründungen werden möglich.

In Serbien und in Kroatien ist die Freimaurerei dank eines längeren Vorlaufs schon gut entwickelt. Und so werden einige slowenische Intellektuelle in der kroatischen Hauptstadt Zagreb in die Loge ‚Maksimilijan Vrhovec’ aufgenommen. Und 1940 wird aus dieser Loge heraus mit Zustimmung der ‚Großloge von Jugoslawien’ in Ljubljana eine Loge gegründet, die nach dem slowenischen Dichter Valentin Vodnik benannt wird: und das in einer Zeit, in der Logen überall in Europa aus Angst vor dem Faschismus und den Nazis ihre Arbeit eingestellt haben. Diese einzige slowenische Loge jener Zeit kommt auf 18 Mitglieder, sie arbeitet nur ein Jahr: bis 1941 die Deutschen einmarschieren.

Zwischen den beiden Kriegen arbeiten in verschiedenen Logen im Inland und Ausland etwa 35 Slowenen. Während des Zweiten Weltkrieges haben sich alle außer einem gegen den Faschismus erklärt und sich der Befreiungsfront angeschlossen. Einige slowenische Freimaurer sind von den faschistischen Behörden eingesperrt worden.

Nach der Befreiung 1945 hat auch das kommunistische Regime Freimaurer verhaftet. Die Freimaurerei blieb wie im ganzen kommunistischen Europa verboten.

Vierter Anlauf ab 1990

Im Dachgeschoss eines unscheinbaren einstöckigen Hauses am Stadtrand von Ljubljana: der Tempel der drei Logen in der slowenischen Hauptstadt.
"Computer-Tapis" der Loge 'Olivetum' in der Küstenstadt Koper. ['Olivetum': Betonung auf dem 'e']

Mit der Beseitigung des Kommunismus wird die Freimaurerei wieder zugelassen. Zuerst werden drei Slowenen in eine Belgrader Loge aufgenommen. 1991 zerfällt jedoch Jugoslawien in seine Einzelteile, und Slowenien wird ein souveräner Staat. Nun übernimmt die ‚Großloge von Österreich’ den Schutz des masonischen Aufbaus in Slowenien und Kroatien.

In Wien wird 1992 die Deputationsloge ‚Illyria’ gegründet. Sie ist für Slowenien und Kroatien zuständig und arbeitet meistens in Klagenfurt und Graz, gelegentlich auch in Wien, und dann gegen Ende 1992 erstmals in Ljubljana. 1993 wird diese Deputationsloge geteilt. In der slowenischen Deputationsloge sind die Arbeiten oft zweisprachig: slowenisch und deutsch.

Die Zahl der Brüder nimmt stetig zu. Und so können in Ljubljana bald drei vollwertige Logen eingerichtet werden: ‚Dialogus’, ‚Žiga Zois’ = nach Sigmund Zois von Edelstein, einem Laibacher Gelehrten und Mäzen aus dem späten 18. Jahrhundert), und ‚Arcus’ (= lateinisch für Bogen); und dann im Oktober 1999 mit Hilfe der 'Großloge von Österreich' endlich die ‚Großloge von Slowenien’ Velika Loža Slovenije, die erste in der Geschichte. Sie wird bald von der ‚United Grand Lodge of England’ und vielen anderen Großlogen anerkannt. Ein Jahr später wird dann ein ‚Alter und Angenommener Schottischer Ritus’ gegründet und bald auch ein ‚Royal Arch’.

2014: Die 'Großloge von Slowenien' besteht jetzt aus fünf Logen: außer den dreien in der Hauptstadt Ljubljana seit 2006 eine in Maribor ('Združena Scrca' = 'Zu den vereinigten Herzen': nach dem Vorbild der oben erwähnten ersten Marburger Loge im 18. Jahrhundert); und als bisher letzte eine in der Küstenstadt Koper ('Olivetum' = lateinisch für Olivenhain). Letztere arbeitet einmal im Jahr über der Grenze im nahen Triest im Tempel der italienischen Freimaurer. Dies sei gar nicht leicht durchzusetzen gewesen, erzählen die slowenischen Brüder, und zwar besonders bei den Italienern, weil offenbar immer noch historische Verletzungen nachwirken: Die slowenische Adriaküste mit Koper (italienisch: Capodistria) war früher teilweise italienisch besiedelt. Nach dem Zusammenbruch der Donaumonarchie 1918 wurde sie ein Teil Italiens. Doch nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Grenzen zu Gunsten Tito-Jugoslawiens wieder neu gezogenen. Als Folge emigrierten viele ethnischen Italiener nach Italien, weil sie sich unterdrückt fühlten und nicht in einem kommunistischen Staat leben wollten.

Eine Abspaltung von der (regulären) 'Großloge von Slowenien' gibt es auch schon: Sie nennt sich 'Reguläre Großloge Sloweniens' (Velika Regularna Loža Slovenie) und ist Mitglied der SOGLIA. Trotz ihrer Selbstbezeichnung ist sie im Sinne der 'Vereinigten Großloge von England' (UGLE) irregulär. Folgerichtig wird sie von ihr und von den anderen regulären Großlogen Europas nicht anerkannt. Es ist unklar, wie viele Mitglieder sie zählt.

Der masonische Wiederaufbau Sloweniens erfolgte unter tätiger Mitwirkung der österreichischen Brüder, besonders jener aus Kärnten. Gerade das Engagement der Kärntner verdient es, hervorgehoben zu werden. Durch die Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts gibt es zwischen Kärntnern und Slowenen viele wechselseitige Verletzungen, die im kollektiven Gedächtnis fortwirken: zum Glück mit abnehmender Intensität. Und so ist es ein schönes Zeichen gelebter Freimaurerei, dass die Brüder beider Regionen dies einfach vergessen konnten.


Siehe auch

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