Johann Gottlieb Fichte

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Fichte, Johann Gottlieb

Quelle: Lennhoff, Posner, Binder

deutscher Philosoph, 1762, 1814, 1793 Professor in Jena, hielt dann, als er dort wegen eines Aufsatzes "Über den Grund unseres Glaubens an eine göttliche Weltregierung" des Atheismns beschuldigt und entlassen wurde, Vorlesungen in Berlin, 1805 Professor in Erlangen, 1807—1808 "Reden an die deutsche Nation" in Berlin, 1810 Professor und erster Rektor der neuen Berliner Universität. Berühmt u. a. durch Versuch einer "Kritik aller Offenbarung", "Wissenschaftslehre", "Bestimmung des Menschen", "Der geschlossene Handelsstaat", "Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters", "Anweisung zum seligen Leben", "System der Sittenlehre" usw. Wo F. als Freimaurer aufgenommen wurde ist unbekannt. 1794 erscheint er als Mitglied der Loge "Günther zum stehenden Löwen" in Rudolstadt. Als er wegen des Atheismusstreites und auch infolge der unfreundlichen Stellungnahme der Jenenser Studenten Jena verlassen und nach Berlin abersiedeln mußte, suchte er in Berlin Anschluß an die dortigen Freimaurerkreise. Varnhagen schreibt in seinen Denkwürdigkeiten, daß F., nachdem er weder bei den Gelehrten, noch bei dem großen Publikum hatte durchdringen können, zu dem Versuche gekommen war, seine Lehre dem Freimaurerorden zur Pflege und Ausbreitung zu übergeben und diesem selbst dadurch eine neue Weihe zu verschaffen.

Der Plan war, diesen in allen Weltteilen wirksamen Bund von Verbruderten zu einem Organ der Philosophie zu machen und gleichsam ein Pythagoreisches Institut in seiner Zeit wieder hervorzurufen. F. traf im Herbst 1799 mit Feßler (s d.) zusammen, der in ihm ein bedeutungsvolles Element für den Freimaurerbund erkannte und seine Einverbrüderung bei der Loge "Royal York" einleitete. Bei der Annahme F.s am 17. April 1800 hielt Feßler an ihn eine schöne Ansprache, das gute Verhältnis zwischen diesen beiden, für den Rahmen einer Loge zu bedeutenden Männern hielt jedoch nicht lange an. Die Gegensätze, die sich entwickelten, waren ursprünglich rein wissenschaftlicher Natur. Sie betrafen die letzten Aufschlusse, die Feßler in seinem "Inneren Orient" zu geben verheißen hatte. Die anfangs sachlich geführte schriftliche Auseinandersetzung geriet auf das persönliche Gebiet. F. war sicherlich nicht nur eine starke, sondern auch eine starre und unnachgiebige Persönlichkeit. Am 15. Juni 1800 hielt Feßler eine Rede über "Klugheit und Gerechtigkeit, die Grundfesten einer Loge", die im wesentlichen gegen den neuerstandenen Euergetenbund gerichtet war. F. bezog diese Rede zu Unrecht auf sich und trat beim Johannisfest in derart scharfer Weise gegen Feßler auf daß er den Unwillen aller Anwesenden erregte. Zwar wurde eine Aussöhnung zwischen den beiden Hitzköpfen hergestellt, aber der Riß blieb, so daß F. schon am 7. Juli seinen Austritt bei der Loge anmeldete; er blieb aber in Beziehung zur Freimaurerei.

Seine Ansichten über die Freimaurerei sind niedergelegt in Sonntagsvortragen, die er im April 1800 vor einer zahlreichen Versammlung von Freimaurern aller Systeme in Berlin gehalten hat. Der Redakteur der "Eleusinien des 19 Jahrhunderts", J. C. A. Fischer, erhielt von F. die Erlaubnis, sie in Druck zu legen, und nannte sie "16 Briefe an Constant über Philosophie der Freimaurer", wobei er jedoch einzelne Erweiterungen einfagte. So ist der zweite Brief von Fischer. Erst vom 6. Brief an sind die Zusätze ganz unbedeutend und die Worte fast durchgehend die eigenen F.s. Der Grundzug der F.schen Auffassung deckt sich mit dem Lessings.

Der Zweck des Freimaurerbundes ist für ihn, "die Nachteile der Bildungsweise in der größeren Gesellschaft wieder aufzuheben und die einseitige Bildung für den besonderen Stand in die gemeine menschliche Bildung zu verschmelzen". Die ganze Menschheit soll eine einzige, rein moralische Gemeinde in einem einzigen, durchaus rechtlichen Staat ausmachen, wobei das vernünftige Wesen durchaus über die unvernünftige Natur herrschen und der tote Mechanismus dem Gebote eines Willens unterworfen werde. für den Maurer ist die Religiosität nichts Isoliertes und für sich Bestehendes. Er ist nicht religiös sondern er denkt und handelt religiös. Durch die Betrachtung des scheinbaren Widerspuches zwischen dem Pflichtgesetze und dem Weltenlauf wird der Mensch zur Religion geführt. Diese Betrachtung stellt ihm statt des irdischen Zwecks, an dem er verzweifelt, unerachtet er nicht aufgibt, für ihn zu arbeiten, einen unsichtbaren und ewigen auf. Die Religion ist ihm nun nicht mehr Gegenstand, sondern Werkzeug alles seines Wirkens. Wie sich in den Augen des Maurers der irdische Zweck zu dem ewigen verhält, so verhält sich für ihn der gegenwärtige nachste Zweck des Staates, in welchem er lebt, zu dem irdischen Zweck der gesamten Menschheit. In seinem Gemüte ist Vaterlandsliebe und Weltbürgersinn innigst vereinigt "Vaterlandsliebe ist seine Tat, Weltbtirgersinn ist sein Gedanke. Die erstere die Erscheinung, die zweite der innere Geist dieser Erscheinung." In diesen Briefen an Constant hat F. nach Lessing der deutschen Freimaurerei einen geistigen Inhalt gegeben, der in Krauses "Menschheitsbund" die abschließende Krönung erfahren hat. Es tut in unserer Zeit besonders not auf diese F.schen Gedankengänge zu verweisen weil hier zum ersten Male der Gedanke des freimaurerischen Internationalismus seine für alle Zeiten erledigende Fassung erfahren hat.

Während Goethe als Weltburger in seinen Mannes- und Greisenjahren außerhalb seines Volkes lebt, steht F., der Redner an die deutsche Nation, in glühender Liebe zu seinem Volk, ohne auf den evolutionären Menschheitsgedanken verzichten zu wollen. Diese Verbindung von Vaterlandsliebe und Menschheitssinn die dem heutigen Freimaurer von seinen Gegnern so sehr zum Vorwurf gemacht wird, geht also, was nicht nachdrücklichst genug betont werden kann, gerade auf den glühendsten Verfechter deutschen Volkstums, nämlich auf F. zurück.