1717 - 2017: Georg Semler - Ein Toast auf England

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Die Royal Albert Hall of Arts and Sciences in London-Kensington. Ihr Programm reicht von Symphoniekonzerten über Popveranstaltungen bis zu Boxkämpfen. Eröffnung 1871.
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1717 - 2017: Georg Semler - Ein Toast auf England

Wiki-Einleitung von Rudi Rabe

1717: In diesem Jahr trafen sich in London im Gasthaus Goose and Gridiron vier Freimaurerlogen. Sie vereinbarten, künftig zusammenzuarbeiten und leiteten die Gründung einer Großloge ein: die erste der Welt. Das war der Startschuss für die moderne Freimaurerei.

2017: Dreihundert Jahre danach gedachte die United Grand Lodge of England (UGLE) dieses Treffens im ganzen Land mit einer Kette von Feiern, die am 31. Oktober 2017 ihren Höhepunkt erreichten. Mehr als viertausend Freimaurer aus England trafen sich in der Royal Albert Hall unter der Hammerführung ihres Großmeisters, des Herzogs von Kent (Duke of Kent), zu einer großen Festarbeit.

Als Ehrengäste geladen waren die Großmeister aller 160 Großlogen, mit denen die United Grand Lodge weltweit Beziehungen unterhält. 136 folgten der Einladung, so auch Georg Semler, Großmeister der Großloge von Österreich. Wir baten ihn, seine Eindrücke für das Freimaurer-Wiki zusammenzufassen und danken dem Bruder Großmeister für die Genehmigung, seinen Text hier wiedergeben zu dürfen.

31. Oktober 2017, 16 Uhr: Die Royal Albert Hall hat sich mit mehr als viertausend Gästen gefüllt.

🍸Ein Toast auf England

Impressionen von den 300-Jahr-Feiern am 31. Oktober 2017
Von Georg Semler, Großmeister der Großloge von Österreich

Ja, ein Toast auf die ‘United Grand Lodge of England’ verbunden mit herzlichen Glückwünschen aller Brüder meiner österreichischen Kette! Glückwünsche nicht nur zu diesem sehr runden Geburtstag, sondern auch zum mehr als gelungenen Fest, das ich ohne zu übertreiben als einmalig bezeichnen kann.

His Royal Highness, Edward Duke of Kent, Cousin von Königin Elisabeth II. und seit fünfzig Jahren Großmeister, so lang wie noch keiner vor ihm.

❋ Eine einmalige Festarbeit: und das aus vier Gründen

Zum ersten weil mit mehr als Viertausend so viele Brüder teilnehmen konnten. In England gibt es über 200.000 Freimaurer; die Veranstalter mussten die Eintrittskarten also streng kontingentieren. Sie organisierten das so, dass alle englischen Regionen zum Zug kamen.

Zum zweiten war die Festarbeit einmalig, weil noch nie in der Geschichte der Freimaurerei 136 Großmeister als Vertreter ihrer Großlogen von überall auf der Welt zusammen gekommen waren. Ich hatte die Ehre, einer davon zu sein und meine Großloge zu vertreten.

Zum dritten war sie einmalig, weil der Duke of Kent, ein Cousin Königin Elisabeths und Großmeister der Vereinigten englischen Großloge, sein maurerisches Amt heuer seit genau fünfzig Jahren ausübt, so lang wie noch kein Großmeister vor ihm. Es war also ein Doppeljubiläum: 300 Jahre und 50 Jahre. Er war 1967 auch in der Royal Albert Hall angelobt worden.

Und schließlich war diese Festarbeit auch noch einmalig, weil es eine zwei Stunden dauernde hochprofessionelle multimediale Performance war, also ein freimaurerisches Ritual, welches das sonst auch bei großen Jubiläen Übliche weit übertraf. Im inhaltlichen Kern war es eine freimaurerische Zeichnung, in der Schauspieler einem Suchenden die Freimaurerei in einer Art Singspiel erklärten: die Geschichte der Freimauerei und ihre Anliegen in der Gegenwart. Dies mit viel englischem Humor und allen Showeffekten, die dank der modernen Theatertechnik möglich geworden sind.

Der Suchende (dritter von rechts) in einer Szene, in der es um die Geschichte der Freimaurerei geht. Und um ihr Wesen: „Tolerance – Self improvement – Service to others.“ Die historisch gekleideten Schauspieler um den Suchenden verkörpern berühmte Freimaurer aus früheren Zeiten.
Erst im letzten Drittel wird die Veranstaltung dann zu einer klassischen Festarbeit, allerdings mit einem eigens entwickelten singulären Ritual. Der Herzog von Kent übernimmt als Großmeister den Vorsitz, der Suchende kniet vor ihm nieder, und er wird vom Herzog gefragt, was er gelernt habe und nun erwarte. - Antwort: „Light“. Es kracht und blitzt durch die Halle, und der Neophyt ist aufgenommen.

❋ Was mir besonders aufgefallen ist

Beim Einzug der 136 Großmeister wurde Ludwig van Beethovens Ode an die Freude gespielt. Dies ist nicht nur eine bei uns Freimaurern sehr beliebte Melodie, wohl auch weil Friedrich Schiller den Text für eine Dresdner Loge schrieb; als Instrumentalfassung ist es auch die Europahymne und damit eines der offiziellen Symbole der Europäischen Union. Dass die United Grandlodge diese Melodie gerade auch im internationalen Teil der Festarbeit intonieren ließ, war für mich ein starkes Zeichen der Gemeinsamkeit in der europäischen Freimaurerei trotz Brexit.

Am Tag davor 136 Handshakes: Alle Großmeister bei einem Empfang Seiner Königlichen Hoheit, des Duke of Kent, nach dem englischen Protokoll bis ins Detail geplant. Nummer zehn: Großmeister Semler, gereiht nach dem Datum, auf das die Gründung der Großloge von Österreich zurückgeht (1784). Nummer eins: die Großloge von Irland; sie ist nach der englischen die zweitälteste Großloge der Welt (1725).

Aufgefallen ist mir auch, dass in der Performance, die sich nicht nur mit England, sondern auch mit anderen wichtigen Regionen beschäftigte, ganz besonders auf die Freimaurerei in den Vereinigten Staaten eingegangen wurde. Dies war nicht nur der Anwesenheit von 35 Großmeistern verschiedener amerikanischer Bundesstaaten geschuldet, sondern auch Ausdruck einer Bemühung, die Großlogen-Beziehungen zwischen Europa und Amerika wieder zu intensivieren.

Und schließlich ist mir mein österreichisches Herz aufgegangen, weil sich unser Mozart - wenn ich so sagen darf, auch wenn ich weiß, er gehört längst der ganzen Welt - weil also die Musik von Bruder Mozart die Festarbeit getragen hat. Dies mit einem besonderen Höhepunkt: der Rachearie der Königin der Nacht - „der Hölle Rache kocht in meinem Herzen“, gefolgt von der sehr freimaurerischen Antwort Sarastros mit der Arie „In diesen heil’gen Hallen kennt man die Rache nicht“; beide aus der Zauberflöte, die ja als Freimaureroper gilt.

Als Schlusspunkt wurde dem Suchenden das große Licht erteilt, und die emotionale Auflösung erfolgte, als am Ende der mehr als zweistündigen Festarbeit dann alle gemeinsam, wie bei jeder Großlogenarbeit der United Grand Lodge, ‘God save the Queen’ gesungen haben. Längstens dann befiel alle Anwesenden das Gefühl, eine wahrlich historische freimaurerische Arbeit erlebt zu haben.

Ein Brief an die Königin und deren Antwort: Wie in England bei solchen Jubiläen üblich hatten die Veranstalter eine Ergebenheitsadresse an die Königin geschickt, und diese ließ über ihren Sekretär antworten. Beide Briefe wurden vom stellvertretenden Großmeister Jonathan Spence verlesen:
▶︎ May it please your Majesty - We, the representatives of over 200,000 Freemasons under the United Grand Lodge of England, most respectfully express our continuing loyalty to Your Majesty’s Throne and Person in this, the sixty-sixth year of your long and distinguished reign. Today we celebrate the 300th anniversary of the foundation of the premier Grand Lodge and the 50th anniversary of the installation of His Royal Highness The Duke of Kent as our much loved and greatly respected Grand Master. We humbly thank God for preserving our Order and fervently pray His blessings on your Majesty, so that our loyal devotion to your Majesty may long continue. Given at the Royal Albert Hall this thirty first day of October AD 2017. Signed Jonathan Spence, Deputy Grand Master.
▶︎ Dear Mr Spence, The Queen has asked me to thank you for your kind letter of loyal greetings on behalf of the Representatives of the Freemasons under the United Grand Lodge of England, on the occasion of the Three-Hundredth Anniversary of the foundation of the premier Grand Lodge and the Fiftieth Anniversary of the installation of The Duke of Kent as your Grand Master, which are being celebrated on 31st October at the Royal Albert Hall. Her Majesty appreciated your thoughtfulness in writing as you did and, in return, has asked me to send her warm good wishes to you all for a most successful event. Yours sincerely, David Ryan, Director, Private Secretary’s Office.
God save the Queen ...
Blick von oben: Die Veranstaltung dauerte gut zwei Stunden. Der Bühnenboden war einem musivischem Pflaster nachempfunden, eingerahmt von zwei elementaren freimaurerischen Symbolen: in der Waagrechten von einem goldenen Winkelmaß mit einer Seitenlänge von 17 Metern, und in der Senkrechten von einem ebenso hohen Zirkel.
Die Königin der Nacht mit der Rachearie: „Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen" ...
... und dann Sarastro mit seiner sehr freimaurerischen Antwort: der Arie „In diesen heil’gen Hallen kennt man die Rache nicht“. Beide Arien sind aus der Zauberflöte, die ja als Freimaureroper gilt.
Der Herzog von Kent, Pro-Grandmaster Peter Lowndes und Grand Director of Ceremonies Oliver Lodge (im Bild links) betrachten interessiert das Gastgeschenk der Großloge von Österreich: ein hochwertiger Druck des berühmten Logenbildes aus dem späten 18. Jahrhundert. Das Original ist im Besitz des Wien-Museums.
Dazu im Wiki: Wien, ein altes Logenbild, und Bruder Mozart.


Und hier kann man ein Video über die Veranstaltung nachsehen:

Länge: zweieinhalb Stunden. In den ersten 14 Minuten eine Übersicht auf die Charity-Leistungen der United Grandlodge, dann die Logos aller 136 ausländischen Großlogen, die der Einladung gefolgt waren (dazwischen eine kurze Störung, das liegt nicht an ihrem Gerät, sondern an der englischen Produktionsfirma). Und schließlich beginn nach etwa 27 Minuten die multimediale Festarbeit.
Der bekannte amerikanische Freimaurer und Freimaurerautor Christopher Hodapp („Freimaurerei für Dummies“) schreibt über das Video: „Wenn du ein Freimaurer bist und dich in letzter Zeit etwas uninspiriert fühlst, könnte dir dieses Programm helfen. Es könnte dir wieder einen kleinen Kick geben, und dich sicher stolz machen. Ich wünschte, ich wäre dort gewesen.

Siehe auch

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