Giorgiones Geheimnis
Giorgiones Geheimnis
Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)
nennt der Mannheimer Kunsthistoriker G. F. Hartlaub die symbolische Deutung, die er dem berühmten Gemälde des Meisters "Die drei Philosophen" gibt. Hartlaub nimmt an, daß Giorgine die Absicht hatte, drei Männer zu zeigen, die einer der platonischen Sodalitäten der Renaissance, also einem der von Ludwig Keller als Vorläufer der Freimaurerei bezeichneten Weisheitsbünde angehörten. Die ganze Darstellung zeigt nach Hartlaub, daß das Bild die drei Stufen (Grade) der Gemeinschaft darstellen sollte: der eine der Männer ist mit Zirkel und Winkelmaß ausgerüstet, der zweite ist als Wanderer in die Weite in die morgenländische Ferne! dargestellt, der dritte entfaltet ein Blatt mit geheimwissenschaftlichen (astrologisch - alchimistischen) Zeichen.
Die Höhle auf der linken Seite des Bildes stellt für Hartlaub den stillen Geburtsort jenes höheren lichten Menschentums dar, das die drei Männer suchen. Das höchste Ziel ist die "Stadt", die sich leuchtend im Hintergrund zeigt, und die das Ideal des Bruderbundes: den vollkommenen Tempel oder Kosmos oder auch das Reich Gottes symbolisch ausdrückt. Auch August Horneffer steht auf dem Boden von Hartlaub. Er weist auch auf einem anderen Bild "Giorgines Familie", Symbole nach, die in der Freimaurerei bekannt sind, und bezeichnet dieses Gemälde ebenfalls als eine sinnbildliche, durch höchste Kunst verklärte Darstellung des inneren Lebens jener Geistesgemeinschaften vor der Freimaurerei, die den Weg zur Humanitas suchten, also zum wahren Leben und der idealen Welt, wie sie nicht ist, aber sein sollte.
Dr. C. Harms, Florenz, bestätigte (1926 in der "Kölnischen Zeitung"), daß die Zeichen auf den Bildern Giorgines Grad- und esoterische Qualitätsabzeichen alchimistischer Bünde jener Zeit bedeuten, die auch in der Freimaurerei wiederkehren. Auch nach Harms stellen die drei Philosophen die Gradstufen des Lehrlings, Gesellen und Meisters dar, wie sie in allen derartigen Weisheitsschulen zu beobachten sind.
Links
- Hartlaub, Gustav Friedrich: Giorgiones Geheimnis: ein kunstgeschichtlicher Beitrag zur Mystik der Renaissance - München, 1925 http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/hartlaub1925/0045?sid=00fe375186b28f87ab22f1a295cb3370