Rezension: Helmut Reinalter - "Die Freimaurer"

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Ideal als drittes Freimaurerbuch ...

Anfänger sind nicht die Zielgruppe dieses interessanten Buchs. Auf 130 Seiten informiert Helmut Reinalter hoch verdichtet über die Freimaurerei. Wobei der Akzent auf der Historie liegt. Klar: Der Autor ist ein österreichischer Universitätsprofessor für Geschichte mit Schwerpunkt 18. Jahrhundert. Und er ist ein anerkannter Freimaurerforscher. Von Rudi Rabe.

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Helmut Reinalters brachte dieses Buch im Jahr 2000 heraus. Es entwickelte sich zu einem Longseller: Obwohl es Einsteiger überfordert, ist es nach 14 Jahren bei der sechsten Auflage angelangt. Wer schon einige Jahre Freimaurer oder geschichtlich überdurchschnittlich gebildet ist, für den enthält das Buch viel Wissenswertes.

Die 130 Seiten sind in vier Hauptkapitel unterteilt:

  • Entstehung und historische Entwicklung der Freimaurerei.
  • Ziele und Innenleben.
  • Schriftliche Konstitutionen, Organisationsstruktur und die verschiedenen Richtungen.
  • Und schließlich die oft schwierigen Beziehungen von Politik und Kirchen zur Freimaurerei bis hin zu den Verschwörungstheorien und deren Entwicklung über gut hundert Jahre.

Es hat keinen Sinn, diesen großen Bogen in einer Rezension nachzuzeichnen. Also greife ich drei Sequenzen heraus: Die erste betrifft die sogenannten ‚Alten Pflichten’, die zweite das freimaurerische Ritual und die dritte weist in die Zukunft.

Die Entwicklung der 'Alten Pflichten'

So ziemlich jedem Freimaurer sind die ‚Alten Pflichten’ ein Begriff. Sie sind sozusagen das Grundgesetz der Freimaurer: Aus England stammen sie, dem Mutterland der Freimaurerei; Autor James Anderson, Jahr 1723. Inhalt verkürzt: von den Logen; Mitglieder nur Männer; deren Minimalvoraussetzungen; Symbole; und schließlich die No-Gos (kein Streit über Religion oder Politik). Wie gesagt, das weiß ziemlich jeder Freimaurermeister. Aber Helmut Reinalter schildert in mehreren Unterkapiteln, was viele nicht wissen, nämlich wie diese ‚Alten Pflichten’ entstanden sind, dass sie Vorläufer hatten, und wie sie sich in mehr als zweihundert Jahren entwickelt haben (schon nach fünfzehn Jahren: Verschiebung von der damals sensationellen Gleichheit zu wieder etwas mehr Ungleichheit, was heute wie ein Rückschritt wirkt: „dem Adel entgegenkommen“); und dann viel später im 20. Jahrhundert die langsame Säkularisierung des von der Großloge von England entwickelten Derivats der ‚Alten Pflichten’, der ‚basic principles’. Parallel dazu die Entfernung des französischen ‚Grand Orient’ von den englischen Vorgaben, was dazu führte, dass die Franzosen von den Engländern als ‚irregulär’ definiert wurden.

Über das freimaurerische Ritual

Im Unterkapitel „Symbolik und Ritualistik“ beschreibt Reinalter unter Einhaltung des Arkanprinzips auf einer halben Seite den Ablauf des Rituals. Wörtlich: „Jedes freimaurerische Ritual hat einen klar gegliederten Aufbau: Einstimmung des Teilnehmers, Installierung des symbolischen Raumes, in dem sich das Geschehen vollzieht, initiatorischer Zentralteil, Auflösung des symbolischen Raumes und Abschluss. Kernstück der Freimaurerei und zentraler Gegenstand des Rituals ist für den Freimaurer die persönliche Auseinandersetzung mit den drei existenziellen Themen: Wer bin ich? Der einzelne in seiner Umwelt und der eigene Tod. Die freimaurerischen Rituale verwenden keine Stimulanzien wie Weihrauch oder Trance. Die Stimmung ist die einer luziden Harmonie, die Ritualsprache ist einfach und geprägt von der Bauhüttentradition, die eine der Hauptquellen des Freimaurertums darstellen. Letztlich ist das freimaurerische Ritual ein System der Verinnerlichung, der inneren Erneuerung, der Gedankenklärung und der Bewusstseinserweiterung.“ Sehr gut dargestellt! Und dennoch zeigt die Beschreibung, was Freimaurer wissen: Man kann das Wesen und die Wirkung des Rituals nach außen nicht vermitteln. Diese Sätze sind zwar abstrakt verständlich, sie sagen aber konkret nicht viel aus; sie erreichen das Gemüt nicht. Ich könnte es nicht besser formulieren, aber das Ritual versteht man letztlich nur, wenn man es selbst immer wieder erlebt. Dennoch sind solche Beschreibungen wichtig, weil sie den oft abenteuerlichen Behauptungen über die freimaurerischen Rituale in der Verschwörungsliteratur entgegenwirken.

Was ist Freimaurerei eigentlich?

Auch das ist einem Nichtfreimaurer schwer verständlich zu machen. Freimaurerei ist jedenfalls „kein philosophisches System, sondern ein humanes Verhaltensmuster für eine menschliche Gesellschaft. Das masonische Menschenbild nimmt im europäischen Denken eine Sonderstellung ein, weil es verbindend, integrierend und ausgleichend angelegt ist und nicht ausgrenzt.“ Warum greife ich gerade diese Sätze auf Seite 39 heraus? Weil sie schon auf das kurze Schlusskapitel hinweisen, in dem Reinalter in seinem sonst vor allem der Historie zugewandten Buch skizziert, was die Freimaurerei im 21. Jahrhunderts leisten sollte. Sie könnte zum Beispiel helfen, dass die Menschen besser mit der „Dialektik der Aufklärung“ umgehen, also scheinbare „Irrationalitäten“ als „verdrängte Züge der Moderne“ verstehen. Eine zweite oder neue Aufklärung hätte diese verdrängten Züge „als Teil der Moderne zu erkennen und entsprechend einzuordnen. Im Grundverständnis der Freimaurerei würde dies die Zusammenführung der verschiedenen Dimensionen des Menschen bedeuten: die rationale kognitive Struktur, die Gefühle, Emotionen und Sensibilitäten.“ Kognitiv auch das gar nicht leicht zu verstehen. Emotional schon.

Wie gesagt: Ein Buch für Fortgeschrittene

Aber Helmut Reinalter hat ja mehrere Freimaurerbücher geschrieben.
Interessierten Anfängern empfehle ich sein Handbuch zur Freimaurerei.

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