Rezension: Helmut Reinalter - Die Weltverschwörer

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Verschwörungstheorien sind schon seit einigen Jahrzehnten sehr aktuell, wie verschiedene Publikationen zeigen. Was aber bisher fehlte, ist ein umfassendes Handbuch zur Dokumentation dieses kontroversen Forschungsfeldes. Das vorliegende Handbuch, eigentlich auch ein Nachschlagewerk zum Antisemitismus, versteht sich als Einführung in ein brisantes, aber sehr komplexes Thema. Es versucht, die weit verstreute und umfangreiche Literatur zusammenzufassen und über die verschiedensten Varianten und Typologien des Verschwörungsdenkens aufzuklären. Verschwörungstheorien werden in diesem Handbuch als Bestandteil des immer noch vorhandenen weltweiten Antimasonismus und Antisemitismus gesehen, der an Aggressivität und übersteigerter Polemik kaum an Gewicht verloren hat. Antimasonismus ist eine Ideologie, die sich vorwiegend aus politischen und religiösen Gründen gegen die Freimaurerei richtet. Die zahlreichen Artikel, von Experten und Expertinnen verfasst, informieren auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand über die Ziele, Denkmuster, Strukturen und Agitationsformen von Verschwörungstheorien und tragen damit zu deren objektiveren Einschätzung bei.

Helmut Reinalter: Die Weltverschwörer

Untertitel: Was Sie eigentlich alles nie erfahren sollten

Rezension von Rudi Rabe.

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Der Innsbrucker Universitätsprofessor Helmut Reinalter beschreibt in diesem detailreichen Buch die Geschichte des Verschwörungsdenkens im neuzeitlichen Europa. Und er analysiert, warum es solche Vorstellungen überhaupt gibt.

Ausgangspunkt ist das Bedürfnis der Menschen, die komplizierte Wirklichkeit zu vereinfachen, um sie durchschauen zu können: Stichwort ‚Komplexitätsreduktion‘. Und dafür bietet sich am besten die Wahnidee an, dass die Menschheit von einer kleinen konspirative Minderheit aus einem verborgenen Hintergrund heraus dirigiert wird: von Juden, Jesuiten (heute vielleicht eher der Opus Dei), Kommunisten oder Freimaurern.

Die Freimaurer kommen in dem Buch immer wieder vor, wobei Reinalter darauf hinweist, dass in den antifreimaurerischen Verschwörungstheorien vor allem die Hochgrade als die bösen Mächte dargestellt werden. Und unschlagbar ist natürlich die Kombination: die „jüdisch-freimaurerische Weltverschwörung“, eine regelrechte Zwangsneurose des 19. Jahrhunderts, die bis heute nachwirkt.

Verblüffend: Die bekanntlich frei erfundenen ‚Protokolle der Weisen von Zion‘, ein Pamphlet gegen die Juden, enthalten laut Reinalter nur wenig spezifisch Jüdisches. Wenn man in den Text statt ‚Juden‘ ‚Jesuiten‘ oder ‚Freimaurer‘ einsetzte, würde es auch passen.

Das Buch ist lesenswert, auch wenn ich angesichts der ungeheuren Detailfülle manchmal die eine oder andere Seite diagonal nehmen mußte.

Verlag Ecowin, Salzburg 2010

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