Freimaurerische Dichtung

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Dichtung, Freimaurerische

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)

Lyrik

Lieder, Hymnen, Kettenlieder und Kettensprüche, Geleit- und Wandersprüche, Tafellieder, Trauergesänge, Leitsprüche (Prologe), Sprüche beim Entzünden der Lichter dienen der Weihe der freimaurerischen Arbeit.

Zahllose Sammlungen (Anthologien) verraten, wie viele berufene und auch unberufene Dichter zum lyrischen Hausschatz der Freimaurerei beigetragen haben. Selbstverständlich sind diese Poeme nicht immer wertvoll und überleben häufig kaum den Augenblick ihres Erscheinens. Trotz der lyrischen Überproduktion muß gesagt werden, daß die Zahl der wirklich dichterisch wertvollen lyrischen Leistungen sehr klein ist.

Isoliert auf einsamer Höhe stehen die Logengedichte Goethes, von denen besonders eines, das Symbolum "Des Maurers Wandeln, es gleichet dem Leben" [1], in maurerischen Kreisen allbekannt und auch in die meisten Sprachen übersetzt ist. (Die englische Übersetzung stammt von Carlyle.) Aus dem 18. Jahrhundert haben sich ferner mehrere Gedichte Blumauers erhalten. Auch der wenig bedeutende österreichische Dichter Alxinger lebt in einigen Maurerliedern fort.

Will man Schikaneders Freimaurertexte zur "Zauberflöte" wie die Sarastro-Arie, hierherrechnen, so ist aus dem 18. Jahrhundert wohl alles Bleibende in deutscher Sprache aufgezählt. Die stärkste deutsche dichterische Begabung im 19. Jahrhundert zeigt Emil Rittershaus, der ganz eigenartige Gedichte schuf, die nicht nur dem Behagen der Logenarbeit, sondern auch dem Kampfe der Meinungen in der Außenwelt nachdenkliche Stimmungen abzugewinnen wußten.

Von Deutschen Logendichtern seien weiters genannt: Mahlmann, Oswald Marbach, Feodor Löwe, Christian Klötzer, Friedrich Holtschmiedt u. a. Den Durchschnitt weit überragen in letzter Zeit [1932]: Paul Richter (Lübben) mit seinen kosmischen Gedichten, der Sachse Reinhold Braun und der Wiener Max Roden. Auch Heinrich Glücksmann (Wien) hat in seinen Gedichtsammlungen manchen Kettenspruch, der erhalten bleiben wird.

Die französische Literatur war anfänglich ganz auf das Getändel des Rokoko eingestellt. Es gibt wohl kein altes französisches Freimaurerlied, in dem nicht irgendwie dem beau sexe eine Verbeugung gemacht würde. Der Arzt Procop schrieb um 1730 seine "Apologie de la maçonnerie". Das im 18. Jahrhundert entstandene "Fréres et compagnons de la maçonnerie" wird noch heutigentags in französischen Freimaurerlogen gesungen. Im allgemeinen aber ist die lyrische Literatur der französischen Logen recht arm, was wohl darauf zurückzuführen ist, daß die Arbeit der französischen Bauhütten mehr auf den Verstand als auf das Gemüt berechnet ist.

Die italienischen Freimaurer haben im 18. Jahrhundert im neapolitanischen Geistlichen Jerocades, im 19. in Carducci ihren Dichter gefunden. Dem Charakter der italienischen Arbeit lag das Ekstatische besonders gut, daher der Erfolg der Hymnen Carduccis u. a.

Die englische Lyrik bevorzugte in den Anfangsjahren der Großloge das Tafellied. (Matthew Birkhead, "Enter'd Prentice's Song", 1723 [siehe: Lied der Lehrlinge ]. Gerade bei den Angelsachsen ist aber die echte Stimmungslyrik aufgekommen, die Gefühle und Empfindungen in Bezug auf Freimaurerei und Loge schildert, ohne einem Zweck, dem gesungenen Liede, dienen zu wollen. Hier ist in erster Linie Robert Burne zu nennen, dem seine Loge in Tarbolton zahlreiche Dichtungen verdankt. In der neuesten Zeit hat besonders Rudyard Kipling zahlreiche Maurergedichte geschrieben. Darunter das ausgezeichnete Gedicht von seiner Mutterloge, "My Mother Lodge", das in viele Sprachen übersetzt ist.

Von amerikanischen Dichtern sind die beiden poetae laureati zu nennen. Robert Morris ("We met upon the level") und Fay Hampstead mit dem viel zitierten: "Let there be light".

Die moderne amerikanische Freimaurerlyrik vertreten Douglas Malloch ("My Father's Lodge"), Wilbur Nesbit, MeLachlin ("Song of the working tools") u. a.

Epik

An epischen Werken ist die Freimaurerliteratur arm. Zu erwähnen sind Goethes "Geheimnisse", die vielfach maurerisch gedeutet wurden und gelegentliche mehr scherzhafte Epen, die sonderbarerweise immer wieder Noah und seinen Kasten behandeln (Hessemer, Marbach, Jahn). Viel reicher ist dagegen die freimaurerische Literatur an Werken der erzählenden Kunst,

Romane, Novellen, Erzählungen, Kurzgeschichten

Die Handlung ist in den hierher gehörenden, in der freimaurerischen Literatur sehr beliebten Zwiegesprächen meist vollkommen Nebensache. So in Lessings "Ernst und Falk", in Herders "Adrastea". Ein weitausholendes Zwiegespräch über Freimaurerei, ziemlich unabhängig von einer Handlung, stammt von Thomas Mann, die Zwiegespräche des Helden des "Zauberberg" mit dem Freimaurer Settembrini und dem Jesuiten Naphta. Bestes freimaurerisches Schrifttum, das dem Wesen der Freimaurerei und ihrer Eigentümlichkeit als Mysterienmännerbund gerecht wird, ist eingeschlossen in Goethes "Wilhelm Meister", in Wielands "Agathodaemon" und in zahlreichen Romanen Feßlers.

Heinrich Zschokke verwendet oft freimaurerische Motive, ebenso Friedrich Nicolai in seinem "Sebaldus Nothanker". Knigge kommt in dem Roman seines Lebens ebenso wenig von der Freimaurerei los, wie in seinem reich bewegten Leben selbst, ebenso Jung Stilling.

Eine besondere Abart der freimaurerischen Literatur bildet die zumeist im romantischen Zeitalter entstandene. Hier handelt es sich nicht so sehr um den Gedankeninhalt der Freimaurerei, als um ihre Erscheinungsform als Geheimbund. Diese Literatur ist unübersehbar. Freimaurer, Templer, Illuminaten, Rosenkreuzer geben das Kostüm für den Helden, die Freimaurerei stellt die Kulisse. (Etwa: "Die Furchtbaren Unbekannten oder die Ritter des Bundes für Tugend und Recht." 1794.) So ziehen sie durch die Weltliteratur, besonders jene, die dem Gruselbedürfnis des Lesers entgegenkommen soll. Daher kann weder Alexander Dumas, noch Eugen Sue auf die Freimaurer verzichten. Sie geistern durch die Romane Gregor Samarows und des blutrünstigen Sir John Retcliffe, Naundorffs Roman von der Loge Archimedes oder des Tschechen Svatek Roman vom Grafen Sporck geben Dichtung, die leider ebenso für Wahrheit genommen wurde, wie die dem üblen Pamphlete der "Weisen von Zion" zugrundeliegende Stelle aus Retcliffes Revolutionsromanen. Auch Sacher-Masoch ist hier zu nennen.

In künstlerischer Form verwendet das Freimaurermotiv Leo Tolstoi in seinem Roman "Krieg und Frieden". "Ritas Vermächtnis" von E. Handel-Mazzetti ist typisch für den gegnerischen Roman. Goethes Märchen hat man wiederholt freimaurerische Deutung zu geben versucht. Die Form des Märchens oder der Fabel, des Sinngedichtes (Lessing: "Das Geheimnis") ist auch sonst in der freimaurerischen Literatur sehr beliebt. Ein ausgezeichnetes Werk ist J. S. M. W a r d s "Told through the Ages", der Versuch, in einer Kette von Erzählungen kulturgeschichtlich die Lehre der Freimaurerei zu entwickeln. Rudyard Kipling ist hier mit mehreren Novellen vertreten ("The man who would be King", im "Kim" u. a. m.). Die moderne amerikanische Literatur bevorzugt die Short Story, die Kurzgeschichte, die besonders im "Masonic Outlook", New York, mit Vorliebe gepflegt wird. Schließlich hat die moderne amerikanische Literatur satirische Werke geschaffen, in denen Freimaurer den Pfeil der Satire gegen sich selbst richten: so Roe Fulkerson in seinem "Our Lodge Portrait Gallery" und dem köstlichen "Leaves from a Diary of a Grand Master's Wife".

Dramatische Kunst

Ihr ist unter "Theater" ein besonderer Abschnitt gewidmet. Sieht man genauer zu, so gibt es auf der Sprechbühne eigentlich nur ein einziges dramatisches Werk, das als freimaurerisch bezeichnet werden darf: Lessings "Nathan der Weise". Was sonst als Freimaurertheater bezeichnet wird, wendet sich entweder in Tendenz gegen gewisse Erscheinungen in der Freimaurerei (so Goethes "Großkophta" und die dem gleichen Thema gewidmeten drei kleinen Stücke der Kaiserin Katharina II. von Rußland), oder es wird das Freimaurertum zur Erzeugung dramatischer oder komischer Konflikte verwendet, die sich besonders aus der Neugierde der Frauen ergeben so die "Donne Curiose" des Goldoni, der "Freimaurer" Kotzebues, die "Logenbrüder" von Laufs und Kraatz u. v. a. m. Das Motiv des verweigerten Bausschlüssels eingekleidet in die Freimaurerei !

Witz, Scherz, Satire

Die europäischen Freimaurer haben für diese Abart wenig Verständnis. Sie fassen ihre Aufgabe zu ernst auf. Dagegen liebt sie der Amerikaner, wie die in den meisten amerikanischen Freimaurerblättern übliche heitere Spalte deutlich zeigt.

Er spricht auch in diesen Zeitschriften gerne von "shoes and ships and sealing wax, of cabbages and kings" ("The Walrus and Carpenter"). In den französischen und italienischen Witzblättern ist der Freimaurer eine stehende Figur. Auch die politische Satire verarbeitet ihn mit großer Regelmäßigkeit. Wogegen in der Deutschen satirischen Literatur der Freimaurer nur sehr selten erwähnt wird. Er kommt nur mittelbar zu Ehren, so etwa, wenn über ihn Ansichten verbreitet werden, die den Spott herausfordern. (So im "Simplicissimus" als Satire gegen Ludendorff.) Bis zu welcher Geschmacklosigkeit die französische politische Satire zu gehen liebt, beweist ein Bild aus einem Pariser Blatt: die von den Freimaurern geförderte Laienschule nimmt auf der einen Seite Schulkinder auf, die sie durch die andere Türe als Schweine mit Apachenmützen wieder verlassen. Oder: Berriot als Salome bringt dem Grand Orient das als Schweinskopf garnierte Haupt Poinearés (s. auch Satire).

Siehe auch