Innsbruck

Aus Freimaurer-Wiki
Die Altstadt der Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck mit ihrem Wahrzeichen, dem ‚Goldenen Dachl’, vor der Bergkulisse der Nordkette. Das Bundesland Tirol wächst auf 750.000 Einwohner zu; Innsbruck mit Umgebung: 150.000. Wegen seiner niedrigen Alpenpässe verbindet Tirol seit alters her Deutschland mit Italien. Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg wurde das Land 1918 geteilt: in das österreichische Nord- und Osttirol einerseits und das Italien zugeschlagene Südtirol andererseits. Foto: Rudi Rabe
Ein Buch aus dem Jahr 1867 über die Tiroler Freimaurerei acht Jahrzehnte vorher: von 1780 bis zum Verbot 1795. Der Autor: Ludwig Rapp, ein Historiker und Priester aus Sterzing/Südtirol. Zum online lesen oder herunterladen: hier
Natürlich enthält dieses Buch den Erkenntnisstand aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Das aktuelle Wissen fast Helmut Reinalter im folgenden Buch zusammen:
Helmut Reinalter: Geheimbünde in Tirol
Von der Aufklärung bis zur Revolution 1848/49.
Dieses Standardwerk ist eine im Jahr 2011 aktualisierte Fassung der 1982 erschienenen Erstauflage. Darin untersucht der bekannte Historiker die Entwicklungen von Freimaurerei und Geheimbünden in Tirol bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts.
Eine Preziose aus der Österreichischen Nationalbibliothek mit Tirol-Bezug: Das Stammbuch des Freimaurers Johann Georg Kronauer aus den 1780iger Jahren mit einem Eintrag des habsburgischen Gouverneurs in Tirol, der offenbar Mitglied einer Wiener Loge war.
Die ersten zwei Zeilen:
„Das Joch der meini[n]gen drückt schwehr auf unsere Seelen, so lang wir ihnen dienen, wird immer etwas fehlen“
Dritte Zeile links: ez (?) - und rechts: Signierung (unleserlich). Die weiteren Zeilen: Mitglied dr. S. E.w. ▭ (Loge) Zur gekrönt. Hoff.(nung) im O. v. Wien
K. K. Ka͞merherr und Lauder Gouverneur in Tyrol.
Im O.v. Wien 19. XI. 5786 (= 1786)
(Was heißt 'Lauder'? So wie der Satz geschrieben steht, also ohne Kommas, denkt man an einen Titel. Den gibt es bei der k.k.-Verwaltung jedoch nicht. Hingegen ist der Name 'Lauder' in der k.k.-Aristokratie nicht selten zu finden. Die Vorfahren der berühmten Kosmetiklady Estée Lauder stammten auch aus dem Habsburger-Reich.)
Stammbücher waren im 18. Jahrhundert sehr gebräuchlich. Durch einen wechselseitigen Eintrag versicherten sich zwei Personen ihrer Freundschaft, ähnlich wie im 20. Jahrhundert die Poesiealben von Teenagern.
Foto: Österreichische Nationalbibliothek https://www.onb.ac.at

Innsbruck

Schon im späten 18. Jahrhundert gab es Logen in Tirol. Aber dann war über eineinhalb Jahrhunderte Funkstille. Von Rudi Rabe.

Status 2018

Drei Logen der ‚Großloge von Österreich’ (GLvÖ) und eine des österreichischen ‚Droit Humain’.

18. Jahrhundert: Erste Blüte

1777: In Innsbruck Gründung der Loge ‚Zum Berg Moria’, benannt nach dem Tempelberg in Jerusalem, auf dem heute der Felsendom und die Al-Aqsa-Moschee stehen aber vor gut zweieinhalbtausend Jahren der Salomonische Tempel gestanden sein soll. 1778 benannte sie sich in ‚Zu den drei Bergen’ um. Dies geschah auf Wunsch der preußischen Großen Landesloge, unter deren Schutz sich die neue Loge gestellt hatte. Erster Stuhlmeister war Johann Gottfried Graf Heister, der auch Landesgouverneur von Tirol war. Unter Maria Theresia waren für Tirol zwei Spitzenfunktionen eingerichtet worden: der Landeshauptmann von Tirol, der meistens ein Tiroler war, und den die Landstände wählten, und zweitens der von Wien ernannte Landesgouverneur als höchster Beamter. Über Heister kann man alles im Buch "Geheimbünde in Tirol" von Helmut Reinalter nachlesen (Cover rechts).

1783 gründete ein Teil ihrer Brüder in Innsbruck die Loge ‚Zum Symbolischen Zylinder’. Diese unterstellte sich dem Eklektischen Bund in Frankfurt/Main; die ‚Drei Berge’ folgten nach. Ebenso die Neugründung 'Zu den drei Flammen': Diese war jedoch wegen zu geringer Mitgliederzahl nicht lebensfähig.

Es gab damals noch keine unabhängige Großloge von Österreich. Als diese schließlich 1784 unter der Bezeichnung ‚Große Landesloge von Österreich’ gegründet wurde, schlossen sich ihr auch die beiden Innsbrucker Logen an.

1786: Als Folge des Freimaurerpatents Kaiser Josephs II. fusionierten die beiden Innsbrucker Logen und nannten sich jetzt ‚Zu den Symbolischen drei Bergen’.

Ab 1795: Eineinhalb Jahrhunderte masonische Dunkelheit

1794/95: Aus Furcht vor politischen Veränderungen verbot der Habsburgerkaiser Franz II./I. die Freimaurerei für sein Reich. Und so ging das masonische Licht auch in der ‚Gefürsteten Grafschaft Tirol’ wieder aus: In Österreich dauerte das bis 1918, im damals sehr katholischen Tirol sogar bis in die 1950iger Jahre. Hier war die Tradition völlig abgerissen, und so kamen die ersten Impulse zum Wiederaufbau von außen.

1950: Unter der Patronanz der Wiener Loge ‚Zukunft’ wurde in Tirol ein ‚Freimaurer-Kränzchen’ gebildet. Außer den Wienern setzten sich dafür vor allem Immigranten ein, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus der jetzt kommunistischen Tschechoslowakei nach Tirol zugewandert waren. Sie waren vor dem Zweiten Weltkrieg Mitglieder von Logen der deutschsprachigen Prager Großloge ‚Lessing zu den drei Ringen’. Die Nazis hatten diese Großloge 1939 beim Einmarsch in die Tschechoslowakei zugesperrt. Nach dem Krieg wurde die deutsche Volksgruppe aus dem Land vertrieben, und so kam die Freimaureridee auch wieder nach Tirol.

1954: Wiedergründung der Loge
‚Zu den drei Bergen’

Ein sogenanntes Freimaurerkränzchen hatte es schon seit 1950 gegeben. Doch am 10. April 1954 war es dann so weit: Der Großmeister der 'Großloge von Österreich' brachte - wie es in der Freimaurersprache heißt - "das Licht ein", die neue Loge 'Zu den drei Bergen' war damit gegründet - in den ersten drei Jahren als sogenannte Deputationsloge unter der Aufsicht der Loge ‚Zukunft’ in Wien. Sie war nach der ‚Paracelsus’ in Kärnten und der ‚Zu den sieben Weisen’ in Linz die dritte Bundesländergründung nach dem Krieg.

In diesen allerersten Jahren hatte die Loge noch so wenige Brüder, dass es manchmal nicht für eine rituelle maurerische Arbeit sondern nur für ein geselliges Beisammensein reichte. 1954 wurde die ‚Zu den drei Bergen’ dann endgültig selbständig.

Nachkriegs-Kuriosa aus den Aufzeichnungen des Gründungsmitglieds und späteren Stuhlmeisters Paul Lanyi-Plötz (1899 bis 1987; er war vor dem Zweiten Weltkrieg Mitglied einer Loge im slowakischen Pressburg/Bratislava): Als er 1949 mit der Eisenbahn zum ersten Mal von Innsbruck nach Wien fuhr, um mit der Großloge Kontakt aufzunehmen, war er „mit einer Identitätskarte und dreizehn Stempeln der russischen Besatzungsmacht ausgestattet. Die Fahrzeit betrug damals volle 14 Stunden.“ (2015: viereinhalb Stunden). Und: 1950 musste man noch damit rechnen, dass „der Postverkehr aus der von den Russen besetzten Zone Wiens ins Ausland zensuriert wurde. Deshalb schickte die Großlogenkanzlei ihre ganze Auslandspost uns hierher zur Weiterleitung und ebenso erhielten wir die Post aus dem Ausland zur Weiterleitung an die Großloge.“

Kooperation mit italienischen Logen

In jenen Jahren gab es in Tirol wegen der Abtrennung Südtirols und dessen Anschluss an Italien 1918 immer noch erhebliche anti-italienische Gefühle. Dennoch oder gerade deswegen wurde es zu einem besonderen Anliegen der ‚Zu den drei Bergen’, mit italienischen Logen freundschaftliche Beziehungen aufzunehmen. Erste Besuche gab es schon 1959: Aber es zog sich. Doch schließlich gelang 1969 in Bozen zum ersten Mal eine freimaurerische Gemeinschaftsarbeit mit der Loge ‚Vedetta d’Italia’ (etwa: Italiens Wacht). Deren Stuhlmeister Luciano Italo Faccini wurde dann sogar Doppelmitglied der beiden Logen.

Die 'Vedetta d'Italia' existiert nicht mehr, auch keine unmittelbare Nachfolgeloge. Es gibt in Südtirol jedoch drei andere Logen (2015). Davon arbeitet eine, die 1978 gegründete 'Franz von Gumer', als einzige Loge Italiens in deutscher Sprache.

Weitere Logengründungen

1979: Die ‚Zu den drei Bergen’ wurde größer, und so gründeten zehn ihrer Brüder im Einvernehmen mit der Mutterloge die ‚Einigkeit in Freiheit’.
2011: Mehr als drei Jahrzehnte später folgte die ‚Ad Orbes’.
2013: Eine (gemischte) Loge des österreichischen Droit Humain wird gegründet. Ihr Name: 'Kristall im Westen'.

Der Tempel der Innsbrucker GLvÖ-Logen im Kellergeschoss eines kleinen Hauses, das früher einmal eine Schlosserei war. Die Wände sind die alte Kellermauer - aber ohne Verputz, dieser wurde bei der Gestaltung des Tempels abgeschremmt. Das erzeugt eine Stimmung der Weltabgeschiedenheit, ein dem freimaurerischen Ritual durchaus zuträgliches Gefühl. Der Boden ist aus dem Sandstein jenes Steinbruchs in Zypern, in dem auch die Steine für den legendären Salomonischen Tempel gebrochen worden sein sollen. Der Innsbrucker Tempel wurde vom Tiroler Künstler und Architekten Michael Prachensky gestaltet.
Foto: Theo Peer.


Tapis des Tiroler Künstlers Michael Prachensky - angefertigt während einer rituellen Logenarbeit.
Die zwei roten Farbexplosionen sind eine Art persönliche Kennmarke, die der Künstler in seinen Arbeiten so oder so ähnlich immer wieder einsetzt.
ÖFlag.jpg

Andere Bundesländer

Siehe auch

Links

  • Ölbild von Rudolf von Tinti Logensitzung der Loge "Zur neugekrönten Hoffnung". Seine Silhouette findet sich im Stammbuch des Logenbruders Johann Georg Kronauer, in dem sich Mozart auch eingetragen hat.
  • PDF WOLFGANG AMADÉ MOZART, STAMMBUCHBLATT FÜR JOHANN GEORG KRONAUER WIEN, 30. MÄRZ 1787
  • 6020: Das ist nicht nur die Innsbrucker Postleitzahl, sondern auch der Titel einer Innsbrucker Stadtzeitung: hier berichtet sie über die Freimaurer im allgemeinen und die in Innsbruck im besonderen.