Hans-Hermann Höhmann: Freimaurerei - Freimaurerei in Deutschland

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Hans-Hermann Höhmann
Freimaurerei
Analysen, Überlegungen, Perspektiven


mit freundlicher Genehmigung des Verlags Edition Temmen


Freimaurerei in Deutschland

Ein Überblick im Kontext von Geschichte, internationalen Entwicklungen und freimaurerischen Konzeptionen

»Sieh, Konstant, so steht es mit dem Orden, dessen Geheimnis Du ergründen willst; über den Verfolgung und Spott, Unwissenheit und Verrat nichts vermögen. So wie man zuweilen im Spaß gesagt hat: Das größte Geheimnis der Freimaurer ist, dass sie keins haben; so kann man mit Recht sagen: das offenbarste und dennoch geheimste Geheimnis der Freimaurer ist, dass sie sind und fortdauern. Denn – was ist es doch, was kann es doch sein, das alle Menschen von der verschiedensten Denkart, Lebensweise und Bildung zusammen verbindet und unter tausend Schwierigkeiten, in dieser Zeit der Erleuchtung und Erkaltung, beieinander erhält?«
Johann Gottlieb Fichte: Philosophie der Maurerei. Briefe an Konstant

Vorbemerkung

Freimaurerei ist ein weltweiter Freundschaftsbund, und gilt – so die Internetseiten vieler USamerikanischer Großlogen – als »the largest and oldest fraternity in the world«.1 Freimaurerei stellt aber auch eine spezifische symbolisch-rituelle Lehr- und Erfahrungsmethode dar, die von Anfang an auf Einübung einer ethisch fundierten Art und Weise der Lebensführung angelegt war: »A Mason is oblig’d, by his Tenure, to obey the moral Law« hieß es bereits in den »Andersons Konstitutionen« von 1723, und eine spätere, viel zitierte Definition, ebenfalls aus der englischen Freimaurerei, nahm diesen Gedanken auf: »Freemasonry is a peculiar system of morality, veiled in allegory, and illustrated by symbols«. Freimaurerei versucht dabei, die gesellige, die intellektuelle und die emotionale Seite des Menschen gleichermaßen anzusprechen. Verstand und Gefühl werden nicht getrennt, und insbesondere die in den Logen geübte Ritualpraxis soll dazu beitragen, Einsichten in Lebenswirklichkeiten gleichzeitig denkend und fühlend zu gewinnen.

Freimaurerei stellt allerdings keine Einheit dar. Von Beginn an gab es unterschiedliche Erscheinungsformen des Freimaurerbundes, die sich – mit der Entwicklung von Hochgradsystemen – vor allem in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts weiter ausdifferenziert haben. Viele damit verbundene Forschungsfragen sind bisher unbeantwortet, doch hat besonders seit den 1950er Jahren eine intensive multidisziplinäre wissenschaftliche Beschäftigung mit der Freimaurerei eingesetzt, an der in zunehmendem Maße auch Wissenschaftler an Universitäten und Forschungsinstituten teilnehmen, die selbst nicht dem Freimaurerbund angehören. In Deutschland sind die wichtigsten dieser Forscherinnen und Forscher am »Netzwerk Freimaurerforschung« beteiligt, das im Jahre 2001 in Anlehnung an die Universität Bielefeld begründet wurde.2

Der folgende einleitende Beitrag des Bandes soll die historisch-analytische Basis für die folgenden Untersuchungen und Überlegungen schaffen. Er verbindet zentrale Gesichtspunkte der freimaurerischen Geschichte und Ritualistik mit analytischen Gesichtspunkten und Hypothesen zum Verständnis der sozialen Struktur des Freimaurerbundes und einem Aufriss von Selbstverständnis, Problemen und Entwicklungstendenzen der deutschen Freimaurerei am Beginn des 21. Jahrhunderts.

Zentrale Aspekte der Geschichte des Freimaurerbundes

Der folgende Abschnitt beansprucht nicht, die Geschichte des Freimaurerbundes zusammenfassend oder gar detailliert zu beschreiben. Er ist vielmehr auf ein Aufzeigen und Erörtern von Aspekten angelegt, die mir für die Beurteilung von Entstehung und Entwicklung der Freimaurerei wichtig erscheinen. Der Freimaurerbund ist ein Produkt der Moderne. Entwicklungsanstöße und Strukturmaterial aus der älteren Geschichte aufnehmend, entstand er als soziale Gruppierung von Gewicht zu Beginn des 18. Jahrhunderts in England und blickt inzwischen auf eine Entwicklung von fast 300 Jahren zurück. Die Vorgeschichte des Bundes reicht weiter zurück und beginnt mit den mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Steinmetzbruderschaften und deren Bauhütten, aus denen (und unter Bezug auf die) sich nach 1717, dem Jahr der ersten Großlogengründung, fast explosionsartig die modernen Freimaurerlogen entwickelten. Die Einzelheiten dieser »großen Transformation« von den Bauhütten der Steinmetze zu den Logen der »Gentlemen Masons« liegen immer noch im Dunkel der Geschichte und sind Gegenstand wissenschaftlicher Hypothesen sowie vielfältiger Spekulationen. Insbesondere ist noch nicht hinreichend geklärt, ob und inwieweit es sich bei dem, was später als »Esoterik der Freimaurerei« bezeichnet werden sollte, um das Ergebnis eines allmählichen, durch die Bauhütten des Mittelalters und der frühen Neuzeit vermittelten Einfließens alter Denkformen und Symbole in die Freimaurerei hinein handelt oder ob das zunehmende Gewicht der Esoterik in der Maurerei der zweiten Hälfte des 18. und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Resultat eines großen Prozesses des Einsammelns hermetischer, symbolischer und gedanklicher Elemente aus der Kultur- und Religionsgeschichte des Abendlandes gewesen ist und insofern mehr mit Rückprojektionen als mit Kontinuitäten zu tun hat.

Die wissenschaftliche Aufarbeitung der freimaurerischen Vergangenheit wird nicht nur durch die oft spärliche Quellenlage erschwert, vor allem, was die Praxis der frühen Freimaurerei betrifft. Hinzu kommt, dass quellengestützte Forschungsergebnisse nicht selten durch Entstehungslegenden überlagert werden, die aus der Freimaurerei selbst stammen. John Hamill unterscheidet in seiner Geschichte der englischen Freimaurerei3 »authentische« (wissenschaftliche) Schulen, die sich auf die Analyse überprüfbarer Fakten stützen, von »nicht-authentischen« Schulen. Letztere setzen die Freimaurerei unzulässigerweise durch Rückschlüsse aus dem, was später – insbesondere in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts – zur Freimaurerei, vor allem zur Freimaurerei von Hochgradsystemen, geworden ist, in eine direkte Beziehung zu Religionen, Mysterien, Kulten und hermetisch-esoterischen Traditionen vergangener Jahrhunderte. Generell sind die Freimaurer immer in der Versuchung gewesen, die Wurzeln der von ihnen in der jeweiligen freimaurerischen Gegenwart gewollten Form der Freimaurerei in der Vergangenheit zu entdecken, um sie hierdurch zu legitimieren.

Fest steht jedoch, dass die Symbole und Rituale der Freimaurer, die bis auf den heutigen Tag in den Logen zur Anwendung kommen, in erster Linie den Formen- und Ideenwelten der europäischen Bautradition, ihren organisatorischen Zusammenschlüssen, ihren Legenden (Salomonischer Tempelbau, Baumeister Hiram, Märtyrerlegende der »Quatuor Coronati «) sowie den Verfahren der Mitglieder der Bauhütten, sich gegenseitig als Maurer zu erkennen, entstammen und damit insgesamt der Vorgeschichte der Freimaurerei angehören. Dabei sind neben den englischen vor allem die schottischen Traditionen von besonderer Bedeutung gewesen. David Stevenson hat in seiner grundlegenden Studie zu den Ursprüngen der Freimaurerei darauf hingewiesen, dass wesentliche Elemente des Bundes – die vor der Öffentlichkeit verborgenen Rituale, die geheimen Modalitäten der gegenseitigen Erkennung als Maurer, die feierlichen Initiationen neuer Mitglieder sowie die Aufnahme von Nichtmaurern in die Logen – neben praktischen Regeln für die Ausübung des Gewerbes und sozialen Einrichtungen – bereits Mitte des 17. Jahrhunderts für die schottischen Logen nachweisbar sind.4 Stevenson hat weiter deutlich gemacht, dass innerhalb der Rituale neben der Bausymbolik auch esoterische Vorstellungen an Bedeutung gewannen, die auf hermetische Traditionen der Renaissance zurückzuführen sind.

Nicht zuletzt deshalb stieß die Freimaurerei schon in ihrer Formierungsphase auf Widerstand von Vertretern und Institutionen der etablierten christlichen Kirchen. Es ist allerdings wohl anzunehmen, dass die frühe Hermetik in den Logen der schottischen Freimaurer nicht direkt zu den mit allerlei zusätzlicher Symbolik rituell aufgefüllten Hochgradsystemen führte, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts populär wurden.5 Einmal war die Hermetik in den frühen schottischen Logen Bestandteil einer organisatorisch einfachen, noch nicht einmal dreigradigen Freimaurerei gewesen, zum anderen hatte sie sich über längere historische Perioden hinweg entwickelt und war insofern überlieferungsverbunden und nicht bewusst angeeignet.

Deshalb kann sie auch als wesentlich authentischer gelten als die nicht selten gesuchte und willkürlich anmutende Esoterik in den Symbol- und Ritualkreationen der Hochgradsysteme des späten 18. Jahrhunderts. Hermetik und Alchemie, Wahrheitssuche in religiösem Eklektizismus, Hoffnung auf einen »Consensus der Religionen«, all das hatte ja für die Intellektuellen der Spätaufklärung eine beträchtliche Faszinationskraft, nicht als feste dogmatische Lehre, sondern als »Sammelbecken unterschiedlicher nichtorthodoxer Bild- und Gedankenfiguren«,6 die an die Stelle eines orthodoxen Christentums treten konnten.

In diesem Kontext schreibt etwa Goethe im achten Buch seiner Erinnerungsschrift »Dichtung und Wahrheit«:

»Ich studierte fleißig die verschiedenen Meinungen, und da ich oft genug hatte sagen hören, jeder Mensch habe am Ende doch seine eigene Religion, so kam mir nichts natürlicher vor, als dass ich mir auch meine eigene bilden könne, und dieses that ich mit vieler Behaglichkeit. Der neue Platonismus lag zum Grunde; das Hermetische, Mystische, Kabbalistische gab auch seinen Beitrag her, und so erbaute ich mir eine Welt, die seltsam genug aussah.«7

Es kann wohl auch davon ausgegangen werden, dass es den Übergang von der »operativen« (bauhandwerklichen) zur »spekulativen« (symbolisch-philosophischen) Freimaurerei in der bisher angenommenen Form als einer, vor allem auf das 17. Jahrhundert datierten zeitlichen Abfolge nicht gegeben hat. Die Bauhütten waren bereits lange vor dem Entstehen der Freimaurerei als moderner Sozialform »spekulativ«, und gerade dies hat die berufsfremden Außenstehenden, die in zunehmender Zahl als »Angenommene Maurer« (»accepted masons«) hinzukamen, stark angezogen. Ernst Bloch etwa hat auf die Bedeutung der über Rohstoffe, Technik und Zwecke der Bauten, insbesondere auch der sakralen Bauten, hinausgehenden Bauideen und Bausymbole, das in den Bauhütten lebendige »Kunstwollen«, im Architekturkapitel (»Bauten, die eine bessere Welt abbilden, architektonische Utopien«) seines monumentalen Werkes »Das Prinzip Hoffnung« hingewiesen:

»Damals war ein anderes Kunstwollen am Werk als das der sogenannten Zweckkunst, und weil es ein Kunst-Wollen war, zeigte es außer Rohstoff, Technik, Zweck die wichtigste Bestimmung: die der Phantasie. Es war hier diejenige der kanonischen Bauvollkommenheit, im Hinblick auf ein geglaubtes symbolisches Vorbild. Dieses Vorbild leitete gerade die Ausführung des Werks, nicht nur, wie der Archetyp, seinen Traum und Plan ante rem, es gab den Meisterregeln selber die Regel. Daher war das jeweilige große architektonische Kunstwollen das gleiche wie die jeweilige Symbolintention, die in der Ideologie des alten Bauhandwerks traditionell wirksam war. Diese Intention aber suchte mit Dreieck und Zirkel ›den Maßen eines als vorbildlich imaginierten Daseins-Baus überhaupt abbildlich näherzukommen‹« (Hervorhebung von E. Bloch).8

Die Tatsache, dass bereits im 17. Jahrhundert Logen im späteren Sinne existierten, deutet darauf hin, dass der Bund aus historischen Kontinuitäten hervorgegangen ist, und dass es insofern nur bedingt zutreffend ist, den meist genannten Stichtag für den Übergang von der Vorgeschichte zur Geschichte der Freimaurerei, den 24. Juni 1717, als sich vier Londoner Logen zur ersten Großloge der Welt zusammenschlossen, als Gründungsdatum der modernen Freimaurerei herauszustellen, ganz abgesehen davon, dass kaum belastbare Quellen für Datum und Ereignis vorhanden sind.9 Dennoch war die Londoner Gründung von großer, ja ausschlaggebender Bedeutung für die weitere Entwicklung der Freimaurerei. Denn mit der Großloge von London und Westminster begann die logenübergreifende Institutionalisierung und inhaltliche Ausrichtung der Freimaurerei, die die organisatorischen und konzeptionellen Grundlagen für die nun einsetzende dynamische Entwicklung der Freimaurerei in England und sehr bald auch über England hinaus geschaffen hat. Die Londoner Großloge gab sich 1723 ihre erste Verfassung, die nach ihrem Verfasser, dem aus Schottland stammenden presbyterianischen Geistlichen James Anderson, die »Andersonschen Konstitutionen « genannt werden, konzeptionell aber sehr wesentlich auf den eigentlichen Vater der modernen Freimaurerei, John Theophilius Desaguliers (1683–1744) zurückgehen.10 Desaguliers wurde 1719 zum dritten Großmeister der Londoner Vereinigung gewählt. Er war französischer Emigrant und protestantischer Geistlicher, gehörte zum Freundeskreis von Isaac Newton, war als Naturphilosoph Mitglied der Londoner »Royal Society« und führte dem Freimaurerbund mit dem Herzog John von Montague den ersten bedeutenden Vertreter des englischen Hochadels zu, der dann selbst 1721 Großmeister wurde.

In Deutschland sind die »Andersonschen Konstitutionen« als die »Alten Pflichten« bekannt und richtungweisend geworden.11 Programmatisch ist vor allem die erste dieser Pflichten mit der Überschrift: »Von Gott und der Religion«:

»Der Maurer ist als Maurer verpflichtet, dem Sittengesetz zu gehorchen; und wenn er die Kunst recht versteht, wird er weder ein engstirniger Gottesleugner, noch ein bindungsloser Freigeist sein. In alten Zeiten waren die Maurer in jedem Land zwar verpflichtet, der Religion anzugehören, die in ihrem Lande oder Volke galt, heute jedoch hält man es für ratsamer, sie nur zu der Religion zu verpflichten, in der alle Menschen übereinstimmen, und jedem seine besonderen Überzeugungen selbst zu belassen. Sie sollen also gute und redliche Männer sein, Männer von Ehre und Anstand, ohne Rücksicht auf ihr Bekenntnis oder darauf, welche Überzeugungen sie sonst vertreten mögen. So wird die Freimaurerei zu einer Stätte der Einigung und zu einem Mittel, wahre Freundschaft unter Menschen zu stiften, die einander sonst ständig fremd geblieben wären.«

Die »Alten Pflichten« enthalten tatsächlich die bis in die Gegenwart gültigen Grundlagen der Freimaurerei: Die moralische Verpflichtung des Maurers, den von ihm geforderten Habitus von Ehre und Anstand, den Verzicht auf trennende religiöse Festlegungen und die Praxis der Toleranz als Grundlage von Einigkeit und Freundschaft.

Nach der Gründung der ersten Londoner Großloge im Jahre 1717, zu der 1751 eine zweite, die »Grand Lodge of Ancients« hinzukam12, erfolgte eine stürmische Entwicklung der Freimaurerei. In England, Schottland und Irland – als den Heimatländern der modernen Freimaurerei – wuchs die Zahl der Logen bis zum Ende des 18. Jahrhunderts auf über 1000 an.13 Schnell griff die Freimaurerei auf die überseeischen Gebiete Großbritanniens über, insbesondere auf die amerikanischen Kolonien, die späteren Vereinigten Staaten. 1733 wurde von England aus die Provinzial-Großloge von Massachusetts in Boston eingesetzt. Wenige Jahrzehnte später sollten Freimaurer in der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung sowie der Verfassungsgeschichte der USA eine führende Rolle spielen.14

Auch auf dem europäischen Kontinent breitete sich die Freimaurerei rasch aus. Wie in England fanden die Ideen, Organisationsformen und Symbole des Bundes eine große Resonanz. Selbst der schon früh einsetzende Widerstand der katholischen Kirche konnte seine Ausbreitung nicht verhindern, zumal die päpstlichen Verurteilungen nicht in allen Bistümern veröffentlicht wurden und viele hochrangige katholische Geistliche dem Freimaurerbund angehörten. Das erste Land außerhalb Großbritanniens, in dem die Freimaurerei auf breiter Basis Fuß fasste, war Frankreich. Spuren von Logengründungen in Paris lassen sich bis in das Jahr 1725 zurückverfolgen. Aufklärerische Diskursfreude, später aber auch die Neigung zu phantasievollen Hochgradsystemen, waren kennzeichnend für die weitere Entwicklung der französischen Freimaurerei. Bedeutsam war auch die Entwicklung der Freimaurerei in den Niederlanden, wo nach 1731 zahlreiche Logen entstanden. In diesem Jahr war im Haag Herzog Franz Stephan von Lothringen, später Ehegatte Maria Theresias und als Franz I. römisch-deutscher Kaiser, von einer Deputation hochrangiger englischer Freimaurer in den Freimaurerbund aufgenommen worden.

Die erste Loge in Deutschland entstand 1737 in Hamburg (Loge en Hambourg, seit 1743 »Absalom«, heute »Absalom zu den drei Nesseln«). Bald folgten Logengründungen in Dresden, Berlin, Bayreuth und Leipzig. Der preußische Kronprinz Friedrich (der spätere Friedrich der Große) wurde bereits 1738 in die Freimaurerei aufgenommen. Die quantitative Dynamik der deutschen Freimaurerei war bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein beträchtlich. In Deutschland, im »alten Reich«, wurden in den ersten 50 Jahren der Existenz von Logen, d.h. von 1737 bis 1787, rd. 400 Logen gegründet, in denen ca. 25.000 Mitgliederaufnahmen stattfanden. Zu einer weiteren Gründungswelle kam es im (neuen) Deutschen Reich nach 1871. So entstanden zwischen 1871 und 1925 weitere 300 Logen, und die Zahl der Mitglieder aller deutschen Logen erreichte Mitte der 1920er Jahre ihren Höchststand mit über 80.000. Dabei dominierten die »altpreußischen« Großlogen mit annähernd 70 Prozent der deutschen Freimaurer. Zwar hatte der Zusammenbruch der Hohenzollern-Monarchie kaum negativen Einfluss auf die Expansion der Großlogen – der Zustrom zu den Logen war vielmehr nach 1918 besonders stark –, doch führte die Loyalität mit den untergegangenen königlichen Protektoren bei einer generell vorwiegend nationalkonservativen Einstellung der meisten deutschen Freimaurer zu einer oft feindlichen, bestenfalls abwartend indifferenten Einstellung zur Weimarer Republik.15 Gleichzeitig war das deutsche Großlogensystem stark zersplittert. 1933 – vor dem Untergang in der NS-Zeit – bestanden in Deutschland elf Großlogen, von denen allerdings zwei – der Freimaurerbund zur Aufgehenden Sonne und die Symbolische Großloge von Deutschland – von den anderen nicht als regulär anerkannt wurden.16

Die soziale Zusammensetzung der deutschen Logen war durch den dominierenden Anteil des »gehobenen Bürgertums« bestimmt (Beamte und – oft ehemalige – Offiziere; Wissenschaftler, Lehrer, Künstler; Unternehmer, Banker, leitende Angestellte). Die religiöse Struktur war vorwiegend protestantisch: Die Loge »Apollo« in Leipzig z.B. hatte im Jahre 1906 89,2 Prozent evangelisch-lutherische, 3,2 Prozent katholische und 6,0 Prozent jüdische Mitglieder.17 Die jüdischen Mitglieder in »humanitären« Großlogen beliefen sich – so ermittelte und schrieb der »Verein deutscher Freimaurer« in einer Erwiderungsschrift18 auf Ludendorffs Antifreimaurerpamphlet »Vernichtung der Freimaurerei durch Enthüllung ihrer Geheimnisse« – Ende der zwanziger Jahre auf ca. 3000. Bei 24.000 Mitgliedern der »humanitären« Großlogen in Deutschland würde dies einen beträchtlichen jüdischen Anteil bedeuten und unterstreichen, wie sehr sich deutsche Juden vor der Nazi-Katastrophe als deutsche Bürger fühlten und an Assoziationen des deutschen Bürgertums Anteil hatten.

Freimaurerei als gesellschaftliches Erfolgsmodell – warum?

Die für die dynamische Entwicklung der modernen Freimaurerei in den ersten Jahrzehnten nach ihrer Begründung bestimmenden Faktoren lassen sich mit den Stichworten »historische Erinnerung« und »gesellschaftlicher Wandel« umschreiben. »Historische Erinnerung« bedeutet vor allem Erinnerung an die europäischen Religionskriege des 16. und 17. Jahrhunderts, die zu einem hohen Toleranzbedarf und zur Sehnsucht nach gesellschaftlichen Brückenschlägen zwischen den religiös zerstrittenen Parteien geführt hatten. »Gesellschaftlicher Wandel« meint zunächst den vieldimensionalen Prozess der Säkularisierung, Individualisierung und Autonomisierung, der im 18. Jahrhundert mit Macht einsetzte. Dieser Wandel von Sinnstrukturen und Weltdeutungen ging mit tiefgreifenden Veränderungen der sozialen und ökonomischen Verhältnisse einher. Die zunehmende standesmäßige und berufliche Differenzierung der Gesellschaft, die sozio-politischen Funktionsverlagerungen auch beim Adel, das allmähliche Entstehen von Bürgertum und modernen kapitalistischen Wirtschaftsformen, das erhöhte Bildungsangebot, die Urbanisierung und die – unter dem Vorzeichen des europäischen Kolonialismus – sich auch international, ja interkontinental verstärkende räumliche Mobilität: all das führte dazu, dass Menschen aus ihren traditionellen Bindungen und sozialen Verankerungen gelöst wurden und auch in der Wahrnehmung ihres eigenen Selbst über Generationen hinweg praktizierte Deutungsmuster ablegen mussten.19 Diese Veränderungen führten nicht nur zu Verunsicherungen, ja Krisen. Sie ließen auch eine ausgeprägte Neigung entstehen, neue Einstellungs-, Bindungs- und Verhaltensoptionen aufzuspüren und zu nutzen. Es entwickelte sich eine Nachfrage nach neuen Formen von gesellschaftlichen Vernetzungen – modern ausgedrückt nach neuen Formen von »sozialem Kapital« – und so wurde das 18. Jahrhundert zur Epoche der Assoziationsbildung und Geselligkeit.

Die Freimaurerei erwies sich offensichtlich als eine besonders attraktive Form neuer gesellschaftlicher Einbindung. Dies resultierte ebenso aus der breiten Nutzbarkeit des Bundes für die Befriedigung vieler sozialer, weltanschaulicher, religiöser und politischer Bedürfnisse wie aus der Möglichkeit, die Logen und Logensysteme durch Veränderungen weiterzuentwickeln und an konkrete Bedürfnisse anzupassen. Es waren vor allem vier Funktionen, oder besser: Funktionsgruppen, welche die Freimaurerei rasch zu einer gesamteuropäischen sozialen und kulturellen Bewegung werden ließen:

  • die soziale Funktion, Menschen über Standesgrenzen hinweg als »bloße Menschen« (Lessing), als Mitmenschen, als Menschenbrüder zusammenzuführen und ihnen neue gesellschaftliche Netzwerke, neue Geltungs- und Selbstverwirklichungsmöglichkeiten sowie neue Formen von Geselligkeit und Unterhaltung anzubieten;
  • die ideell-geistesgeschichtliche Funktion, Menschen dazu aufzufordern, sich der eigenen Vernunft zu bedienen, sich am autonomen Gewissen zu orientieren und im Sinne eines »nichts geht über das laut denken mit einem Freunde« (Lessing) nach dem jeweiligen freimaurerischen Grundverständnis den Diskurs über die Ideen der Aufklärung und andere, vor allem das Ritual und die als »Hieroglyphen« verstandenen Symbole20 betreffende Themen zu führen;
  • die religiöse Funktion, Menschen durch ein neues, aber auf alten Wurzeln beruhendes, zunehmend esoterisch ausgerichtetes Symbolsystem eine optimistisch-positive Einstellung zu sich selbst, zum Kosmos und zur Transzendenz zu vermitteln und die im 18. Jahrhundert weit verbreitete Unzufriedenheit mit dem etablierten Kirchentum zu kompensieren, und
  • die politische Funktion, Menschen in den Logen der absolutistisch verfassten Gesellschaft einen unabhängigen »Moralischen Innenraum« (Reinhart Koselleck) zu bieten, in dem das »Geheimnis der Freiheit« als »Freiheit im Geheimen« erlebt werden konnte, in dem es später aber auch – etwa im Falle der »Strikten Observanz« und der mit der Freimaurerei verbundenen Illuminaten – zu politischen Instrumentalisierungen der Freimaurerei kommen konnte.

Es kann nicht überraschen, dass dieses ja durchaus nicht homogene Bündel von Motiven bald zu mannigfaltigen Veränderungen und Verzweigungen der Freimaurerei geführt hat. Adolph Freiherr Knigge, Zeitzeuge und Mitgestalter als Freimaurer, Illuminat und kritischer Geist, beschrieb die masonische Landschaft im kontinentalen Europa der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts folgendermaßen:

»Man weiß, dass es Freymaurer-Systeme gibt, deren ganze Verfassung auf politische Pläne und Einwirkung in die Staaten beruht; man weiß, dass es andere gibt, die dergleichen Operationen als schädlich und unerlaubt verbannen.
Man weiß, dass es Systeme gibt, welche die Einführung einer natürlichen allgemeinen Religion zum Endzweck haben, und selbst die Lehre Jesu nach dieser Art erklären; man weiß, dass es andere gibt, welche die Aufrechterhaltung der geoffenbarten christlichen Religion zum Grundpfeiler machen.
Man weiß, dass es Systeme gibt, welche speculative Wissenschaften zum Gegenstand des Ordens machen; man weiß, dass andere die Grenzen der Maurerey auf mögliche Tätigkeit zum Guten einschränken.
Man weiß, dass jene besondere Überlieferungen in der Hieroglyphen-Sprache (zu entdecken glauben), wo diese nur nach conventionellen Zeichen zu Beförderung grösserer Vereinigung suchen, folglich jene in den Geheimnissen die Hauptsache, diese (in ihnen) nur (einen) Mittelzweck finden.
Man weiß, dass einige Systeme, alles was gut und edel ist, als einen Gegenstand des Ordens ansehen; andere hingegen nur einen einzigen, bestimmten, speciellen Zwecke nachzustreben (für) rathsam halten; dass einige die möglichste Ausbreitung suchen; andere sich auf eine kleine bestimmte Zahl einschränken.
Jedes dieser Systeme muss natürlicherweise in der Art, ihre Zöglinge zu bilden, in ihren Aufnahmen, in der Wahl der Mitglieder, in ihren Reden, Handlungen und in den Mitteln, welche sie wählen, einen Weg einschlagen, der oft dem schnurgerade entgegen ist, worauf andre wandeln.
Wie werden sie je in einem Punkt zusammentreffen?«21

Auf dem Hintergrund dieser Entwicklung muss auch die gern betonte Beziehung der Freimaurerei zur Aufklärung problematisiert werden. Freimaurerlogen konnten durchaus im Sinne der Aufklärung Modelle bürgerlicher Gesellschaft sein, in denen sich bürgerliche Moral diskursiv erarbeiten und im Miteinander der Brüder praktisch verwirklichen ließ. Geheimnis und Geheimhaltung dienten dabei als Schutz, weil die politischen Verhältnisse ein öffentliches Verfolgen derartiger Absichten noch nicht zuließen.22 Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Mitglieder der Logen, die Logen selbst oder gar die sich im Verlauf des 18. Jahrhunderts herausbildenden freimaurerischen Systeme durchweg und generell »Beförderer der Aufklärung«23 waren. Aufklärung war eine Möglichkeit unter vielen. Aufklärer »konnten die Freimaurerlogen als Möglichkeit des lokalen Zusammenkommens nutzen«, doch umgekehrt waren »die Logen nicht auf die Aufklärung als Inhalt angewiesen«, und auch die Betrachter, die gern einen durchgehend engen Zusammenhang zwischen Freimaurerei und Aufklärung feststellen würden, müssen der Feststellung von Rudolf Vierhaus zustimmen, dass auch ganz andere als Aufklärungsgedanken in die Freimaurerei eingeströmt sind, selbst solche, die direkt anti-aufklärerischen Charakter hatten. Für Vierhaus wurde dieser Einstrom durch diejenige Tendenz der Freimaurerei begünstigt, »die neben dem Versinken in bloße Honoratiorengeselligkeit ihre größte Gefahr ausmacht: die Anfälligkeit für Esoterik, Pseudomystik und Geheimnistuerei als Ausdruck einer selbst beigelegten, nach außen nicht rechtfertigungsbedürftigen Bedeutsamkeit«.24

Freimaurerei und Freimaurereien: Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Die Geschichte der Freimaurerei ist immer auch die Geschichte ihrer Veränderungen und Differenzierungen gewesen, die sich teilweise »von unten«, aus den Logen heraus, evolutionär und allmählich, nach Orten und Systemen unterschiedlich vollzogen, teilweise aber auch historisch gebündelt, im Kontext gesellschaftlich-politischer Veränderungen, in Schüben größerer und kleinerer Reformen erfolgten. In Deutschland kam es vor allem in der Mitte und im späten 18. sowie an der Wende zum 19. Jahrhundert zu bedeutenden Veränderungsprozessen, als im Verlauf von Krise und Zusammenbruch der »Strikten Observanz«, eines Freimaurerritterordens, der sich – wie sich zeigte, vergeblich – auf den Templerorden zurückzuführen versuchte, mit Johann Wilhelm Zinnendorf, Ignaz Aurelius Feßler und Friedrich Ludwig Schröder Reformer wirkten, die für die weitere Entwicklung (und Differenzierung) der deutschen Freimaurerei prägend geblieben sind. Reformen erfolgten auch in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, als Reformgroßlogen (Freimaurerbund zur aufgehenden Sonne und Symbolische Großloge von Deutschland) entstanden, und schließlich auch in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als durch (und während der Großmeisterschaft von) Theodor Vogel und Hans Gemünd eine neue Struktur zumindest der »humanitären « Freimaurerei in Deutschland geschaffen wurde.

Doch mit der erwähnten Flexibilität verbanden sich feste, unterscheidbare Merkmale, die den besonderen Charakter der Freimaurerei und ihrer Logen durch die Geschichte hindurch begründeten. Zwar blieb Freimaurerei immer ein »Raum, in dem Vieles möglich war«, aber dieser Raum »war nicht undefiniert, er enthielt wiedererkennbare Strukturen und Regeln«.25

Zu diesen Merkmalen der freimaurerischen Grundstruktur gehörten und gehören insbesondere die folgenden vier:

  • Die abgeschlossene, durch verschwiegene Rituale geschützte, in der Regel männerbündische Gruppe, kurz das »maurerische Geheimnis«, das die Grenzen der Logengruppe bestimmt, wobei die Ableistung eines Eides der Verschwiegenheit bzw. eines feierlichen Gelöbnisses als Abschluss eines verbindlichen und bei Verletzung durch Ausschluss aus dem Bund sanktionierten »Gruppenvertrages« fungiert.
  • Der initiatische Charakter der Rituale: Die Einführung des neuen Mitglieds und seine Wanderung durch die verschiedenen Grade erfolgt in rituellen Formen, die seit Arnold van Gennep als »Übergangsriten« (rites de passage)26 beschrieben werden und Ausdruck eines bestimmten, auf innere Weiterentwicklung des Menschen angelegten Menschenbildes der Freimaurerei sind.
  • Die Bausymbolik, in deren Mittelpunkt die einem »Großen Baumeister« symbolisch verpflichtete Idee von Sein und Zeit als sinnvoll zu gestaltenden Bauwerken steht, die später allerdings in Verbindung mit der Entstehung von Hochgradsystemen durch esoterischhermetische Elemente, durch Alchemie und durch Ritterreminiszenzen beträchtlich erweitert wurde.
  • Ein Kanon von Werten, der um unterschiedliche, teils aufklärerisch-humanitär, teils religiös geprägte Begrifflichkeiten wie Menschenliebe, Brüderlichkeit, Duldsamkeit (Toleranz) und Gottesfürchtigkeit kreist, auf »Einübung« dieser Werte im verschwiegenen Milieu der Loge setzt und die Logengruppe hierdurch als positive innere Gegenwelt zu den verschiedenen »profanen« äußeren Welten konstituiert und abgrenzt.

Dieser freimaurerische Wertekanon war inhaltlich von Anfang an breit interpretierbar, vor allem in seiner Bedeutung für politisch-gesellschaftliche und philosophisch-religiöse Kontexte, innerhalb deren sich die Logen und Logensysteme definierten. Dies bedeutet, dass die Freimaurerei in ihrer historischen Entwicklung mit sehr verschiedenen politischen Strukturen vereinbar war, zunächst (und vor allem) mit den sich im 18. Jahrhundert etablierenden Strukturen der Bürgergesellschaft, als die Freimaurerei zumindest phasenweise fortschrittsadäquat war und zum Katalysator zukünftiger politischer Reformen, ja tiefgreifender Veränderungen im Sinne von bürgerlicher Gleichheit, Demokratie und nationaler Unabhängigkeit wurde. Doch wegen der für die Freimaurerei konstitutiven Trennung von Innenraum und Außenraum, von inneren (privaten) Tugenden und äußeren (öffentlichen) Tugenden erwies sich der freimaurerische Wertekanon als auch mit vordemokratisch-absolutistischen und – dies zeigte sich insbesondere an der Wende zu den 1930er Jahren – mit nichtdemokratischen, politisch-autoritären sowie nationalistischen Strukturen vereinbar.

Das »freimaurerische Geheimnis«

Das große Gemeinsame der verschiedenen »Freimaurereien« blieb durch die Zeiten hindurch die brüderliche Gemeinschaft, die geübte Verschwiegenheit, das Setzen von Gruppengrenzen, die Trennung von innen und außen – kurz das »maurerische Geheimnis«. Es hatte und hat verschiedene Funktionen für die freimaurerische Gruppenbildung und ist damit von großer Relevanz auch für die Frage nach Veränderungen und Reformen der Freimaurerei. Unter diesen (auch heute noch) partiell bewusst gesetzten, partiell implizit praktizierten Funktionen des maurerischen Geheimnisses können – teilweise anschließend an Michael Voges – bis in die Gegenwart hinein vor allem die folgenden sieben unterschieden werden:27

  • Die schützende Funktion: Ursprünglich war die Geheimhaltung der Logentreffen – wie auch der Aktivitäten vieler anderer Aufklärungsgesellschaften – Bedingung für eine von staatlichen und kirchlichen Eingriffen und Kontrollen freie Sphäre, die dazu diente, ein neues soziales Gruppenmodell zu praktizieren und aufklärerische Diskurse zu führen. Um die bereits angesprochene Feststellung des Bielefelder Historikers Reinhart Kosellecks zu variieren: Das »Geheimnis der Freiheit« war nur als »Freiheit im Geheimen« zu antizipieren.28 Später wurde das Geheimnis mehr und mehr zur Voraussetzung eines anderen Schutzes: der Bewahrung der – im Falle der Veröffentlichung störanfälligen – Integrität des rituellen Geschehens.
  • Die soziale Funktion: Die Teilhabe am gemeinsamen Geheimnis dient der Stiftung von Freundschaft und der Bildung von Netzwerken unter Menschen, die sich sonst nicht als Freunde begegnen würden. Auf der im Ritual symbolisch konstituierten »Winkelwaage« konnten Menschen unterschiedlicher sozialer Stände, Schichten und Milieus miteinander kommunizieren. Die Begegnung als »bloße« Menschen im Rahmen des freimaurerischen Rituals hob die gesellschaftlichen Unterschiede zwar nicht auf, überwand sie jedoch im Innenraum der Loge und schwächte ihre Bedeutung auch außerhalb der Loge zumindest ab: »Er ist Prinz«, gibt der Priester in Mozarts und Schikaneders Freimaureroper »Zauberflöte« vor der Aufnahme Taminos zu bedenken, und Sarastro antwortet: »Noch mehr, er ist Mensch«.
  • Die integrative Funktion: Das Geheimnis und die Teilnahme daran binden die generell eher unbestimmten Zwecksetzungen der Freimaurerei durch Stiftung von emotional erlebter, wert- und symbolüberhöhter Gemeinsamkeit zusammen. Das freimaurerische Geheimnis wirkt als emotionale Heimat, als Attribut, das zum gemeinsamen Heim gehört: »Niemand wird es je erschauen, was einander wir vertraut, denn auf Schweigen und Vertrauen ist der Tempel aufgebaut«, hat der Freimaurer Goethe dazu gedichtet.
  • Die pädagogische Funktion: Die unter dem Schutz der Verschwiegenheit hergestellte Offenheit und Bereitschaft für persönliche Veränderung (»Selbstvervollkommnung«, »Arbeit am rauhen Stein« des eigenen Selbst) dient der Einübung von Tugenden,29 die sich auch im »profanen« Umfeld des Freimaurers bewähren sollen. Die Absicht, im Sinne einer moralischen Entwicklung des Menschen auf den Habitus des Logenmitglieds einzuwirken, findet sich in vielen Texten und Ritualen seit Beginn der modernen Freimaurerei.30

Das freimaurerische Geheimnis besaß (und besitzt) jedoch auch Funktionen, die mehr oder weniger in Widerspruch zu den erklärten Zielvorstellungen der Freimaurerei gerieten, dennoch aber bis heute ihre Wirksamkeit behielten. Hierunter sind zu nennen:

  • Die illusionsstiftende Funktion: Das maurerische Geheimnis dient (zumindest auch) der Schaffung und Sicherung eines Raums zum Ausleben mannigfaltiger »Selbstverwirklichungs- und Selbsterhöhungsambitionen«. Hierzu dienen die rituelle Konstruktion einer besonderen, von der Welt des Profanen abgehobenen, wert- und empfindungssteigernden Atmosphäre, die Vergabe von Ämtern, Würden und Orden, die gegenseitige Beimessung einer besonderen persönlichen Bedeutsamkeit31 sowie die Durchführung aufwendiger Zeremonien, insbesondere, wenn Großlogen internationale Veranstaltungen durchführen und sich Repräsentanten der verschiedenen nationalen Freimaurereien begegnen.
  • Die Lockfunktion: Das Geheimnis mit dem ihm eigenen Einhüllen des Bundes in einen »Mantel des Geheimnisvollen« kann die Attraktivität der Freimaurerei erhöhen und wird gelegentlich gar als eines der Hauptwerbemittel des Bundes gepriesen.
  • Die Funktion der »inneren Hierarchisierung«: Eine Vermehrung der Grade der Freimaurerei über die traditionellen Stufen »Lehrling«, »Geselle« und »Meister« hinaus im Sinne einer »Hierarchie von Einweihungen« schafft nicht nur erweiterte Erlebnis-, Geltungs und Selbstverwirklichungsmöglichkeiten, sondern auch Abschottungen und Binnendifferenzierungen, die sich nicht selten als Element der Generierung von Konflikten innerhalb und zwischen den Logen und Großlogen erwiesen haben und erweisen.

Schließlich muss auf eine Praxis hingewiesen werden, die in direktem Widerspruch zu allen freimaurerischen Zielvorstellungen und Prinzipien steht: die Instrumentalisierung freimaurerischer Formen für politisch agierende Eliten, die nichts (oder nichts mehr) mit der Freimaurerei zu tun haben, woran dann aber Verschwörungsvorstellungen gern anknüpfen (Beispiel: die Organisation Propaganda Due, P2, die an eine ehemalige italienische Freimaurerloge anknüpfte und – ohne Beziehung zur regulären italienischen Freimaurerei – in den 1970er Jahren zur politischen Geheimorganisation wurde).

Das freimaurerische »Geheimnis« verhinderte jedoch weder die Kommunikation mit Öffentlichkeit und Gesellschaft noch den Aufbau regionaler und internationaler Netzwerke sowie – vor allem durch sich überschneidende Mitgliedschaften – ein Zusammenwirken mit anderen Assoziationen.32 Das für die Logen typische Verhältnis von Geschlossenheit und Öffnung machte die Freimaurerei – wie zuerst von Georg Simmel aufgezeigt wurde – zu einer »geheimen Gesellschaft« spezifischen und von Anbeginn stark eingeschränkten Typs. In seiner »Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung« von 1908 schreibt Simmel:

»Das Freimaurertum betont, dass es die allgemeinste Gesellschaft sein will, der ›Bund der Bünde‹, der einzige, der jeden Sonderzweck und mit ihm alles partikularistische Wesen ablehnt und ausschließlich das allen guten Menschen Gemeinsame zu seinem Material machen will. Und Hand in Hand mit dieser, immer entschiedener werdenden Tendenz wächst die Vergleichgültigung des Geheimnischarakters für die Logen, seine Zurückziehung auf die bloßen formalen Äußerlichkeiten … Der Freimaurerbund konnte seine neuerdings stark betonte Behauptung, dass er kein eigentlicher

›Geheimbund‹ wäre, nicht besser stützen, als durch sein gleichzeitig geäußertes Ideal, alle Menschen zu umfassen und die Menschheit als ganze darzustellen.«33

Freilich hat diese Ablehnung »jedes Sonderzwecks« die Folge, dass die Freimaurerei auf konkrete politisch-gesellschaftliche Programme verzichten muss. »Die Menschheit als ganze darzustellen« heißt, das freimaurerische Ideal dadurch exoterisch zu machen, dass es im Innenraum der Loge überzeugend praktiziert wird. Oft ist der Freimaurerbund allerdings den entgegengesetzten Weg gegangen: In der Auseinandersetzung um einen vermeintlich zu verfolgenden äußeren Zweck wurden die Möglichkeiten einer Annäherung an die inneren Ideale und eigentlichen Wirkungsmöglichkeiten der Loge (Charakterformung, Einübung ethischen Verhaltens, praktische Mitmenschlichkeit) immer wieder beeinträchtigt.

Auch Michael Voges weist auf den ambivalenten Charakter des freimaurerischen Geheimnisses hin.34 Einerseits sei es ein wichtiges Element der freimaurerischen Organisationsstruktur gewesen, andererseits sei es stets durch Elemente kontrastiert worden, »die einen betont öffentlichen Charakter hatten«. Dabei verweist Voges auf mannigfaltige Formen freimaurerischer Repräsentation in der Öffentlichkeit und betont die öffentliche Wahrnehmung der bald ausufernden freimaurerischen Publizistik. Es sei diese »Halböffentlichkeit« gewesen, die die Freimaurerei von Anfang an von den Geheimbünden im strengeren Sinne unterschied. Der »halböffentliche« Charakter der Freimaurerei zieht sich durch die gesamte Geschichte des Bundes und spielt auch in der Gegenwart eine bestimmende Rolle für den Charakter der Kommunikation zwischen der Freimaurerei und ihrem gesellschaftlichen Umfeld.35

Reformen der Freimaurerei

Die voneinander abweichenden Interessen der Mitglieder der Freimaurerlogen, der unterschiedliche Grad, in dem die Logenwirklichkeit den Wertvorstellungen und Ambitionen der einzelnen Freimaurer entsprachen und die unterschiedliche Intensität, mit der »deutungsmächtige « Brüder Übereinstimmungen oder Abweichungen von der »eigentlichen, echten, ursprünglichen Freimaurerei« postulierten, hatten Auswirkungen auf Mitgliedschaft und Entwicklung des Bundes.36 Einerseits veranlassten mannigfaltige Enttäuschungen immer wieder prominente Brüder, die Freimaurerei zu verlassen, in der sie oft sehr aktiv tätig gewesen waren.37 Andererseits entwickelten sich unterschiedlich intensive und verschieden ausgerichtete Reformen, die sich an verschiedenen »Modellen« orientierten.

In Zeiten von Krisen freimaurerischer Systeme und der Suche nach neuen Formen wurde der Bedarf an Modellen und ihrer analytischen Begründung besonders dringlich. Für die Krise der »Strikten Observanz« in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und die Versuche des Wilhelmsbader Konvents von 1782, die Krise zu überwinden, hat Ernst Traugott v. Kortum, Teilnehmer in Wilhelmsbad, den Zusammenhang zwischen Fehlentwicklungen und Deutungserfordernissen anschaulich beschrieben: Die Freimaurerei als

»diejenige Gesellschaft, welche, so alt sie auch seyn mag, doch erst itzt seit etlichen zwanzig Jahren in mancherley Bezug besonderes Aufsehen macht, die nicht nur von Fremden, sondern auch von ihren Mitgliedern selbst so verschiedentlich beurtheilt wird, die würklich seit langen Zeiten unter eben so verschiedenen Gestalten erschienen, alle Augenblicke eine andere Seite gezeigt, und auch den aufmerksamsten Beobachter hintergangen hat, wird nun, da sie anfängt, sich ihrer Entwicklung oder Auflösung zu nähern, erst ein öffentlicher Gegenstand kritischer Untersuchungen, Geschichts-Vergleichungen und historischer Nachspürungen, nachdem sie fast ein ganzes Jahrhundert von einer Seite gepriesen, von der anderen verdammt, und ihr Ursprung hier von Gott, dort von dem Teufel hergeschrieben worden ist, ohne sich für beides auf historische Beweise einzulassen.«38

Auch an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert39 waren sich führende Freimaurer wie Feßler, Fichte, Krause, Schröder und Herder sowie ihre mehr oder weniger bedeutenden Gefolgsleute wohl bewusst, dass kein Versuch, die Freimaurerei »in ihrer ursprünglichen Form« wiederherzustellen, ohne »kritische Untersuchungen, Geschichts-Vergleichungen und historische Nachspürungen« auskommen konnte. Der Dreischritt Gestalten, Reflektieren, Forschen war endgültig zum freimaurerischen Entwicklungsprinzip geworden und kennzeichnet die Geschichte der Freimaurerei bis in die Gegenwart hinein. Es dürfte lohnend sein, insbesondere den Erörterungen, die an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert mit, um und im Abschluss an Gotthold Ephraim Lessings »Ernst und Falk. Gespräche für Freymäurer«40 (1778, 1780) geführt wurden, erneut nachzugehen. Vier Autoren vor allem sind von herausragendem Interesse: Lessing selbst, Johann Gottfried Herder, Karl Christian Friedrich Krause und Johann Gottlieb Fichte, und das »laut Denken « dieser vier sowie die Rezeptionsgeschichte um sie herum kennzeichnet beinahe schon im Alleingang die gleichsam »goldene Epoche« der Freimaurerdiskurse in Deutschland, deren Niveau kaum je wieder erreicht wurde. (Eine »silberne Epoche« der Freimaurerdiskurse stellt dann die Zeit vor und nach der Wende zum 20. Jahrhundert dar, als in der deutschen Freimaurerei ein gleichfalls beachtliches Erörterungsniveau anzutreffen war, das sich forschend aufzuarbeiten lohnt.)

Der »klassische Freimaurerdiskurs« hat mindestens vier übereinstimmende Bezugspunkte:

  • erstens die Faszination der Freimaurerei, die alle Autoren nicht loslässt,
  • zweitens die Vielfalt, ja der desolate Zustand der Freimaurerei in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, der den Bund vor die Alternative Untergang oder Neukonzeption und Reform stellt,
  • drittens das Gefühl der Formbarkeit der Freimaurerei (mit Fichtes Worten: der Wunsch »auf die tabula rasa der Freimaurerei etwas zu schreiben, was ihrer würdig ist«41) und
  • viertens das Bestreben, Freimaurerei in den Kontext des jeweils eigenen Denkens einzufügen.

Die Teilnehmer am Diskurs geben nun unterschiedliche Antworten in Bezug auf Institution und Funktion der Freimaurerei: Fichte – mitten im Reformprozess formulierend – bleibt am stärksten der institutionellen Freimaurerei verhaftet. Ihm geht es um die Frage, ob es einen überzeugenden Zweck für die Loge gibt, und er antwortet mit dem Hinweis auf den Auftrag der Loge, »durch Ausgehen von der Gesellschaft und Absonderung von ihr … die Nachteile der Bildungsweise in der größeren Gesellschaft wieder aufzuheben und die einseitige Bildung für den besonderen Stand in die gemein menschliche Bildung, in die allseitige des ganzen Menschen, als Menschen zu verschmelzen«42. Herder geht (zunächst) am weitesten über die institutionelle Freimaurerei hinaus: »Alle solche Symbole mögen einst gut und notwendig gewesen sein, sie sind aber, wie mich dünkt, nicht mehr für unsere Zeiten. Für unsere Zeiten ist das Gegenteil ihrer Methode nötig, reine helle offenbare Wahrheit«43, verändert seine Position allerdings in der Zusammenarbeit mit Schröder bei dessen Ritualreform und postuliert jetzt, dass »eine Gesellschaft tausendfach mehr (vermag), als zerstreute Einzelne auch bei der edelsten Wirksamkeit zu thun vermögen«44. Krause vertritt mit der Auffassung, »nach der Reinigung von einigen zunftmäßigen und kritikwürdigen Bestandteilen«45 könne das ganze überlieferte Gebrauchtum in den von ihm entworfenen »Menschheitsbund« eingearbeitet und damit zugleich aufbewahrt und überwunden werden46, wiederum eine andere Variante des »Stufenmodells« der Freimaurerei. Für Lessing bleibt Freimaurerei auch als Institution von Bedeutung, doch ihre Funktion geht über die Institution hinaus und ist bei Weitem wichtiger, beruht Freimaurerei für Lessing doch »im Grunde nicht auf äußerlichen Verbindungen, die so leicht in bürgerliche Anordnungen ausarten; sondern auf dem gemeinschaftlichen Gefühl sympathisierender Geister«.47 Auch Lessing ist von der Faszination der Freimaurerei gefesselt. Auch er kritisiert die konkrete Form des Bundes, dessen »heutiges Schema ihm gar nicht zu Kopfe« will. Auch ihn fordert heraus, die Wesenheit der Freimaurerei auf den bestimmten Begriff einer wahren Ontologie zu bringen und aufzuzeigen, »was und warum die Freimaurerei ist, wenn und wo sie gewesen, wie und wodurch sie befördert oder gehindert wird«. Er tut dies – vor allem, aber nicht nur in »Ernst und Falk« – als Anwalt einer Kultur der Vermittlung, die Grenzen überschreitet, deren Medium und Ziel Freundschaft und Menschenliebe sind und die sich in einem offenen Prozess der Wahrheitssuche realisiert.

Die Veränderungsprozesse innerhalb der Freimaurerei und die daraus resultierenden Unterschiede zwischen den verschiedenen Typen von Freimaurerei lassen sich vor allem auf Faktoren zurückführen, die mehr außerhalb als innerhalb der Freimaurerei lokalisiert waren, jedoch nachhaltig auf den Entwicklungsprozess des Bundes, seine Dynamik und seine Differenzierungen zurückwirkten.

Zu diesen Faktoren gehören – um nur die wichtigsten zu nennen –:

  • die Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen, innerhalb deren sich die Entwicklung der Freimaurerei vollzog und die den freimaurerischen Gruppierungen hier eine stärker selbstbestimmt-demokratische Existenz erlaubten, während sie sie dort in starkem Maße zu politischer Loyalität und Anpassung veranlassten;
  • der sich wandelnde »Zeitgeist«, d.h. die jeweiligen kulturellen und religiösen Besonderheiten

nationaler oder regionaler Art, etwa die an Mystizismen, Hermetik, Alchemie, Tempelrittern und ägyptischen Mysterientraditionen orientierte vorromantische Erinnerungskultur der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, die zum Entstehen der schier zahllosen Hochgradsysteme beitrug, oder die sich im 19. Jahrhundert durchsetzende »Bürgerkultur«, mit der viele Reformen der Freimaurerei einhergingen, sowie

  • die Veränderungen der gesellschaftlichen Struktur:
    – im 18. Jahrhundert etwa der Abstieg des Adels durch Veränderungen innerhalb der absolutistischen Herrschaftsordnung bei gleichzeitiger Formierung und allmählichem Aufstieg des Bürgertums (hier liegt das besondere Momentum des Hochgradrittersystems der »Strikten Observanz«48),
    – im 19. Jahrhundert die Entwicklung eines selbstbewussten, national eingestellten und religiös – sprich protestantisch – eingebundenen Bürgertums als Basis sowohl der »altpreußischen « als auch der »humanitären« Freimaurerei in Deutschland.

Inhaltlich können die zahlreichen Umgestaltungen des Freimaurerbundes insbesondere im Hinblick auf das freimaurerische Geheimnis als Inbegriff der zuvor erörterten freimaurerischen Grundstruktur interpretiert werden. Dann lassen sich vier typische Ansätze unterscheiden:

  • Die »Relativierung des Geheimnisses«, die dem von Georg Simmel beschriebenen und besonders in den Reformen Friedrich Ludwig Schröders und ähnlichen Umgestaltungen verwandter Großlogen (»Große Mutterloge des Eklektischen Freimaurerbundes« in Frankfurt, Großloge »Zur Sonne« in Bayreuth) Ausdruck findenden Weg einer »Vergleichgültigung des Geheimnischarakters für die Logen« folgt. Hier ging und geht es nicht mehr um ein in den Ritualinhalten verborgenes »wahres« Geheimnis, es geht um ein »eigentliches Geheimnis« der Freimaurerei, das menschliche Begegnung zwischen Freunden, das Erlebnis der Bruderliebe sowie eine spezifische »freimaurerische Geisteshaltung« als Ausdruck bürgerlicher Moral in das Zentrum des Bundes rückte.
  • Die schon genannte »Hierarchisierung des Geheimnisses«: Hier wurde und wird das freimaurerische »Geheimnis« (oder zumindest ein wesentlicher Teil davon) in den Ritualen neuer Systeme, Grade und Erkenntnisstufen gesucht, die über die »klassischen« Grade Lehrling, Geselle und Meister hinausgehen und ein zunehmendes Maß an »Binnendifferenzierung« innerhalb der freimaurerischen Gruppen bewirken. Die »weiterführenden Grade« verstehen sich als »Vertiefung« der freimaurerischen Basisgrade, geraten aber in Gefahr, mehr oder weniger von deren Grundaussagen und Organisationsprinzipien abzuweichen und lediglich jene Freimaurerei zu vertiefen, die sie zuvor in ihren neuen Ritualen selbst geschaffen haben.
  • Die Verstärkung des religiösen Charakters der Freimaurerei (»Verchristlichung des Geheimnisses«). Hauptbeispiel hierfür ist die – hierzulande von der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland vertretene – »Schwedische Lehrart«, als deren Fundament die »reine Lehre Jesu« gilt, welche die Bibel nicht als bloßes religiöses Symbol, sondern als das »größte aller Lichter« versteht, sich als christlicher Ritterorden »in der Nachfolge Jesu Christi als Obermeister« konstituiert hat und ihre christliche Ideenwelt in einem vielstufigen Ritualsystem von großer Geschlossenheit entfaltet, das in den höheren Graden als dezidiert religiöser Kult den Charakter einer kirchennahen Christologie annimmt.
  • Die »Radikalisierung des Geheimnisses« durch den Übergang zum politisch orientierten Geheimbund, wofür – zunächst und eingeschränkt die »Strikte Observanz« – dann aber vor allem die Illuminaten49 mit ihrem Bestreben, durch die Erfassung einer kulturell-gesellschaftlichen Elite grundlegende Reformen in der Wirtschaft, im Bildungswesen und im religiös-kirchenpolitischen Bereich in Gang zu setzen, die wichtigsten historischen Beispiele bieten.

Zweierlei ist allerdings hinzuzufügen: Einmal sind die einzelnen Reformansätze nicht klar voneinander zu trennen und können sich, wie etwa im Falle der »Verchristlichung« und »Hierarchisierung«, durchaus miteinander verbinden. Zum anderen verlaufen sie nicht gradlinig und können auf den jeweiligen »Reformachsen« Gegenentwicklungen auslösen (gegen Hierarchisierung etwa das Wirken des Eklektischen Bundes und des Schröder’schen Systems (Große Loge von Hamburg), gegen Metaphysierung z.B. die Positionen des Grand Orient de France und des Freimaurerbundes zur aufgehenden Sonne, gegen Relativierung schließlich die verstärkte Rückkehr zur Esoterik als Material und Perzeptionsweise freimaurerischer Rituale).

Jedenfalls entstanden durch den beschriebenen Differenzierungsprozess zumindest drei große (in sich wiederum teilweise beträchtlich differenzierte) Typen von Freimaurerei:

  • Die ethisch-symbolische Freimaurerei, die in der Welt dominiert und vor allem von der englischen und amerikanischen Freimaurerei sowie von vielen kontinentaleuropäischen Großlogen, darunter auch von der Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland (GL AFuAM vD) repräsentiert wird. Zu dieser Gruppe gehören von den gegenwärtig insgesamt 2,5 bis drei Millionen Freimaurern weltweit (die immer noch übliche Angabe von sechs Millionen ist deutlich überhöht, da die Zahl der Freimaurer seit den 1970er Jahren vor allem in den USA sowie in England, Australien/Neuseeland und Kanada um mehr als drei Millionen zurückgegangen ist) ungefähr 95 Prozent der Logenmitglieder. Die Freimaurerei dieser Gruppe ist religiös offen, setzt als Bedingung für die Mitgliedschaft allerdings die Anerkennung eines »Großen Baumeister aller Welten« sowie die Präsenz eines »Heiligen Buches« (im christlichen Kulturkreis die Bibel) als Symbole für den transzendenten Bezug des Menschen voraus. Innerhalb der ethisch-symbolischen Freimaurerei gibt es freilich beträchtliche Differenzierungen, und es lassen sich zumindest Gruppierungen mit einer stärker aufklärerisch-ethischen Orientierung von solchen mit einer stärker hermetisch-esoterischen oder einer stärker traditionell-religiösen Orientierung unterscheiden.
  • Die christliche Freimaurerei, die das Bekenntnis zur Lehre Jesu Christi zur Voraussetzung der Mitgliedschaft gemacht hat und die vor allem in den skandinavischen Ländern (Schweden, Norwegen, Dänemark, Island) sowie hierzulande von der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland (GL FvD) vertreten wird.50 Insgesamt gehören zur Gruppe der christlichen Freimaurerei weltweit gut zwei Prozent aller Freimaurer.
  • Die säkular-liberale Freimaurerei, die vor allem durch den Grand Orient de France repräsentiert wird. Der Grand Orient definiert sich in seiner Satzung als »philosophische, philanthropische und fortschrittliche Institution«, hat das Symbol des »Großen Baumeisters« in seinen Ritualen aufgegeben, nimmt auch Atheisten als Freimaurer auf, ergreift Partei in gesellschaftlichen und politischen Fragen und erwartet auch ein gesellschaftspolitisches Engagement von seinen Mitgliedern. Ihm gehören in Frankreich ca. 47.000 Freimaurer an. Die Freimaurerei des Grand Orient de France (und einiger gleich strukturierter Großlogen in anderen Ländern) wird von den meisten Großlogen der Welt nicht als regulär anerkannt.

Es ist darauf hinzuweisen, dass es neben diesen männerbündisch organisierten Gruppierungen der Freimaurerei auch eine Freimaurerei der Frauen gibt, die sich gegenwärtig sehr dynamisch entwickelt. In zahlreichen Ländern sind auch Systeme »gemischter« Logen (Logen, die Männer und Frauen aufnehmen) vorhanden, von denen der Droit Humain die wichtigste Gruppierung ist.

An der Schwelle zum 19. Jahrhundert

Bisher wurde vor allem aufgezeigt, wie sich die Brüche und oft gegenläufigen Tendenzen des 18. Jahrhunderts – in mancherlei Hinsicht den labilen Strukturen der Postmoderne vergleichbar – in einem bunten Gemisch verschiedenartiger Freimaurereien spiegelten. Eine Konsolidierung der Freimaurerei trat erst in der Periode der eigentlichen Bürgergesellschaft ein, als sich auf dem Markt sozialer Einbindung gleichermaßen Nachfrage und Angebot stabilisierten.

Unter den Tendenzen, die die Weiterentwicklung der Freimaurerei im langen 19. Jahrhundert kennzeichneten, waren die folgenden von besonderer Bedeutung:

  1. Im Hinblick auf die nationale Rahmensetzung entstanden oder festigten sich Großlogen in den europäischen Nationalstaaten. Dies bedeutete, wenn nicht das Ende, so doch eine erhebliche Abschwächung des kosmopolitischen Selbstverständnisses der Freimaurerei.51
  2. Es kam zur Dominanz des bürgerlichen Elements in der Freimaurerei. Die führende Rolle des Adels in der Freimaurerei nach dem Modell der »Strikten Observanz« fand ihr Ende.
  3. In Deutschland kam es sowohl zu einer langfristig wirksamen Konsolidierung der christlichen »altpreußischen« Freimaurerei (Große National-Mutterloge »Zu den drei Weltkugeln«,Große Landesloge und Große Loge Royal York zur Freundschaft) als auch zu einer Renaissance der englisch geprägten und von England bestätigten »eigentlichen« Freimaurerei der drei Grundgrade (»humanitäre« Großlogen, vor allem Eklektischer Bund, Große Loge von Hamburg, Große Loge »Zur Sonne« sowie prominente Einzellogen, von denen »Archimedes zu den drei Reißbretern« in Altenburg aufgrund ihrer hochbeachtlichen publizistischen Produktion besonders hervorzuheben ist). Damit entstanden in der deutschen Freimaurerei tiefverwurzelte, bis heute weiterwirkende konzeptionelle und organisatorische Unterschiede zwischen »humanitärer« und »christlicher« Freimaurerei.52
  4. Schließlich änderte sich die konfessionelle Struktur der deutschen Freimaurerei. Die Zahl katholischer Mitglieder ging rasch und gründlich zurück, einerseits durch die sich verschärfende antifreimaurerische Haltung der katholischen Kirche, andererseits durch die Sympathie der zumeist protestantischen Brüder Freimaurer mit der später im »Kulturkampf« kulminierenden antikatholischen Einstellung großer Teile des deutschen, insbesondere des norddeutsch-preußischen Bürgertums.

Insbesondere zwischen der Mitte des 19. und dem Beginn des 20. Jahrhunderts fungierten die deutschen Logen – unabhängig davon, ob sie den altpreußischen oder den humanitären Großlogen angehörten – als stabile Assoziationsformen der bürgerlichen Mittel- und Oberschichten.53 Sie verstanden sich als Übungsstätten von Bürgertugenden wie Anstand, Respekt, Hilfsbereitschaft und Vaterlandsliebe, spielten – nicht zuletzt aufgrund obrigkeitlicher Protektion – eine anerkannte Rolle in der deutschen Gesellschaft und ordneten sich ihrerseits loyal in die bestehende politische Ordnung ein. Thomas Manns Charakteristik einer »machtgeschützten Innerlichkeit« deutscher Gesellschaft und Kultur kennzeichnete weithin auch Selbstverständnis und logeninterne Praxis der freimaurerischen Vereinigungen. 54

In weiteren Beiträgen dieses Bandes werden die in meiner Sicht besonders wichtigen Phasen der neueren freimaurerischen Geschichte in Deutschland ausführlich behandelt.55

Gegner der Freimaurerei

Seitdem es die moderne Freimaurerei gibt, ist sie zum Objekt mannigfaltiger Ablehnungen, Gegnerschaften, Vorurteile, Verurteilungen und Verbote geworden. Offenbar forderte die Freimaurerei durch ihre Ideenwelt und Sozialstruktur sowie den raschen Expansionsprozess der Logen und das große Interesse der gesellschaftlichen Eliten an einer Mitgliedschaft in ihnen in besonderem Maße zu Ängsten, Verurteilungen und Verboten heraus. In katholischen Ländern war diese Ablehnung von Beginn an besonders ausgeprägt. Vor allem in Krisensituationen, die der Erklärung bedurften und in denen die eigentlich Verantwortlichen nach Entschuldigungen suchten (Französische Revolution, Verlust des Ersten Weltkriegs), wurde immer wieder auf die Freimaurerei und die von ihr ausgehenden Gefahren für die bestehenden politischen Ordnungen sowie die hergebrachten Formen von Religion und Glauben verwiesen.

Bereits im Jahre 1698 – 20 Jahre vor Gründung der ersten Großloge – zirkulierte in London ein Pamphlet, in dem »alle frommen Menschen vor den Freimaurern gewarnt werden. Diese seien eine teuflische Sekte die durch einen Eid der Verschwiegenheit geschützte geheime Zeremonien abhielten und der wahre Antichrist seien«.56

Haltung der Kirchen

Die Kirchen – beginnend mit der ersten Verurteilung durch Papst Clemens XII. im Jahre 1738 (Bulle »In eminenti apostolatus specula«) – fürchteten das maurerische Geheimnis, die vorrangige Betonung moralischer Werte, das »Gutsein ohne dezidierten Glauben« und die esoterische Religiosität der Freimaurer. In den folgenden Jahrzehnten wurde die ablehnende Haltung der katholischen Kirche immer wieder verschärft und neu akzentuiert, bis sie im Jahre 1884 durch Papst Leo XIII. (Bulle »Humanum genus«), der die Freimaurer gar dem »Reich des Satans« zuordnete, auf die Spitze getrieben wurde.57 Die Kernaussage der Bulle lautet:

»Nachdem das Menschengeschlecht durch den Neid des Teufels von Gott, dem Schöpfer und dem Spender der himmlischen Güter, so kläglich abgefallen war, hat es sich in zwei geschiedene und einander entgegengesetzte Lager geteilt: das eine kämpft unausgesetzt für Wahrheit und Tugend, das andere für alles, was der Wahrheit und Tugend widerstreitet. Das eine ist das Reich Gottes auf Erden, das andere ist das Reich des Satans … In der Gegenwart … scheinen sich die Anhänger des Bösen zu verabreden und in ihrer Gesamtheit mit vollen Kräften anzustürmen: geleitet und gestützt von der weitverbreiteten und fest gegliederten Gesellschaft der sogenannten ›Freimaurer‹. Diese Sekte ist … ihrem ganzen Wesen und ihrer innersten Natur nach Laster und Schande: darum ist es rechtens nicht erlaubt, ihr beizutreten und ihr in irgendeiner Weise Beihilfe zu leisten.«58

Wenn auch der Ton der Angriffe im 20. Jahrhundert maßvoller wurde, so ist die Einstellung der katholischen Kirche zur Freimaurerei doch weitgehend ablehnend geblieben. Zwischen Vertretern der katholischen Kirche und der Freimaurerei fanden zwar seit den 1960er Jahren Gespräche und Annäherungen statt, doch machte die »Unvereinbarkeitserklärung« der deutschen Bischofskonferenz von 1980 die Hoffnung der Freimaurer auf eine Überwindung alter Feindseligkeiten zunichte. Das negative Urteil über die Freimaurer bleibt weiterhin bestehen, da deren weltanschauliche Grundlagen mit der Lehre der katholischen Kirche für unvereinbar gehalten werden. Genannt werden dabei der Relativismus, das (vermeintlich) deistische Gottesbild und nicht zuletzt der (ebenfalls vermeintlich) sakramentsähnliche Charakter der Rituale. Im Ergebnis stellte die Glaubenskongregation unter ihrem damaligen Präfekten Kardinal Joseph Ratzinger in einer von Papst Johannes Paul II. bestätigten Erklärung vom 26. November 1983 fest:

»Das negative Urteil der Kirche über die freimaurerischen Vereinigungen bleibt also unverändert, weil ihre Prinzipien immer als unvereinbar mit der Lehre der Kirche betrachtet wurden und deshalb der Beitritt zu ihnen verboten bleibt. Die Gläubigen, die freimaurerischen Vereinigungen angehören, befinden sich also im Stand der schweren Sünde und können nicht die heilige Kommunion empfangen.«59

Trotz dieser »offiziellen« Verhärtungen zeigen sich in der katholischen Kirche doch auch immer wieder Tendenzen, die Einstellung zur Freimaurerei zu verändern. Besonders aufschlussreich ist die Schrift »Die Freimaurer und die Katholische Kirche« von Klaus Kottmann, die im Sommersemester 2008 von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr- Universität Bochum als Dissertation angenommen wurde und in deren Zusammenfassung es heißt:

»Einzelne Katholiken, die Mitglied einer Freimaurerloge sind, wie zahlreiche Logen selbst, verneinen eine entsprechende (glaubensfeindliche, H.-H. H.) Ausrichtung ihrer Loge. Viele katholische Freimaurer halten das erlassene Verbot daher für nicht rechtmäßig. Auch sehen sie sich in einer Situation, in der ihnen die Mündigkeit zur eigenen Beurteilung nicht zugestanden wird.
Zu bedenken ist vor diesem Hintergrund, ob hinsichtlich der Bewertung der Freimaurerei seitens der katholischen Kirche nicht die gleichen Argumente Platz greifen könnten, die maßgeblich waren für die Aufhebung des Bücherverbots durch das Dekret der Glaubenskongregation vom 15. November 1966.
Dabei wurde das Bemühen um eine Schärfung des Gewissens der Gläubigen für wichtiger erachtet als der Erlass eines Verbotes. An die Stelle rechtlicher Vorschriften trat das mündige Gewissen der Gläubigen, ohne die Pflicht und Aufgabe der kirchlichen Autoritäten zu desavouieren, auf konkrete Abweichungen von der Glaubensund Sittenlehre hinzuweisen.«
60

Hier zeichnet sich zumindest eine Tendenz ab, die sich langfristig im Sinne einer Überwindung bisheriger Barrieren auswirken könnte. Allerdings wäre hierfür wohl auch erforderlich, dass sich die Freimaurerei ihrerseits um die Klärung ihrer Einstellung zu Glaube, Religion und Kirche bemüht, wie dies ja auch von evangelischer Seite erwartet wird. Auch in den evangelischen Kirchen gibt es eine Tradition mannigfaltiger Vorbehalte, ja heftiger Ablehnung. Exemplarisch genannt seien nur die vehementen Angriffe, die durch Ernst Wilhelm Hengstenberg, Professor der Theologie in Berlin und Begründer der »Evangelischen Kirchenzeitung«, Mitte des 19. Jahrhundert auf die Freimaurerei geführt wurden. Seine Schrift »Die Freimaurerei und das evangelische Pfarramt« enthält u.a. folgende Feststellung:

»Der Kampf gegen die Freimaurerei, in den wir ohne unsere Absicht und durch die Gewalt der Umstände hineingeführt worden sind, verspricht erfreuliche Resultate. Wir dürfen hoffen, daß diese Bewegung, die sich auch vielfach schon den Gemeinden mitteilt, nicht ruhen wird, bis zuletzt die anstößige Tatsache der Beteiligung der Geistlichen an dem Orden vollständig beseitigt ist. Schon dadurch wird die Freimaurerei überhaupt einen bedeutenden Stoß erleiden. Die Geistlichen sind dem Orden schon als Redner unentbehrlich. Gelingt es uns aber, den Hauptgrund, den wir gegen die Teilnahme der Geistlichen am Orden geltend gemacht haben, die Christo und seiner Kirche abgewandte deistische und humanistische Tendenz des Ordens zur allgemeinen Anerkennung zu bringen, so wird das geradezu seine Fundamente wankend machen.«61

Die Angriffe Hengstenbergs stießen auf zahlreiche Erwiderungen, insbesondere seitens »altpreußischer« Autoren aus den Reihen der Berliner Großlogen.62

Für die Gegenwart kommt den Gesprächen zwischen Vertretern der evangelischen Kirche in Deutschland und der Vereinigten Großlogen von Deutschland besondere Bedeutung zu, die Beginn der 1970er Jahre geführt wurden. In einer abschließenden Erklärung der Kirche vom Oktober 1973 wurde festgestellt, dass »ein genereller Einwand gegen eine Mitgliedschaft evangelischer Christen in der Freimaurerei … nach Meinung der evangelischen Gesprächsteilnehmer nicht erhoben werden (könne)«63, doch blieb in kirchlicher Sicht offen, wie die christliche Rechtfertigungslehre »allein aus dem Glauben« mit den Ritualen der Freimaurer und der ihnen eigenen Betonung der Bedeutung einer »Arbeit am eigenen Selbst« zu vereinbaren sind.64 Schließlich wurden die Freimaurer gebeten, »in geeigneter Weise dazu beizutragen, dass ein höheres Maß von Information vermittelt wird, um Vorurteile abzubauen«.65 Die Fragen, die die evangelische Kirche bis heute interessieren, wurden von Mathias Pöhlmann, dem stellvertretenden Leiter der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin, in der Jubiläumsschrift der »Vereinigten Großlogen von Deutschland« im Jahre 2009 folgendermaßen formuliert:

»Aus kirchlicher Sicht ist besonders von Interesse, wie und in welcher Form der Bruderbund seine Haltung zur Religion und zu den Kirchen jetzt und zukünftig bestimmt. Ist die Freimaurerei ausschließlich der Aufklärung verpflichtet – oder erblickt man im Logenwesen einen Mysterienbund mit esoterischen oder christlichmystischen Konnotationen? Oder interpretiert man sie vom Kultus her als religiöse Vereinigung? Besteht in manchen Richtungen nicht doch die Gefahr, dass man in der jeweiligen Richtung und ihrer Ritualistik mehr erblickt als einen reinen Diesseitsbund? Hier besteht innerhalb der Freimaurerei weiterhin Klärungsbedarf. Zum anderen stellt sich auch die Frage nach dem Menschenbild der Freimaurerei: Wie gelingt der Balanceakt zwischen den hohen Idealen und den tatsächlichen menschlichen Schwächen? Welchen zukünftigen Weg wählt die Freimaurerei in der Spannung zwischen Geheimnis und Öffentlichkeit? Gelingt es ihr, die freimaurerischen Werte über die Loge hinaus in die öffentliche Diskussion einzubringen? Wie gelingt letztlich der Spagat zwischen Traditionsbewahrung und Reform?«66

Diese Fragen müssen nachdenklich stimmen. Denn sie bezeichnen ja nicht nur das Informationsinteresse evangelischer Christen. Es handelt sich zugleich auch um die grundsätzlichen Entwicklungsfragen der Freimaurer. Fragen werden immer dann erforderlich, wenn befriedigende Antworten fehlen. Und dies weist auf erhebliche Klärungs-, ja mehr noch auf Gestaltungsdefizite auf Seiten der Freimaurerei hin. Bei einem »Vorhang zu und alle Fragen offen« wird es da kaum bleiben dürfen.

Volksaberglaube

Verbunden mit den Ablehnungen durch Religion und Kirche entwickelte sich seit der Wende zum 19. Jahrhundert ein in der Volksreligiosität verankerter Aberglaube, welcher der Freimaurerei (und insbesondere ihren Ritualen) Dimensionen des Unheimlichen und Dämonischen zuschreibt, wie zum Beispiel: »Bevor ein Freimaurer aufgenommen wird, muss ein anderer sterben« oder »Aufnahmegesuche sind mit eigenem Blut zu unterzeichnen«. Dieser Aberglaube ist auch heute noch wirksam, wenn er sich auch oft von seiner religiösen Basis entfernt hat, und trägt zumindest unterschwellig zu den diffusen Bildern bei, die sich Außenstehende von der Freimaurerei machen.

Politische Verbote, Verschwörungstheorien

Kaum war der Freimaurerbund am Anfang des 18. Jahrhunderts gegründet, kam es zu politisch motivierten Verboten sowohl in den mehrheitlich katholischen Staaten des alten deutschen Reiches als auch in primär lutherischen Städten wie Hamburg. Absolutistische und autoritäre politische Systeme fühlten sich durch die freimaurerischen Postulate der sozialen Gleichheit und des Vorrangs der Moral gegenüber der Politik herausgefordert und fürchteten auch die Gefahren, die ihrer Herrschaft von konkurrierenden Eliten drohten, wie sie vor allem die Illuminaten darstellten. Diese Ängste wurden nicht zuletzt durch die Französische Revolution verstärkt, die – nicht selten, wenn auch unbegründeterweise – dem Wirken der Freimaurerei zugeschrieben wurde.

Die generellen Verbote der Freimaurerei in den faschistischen Systemen des 20. Jahrhunderts erfolgten im Kontext einer weiteren Verschärfung der Anti-Freimaurerbewegung unter der Einwirkung von Verschwörungsvorstellungen. Für deren meist im extrem rechten Spektrum der Politik angesiedelten Vertreter war und ist der Freimaurerbund nicht nur religionsfeindlich und politisch gefährlich, sondern langfristig und strategisch auf Vernichtung des Glaubens, auf Aushöhlung der gesellschaftlichen Ordnung, ja auf Weltherrschaft angelegt. Dabei wird die Freimaurerei oft in eine Verbindung mit anderen Gruppierungen gerückt, wobei die Behauptung einer jüdisch-freimaurerischen Verschwörung vor allem im Deutschland der Weimarer Republik eine besonders verhängnisvolle Rolle spielte. Aufsehen erregte zunächst das 1919 veröffentlichte Buch des österreichischen Nationalratsabgeordneten Friedrich Wichtl – »Weltmaurerei, Weltrevolution, Weltrepublik. Eine Untersuchung über Ursprung und Endziele des Weltkrieges«67–, das gleichsam das Modell weiterer antifreimaurerischer Kampfschriften der folgenden Jahrzehnte darstellte. Bei Wichtl findet sich auch die Auffassung von der »Verwobenheit« der Freimaurerei mit den Juden, was er vor allem am Beispiel Englands exemplifiziert:

»Freimaurerei und Judentum sind dort derartig miteinander verwoben, daß ein englischer Schriftsteller allen Ernstes erklärt: Der Freimaurer ist nichts als ein künstlicher Jude … Die gegenwärtige Lage der Juden in England (werde) am sinnfälligsten dadurch gekennzeichnet …, dass sie die Vorherrschaft in den geheimen Gesellschaften errungen haben, namentlich in der Freimaurerei.«68

Mitte der 1920er Jahre erfolgten Erich Ludendorffs massive Angriffe auf die deutsche Freimaurerei, die den Bund sehr erschütterten, weil sich die meist national eingestellten Freimaurer völlig zu Unrecht angegriffen fühlten. »Das Geheimnis der Freimaurerei ist überall der Jude« heißt es im populärsten Pamphlet des Generals – »Vernichtung der Freimaurerei durch Enthüllung ihrer Geheimnisse«69 – von 1927. Die Freimaurer seien »künstliche Juden« (so schon Wichtl), das Streben nach einem »Menschheitsbund« nach »Humanität« und »menschlicher Glückseligkeit« sei gleichbedeutend mit der »Verjudung« der Völker und der Errichtung einer jüdischen Weltherrschaft. Der NS-Ideologe und spätere NSDAP-Reichsleiter Alfred Rosenberg war es dann, der nicht zuletzt durch die von ihm betriebene Popularisierung der sogenannten »Protokolle der Weisen von Zion«70 dafür sorgte, dass die Gegnerschaft zur Freimaurerei in zeitlich wechselndem Ausmaß zum festen Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie geworden war, die der erzwungenen Auflösung der Logen in Deutschland (endgültig 1935) zugrunde lag.

Heutiges Selbstverständnis der deutschen Freimaurerei – eine »humanitäre« Sicht

Im folgenden Teil dieses Beitrags zur Freimaurerei in Deutschland geht es weniger um Analysen als um die – im Titel dieses Buches ja auch angekündigten – Überlegungen und Perspektiven, und so bringen die folgenden Abschnitte keine Sichtweise zum Ausdruck, die für die gesamte deutsche Freimaurerei der Gegenwart kennzeichnend wäre. In den »Vereinigten Großlogen von Deutschland. Bruderschaft der Freimaurer«, die die in Deutschland arbeitenden Logen seit 1958 in einem Vertragswerk zusammenfasst, werden ja durchaus unterschiedliche freimaurerische Traditionen fortgesetzt. Als Mitglied der weitaus größten der die VGLvD bildenden Großlogen, der »Großloge der Alten, Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland« (GL A.F.u.A.M. v. D.), stehe ich bewusst und überzeugt in der »humanitären« Tradition der deutschen Freimaurerei. Wenn dies nun auch keinesfalls bedeutet, dass alle Freimaurer dieser Großloge meine, zunächst einmal ja sehr persönlichen Perspektiven und »Annäherungen an Freimaurerei« teilen würden oder gar teilen sollten, so gehe ich doch davon aus, einen nicht unbeträchtlichen Konsens dieser Freimaurer zum Ausdruck zu bringen.

In der gesellschaftlichen Realität von heute sind sich die Brüder und Logen der Großloge A.F.u.A.M. bewusst, dass die Freimaurerei ein neues, »offenes« Verhältnis zur Öffentlichkeit herzustellen hat. Die Bruderschaft versteht sich als Bestandteil der demokratisch-pluralistischen Gesellschaft. Dies bedeutet zugleich, sich ihres Platzes in eben dieser Gesellschaft zu versichern und sich ihrer sozialen Umwelt verständlich zu machen. Denn je mehr sich die deutsche Freimaurerei zur Gesellschaft öffnete, desto häufiger wurde und wird sie auf ihr Selbstverständnis und ihre Wirklichkeit hin befragt. Legitimitätsbegründungen durch Berufung auf die Geschichte der Freimaurerei reichen nicht mehr aus. Auch Hinweise auf »bedeutende Freimaurer« können nicht genügen. Die Fragen, was Freimaurerei in der modernen Gesellschaft ist und sein will und was das »freimaurerische Geheimnis« heute bedeutet, müssen auf eine klarere Weise beantwortet werden.71

Eine präzise Antwort auf diese Fragen ist jedoch schwierig. Gewiss herrscht Übereinstimmung unter den deutschen Freimaurern in Bezug auf historische Entwicklungslinien und strukturelle Grundelemente, doch die Perspektiven, Formen und Farben dieses Freimaurerbildes variieren ebenso wie seine Einordnung in gesellschaftlich-historische Bezüge und die Begrifflichkeit seiner Vermittlung. Dies ist einmal darauf zurückzuführen, dass Großgruppen wie die Freimaurerei generell nie nur ein Selbstverständnis aufweisen und griffig-eindeutige Formulierungen für ihre Corporate Identity immer subjektive Konstruktionen sind, die nicht selten den Verdacht ertragen müssen, primär als Führungsinstrumente nach innen und als reglementierte Kommunikationscodes nach außen zu fungieren. Dazu kommen der unterschiedliche historische Hintergrund der einzelnen deutschen Logen – schließlich ist auch die GL A.F.u.A.M. aus dem Zusammenschluss von Logen aus früheren, durchaus unterschiedlichen Großlogen hervorgegangen72 – sowie der Umstand, dass auch die deutsche Freimaurerei der Gegenwart keine »Grundsatzkommissionen« kennt und die einzelnen Freimaurer zudem in der Regel strikt auf einer ganz individuellen Deutungshoheit bezüglich dessen beharren, was unter Freimaurerei zu verstehen ist.

Dennoch gibt es Übereinstimmungen, die in Satzungen, Stellungnahmen der Großlogenleitungen, Positionspapieren, Logen- und Großlogendiskussionen und neuerdings den freimaurerischen Internetseiten ihren Ausdruck finden.73 Diese Übereinstimmungen haben klärende Funktionen nach innen, sollen jedoch auch einer die eigene freimaurerische Identität vermittelnden Öffentlichkeitsarbeit dienen. Einer solchen Öffentlichkeitsarbeit werden etwa in den Leitgedanken zur Freimaurerei,74 die innerhalb der GL A.F.u.A.M. Mitte der achtziger Jahre (u.a. vom Verfasser dieses Textes75) erarbeitet und inzwischen immer wieder veröffentlicht wurden, drei Aufgaben zugesprochen:

  • Abbau von Vorurteilen und Verbesserung des Informationsstandes der profanen Umwelt;
  • Herstellen einer fruchtbaren, Logen und Großloge geistig und sozial belebenden Kommunikation mit Außenstehenden sowie
  • Anknüpfen von Beziehungen zu Männern, die für die Logen als »Suchende« in Frage kommen.

Als Kernaufgabe des Freimaurerbundes in der Gegenwartsgesellschaft kann die Suche nach einer unverwechselbaren, kraftvollen freimaurerischen Identität verstanden werden. Hinter dieser Feststellung steht die – teils gefühlte, teils bewusst gemachte – Einsicht, dass Freimaurerei ohne Wissen darum, was sie ist und sein kann, sowie ohne immer neue Versuche, den Möglichkeiten der Freimaurerei durch Wirken innerhalb der Logen und nach außen, d.h. in die Gesellschaft hinein, gerecht zu werden, auf Dauer nicht bestehen kann. Meistens beruft sich die Freimaurerei auf ihre Geschichte, wobei das aus heutiger Sicht Positive der Vergangenheit, insbesondere der um die Begriffe Menschlichkeit, Brüderlichkeit und Toleranz kreisende Wertekanon des Bundes, in aller Regel in den Vordergrund gerückt wird, während negative und diffuse Erscheinungsbilder verschwiegen oder verdrängt werden. Ein ethischer Bund, der sich selbst ernst nimmt und der von der Gesellschaft ernst genommen werden will, darf jedoch nicht so verfahren. Er muss sich Gedanken über sich selbst machen und sich in seiner Selbstreflexion von den hohen Maßstäben leiten lassen, die er für sich selbst beansprucht, kurz: Er muss sich auf die Tragfähigkeit seiner Identität in Konzeption und Wirklichkeit befragen lassen.

Nach Identität als einem selbstbewussten Einssein mit sich selber kann sowohl für den einzelnen Freimaurer als auch für die verschiedenen freimaurerischen Gruppen (Logen, Großloge, Leitungsgremien etc.) gefragt werden. Was zunächst die individuelle freimaurerische Identität betrifft, so hat ein Freimaurer als Maurer (»by his tenure«, wie die Alten Pflichten sagen) unabhängig von seinen individuellen Wertvorstellungen und seinem spezifischen Selbstverständnis als Mensch, Mann, Berufstätiger, gläubiger oder nichtgläubiger Mensch etc. dann Identität, wenn er überzeugend, fundiert, redlich und erkennbar hinter seinen freimaurerischen Vorstellungen steht und wenn sich seine freimaurerischen Auffassungen auch im Alltag bewähren. Je größer die Zahl der Brüder mit überzeugender freimaurerischer Identität ist, desto besser lassen sich die Gegenwarts- und Zukunftsaufgaben des Bundes lösen. Die Freimaurer müssen sich folglich um diese individuelle maurerische Identität bemühen, auch wenn sie immer wieder scheitern und der »Rauhe Stein« ein treffliches Symbol für sie bleibt. Über die Werkzeuge zur Identitätsfindung verfügt die Freimaurerei in reichem Maße, sei es die tolerante Mitmenschlichkeit in der Loge, sei es der kritisch-selbstkritische Diskurs der Brüder, sei es das Ritual, in dem es ja im Grunde um nichts anderes geht als um Bestimmung, Einübung und Verinnerlichung von Identität.

Unter freimaurerischer Gruppenidentität sollen Selbstverständnis und Ausdruck, Konzeptionen und Weisen ihrer Umsetzung verstanden werden, wie sie für eine Gruppe von Freimaurern (Logen, Großloge) in einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort kennzeichnend sind. Wie bei den einzelnen Freimaurern gibt es bei freimaurerischen Gruppen solche mit einer starken und solche mit einer schwachen Identität. Die Identität freimaurerischer Gruppen setzt sich jeweils aus zwei Komponenten zusammen: aus inhaltlichen Elementen wie Zielvorstellungen und Formen (Organisation, Brauchtum und Rituale) sowie aus der Art und Weise, wie diese inhaltlichen Elemente in der Gruppenpraxis umgesetzt werden, d.h. aus der Qualität des Gruppenprozesses. Hier sind menschliche Atmosphäre, intellektuelle und emotionale Lebendigkeit, Einsatzbereitschaft, Teamfähigkeit, Diskursqualität, Ausstrahlung (Charisma) etc. wichtige Stichworte.

Beide Eigenschaften, Inhalte und Gruppenqualität, müssen zusammenkommen. Eine schwache Gruppenidentität (und damit unzureichende Wirkung nach innen und außen) liegt dann vor, wenn sich verschwommene Inhalte mit mäßiger oder keiner Ausstrahlung verbinden; eine starke Gruppenidentität und intensive Wirkung nach innen und außen kann dagegen da angenommen werden, wo klare Inhalte und überzeugende Umsetzung vorhanden sind. In der freimaurerischen Diskussion wird im Allgemeinen die Notwendigkeit betont, an der Profilierung der konzeptionellen Inhalte der Freimaurerei (Wertvorstellungen, Ziele) zu arbeiten. Auch aus meiner Sicht ist es wichtig, ein konzeptionell klares Bild des Bundes zu entwickeln. Auf der anderen Seite wäre es gefährlich, bei der Formulierung programmatischer Plattformen zu weit zu gehen und der Gefahr einer Ideologisierung zu erliegen. Dies würde intellektuell aufgeschlossene Männer nur abstoßen. Diese kommen ja gerade deshalb und dann zur Freimaurerei, weil und wenn diese bei aller Wertgebundenheit geistig offen ist. Wer als geistig offener Mann Kontakt zur Freimaurerei sucht, ist wohl eher an toleranten Such- und Orientierungsprozessen als an verbindlich vorgegebenen Positionen interessiert. Daher ist es so wichtig, jedem Fundamentalismus abzusagen, die Gruppenqualität der Freimaurerei zu verbessern sowie dafür zu sorgen, dass inhaltliche Abklärungen auf jedes dogmatische Ausformulieren verzichten und sich mit einem hohen menschlichen Niveau sowie mit intellektueller Redlichkeit verbinden.

Zur inhaltlichen Bestimmung freimaurerischer Identität wurden von mir einige Eckpunkte herausgearbeitet, die mittlerweile ihren Weg durch die Bruderschaft der GL A.F.u.A.M. gemacht haben und gern verwendet werden. Auch die Großloge macht auf ihrer Webseite von ihnen Gebrauch.76

Mir ging es dabei darum, Anhaltspunkte dafür zu bestimmen, was Freimaurerei ist und was sie nicht ist bzw. nicht sein will. Die einzelnen Charakterisierungen reichen für eine Beschreibung des freimaurerischen Selbstverständnisses selbstverständlich nicht aus. Sie mögen aber dazu geeignet sein, nach innen und außen klarer zu machen, durch welche unterschiedlichen Erscheinungsweisen und Strukturelemente der Freimaurerbund gekennzeichnet und welchen Fehlbeurteilungen und Vorurteilen er ausgesetzt ist.

Zunächst die positiven Setzungen:

Freimaurerei als Freundschaftsbund

Als Gemeinschaften freundschaftlich verbundener Menschen wollen die Freimaurerlogen der Gefahr einer Isolierung des Einzelmenschen in der modernen Konsum- und Industriegesellschaft entgegenwirken. Sie folgen damit ihrer speziellen Tradition, Trennendes zu überwinden, Gegensätze abzubauen, Verständigung und Verständnis zu fördern sowie Menschen zu verbinden, die sich nach Herkunft und Interessenlage sonst nicht begegnen würden. Gerade in der heutigen Zeit sind durch Spezialisierung und Funktionsteilung der modernen Berufsund Arbeitswelt, durch die Aufspaltung der Gesellschaft in Menschen, die Arbeit haben, und solche, die arbeitslos sind, durch die vielfältigen Migrationsprobleme sowie durch die Ausdifferenzierung des Konsum- und Freizeitverhaltens neue Schranken zwischen den Menschen entstanden. Demgegenüber sollen die auf Freundschaft gegründeten Logen Stätten menschlicher Begegnung über alle sozialen und politischen Schranken hinweg sein.

Logen engagieren sich sozial und kulturell. Logen und die Menschen in ihnen wollen sich miteinander und mit anderen Menschen vernetzen, denn nur durch eine solche Vernetzung von Mensch zu Mensch können in modernen komplexen Gesellschaften mit ihrer Tendenz zu diffuser Anonymität und Aggressivität übersichtliche und humane Lebenswelten geschaffen und erhalten werden. Dass Freimaurerei bis heute meist als Männerbund verstanden und praktiziert wird, ist auf die männerbündische Tradition der Freimaurerei zurückzuführen, soll die Homogenität der Logengruppe festigen und ist mit keinerlei Diskriminierung von Frauen verbunden. Deshalb ist Freimaurerei heute auch bewusst ein »offener« Männerbund, der Partnerin und Familie weitgehend in das Gemeinschaftsleben der Logen einbezieht.

Zudem hat die deutsche Freimaurerei in den letzten Jahrzehnten durch die Entstehung und erfolgreiche Entwicklung von Frauenlogen eine wesentliche Bereicherung erfahren, und die Tatsache, dass es heute immer mehr Logen freimaurerisch arbeitender Frauen gibt, stellt die weitere Existenz der Loge als Männerbund keineswegs infrage. Im Gegenteil: Sozialform, Ideenwelt und rituelle Praxis erfahren hierdurch eine größere gesellschaftliche Relevanz. Durch eine zunehmende Kooperation zwischen den Logen der Männer und den Logen der Frauen können die freimaurerischen Diskurse gehaltvoller und das Gewicht der Freimaurerei in Kultur und Öffentlichkeit gestärkt werden, ohne dass die Logen der Männer und die Logen der Frauen als Initiationsgemeinschaften ihren jeweils spezifischen Gendercharakter verlieren. Freundschaft und spirituelles Erlebnis unter Männern wie Freundschaft und Spiritualität unter Frauen sind in modernen pluralistischen Gesellschaften ohne jede Verletzung von freiheitlich-demokratischen Prinzipien möglich und von jeweils großem menschlich-sozialen Wert. Zusammenführen, ohne durch Niederreißen von Grenzen bewährte Strukturen zu zerstören: Hierin liegt eine große Entwicklungschance der gegenwärtigen Freimaurerei.

Freimaurerei als ethisch orientierter Bund

»Im Geiste ihrer freiheitlich-humanitären Tradition« bekennen sich die Freimaurer der »Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland« in ihrer Verfassung zu ethischen Werten und Überzeugungen, die u.a. in folgenden »freimaurerischen Grundsätzen« Ausdruck finden:

»In den Mitgliedslogen der Großloge arbeiten Freimaurer, die in bruderschaftlichen Formen und durch überkommene rituelle Handlungen menschliche Vervollkommnung erstreben. In Achtung vor der Würde jedes Menschen treten sie ein für die freie Entfaltung der Persönlichkeit und für Brüderlichkeit, Toleranz und Hilfsbereitschaft und Erziehung hierzu … Glaubens-, Gewissens- und Denkfreiheit sind den Freimaurern höchstes Gut … Die Freimaurer sind durch ihr gemeinsames Streben nach humanitärer Geisteshaltung miteinander verbunden; sie bilden keine Glaubensgemeinschaft.«77

Der Freimaurerbund entwickelt zwar kein eigenes ethisches System und versucht schon gar nicht, ethische Überzeugungen in politische Programme zu übertragen. Dennoch gibt die Freimaurerei mit ihren Wertpositionen Humanität, Brüderlichkeit, Freiheit, Gerechtigkeit, Friedensliebe und Toleranz Orientierungen und Maßstäbe für das Denken und Handeln ihrer Mitglieder vor. Im Vergleichen von Realität und Wertmaßstab, im gemeinsamen Nachdenken und in kritischer Selbstaufklärung sollen Verhaltensweisen und Umgangsstile eingeübt werden, die ein Umsetzen ethischer Überzeugungen in die moralische Lebenspraxis des einzelnen Freimaurers bewirken. Die Allgemeinheit dieser Wertvorstellungen darf nicht irritieren, auch nicht die Tatsache, dass die Freimaurerei diese Werte mit anderen Gruppen teilt. Das Spezielle im Freimaurerbund ist die Methode der Umsetzung. Dabei kommt dem brüderlichen Gespräch große Bedeutung zu, denn »Nichts geht über das laut denken mit einem Freunde« (Lessing). Ein solcher Diskurs soll Möglichkeiten schaffen, sich zu informieren, sich zu orientieren, eigene persönliche und freimaurerische Identitäten zu entwickeln und sich gemeinsam aus Vorurteilen herauszudenken.

Vor allem kommt es darauf an, eine neue Sensibilität zu schaffen. Freimaurer gehen davon aus, dass richtiges Fragen wichtiger ist als vorschnelles, zu kurz gegriffenes Antworten. Damit dies gelingen kann, ist freilich eine Verpflichtung zu kritischer Haltung erforderlich. Eine solche fällt nicht leicht. Doch auch hier kann an Traditionen der Aufklärung und an älteres freimaurerisches Denken angeknüpft werden, an die Erkenntnis nämlich, dass auch das Bekenntnis zu Menschlichkeit und Brüderlichkeit zum Dogma erstarren kann, wo die Bereitschaft fehlt, auf kritische Argumente zu hören und von der Erfahrung zu lernen. Es geht um die von K. R. Popper empfohlene Einsicht, dass zur Lösung vieler Probleme eine Einstellung gehört, »die zugibt, dass ich mich irren kann, dass du recht haben kannst, und dass wir zusammen vielleicht der Wahrheit auf die Spur kommen werden«; eine Einstellung, welche die Hoffnung nicht aufgibt, »durch Argumente und sorgfältiges Beobachten zur Übereinstimmung zu kommen, und daß es sogar dort, wo verschiedene Intereressen und Forderungen aufeinanderprallen möglich ist, … einen Kompromiß zu erreichen, der wegen seiner Billigkeit für die meisten, wenn nicht für alle annehmbar ist«.78 Hier ist auch abermals an ein Wort und eine Warnung Lessings zu erinnern, dass nicht die Wahrheit, sondern die Mühe der Wahrheitssuche den Wert des Menschen ausmacht, »denn nicht der Irrthum, sondern der sektirische Irrthum, ja sogar die sektirische Wahrheit, machen das Unglück der Menschen; oder würden es machen, wenn die Wahrheit eine Sekte stiften wollte«.79

Freimaurerei als Initiationsgemeinschaft und symbolischer Werkbund

Zur Festigung der zwischenmenschlichen Beziehungen, zur gefühlsmäßigen Vertiefung und Verankerung ihrer ethischen Überzeugungen, zur Vermittlung spiritueller Erfahrungen und als Anleitung zur Selbsterkenntnis bedienen sich die Logen alter, vor allem aus der Tradition der europäischen Dombauhütten stammender Symbole und symbolhafter Handlungen (Rituale), in deren Mittelpunkt die feierliche Aufnahme (Initiation) des neuen Mitglieds in die brüderliche Gemeinschaft steht.

Die Zugänge des einzelnen Freimaurers zu Symbolen und Ritualen können durchaus unterschiedlich sein: Diesen mag vor allem die kontemplative Seite des Brauchtums ansprechen, das Ruhefinden, das Zu-sich-Kommen im geschlossenen Logenraum, der Bauhütte, dem Tempel, in dem Freimaurer einen Teil ihrer Veranstaltungen abhalten. Jenen mag die Bedeutung der rituellen »Arbeit« als Ordnung der Zeit ansprechen, als Atempause im Strom der unruhigen Zeit, als »Moratorium des Alltags« (Odo Marquard80). Ein weiterer mag in erster Linie vom spirituellen Gehalt des Brauchtums angezogen werden, vom behutsamen Ansprechen der Beziehungen Mensch – Welt, Mensch – Kosmos, Immanenz – Transzendenz. Ein anderer schließlich schätzt vor allem die ethisch-erzieherische Qualität des Rituals: tauglicher zu werden als »moralischer Baustein« in seiner ganz konkreten Lebenswelt. Daraus folgt, dass auch im Umgang mit Symbolen und Brauchtum »Offenheit« eine zentrale Kategorie der Freimaurerei ist.

Auch die Frage, inwieweit die Symbole und Rituale der Freimaurerei als »esoterisch« verstanden werden sollen, muss letztlich vom einzelnen Freimaurer und der freimaurerischen Gruppe entschieden werden. Esoterisch im Sinne eines durch Absonderung schutzbedürftigen Gruppenprozesses des Intimen und Internen sind die Rituale sicherlich.81 Doch können die in der Symbolik präsenten hermetischen Traditionen für die einzelnen Freimaurer durchaus unterschiedlich wichtig sein, und dem Ritualverständnis des Bruders – d.h. seinem ganz persönlichen »freimaurerischen Geheimnis« – ist respektvoll zu begegnen. Dies gilt allerdings nur so lange, wie nicht für die freimaurerische Esoterik der Charakter eines Geheimwissens beansprucht wird, das nur im Bund vermittelt wird und außerhalb der Freimaurerei nicht zu erlangen ist. Von solchen Esoterikvorstellungen hätte sich die Freimaurerei um ihrer selbst willen strikt abzugrenzen.

Die freimaurerische Ritualpraxis soll – insbesondere durch die drei großen Sinnbild- Komplexe der Symbolik des Lichtes, der Symbolik des Wanderns und der Symbolik des Bauens, die das der Freimaurerei eigene Menschenbild und ihr Selbstverständnis zusammenfassen und die immer wieder in verschiedenen Formen ästhetisch-rituell gestaltet werden82 – Empfinden und Bewusstsein des Freimaurers für ein erweitertes Blickfeld öffnen. »Schau in dich – schau um dich – schau über dich«, so lauten drei alte bezeichnende Aufforderungen. Die »Öffnung« der Loge durch den leitenden Meister am Beginn des Rituals bedeutet vor allem die Öffnung der Wahrnehmung der Ritualteilnehmer für die Vorgänge des Rituals. Die formelhafte Öffnung der Loge ist nur einer von zahlreichen performativen Sprechakten, die wichtige Einübungselemente des freimaurerischen Rituals sind. Auch die sich in »Werklehren« wiederholenden Wechselgespräche zwischen dem leitenden Meister und den Aufsehern der Loge stellen performatives Sprechen dar. Sie fordern in der Erwartung zum Nachvollzug auf, dass der Sprechakt bewirkt, wovon er spricht. Wenn etwa der Meister fragt: »Warum nennen wir uns Freimaurer?« und die Antwort des Ersten Aufsehers lautet »Wir bauen den Tempel der Humanität«, so soll diese Beschreibung eines moralischen Arbeitsvorhabens der Einübung in die Bereitschaft eines tatsächlichen, moralisch orientierten und ethisch begründeten Handelns dienen. Deshalb wird die rituelle Feier von den Freimaurern auch Arbeit genannt.

Ganz wesentlich ist, dass das freimaurerische Ritual bildhaftes Erleben menschlicher Entwicklung vermittelt. »Rites de Passage«, Übergangsriten, symbolische Reisen verdeutlichen menschliche Entwicklung, zeigen die Gefährdung des Menschen, seine Einsamkeit, ja seinen Tod, seine Verwiesenheit auf Gemeinschaft und die Pflicht der Gemeinschaft zu helfen. Auch die drei freimaurerischen Grade des Lehrlings, des Gesellen und des Meisters symbolisieren menschliche Entwicklungspotentiale, um deren Nutzung und Erweiterung sich der Freimaurerbund bemüht. Dabei versinnbildlichen die Wanderungen durch die Grade mit den entsprechenden Initiationen die Veränderungen des Menschen, die erforderlich sind, um Fortschritte auf dem Weg zu mehr Selbsterkenntnis, Mitmenschlichkeit und ethischer Verpflichtung zu erreichen.

Die genannten drei konstitutiven Grundelemente der Freimaurerei – Freundschaftsbund, ethische Orientierung und rituelle Praxis – erfassen gleichermaßen die soziale, intellektuelle, moralische und emotionale Seite des Menschen. Sie können allerdings nur dann nach innen wie nach außen wirksam werden, wenn zwischen ihnen ein ausreichendes Maß an Gleichgewicht und Gleichklang herrscht, d.h. wenn kein Element überbetont oder vernachlässigt wird. Wo das Gewicht zu sehr auf bloße soziale Kommunikation, auf »Gesellschaftsleben « gelegt wird, droht Abgleiten in Vereinsmeierei und »Event-Geselligkeit«. Wo die Diskussion um Prinzipien oder gar die Suche nach Programmen im Vordergrund steht, wird aus der Loge ein menschlich steriler und bald zerstrittener Debattierklub. Wo der Akzent überwiegend auf das Ritual gesetzt wird, besteht die Gefahr, sich in eine esoterische Sekte zu verwandeln.

Die gleichzeitig vorgenommenen Abgrenzungen (»Freimaurerei ist nicht«) kreisen schwerpunktmäßig um folgende Feststellungen:

Freimaurerei ist nicht Partei und Interessenverband

Die Logen und die Großloge formulieren keine politischen Programme, nehmen nicht teil an parteipolitischen Auseinandersetzungen und vertreten nicht die Interessen bestimmter gesellschaftlich organisierter Gruppen.83 Dennoch beabsichtigt die Freimaurerei eine politische Wirkung: Als »Gemeinschaft toleranter Ungleichgesinnter« will sie einen Beitrag zur Überwindung der schädlichen Auswirkungen politischer Konflikte zwischen Menschen, politischen Gruppen und Nationen leisten; gemäß ihres Bekenntnisses zur Toleranz zielt sie darauf ab, die politische Kultur zu verbessern, und durch das Erörtern wichtiger Zeitfragen in den Logen will sie zur politischen Urteilsbildung ihrer Mitglieder beitragen. Auf der Grundlage persönlicher Überzeugung verantwortlich zu handeln, ist dann Aufgabe des einzelnen Freimaurers.

Freimaurerei ist nicht Geheimbund oder gar Verschwörung

Der Freimaurerbund und seine Mitglieder bekennen sich zu Demokratie und offener Gesellschaft, zu deren Verwirklichung viele Freimaurer wesentlich beigetragen haben. Zweck, Organisation und Vorstände von Logen und Großloge sind jedem Interessenten zugänglich. Viele Veranstaltungen der Freimaurer sind heute öffentlich, und viele der im Auftrag der Großloge herausgegebenen Publikationen können auch von Nichtmitgliedern des Bundes bezogen werden.

Die von den Freimaurern geübte Verschwiegenheit bezieht sich nur auf einige Einzelheiten des freimaurerischen Brauchtums und ist Symbol für den in jeder Gemeinschaft notwendigen Schutz von Freundschaft und persönlichem Vertrauen. Das »freimaurerische Geheimnis« kann heute nur noch im Sinne eines solchen Vertrauensschutzes verstanden und praktiziert werden. Es dient heute nicht mehr dazu, Freimaurerei und Gesellschaft zu trennen. Es soll aus der Sicht der Logen angesichts des weit verbreiteten, gleichermaßen von den Medien wie ihren Konsumenten zu verantwortenden, oft schon suchthaften Dranges zur Indiskretion vielmehr als konstruktives und stabilisierendes Wirkungselement einer offenen und zugleich humanen Gesellschaft verstanden und vermittelt werden.

Freimaurerei ist weder Nebenkirche noch Ersatzreligion

Für die humanitäre Freimaurerei, die in Deutschland durch die GL A.F.u.A.M. vertreten wird, ist Freimaurerei keine Religion und auch kein Ersatz für eine Religion.84 Die Freimaurerei versteht sich als offen für Menschen aller Glaubensbekenntnisse und Weltanschauungen, wenn diese mit den ethischen Überzeugungen und moralischen Prinzipien der Freimaurerei übereinstimmen. Die Freimaurerei vermittelt kein Glaubenssystem. Sie kennt kein Dogma, keine Theologie und keine Sakramente. Die Freimaurer haben auch keinen gemeinsamen Gottesbegriff. Die symbolische Präsenz eines »Großen Baumeisters aller Welten« im Ritual der Freimaurer darf folglich nicht mit den verschiedenen Gottesverständnissen der Religionen verwechselt oder gar gleichgesetzt werden. Die freimaurerische Symbolik begründet – wie gelegentlich missverstanden wird – auch keine religiösen Minimalanforderungen an den Freimaurer. Das Symbol des »Großen Baumeisters« stellt vielmehr das umfassende Sinnsymbol des Bundes dar und ist als solches vom Freimaurer zu respektieren, denn ethisch orientiertes Handeln setzt in masonischer Sicht die Anerkennung eines übergeordneten sinngebenden Prinzips voraus, das Verantwortung begründet und auf das die Ethik des Freimaurers letztlich rückbezogen ist. Auf dieser Grundlage hat sich der Freimaurer moralisch, nicht religiös zu verpflichten. Ein guter und redlicher Mann soll er sein, ein Mann von Ehre und Anstand, ohne Rücksicht auf Bekenntnis und Überzeugung: Diese Forderung der »Alten Pflichten« von 1723 gilt nach wie vor und bedarf keiner Ergänzung durch religiöse Überzeugungen.

Logenpraxis

Die Aktivitäten einer Loge sind durch verschiedene Arbeitsfelder gekennzeichnet. Diese ergeben sich aus den vielen Facetten der Loge und entsprechen auf unterschiedliche Weise dem Interessenspektrum der Mitglieder. Zum Zwecke des Überblicks ist es sinnvoll, zumindest folgende sechs Komponenten zu unterscheiden:85

  • die rituelle Komponente, durch die die Freimaurerei von anderen ethisch orientierten Bünden unterscheidbar wird und die insbesondere den »initiatischen Kern« des Freimaurerbundes beinhaltet (»Tempelarbeit«);
  • die diskursive Komponente, die sich auf die »geistige Arbeit« in der Loge bezieht (Gespräche vor allem über ethische Orientierungen und ihre Umsetzung im Rahmen der spezifisch freimaurerischen »Einübungsethik«86, Erörterungen der Beziehungen zur Gesellschaft);
  • die gesellige Komponente: Geselliges Beisammensein, oft mit Lebenspartnerinnen(»Schwestern«) und Gästen, Festtafeln, kulturelle Veranstaltungen;
  • die karitative Komponente: Aufbringen und Einsetzen von Mitteln für Unterstützungen und andere soziale Zwecke, oft organisiert in spezifischen Wohlfahrtseinrichtungen (Stiftungen) der Logen und Großlogen;
  • die administrative Komponente: Leitung von Logen und Großlogen in besonderen Gremien, administrative Abstimmungen mit anderen Logen und Großlogen sowie schließlich
  • die repräsentative Komponente: Repräsentation der Freimaurerei im Inneren und Vertretung der Freimaurerei nach außen gegenüber der Weltfreimaurerei und der Öffentlichkeit.

Die verschiedenen Komponenten im Spektrum der Logenaktivitäten bieten vielfältige Ansatzpunkte für unterschiedliche Interessen der Logenmitglieder. Sie entsprechen dem Bedürfnis nach Geselligkeit, »guten Gesprächen« und rituellen Erfahrungen ebenso wie dem Ausleben von Tätigkeitsdrang, der Festigung des Selbstgefühls und der Bedienung von Statusbedürfnissen. Andererseits liegt hier auch die Ursache von Konflikten, mannigfaltigem Reformbedarf und der Forderung, dass sich die Freimaurerei einem permanenten Prozess kritischer Selbstaufklärung zu stellen habe. Eine systematische sozialwissenschaftliche Aufarbeitung der Logenpraxis steht noch aus. Grund dafür ist sowohl eine begreifliche Scheu Außenstehender, einer geschlossenen, werthaltigen Gruppe mit analytischen Werkzeugen möglicherweise »zu nahe zu treten«, als auch eine Abwehrhaltung vieler Freimaurer. Andererseits hat die allgemeine Sozialforschung die Freimaurerlogen noch nicht als interessanten Forschungsgegenstand entdeckt, so dass die »Delegation von Selbstaufklärung« nach außen (die im Falle der Aufarbeitung der »völkischen Freimaurerei« gelungen ist) vorläufig nur be- dingt möglich ist, obwohl der Erkenntnisgewinn – insbesondere für mikrosoziologische Fragestellungen in Bezug auf die Logen – beträchtlich sein könnte.

In Anbetracht der bisher geringen Aussagekraft partieller Einsichten in die Logenpraxis kommt einer Repräsentativerhebung größere Bedeutung zu, die Ende der 1990er Jahre unter dem Titel »Sinn-Dimensionen der Freimaurerei« im Rahmen der Freimaurer-Akademie der Großloge von Österreich durchgeführt wurde.87 Dabei wurden in 42 Logen Befragungen durchgeführt und 800 Fragebögen in die Analyse einbezogen. Es sollte u.a. ermittelt werden, in welcher Abfolge »Freimaurerische Sinn-Dimensionen« festzustellen sind (verstanden als der einer Mitgliedschaft in der Loge beigemessene subjektive »Sinn«). Die Befragungen belegen, dass sich die zuvor genannten Arbeitsfelder der Logen bzw. die innerhalb von ihnen unterschiedenen Komponenten nicht einfach aus der Funktionsstruktur der Logen ergeben, sondern durch persönliche Wahl gemäß den unterschiedlichen Schwerpunkten individueller Interessen und persönlicher Sinnsuche bestätigt werden. Nach der Häufigkeit ihrer Nennung in den Befragungen geordnet, sah die Rangordnung möglicher Sinndimensionen wie folgt aus: Soziale Nähe, Lebenssinn, Esoterik, Selbstentfaltung, Bildung.

  • Die an erster Stelle genannte Sinndimension »Soziale Nähe« wird im Wesentlichen als »Erlebnis von Freundschaft und menschlichen Beziehungen im Gespräch und anderen sozialen Kontakten zu gleichgesinnten, interessanten Menschen« verstanden. Sie wurde von einer »überwältigenden Mehrheit« aller Befragten als wesentlich genannt.
  • Die Sinndimension »Lebenssinn« steht an zweiter Position: »Von über 80 Prozent wurden eigene Charakterbildung und die Befassung mit allgemeinen Sinnfragen oder mit der Lebensphilosophie als wichtig genannt«, gefolgt von »Optimismus und positiver Weltsicht«.
  • Der Bedeutung nach an dritter Stelle (in 70 Prozent der Nennungen) folgt die Sinndimension »Esoterik«: Sie bezieht sich auf einen eher weit gefassten Esoterikbegriff, der auf eine »generelle Identifikation mit rituellen und symbolischen Werten« abzielt, aber auch psychologische Effekte wie »Entspannung und Beruhigung, die durch rituelle Arbeit empfunden wird«, weniger dagegen »mystische Ergriffenheit« einschließt.
  • Schwächer in der Verbreitung und nur für weniger als die Hälfte der Befragten von direkter Bedeutung ist die Sinndimension »Selbstentfaltung«, verstanden als »Gewinnung von Kreativität und Selbstausdruck sowie von Selbstwertgefühlen in der Bruderkette«.
  • Die Sinndimension »Bildung« schließlich (ca. 50 Prozent der Nennungen) bezieht sich nicht so sehr auf »neuere wissenschaftliche Erkenntnisse« als vielmehr auf »Einsicht in gesellschaftliche Zusammenhänge und Verständnis für die Entwicklung unserer Gesellschaft«.
  • Schließlich ist interessant, dass die Wahrnehmung eines »direkten Einflusses gesellschaftlicher Natur« nur von einem kleinen Anteil der Befragten, etwa einem Zehntel, als sinnvolles Aktivitätsfeld der Freimaurerei verstanden wird.

Insgesamt belegt die Befragung auch für die Gegenwart ein eher breit als speziell angelegtes Interesse an der »Sozial- und Kulturform Freimaurerei«. Sie scheint damit das Vorhandensein historischer Kontinuitäten zu bestätigen. Aus der Häufigkeit der Optionen für die einzelnen Sinndimensionen wurden Identitätstypen für Logenmitglieder abgeleitet, wobei »Esoteriker«, »Grübler« (Sinnsucher, Gesinnungsethiker), »Aufklärer«, »Praktiker«, Vertreter des »Club-Typs« und »Allrounder« unterschieden wurden, die dann wieder (unveröffentlicht) zu unterschiedlichen Logenprofilen zusammengefasst wurden.

Probleme und Perspektiven

Logen unterscheiden sich nicht nur nach Sinn- und Aktivitätsmustern sowie nach Mitgliederprofilen, sondern auch nach Dynamik und Erfolg ihrer »Arbeit«. Aktiven Logen mit deutlich wahrnehmbarer sozialer und kultureller Ausstrahlung, wachsenden Mitgliederzahlen, Verjüngung der Mitglieder und einem beträchtlichen Maß von sozialer Anerkennung im öffentlichen Umfeld (insbesondere seitens der kommunalen Öffentlichkeiten) stehen Logen gegenüber, deren Mitgliederbestand rückläufig und in besonderem Maße überaltert ist und in denen die Partizipation an Logenveranstaltungen überdurchschnittlich gering ausfällt.

Neben Entwicklungsproblemen, die mit niedrigen Aktivitätsniveaus von Logen zusammenhängen, sind allerdings auch solche auszumachen, die auf die vielfältigen gesellschaftlichen und kulturellen Wandlungsprozesse der Moderne sowie die daraus inzwischen entstandenen Strukturen der gegenwärtigen Gesellschaft zurückzuführen sind. Das freimaurerische Selbstverständnis versteht die Loge als Lebensbund und strebt soziale Bindung zumindest auf längere Dauer an. In den modernen westlichen Gesellschaften scheint jedoch das Niveau des Engagements der Bürger in formellen Vereinigungen tendenziell abzunehmen. Ob hieraus auf einen generellen Rückgang sozialer Bindungsfähigkeit geschlossen werden kann oder ob sich lediglich die Formen und Zeitspannen sozialer Einbindung verändern, ist beim gegenwärtigen Stand der sich mit solchen Fragen beschäftigenden Sozialkapitalforschung noch nicht entscheidbar. Jedenfalls scheint evident, dass die formellen Mitgliederzahlen nicht nur für Parteien, Gewerkschaften und Sportvereine rückläufig sind, sondern auch für die Kirchen und andere (traditionelle) religiöse Vereinigungen sowie für die ethisch orientierten Bünde. Auch in der deutschen Freimaurerei sind die Mitgliederzahlen in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen – wenn auch zuletzt (2010) bei der größten deutschen Großloge, der GL AFuAM, eine leichte Zunahme der Mitgliederzahlen festzustellen ist – und auch international sind (mit einigen Ausnahmen, darunter Frankreich) Rückgangstendenzen festzustellen, teilweise in beträchtlichem Ausmaß. So sind die Zahlen der Freimaurer zwischen 1970 und 2008 in den USA von 3,8 auf 1,4 Millionen, in England von 600 Tausend auf 250 Tausend und in Kanada von 240 Tausend auf 93 Tausend regelrecht abgestürzt, was Hauptgrund für den Rückgang der Weltfreimaurerei von ca. sechs auf 2,5 bis 3,0 Millionen Mitgliedern im gleichen Zeitraum ist.

Absolute Zahlen allein vermitteln allerdings ein verzerrtes Bild von der unterschiedlichen Repräsentation des Freimaurerbundes in einzelnen Ländern, und es ist aussagekräftiger, sogenannte »Mitgliederraten« zu ermitteln, bei denen die Zahl der Freimaurer auf 1000 Männer im Alter von über 20 Jahren bezogen werden.88 Die so ermittelte »Mitgliederrate« beträgt für Deutschland 0,4, für Österreich 0,9, für die Niederlande 1,0, für Rumänien (höchst erstaunlich89) 1,0, für die Schweiz 1,3 und für Frankreich 4,5. Trotz beträchtlicher Rückgänge liegen die entsprechenden Werte für die USA mit 13,4 und England (als Teil des Vereinigten Königreichs) mit 13,8 beträchtlich höher.

Die sehr niedrige »Mitgliederrate« in Deutschland – auch im Vergleich zu seinen unmittelbaren europäischen Nachbarn – ist ebenso auf Strukturschwächen der deutschen Logen und Großlogen zurückzuführen – von denen (mit erforderlichen Differenzierungen) in diesem Buch noch ausführlicher die Rede ist – wie auf Folgen des langen Verbots der Freimaurerei in den östlichen Bundesländern und eine hierzulande offenbar besonders hartnäckige Vorurteils(un)kultur, in der sich religiöse und politische Vorbehalte (Verschwörungsvorstellungen) gegenüber dem Freimaurerbund mischen.

Doch wie immer der generelle Trend beschaffen ist bzw. interpretiert wird: Er ist nicht ohne Gegentendenzen. Es wird Bindung gesucht, Wertorientierungen haben Konjunktur, Nachdenklichkeit gewinnt an Attraktivität, philosophische Praxen und Seminare erfreuen sich steigender Nachfrage. Gleichzeitig wird angesichts des durch Tempo und Beschleunigung von Ereignissen und Wahrnehmungen unverkennbar bedingten »Verschwindens der Gegenwart« (so der Historiker Christian Meier90) nach Innehalten, Stille und »Langsamkeit« und auch nach »Beheimatung in der Geschichte« gesucht. Die Formel »Zukunft braucht Vergangenheit«91 ist fast schon zu einem Gemeinplatz historisch-kultureller Reflexion geworden.

Die Freimaurerei, die sich seit jeher nicht nur als horizontales Netzwerk der Gesellschaft, sondern auch als (symbolische) Brücke zwischen (weitester) Vergangenheit und Zukunft verstanden hat (Lessing: »Freimaurerei war immer«), findet so Entwicklungsbedingungen, die trotz aller Schwierigkeiten nicht generell als negativ einzuschätzen sind. Im Gegenteil: Es zeigt sich ein zunehmendes Interesse bei der jüngeren Generation (meist über Internetkontakte vermittelt), zahlreiche Logen können sich »verjüngen« und die Zahl der Freimaurer ist – wie bereits zuvor erwähnt – 2009/2010 leicht angestiegen, jedenfalls bei den Logen der GL A.F.u.A.M. vD. Diese hatte auf dem Großlogentag 2006 ein expansionsorientiertes »Ziel 10.000« vorgegeben, dem die verbesserte Wachstumslage möglicherweise zumindest teilweise zugeschrieben werden kann.

Entscheidend für seine Zukunft wird sein, ob es der Freimaurerbund versteht, seine vielfältigen Ressourcen einzusetzen, bewährte Traditionen zu bewahren und zugleich für Innovationen offen zu sein. Dazu gehören Offenheit für den Kontakt mit Menschen und der Mut zu menschlicher Begegnung im Freundschaftsbund Loge. Dazu gehört eine Ritualpraxis, die den Reichtum alter Formen bewahrt und die »archaischen Ritualkerne« der gültig bleibenden Thematisierung des Verhältnisses Mensch – Mitmensch, Mensch – Kosmos und Immanenz – Transzendenz im Mittelpunkt hält. Und dazu gehört schließlich auch, sich – ohne Überforderung eigener Möglichkeiten – an den wichtigen Diskursen der Gegenwart zu beteiligen. Viele davon haben Beziehungen zur freimaurerischen Tradition, mögen sie auf die Weiterentwicklung der Aufklärung im Sinne einer »reflexiven Aufklärung«92, auf die »Ethosproblematik« (»Weltethos« war auch immer schon ein freimaurerisches Projekt), auf die Aneignung und Umsetzung von Werten (»Einübungsethik« ist eine alte freimaurerische Tugend)93 beziehen oder auf die Reflexionen über Lebenskunst94 – denn Freimaurerei verstand sich ja immer auch – gerade im Sinne von Lebenskunst – als eine »Königliche Kunst«.

Apropos Langsamkeit: Freimaurer müssen sich Zeit lassen – ja den Mut zur Umständlichkeit haben –, wenn es um das Erklären dessen geht, was Freimaurerei ist. Freimaurerei lässt sich nicht im Schnellkurs vermitteln. Vorsicht scheint mir insbesondere geboten mit den – im Bunde sehr beliebten – eindimensionalen Kurzdefinitionen wie »Freimaurerei ist eine Geisteshaltung«, »Freimaurerei ist angewandte Aufklärung« oder »Freimaurerei ist eine religiöse Vereinigung«. Dies ist oft falsch und immer missverständlich. Wenn Kurzdefinitionen erforderlich scheinen, dann sollten solche gewählt werden, die bei aller Kürze hinreichend komplex und durch Erläuterungen ausbaufähig sind. Ich arbeite in meinen Vorträgen gern mit folgender vorläufigen Beschreibung:

»Freimaurerei versteht sich als eine Lebenskunst, die menschliches Miteinander und ethische Lebensorientierung durch Symbole und rituelle Handlungen in der Gemeinschaft der Loge darstellbar, erlebbar und erlernbar macht.«

Die durch die Geschichte der Freimaurerei hindurch identifizierbaren Grundelemente des Bundes, die in ihrer Gesamtheit den Reichtum der Freimaurerei ausmachen: Freundschaft und Geselligkeit, ethische Orientierung und Wertediskurs sowie der rituelle Rahmen einer Initiationsgemeinschaft mit der Stiftung von Freundschaft als dem Kern der kultischen Handlung sind hierdurch ebenso thematisiert wie der Charakter der Freimaurerei als einer Lebenskunst, die sich um die Einübung von Umgangsstilen bemüht: Stilen des Umgangs mit sich selbst, mit anderen Menschen, mit den Dingen der Welt und mit Transzendenz, d.h. mit der Frage der Rückbindung des Menschen an einen tragenden und Sinn gebenden Grund.

Zum Schluss:
Freimaurerische Geschichte ist bis in die Gegenwart hinein nicht zuletzt die Geschichte des Widerspruchs zwischen den Gestaltern und den Verwaltern der Freimaurerei gewesen. Die Freimaurer leben bis heute vom kreativen Erbe der Gestalter. Dass dieses Erbe nicht von den Verwaltern aufgezehrt wird und lebendiger Bestandteil der Gegenwartsfreimaurerei bleibt, ist eine lohnende Aufgabe für jeden Freimaurer, der es gut meint mit seinem alten, oft arg gebeutelten und doch so erstaunlich vitalen Bund.

Fußnoten

1 So z.B. Grand Lodge of Michigan, www.gl-mi.org.
2 Das Netzwerk Freimaurerforschung wurde im Rahmen des Forschungsprojekts »Deutsche Freimaurerei der Gegenwart – Zur Wechselwirkung von (post)moderner Geselligkeit und bürgerlicher Gesellschaft« an der Universität Bielefeld eingerichtet und von folgenden Forscherinnen und Forschern initiiert: Prof. Dr. Jörg Bergmann (Bielefeld), Prof. Dr. Klaus Hammacher (Aachen), Prof. Dr. Hans-Hermann Höhmann (Köln), Dr. Stefan-Ludwig Hoffmann (Bochum), Dr. Florian Maurice (München), Prof. Dr. Monika Neugebauer-Wölk (Halle-Wittenberg), Prof. Dr. Linda Simonis (Köln) und Prof. Dr. Jan Snoek (Heidelberg). Homepage: http://www.freimaurerforschung.de/.
3 Hamill, John: The Craft. A History of English Freemasonry, Great Britain Crucible 1986, S. 15–25. Great Britain Crucible 1986.
4 Stevenson, David: The Origins of Freemasonry, Cambridge 1998.
5 »In der Freimaurergesellschaft scheint Hermes Trismegistos in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts noch keine bedeutende Rolle zu spielen. Salomons Tempel oder die Tempelritter sind die wichtigsten historischen Bezüge. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ändert sich das grundsätzlich.« Ebeling, Florian: Das Geheimnis des Hermes Trismegistos. Geschichte des Hermetismus. Mit einem Vorwort von Jan Assmann, München 2005, S. 161.
6 Hermetik, Eklektik, Consensus, www.jgoethe.uni-muenchen.de/…/hermetik.html, download 17.03.2011.
7 Goethe, Johann Wolfgang: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit, Zweiter Teil, Achtes Buch, in: Heinemann, Karl: Goethes Werke, Zwölfter Band, Leipzig und Wien o.J., S. 387.
8 Bloch, Ernst: Das Prinzip Hoffnung, Zweiter Band, Frankfurt am Main 1982, S. 837. Blochs Verhältnis zur Freimaurerei ist ambivalent: »Wie bekannt, gebraucht die Maurerei sowohl die Abzeichen des Baugewerks wie vor allem: sie phantasiert ihre Geschichte durch die gesamte Baugeschichte hindurch. Es ist höchst unwahrscheinlich, daß diese bürgerlich-edelmännische Verbrüderung selber … aus der Werkmaurerei hervorgegangen ist. Aber es ist noch unwahrscheinlicher, daß sie die grundlegende architektonische Gleichnis-Spielerei, die sie gebraucht, rein aus sich heraus erfunden hat.« Ebenda, S. 838f.
9 Hinweise finden sich in der zweiten Ausgabe der »Konstitutionen« von 1738.
10 Vgl. hierzu und zum folgenden Voges, Michael: Aufklärung und Geheimnis. Untersuchungen zur Vermittlung von Literatur- und Sozialgeschichte am Beispiel der Aneignung des Geheimbundmaterials im Roman des späten 18. Jahrhunderts, Tübingen 1987, S. 24.
11 Eine Wiedergabe der »Alten Pflichten« findet sich in: Lennhoff, Eugen/Posner, Oskar/Binder, Dieter A.: Internationales Freimaurer Lexikon, München 2000, S. 16–23.
12 Die Großloge der »Ancients« beanspruchte die größere freimaurerische Legitimität für sich und nannte die Gründung von 1717 abwertend Großloge der »Moderns«. Im Jahre 1813 schlossen sich beide Großlogen zur »United Grandloge of England« zusammen, in der die Tradtion der »Ancients« dominierte.
13 Vgl. Clark, Peter: British Clubs and Societies 1580–1800. The Origins of an Associational World, New York 2000, S. 309–349.
14 Vgl. Bullock, Steven C: Revolutionary Brotherhood – Freemasonry and the Transformation of the American Social Order 1730–1840, Chapel 1996; Hodapp, Christopher: Solomon’s Builders: Freemasons, Founding Fathers and the Secrets of Washington D.C., Berkeley CA 2007.
15 Vgl. Höhmann, Hans-Hermann: Europas verlorener Friede, die national-völkische Orientierung innerhalb der deutschen Freimaurerei und die »freimaurerische Erinnerungspolitik« nach dem Zweiten Weltkrieg, in diesem Band, S. 51–87.
16 Vgl. Steffens, Manfred: Freimaurerei in Deutschland. Bilanz eines Vierteljahrtausends, Flensburg 1964.
17 Hoffmann, Stefan-Ludwig: Die Politik der Geselligkeit, a.a.O., S. 368.
18 Die Vernichtung der Unwahrheiten über die Freimaurerei durch 116 Antworten auf 116 Fragen, herausgegeben vom Verein deutscher Freimaurer, Leipzig 1928, S. 33.
19 Vgl. van der Loo, Hans/van Reijen, Willem: Modernisierung. Projekt und Paradox, München 1992, S. 62f.
20 Vgl. Maurice, Florian: Freimaurerei um 1800. Ignaz Aurelius Feßler und die Reform der Großloge Royal York in Berlin, Tübingen 1997, S. 31f.
21 Versuch über die Freymaurerey, oder Von dem wesentlichen Grundzwecke des Freymaurer-Ordens; von der Möglichkeit einer Vereinigung seiner verschiedenen Systeme und Zweige; von derjenigen Verfassung, welche diesen vereinigten Systemen die zuträglicheste seyn würde; und von den Maurerischen gesetzen.
Aus dem Französischen des Br. B. *** übersetzt durch den Br A.R. v. S. 1785 (5785), S. VI—VIII.
22 Vgl. hierzu und zum folgenden Vierhaus, Rudolf: Aufklärung und Freimaurerei in Deutschland, in: ders.: Deutschland im 18. Jahrhundert. Politische Verfassung, soziales Gefüge, geistige Bewegungen, Göttingen 1987, S. 110–125, hier S. 118.
23 Vgl. die Beiträge in: Balász, Éva, H./Hammermayer, Ludwig/Wagner, Hans/Wojtowicz, Jerzy: Beförderer der Aufklärung in Mittel- und Osteuropa. Freimaurer, Gesellschaften, Clubs, Berlin 1979.
24 Vierhaus, Rudolf: a.a.O., S. 120.
25 Neugebauer-Wölk, Monika: »Einführung« zu Maurice, Florian: Freimaurerei um 1800, a.a.O., S. XVIII.
26 Van Gennep, Arnold: Übergangsriten, übers. v. S. Schomburg-Scherff, Frankfurt a.M. 1986 (frz. Orig. Les rites de passage, 1909).
27 Vgl. Voges, Michael: Aufklärung und Geheimnis, a.a.O., S. 79–82.
28 »Scheinbar ohne den Staat zu tangieren, schaffen die Bürger in den Logen, diesem geheimen Innenraum im Staate, in eben diesem Staat einen Raum, in dem – unter dem Schutz des Geheimnisses – die bürgerliche Freiheit bereits verwirklicht wird. Die Freiheit im geheimen wird zum Geheimnis der Freiheit.« Koselleck, Reinhart: Kritik und Krise. Ein Beitrag zur Pathogenese der bürgerlichen Welt, Freiburg/München 1979, S. 60.
29 Vgl. Hammacher, Klaus: Einübungsethik. Überlegungen zu einer freimaurerischen Verhaltenslehre, Schriftenreihe der Forschungsloge Quatuor Coronati Bayreuth, Nr. 45/2005.
30 Vgl. Hasselmann, Kristiane: Die Rituale der Freimaurer. Performative Grundlegungen eines freimaurerischen Habitus im 18. Jahrhundert, Bielefeld 2008.
31 Hierzu ausführlich Höhmann, Hans-Hermann: Habitus, soziales Feld, Kapital – Freimaurerei im Lichte der Soziologie Pierre Bourdieus, in diesem Band, S. 115–131.
32 Vgl. Zaunstöck, Holger: Die vernetzte Gesellschaft. Überlegungen zur Kommunikationsgeschichte des 18. Jahrhunderts, in: Berger, Joachim/Grün, Klaus-Jürgen: Geheime Gesellschaft. Weimar und die deutsche Freimaurerei, München/Wien 2002, S. 147–153.
33 Simmel, Georg: Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung, Gesamtausgabe Band 11, Frankfurt am Main 1992, S. 434, 447.
34 Voges, Michael: Aufklärung und Geheimnis, a.a.O., S. 82.
35 Ausführlich hierzu Höhmann, Hans-Hermann: Der deutsche Freimaurerdiskurs der Gegenwart: Was ist, was will, was soll die Freimaurerei?, in diesem Band, S. 152–178.
36 Vgl. Höhmann, Hans-Hermann: Entwicklung, Reflexion, Wissenschaft. Anmerkungen zum Wechselspiel zwischen freimaurerischer Geschichte und Geschichte der Freimaurerforschung, in: Quatuor Coronati Jahrbuch für Freimaurerforschung, Nr. 41/2004, S. 229–239.
37 Prominentes Beispiel ist Adolph Freiherr Knigge, der nach prägendem Wirken als Freimaurer und insbesondere Illuminat im Abschnitt »Über geheime Verbindungen und den Umgang mit den Mitgliedern derselben« seines Buches »Über den Umgang mit Menschen« (1788/1790) skeptisch feststellte und riet:
»Ich habe mich lange genug mit diesen Dingen beschäftigt, um aus Erfahrung zu reden und jedem jungen Mann, dem seine Zeit lieb ist, abraten zu können, sich in irgendeine geheime Gesellschaft, sie mögen Namen haben, wie sie wolle, aufnehmen zu lassen. Sie sind alle, freilich nicht im gleichen Grade, aber doch alle ohne Unterschied zugleich unnütz und gefährlich.« Knigge, A. v.: Über den Umgang mit Menschen, Hannover 2001, S. 391.
38 Ernst Traugott v. Kortum: Beiträge zur philosophischen Geschichte der heutigen geheimen Gesellschaften, Wien 1786, S. 8f., zitiert nach Hammermayer, Ludwig: Der Wilhelmsbader Freimaurer-Konvent von 1782, Heidelberg, 1980, S. 5.
39 Zu Situation und Tendenzen der deutschen Freimaurerei zu Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts vergl. die Beiträge in: Reinalter, Helmut (Hrsg.): Freimaurerische Wende vor 200 Jahren: 1798 – Rückbesinnung und Neuanfang, Bayreuth 1998.
40 Die interessanteste Edition ist: Gotthold Ephraim Lessing, Ernst und Falk mit den Fortsetzungen Johann Gottfried Herders und Friedrich Schlegels, hrsg. und mit einem Nachwort versehen von Ion Contiades, Frankfurt am Main 1968, S. 9–57. Vgl. auch Dziergwa, Roman: Lessing und die Freimaurerei. Untersuchungen zur Rezeption von G. E. Lessings Spätwerk »Ernst und Falk. Gespräche für Freymäurer in den freimaurerischen und antifrei-maurerischen Schriften des 19. und 20. Jahrhunderts (bis 1933), Frankfurt am Main u.a. 1992.
41 Fichte, Johann Gottlieb: Philosophie der Maurerei. Briefe an Konstant, hrsg. von Thomas Held, Düsseldorf und Bonn 1997, S. 21.
42 Ebenda, S. 41.
43 Herder, Johann Gottfried: Gespräch über eine unsichtbar-sichtbare Gesellschaft, in: Ion Contiades (Hrsg.): a.a.O., S. 72.
44 Zitiert nach Maurice, Florian: Freimaurerei um 1800, a.a.O., S. 49.
45 Hörn, Reinhard: Der Einfluß freimaurerischer Ideen auf Krauses »Urbild der Menschheit«, in: Kodalle, Klaus-M.: Karl Cristian Friedrich Krause (1781–1832). Studien zu seiner Philosophie und zum Krausismo, Hamburg 1985, S. 132.
46 Krause, Karl C. F.: Die drei ältesten Kunsturkunden der Freimaurerbrüderschaft, Dresden 1820, S. CLXXVI, zitiert nach: Hörn, Reinhard: Der Einfluß freimaurerischer Ideen auf Krauses »Urbild der Menschheit«, a.a.O., S. 132.
47 Lessing, G. E.: a.a.O., S. 36ff., S. 11.
48Vgl. Höhmann, Hans-Hermann: Der Konvent von Wilhelmsbad und die Neuorientierung der deutschen Freimaurerei, in: TAU. Zeitschrift der Forschungsloge »Quatuor Coronati«, II/2008, S. 46–51, hier S. 48f.
49 Vgl. Hammermayer, Ludwig: Der Geheimbund der Illuminaten und Regensburg, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg, 110, 1970.
50 Auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Letzterer und dem skandinavischen Original verweist der Schwedische Freimaurerorden (Schwedisch: Svenska Frimurare Orden) auf seiner Homepage: »The Swedish Rite is worked in Sweden/Finland, Norway, Denmark and Iceland. In Germany a Grand Lodge, Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland, is working rituals based on Carl Friedrich Eckleff’s documents from 1760, but otherwise have few similarities to the Swedish Rite.«
51 Vgl. Höhmann, Hans-Hermann: Europas verlorener Friede, die nationalvölkische Orientierung innerhalb der deutschen Freimaurerei und die »freimaurerische Erinnerungspolitik« nach dem Zweiten Weltkrieg, in diesem Band, S. 51–87.
52 Auf diese Unterschiede ist im zweiten Teil dieses Beitrags noch einmal ausführlicher zurückzukommen.
53 Vgl. Hoffmann, Stefan-Ludwig: Die Politik der Geselligkeit. Freimaurerlogen in der deutschen Bürgergesellschaft, 1840–1918, Göttingen 2000, insbes. S. 128–202.
54 Mann, Thomas: Leiden und Größe Richard Wagners, Gesammelte Werke, Bd. IX, Frankfurt/Main 1990, S. 419.
55 S. insbesondere Europas verlorener Friede, die nationalvölkische Orientierung innerhalb der deutschen Freimaurerei und die »freimaurerische Erinnerungspolitik« nach dem Zweiten Weltkrieg, in diesem Band, S. 51–87, sowie Deutsche Freimaurerei nach 1945 – Wiederaufbau zwischen Neuorientierung und alten Strukturen, in diesem Band S. 88–114.
56 Zitiert nach Neugebauer-Wölk, Monika: Geheimnis und Öffentlichkeit in masonischen Systemen des 18. Jahrhunderts, in: Quatuor Coronati Jahrbuch für Freimaurerforschung, Nr. 43/2006, S. 280.
57 Vgl. zu Leo XIII. die sehr kritische Stellungnahme des katholischen Theologen Herbert Vorgrimler in: Appel, Rolf/Vorgrimler, Herbert: Kirche und Freimaurer im Dialog, Frankfurt/Main 1975, S. 44–47.
58 http://www.kathwahrheit.de/Downloads/Humanum_genus.pdf, download 2.3.2011.
59 http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_19831126_declaration-masonic_ge.html, download 6.8.2010.
60 Kottmann, Klaus: Die Freimaurer und die katholische Kirche, Frankfurt am Main 2009, S. 306.
61 Hengstenberg, Ernst Wilhelm: Die Freimaurerei und das evangelische Pfarramt, 1854, zitiert nach: Neumann, Otto: Die Gegner der Freimaurerei, Berlin 1908, S. 14.
62 Vgl. z.B. Zur Beurtheilung der Hengstenbergschen Schrift: Die Freimaurerei und das evangelische Pfarramt, von einem Freimaurer mit Zustimmung seiner Ordensbehörde, Berlin 1854.
63 Quenzer, Wilhelm: Königliche Kunst in der Massengesellschaft. Freimaurerei als Gruppenphänomen, EZW-Information 58, Stuttgart XII/1974, S. 18f.
64 Pöhlmann, Mathias: Verschwiegene Männer. Freimaurer in Deutschland, EZW-Texte 182, Berlin 2007, S. 188.
65 Pöhlmann, Mathias: Jeder nach seiner Fasson? Freimaurerei aus evangelischer Sicht, in: Vereinigte Großlogen von Deutschland (Hrsg.): 50 Jahre Vereinigte Großlogen von Deutschland. Bruderschaft der Freimaurer, Berlin 2009, S. 61–70, hier S. 61.
66 Ebenda, S. 69.
67 Wichtl, Friedrich: Weltfreimauererei, Weltrevolution, Weltrepublik. Eine Untersuchung über Ursprung und Endziele des Weltkrieges, Wien/München 1919.
68 Ebenda, S. 61.
69 Ludendorff, Erich: Vernichtung der Freimaurerei durch Enthüllung ihrer Geheimnisse, München 1927.
70 Zutreffend heißt es in »Wikipedia. Die freie Enzyklopädie«: »Die Protokolle der Weisen von Zion sind ein seit Anfang des 20. Jahrhunderts verbreitetes antisemitisches Pamphlet, das eine jüdische Weltverschwörung belegen soll. Es wurde von unbekannten Redakteuren auf der Grundlage der satirischen Schrift Gespräche in der Unterwelt zwischen Machiavelli und Montesquieu von Maurice Joly und weiteren fiktionalen Texten zusammengestellt. Trotz mehrfach erbrachter Beweise, dass es sich bei den Protokollen um Fälschungen handelt, findet sich der Glaube an ihre Authentizität oder Wahrheit noch heute unter Antisemiten und Anhängern von Verschwörungstheorien in der ganzen Welt.«
71 Vgl. Höhmann, Hans-Hermann: Freimaurerei und gesellschaftliche Gegenwart: Umfeld, Identität, Perspektiven, in: Berger, J./Grün, K-J. (Hrsg.), Geheime Gesellschaft. Weimar und die deutsche Freimaurerei, München/Wien 2002, S. 343–350.
72 Hierzu ausführlich Höhmann, Hans-Hermann: Deutsche Freimaurerei nach 1945 – Wiederaufbau zwischen Neuorientierung und alten Strukturen, in diesem Band, S. 88–114.
73 Siehe z.B. die Seite der Großloge der Alten, Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland, www.freimaurerei.de.
74 Leitgedanken der Freimaurerei, http://www.freimaurerei.de/index.php?id=9.
75 Vgl. Höhmann, Hans-Hermann: Eine Großloge wird vorgestellt: Leitgedanken zu Standort und Identität der Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland, in diesem Band, S. 262–265.
76 http://www.freimaurerei.de/index.php?id=5.
77 Verfassung der Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland, Bonn 1994.
78 Popper, K. R.: Die Offene Gesellschaft und ihre Feinde, Zweiter Band, Bern 1958, S. 276.
79 Gotthold Ephraim Lessings Sämtliche Schriften, Bd. 18, Leipzig/Stuttgart 1904, S. 109, zitiert nach: Vierhaus, Rudolf: Deutschland im 18. Jahrhundert, a.a.O., S. 122.
80 Marquard, Odo: Moratorium des Alltags. Eine kleine Philosophie des Festes, in: ders.: Skepsis und Zustimmung. Philosophische Studien, Stuttgart 1994, S. 59–69.
81 Vgl. hierzu und zum Folgenden Kehl, Alois: Meinen Schwestern und Brüdern im freien Geist. Aufsätze, Vorträge, Zeichnungen zur Freimaurerei, herausgegeben von der Freimaurerloge »Ver Sacrum«, Köln 2003, S. 98f.
82 Ausführlich hierzu Höhmann, Hans-Hermann: »Des Maurers Wandeln, es gleicht dem Leben …« – Überlegungen zur Symbol- und Ritualwelt der Freimaurerei, in diesem Band, S. 232–239.
83 Ausführlich dazu Höhmann, Hans-Hermann: Der deutsche Freimaurerdiskurs der Gegenwart: Was ist, was will, was soll die Freimaurerei?, in diesem Band, S. 152–178, insbesondere S. 174–178.
84 Ausführlich hierzu: Höhmann, Hans-Hermann: »Von Gott und der Religion«. Zum Religionsdiskurs in der deutschen Freimaurerei, in diesem Band, S. 179–197.
85 Unter Weiterführung von Dosch, Reinhold: Deutsches Freimaurer Lexikon, Bonn 1999, S. 31ff.
86 Hammacher, Klaus: Einübungsethik, a.a.O.
87 Gehmacher, Ernst/Russ, Kurt: Sinn-Dimensionen der Freimaurerei. Eine Studie zur Katalysator-Wirkung der Freimaurerei in Österreich, Schriftenreihe der Freimaurer-Akademie der Großloge von Österreich, Wien 1999, vor allem S. 5ff.
88Hier folge ich Putnam, Robert: Bowling Alone. The Collapse and Revival of American Community, New York 2000, S. 438f.
89 Die »Nationale Großloge von Rumänien« wurde nach langer Verbotszeit am 24. Januar 1993 wieder gegründet, besteht aus ca. 300 aktiven Logen und hat gegenwärtig (2010) 7800 Mitglieder, um ein Vielfaches mehr als jede andere Großloge in einem vormals kommunistisch regierten Land (Angabe nach: List of Lodges 2010, hrsg. von der American Canadian Grandlodge A.F.& A. M., United Grand Lodges of Germany, S. 327).
90 Meier, Christian: Das Verschwinden der Gegenwart. Über Geschichte und Politik, München 2001.
91 Marquard, Odo: Zukunft braucht Herkunft. Philosophische Essays, Stuttgart 2003.
92 Reinalter, Helmut: Die Freimaurer, a.a.O., S. 128ff.
93 Hammacher, Klaus: Einübungsethik, a.a.O.
94 Schmid, Wilhelm: Philosophie der Lebenskunst. Eine Grundlegung, Frankfurt am Main 2000.


Inhalt

Vorwort (9)

Zur Einführung

Freimaurerei in Deutschland Ein Überblick im Kontext von Geschichte, internationalen Entwicklungen und freimaurerischen Konzeptionen (12)
Zur neueren Geschichte der Freimaurerei in Deutschland Europas verlorener Friede, die national-völkische Orientierung innerhalb der deutschen Freimaurerei und die »freimaurerische Erinnerungspolitik« nach dem Zweiten Weltkrieg (51)
Deutsche Freimaurerei nach 1945 – Wiederaufbau zwischen Neuorientierung und alten Strukturen (88)

Sozialwissenschaftliche Analysen zur Freimaurerei

Habitus, soziales Feld, Kapital – Freimaurerei im Lichte der Soziologie Pierre Bourdieus (115)
»The Means of Conciliating true Friendship« – Freimaurerei als Sozialkapital (132)

Diskurse und Betrachtungen zum Verhältnis zwischen Freimaurerei, Politik, Kultur und Gesellschaft

Der deutsche Freimaurerdiskurs der Gegenwart Was ist, was will, was soll die Freimaurerei? (152)
»Von Gott und der Religion« – Zum Religionsdiskurs in der deutschen Freimaurerei (179)
Vom Vorurteil zum Urteil Der freimaurerische Bildungsweg (198)
Bürgerliches Selbst- und Wertebewusstsein als Zukunftsfaktor Europas (209)

Analysen und Überlegungen zum Ritual der Freimaurer

Die Allgegenwart des Rituellen Rituale, Ritualforschung, Freimaurerei (224)
»Des Maurers Wandeln, es gleicht dem Leben …« – Überlegungen zur Symbol- und Ritualwelt der Freimaurerei (232)
Plädoyer für die Säule der Schönheit – Zur ästhetischen Dimension der Freimaurerei (240)

Begleiter der Zeit Engagement und Reflexion 1971–2010 (248)

Vier Thesen zur Erneuerung der Freimaurerei (1971) (249)
Plädoyer für eine verantwortliche Freimaurerei Hat die Freimaurerei öffentliche Aufgaben und wie sollen sie wahrgenommen werden? (1971) (254)
Eine Großloge wird vorgestellt: Leitgedanken zu Standort und Identität der Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland (1986) (262)
1737–1987: Vergangene Hoffnungen einlösen!

250 Jahre Freimaurerei in Deutschland (1987) (266)

Lessing und die Freimaurerei der Gegenwart (1991) (270)
Herausforderung Deutschland. Überlegungen nach der deutsch-deutschen Vereinigung (1991) (276)
Enthusiasmus und Verantwortung – Zum 230. Stiftungsfest der Loge »Anna Amalia zu den drei Rosen« in Weimar (1994) (281)
Regularität und Humanität: Freimaurerei vor dem Jahr 2000 (1995) (285)
Kulturpreis Deutscher Freimaurer: Kultur des Erinnerns – Kultur der Kommunikation (1998) (290)
Quatuor Coronati: neue Leitung – alte Aufgaben (1999) (296)
Toleranz als politisches Prinzip und persönliche Tugend – die Sicht eines Freimaurers (2000) (300)
Lob eines Brückenbauers: Dr. Alois Kehl zum 80. Geburtstag (2003) (306)
»Ver Sacrum« – junge Loge in veränderter Zeit (2005) (311)
Bürgerlicher Bund in nachbürgerlicher Gesellschaft (2008) (317)
Dan Browns »Verlorenes Symbol«: Freimaurerei zwischen Fiktion (323)

Siehe auch