Freimaurer-Gläser: Die Sammlung Gerhard Krieg
Der folgende Artikel und die Bilder beziehen sich auf die Gläser-Sammlung des österreichischen Freimaurers Gerhard Krieg. Von Rudi Rabe.
Bruder Gerhard: „Von meiner Oma dazu angeregt, habe ich mich schon von klein auf für Glas und für Gläser interessiert und bald begriffen, dass Glas nicht nur ein edler Werkstoff ist, den es schon in der Antike gab, sondern ein Symbol für die Ewigkeit. Und als ich 1983 Freimaurer wurde, habe ich gelernt, dass die Logen bezüglich Gläser eine große Tradition vorweisen können, die aber leider ziemlich versunken ist, auch weil es jedenfalls bei uns in Österreich kaum mehr Tafellogen gibt. Ich finde, das ist schade. Daher ist es mir ein Anliegen, den Brüdern die große masonische Gläserkultur wieder ins Bewusstsein zu rufen.“
Dieses Gefühl und dieses Bekenntnis treibt den österreichischen Freimaurer Gerhard Krieg seit Jahren an, edle Freimaurer-Gläser zu sammeln und sie seinen Brüdern zugänglich zu machen. Inzwischen sind etwa 160 Gläser sein eigen, darunter sehr alte und sehr seltene Stücke, die er vor allem ab dem Jahr 2000 erwerben konnte: Gläser aus Böhmen, Deutschland, England, Holland und Frankreich. Gut vertreten sind die Glasmanufakturen Harrach`sche Glashütte, Josefinenhütte, Theresiental-Hütte und auch die Verrerie Planchotte Aubriont in den Vogesen. Die ältesten Gläser der Sammlung stammen aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts aus England. Ein Schwerpunkt sind die Festarbeits- und Repräsentationgläser, die in anderen Sammlungen weniger vertreten sind.
Es sind ganz verschiedene Quellen, die Gerhard Krieg zu seinen Gläsern verholfen haben. So hat ihm etwa 2015 ein Freimaurer aus Hamburg seine Kollektion mit 50 Gläsern überlassen, und 2021 erstand er bei einer Auktion in Brüssel 60 Gläser; darauf hatte ihn Jacob (Jaap) Sadilek aus Prag aufmerksam gemacht. Von ganz verschiedenen Brüdern bekam er auch einzelne Stücke, oder er fand sie auf Flohmärkten, im Antiquitätenhandel und bei kleineren Auktionen.
Aus seiner Sammlung stellte Bruder Gerhard dem Freimaurer-Wiki Fotos zur Verfügung, die einen repräsentativen Querschnitt seiner Gläser repräsentieren, und zwar - weil ihm das sehr wichtig ist - mit ganz genauen Beschreibungen: vor allem die Entstehungszeit des jeweiligen Glases, seine Herkunft, seine Funktion und gestalterische Details. „Jedes Glas erzählt ja eine Geschichte, ein mitunter schwieriges Thema wegen fehlender Quellenlage, Experten halfen mir manchmal aus“, berichtet er.
Die Anordnung der folgenden Bilder orientiert sich an der Höhe der Gläser: von den kleineren zu den größeren. Alle Gläser haben etwas mit Freimaurerei zu tun.
Walzenfußkanone, Böhmen, 1.H. 19.Jdt., Biedermeier, H 12,2 cm, D 5,8 cm, Kristallglas, teilweise rubinrot überfangen. 1 ovale und 3 viereckige erhabene Kartuschen. Vorderseite mit feinst herausgeschliffenen Symbolen, im Zentrum das allsehende Auge mit Strahlenkranz. Fuß 6 passig, Fußkanten rot hervorgehoben. Widmung in einer linsenförmigen, ovalen Kugelung „T.Brandt“.
Pokal, Böhmen um 1840, H 17,2 cm, D 8,8 cm, bernsteinfarbig überfangen, Kuppa leicht geschwungen, abgesetzter Lippenrand. Kuppaunterteil mit 6 Linsen, die sich auf Schaft und Fuß facettenmäßig fortsetzen. Bodenstern, Kuppa matt, reichlich mit Motiven und Blattschmuck ausgestattet, beherrscht vom allsehenden Auge.
Sockel-Sturzbecher „Bottom up“, USA, 1892, Chicago, Royal Arch, H.18,5 cm, D 8,7 cm, D der Fußkugel 6,1 cm, Gewicht 386 gr, Fassungsvermögen 0374 Liter. Schlanker Becher mit kugeligem Fuß ohne ebene Bodenfläche, sodaß er in gefülltem Zustand keinen Halt hat und umfällt, d.h. er mußte immer vollständig geleert werden und wurde sodann verkehrt auf den Tisch gestellt. „Ex“-Trinken nach Ausbringung eines Toasts war in den Tafellogen des 19. Jdts. üblich.
Blut-Gralspokal, Deutschland, um 1912, Entwurf Siegfried Haertel, Josefinenhütte, Riesengebirge, H 19 cm, D 8 cm, Kuppa goldrubinfarbig lasiert, leicht gewölbter Fuß und Schaft bernsteinfarbig lüstrierend ausgeführt, Röhrchenschaft mit Doppelnodus, Fuß mit umlaufender, weiß emaillierter Reliefschrift. „Der Glaube lebt, die Taube schwebt, enthüllet den Gral“.
Doppelhenkelpokal, Böhmen um 1835, H 20,6 cm, D 10,5 cm, Konische Kuppa, reich verziert , unterhalb des Lippenrandes die Schlange Uroborus, dem Symbol der Ewigkeit. Angeschmolzene Henkel, Schaft mit breitem Doppelnodus, flacher Fuß, Symbole in Matt-und Blankschliff. Schauseitig der Stuhl des Logenmeisters auf drei Stufen, die die 3 Grade darstellen, Mond und Sonne mit Strahlenkranz in 2 blanken Kugellinsen.
Freundschaftspokal, Deutschland, erste Hälfte 19.Jdt, schwerer Pokal, H 22,5cm, D 10 cm. Kristallglas, zylinderförmige dickwandige Kuppa, goldgelb überfangen, zahlreiche Symbole tiefgeschliffen, schauseitig memento mori: Sarg mit Totenkopf, Bibel, allsehendes Auge mit Inschrift „G“ und Strahlenkranz, von der Ewigkeitsschlange Uroborus umfangen, achtpassiger Fuß mit Bodenstern, facettierter kugeliger Nodus, Widmung in den Kugelungen am Schaftansatz „BR.L.D.R.L.A.G.“
Siehe auch
- Freimaurer-Gläser: Die Sammlung Heinz Schinner
- Kanonen und Gläser
- Trinksitten
- Tafelloge
- Toast
- Trinksprüche
- Feuern
- Tafellieder
- Jacob Sadilek und Jitka Lněničková: Bohemian Masonic Glass
- Österreich
Links
- Österreichisches Freimaurermuseum Schloss Rosenau (mit Gläsersammlung):
http://www.freimaurermuseum.at/