Arbeit unter freiem Himmel

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In den Sand gezeichnete Arbeitstafel der Feldlogenarbeit der JL "Ditmarsia"

Arbeit unter freiem Himmel

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)


Als solche bezeichnet man die vorbereitende Versammlung einer Gruppe von Brüdern zum Zwecke einer Logengründung. Die Erteilung der Arbeitserlaubnis steht ausschließlich dem Großmeister zu und gehört zu seinen symbolischen Rechten.

Der Ausdruck selbst ist heute ein im Gebrauche abgeschliffener Terminus. Eine sehr wertvolle Arbeit von Kress und Meekren im "Builder" (April, Mai 1926) lenkt die Aufmerksamkeit auf die uralten Kulturwurzeln, von denen der Fachausdruck herzuleiten ist. Alle alten Heiligtümer sind ursprünglich nur Aufbewahrungsorte des Verehrungswürdigen. Das Götterbild wird überdacht, bei Nomadenvölkern wird es in einem Schreine getragen, der bei gottesdienstlichen Anlässen aufgestellt oder geöffnet wird. (Stiftshütte.)

Der Raum in welchem das Götterbild aufgestellt ist, bleibt dem Zutritte der gläubigen Menge verschlossen. (Adyton.) Die Ägyptischen Tempel bestehen im wesentlichen aus großartigen Säulenhallen, den verhältnismäßig kleinsten Raum nimmt die abgeschlossene Zelle des Heiligtums, der Standplatz des Götterbildes, ein. Das südliche Klima zwingt an sich schon zu freier Luft. Große Menschenansammlungen sind in geschlossenen Räumen undenkbar. Auch die Theater sind Freilichtbühnen, aber auch die Versammlungen der nordischen Völker, das Thing, tagen im Freien.

Das Femgericht versammelt sich an einem Kreuzweg oder unter einem geweihten Baume. Auf freie Plätze verlegt der Volksaberglaube die Satanskulte der Hexen (Das Johannisfest der Freimaurer fällt mit der Walpurgisnacht zeitlich zusammen!) Mancher Aberglaube, der im Volke heute noch über die Freimaurer im Schwange ist, findet seine Erklärung in den Zufälligkeiten verschiedener Deutung gleicher Anlässe. (Geweihte Tage, Sonnenkult), Teufelsbeschwörer und Geisterzitierer wählen den freien Nachthimmel, u. a. m. Auch in der Überlieferung der alten Freimaurer spielt der "Freie Himmel" eine bedeutungsvolle Rolle. "Unsere alten Brüder" heißt es bei Anderson, "versammelten sich auf den höchsten Hügeln und in den tiefsten Tälern", um die Annäherung von Unberufenen, Nichteingeweihten, Nichtzunftmäßigen, Neugierigen (cowans and eavesdroppers) leichter beobachten und verhindern zu können.

In den Statuten der Loge von Aberdeen (1670) heißt es daher:

"Wir ordnen an, daß keine Loge in einem gebauten Hause abgehalten werden soll, wo andere Leute wohnen, sondern in freiem Felde, ausgenommen bei schlechtem Wetter und dann soll ein Haus ausgesucht werden, daß niemand uns sehen oder hören kann."

Ebenso wird angeordnet, daß die Aufnahme von Lehrlingen nur in der Loge im freien Felde, bei den Steinen "at the poynt of the Ness", d. h. also bei einer durch heilige Steine gekennzeichneten Kultstätte, vor sich gehen dürfe. Wem die uralten keltischen Steinringe des schottischen Hochlandes in Erinnerung sind, der wird die Ahnenreihe dieses Brauches zu würdigen wissen. Im schottischen Hochland wird der Kirchenbesuch (going to the church) dialektisch noch immer als going to the stones, also zu den Steinen, bezeichnet.

Spätere Erklärungen haben versucht, die Versammlungen der Freimaurer unter freiem Himmel als ein Auskunftsmittel der zur Reformationszeit verfolgten Bruderschaft zu deuten. Wenn der Brauch wirklich bestand, so ist er jedenfalls schon vor 1717 vollkommen in Vergessenheit geraten. Die uns erhaltenen Spuren aus der Vorgeschichte der Freimaurerei weisen auf Versammlungen in Häusern hin. Erhalten blieb lediglich der heute noch übliche Fachausdruck, der wie so vieles andere im Ritual der Freimaurer auf urälteste kulturhistorische Wurzeln hinweist.

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