Theosophie und Anthroposophie: Unterschied zwischen den Versionen

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Theosophie und Anthroposophie (1875-1930)

Quelle: Dr. phil. Roland Müller, Switzerland / Copyright © by Mueller Science 2001-2009 / All rights reserved (Mit freundlicher Genehmigung für das Freimaurer-Wiki)


Die Theosophie

Direkte Wurzel der heutigen Esoterik ist die «Theosophische Gesellschaft» (TG). Sie ist verantwortlich für die Verbreitung und Popularisierung östlicher Weisheit in Europa und Amerika. Unter den zahlreichen Abkömmlingen und Splittergruppen finden sich die bald nach 1900 eingerichteten neuen Rosenkreuzer- und Templerorden sowie die Anthroposophie von Rudolf Steiner.

Die Theosophie ist nicht ganz unbeeinflusst von der Freimaurerei. Die :Abenteurerin und Spiritistin Helena Blavatsky (gest. 1891) gründete 1875 die :Theosophische Gesellschaft (TG) zusammen mit Oberst Henry Steele Olcott, einem :Freimaurer aus New York, und dem Rechtsanwalt William Quan Judge.

Fünf Jahre später traten Blavatsky und Olcott in Ceylon zum Buddhismus über. In Indien entstand ein indischer Zweig der TG, die Adyar-TG. Auch in Deutschland breitete sich die TG aus.

In ihre berühmte "Geheimlehre" (1888 - auf der wiederum die Baha'i-Religion weitgehend beruht) hat Blavatsky viel aus den Schriften von Eliphas Lévi übernommen. Dass sie überhaupt alles frei erfunden habe, behaupten - nebst der Beleuchtung der Vorgeschichte seit Swedenborg, Cagliostro und Mesmer - u. a. Robert S. Ellwood ("Alternative Altars" 1979) und Dave Hunt ("The Cult Explosion"1980; dt.: "Götter, Gurus und geheimnisvolle Kräfte", 1984) sowie Werner Bogun/Norbert Straet ("Lexikon der Esoterik" 1999).

Freimaurer

Manche Theosophen waren Freimaurer, z. B. Charles Webster Leadbeater, Dr. George Sidney Arundale, Dr. Franz Hartmann, Max Heindel und Theodor Reuss.

Leadbeater wurde nach dem Tod von Helena Balvatsky (1891) Leiter der Esoterischen Schule (ES).

Hartmann und Heindel gründeten seit 1889 eigene Rosenkreuzergemeinschaften (z. B. Hartmann 1889 "Fraternitas" in der Schweiz; Heindel die Rosenkreuzerbewegung 1908 in Columbus/Ohio).

Reuss organisierte seit 1902 eine ganze Serie von Vereinigungen, darunter einen Memphis-Misraim-Orden (1908 mit Papus) und (zusammen mit Dr. Karl Kellner und Hartmann) den neueren O. T. O (mit der sog. "Academia Masonica" um 1912). Nachfolger von Reuss im O. T. O. wurde der legendäre Magier und Freimaurer Aleister Crowley.

Die Frauen gewinnen Stimme

Immerhin ist es vermutlich Helena Blavatsky zu verdanken, dass seit dieser Zeit auch Frauen sich zur Esoterik äussern durften. Die Theosophin und Mystikerin Mabel Collins publizierte über vierzig Jahre lang (1884 bis zu ihrem Tod 1927) unzählige Erzählungen und Romane.

Der vor allem in den USA mächtige Orden "Eastern Star" (gegründet um 1850), umfasst unter der Führung von Freimaurern deren Frauen, Töchter, Mütter, Witwen und Schwestern (heute rund 3 Millionen Mitglieder).


Die französische Frauenrechtlerin, Theaterautorin und Schriftstellerin Maria Deraismes wurde 1882 in eine irreguläre Freimaurerloge aufgenommen. Zusammen mit weiteren Freimaurern gründete sie 1893 den "Droit Humain", den Internationalen Orden der gemischten Freimaurerei. (Er zählt heute rund 40 000 Mitglieder in 46 Ländern.) Ein berühmtes Mitglied war die Theosophin und Tibet-Forscherin Alexandra David-Neel.


Adoptionslogen

Um dem Auftreten gemischter Logen entgegenzutreten, versuchte die Grand Loge de France seit 1901 sogenannte Adoptionslogen für Frauen ins Leben zu rufen. Eines der bekanntesten Mitglieder war die für ihre humanitären Einsätze bekannte Tänzerin Josephine Baker.


Theosophische Schriftsteller

Viel gelesen wurden auch die Theosophen G. R. S. Mead (1892), Hermann Graf von Keyserling (1920), René Guénon (1920; auch Freimaurer), H. L. G. von Purucker (1929) und Herbert Fritsche (1929).


Von der Theosophie zur Anthroposophie und Arkanschule

Blavatskys engste Mitarbeiterin Annie Besant (gest. 1933) liess sich 1902 in den jungen "Droit Humain" aufnehmen, gründete in England selber eine Loge und verhalf dem Droit Humain zur weltweiten Ausbreitung. Sie adoptierte den kleinen Krishnamurti (1895-1986) und baute ihn (1910) als neuen Messias auf. Das ärgerte Rudolf Steiner, Generalsekretär und Leiter der Deutschen Sektion der Adyar-TG, derart, dass er diese 1913 in die "Anthroposophische Gesellschaft" umfirmierte. Eine andere Version lautet, Annie Besant habe Steiner unter anderem wegen seiner extrem rosenkreuzerischen Ausrichtung ausgebootet.

Innerer Kreis

Bald darauf gründete Steiner einen "inneren Kreis" nach freimaurerischen Gesichtspunkten (um 1918 "Mystica Aeterna").

Auf einem Grundstück, das Annie Besant 1927 bei Los Angeles für Krishnamurti kaufte, lebt heute die Ojai-Gemeinschaft.

Akasha Chronik

Die Idee des Wassermann-Zeitalters tauchte um 1900 in den Kreisen von Neugeist und Theosophie auf und verband sich mit der «Akasha Chronik" Rudolf Steiners (siehe als Ergänzung: Wie kam es zur Akasha-Chronik?).

Seit 1908 gab ein «Aquarian Commonwealth» in Los Angeles das Magazin «Aquarian New Age» heraus.


Arkanschule-Fernunterricht

Die Esoterische Schule der Theosophischen Gesellschaft sollte ursprünglich nach dem Buch eines Freundes von Helena Blavatsky, des englischen Hochgradfreimaurers John Yarker ("The Arcane Schools"), Arkanschule heissen. Diese Idee griff später die dritte grosse Theosophin, Annie Besants Rivalin Alice Ann Bailey (gest. 1949), auf. Sie gründete 1923 in New York die sogenannte Arkanschule - einen Fernunterricht - als Übungsschule für Meditation. Diese Schule betrachtete sich als "magnetisches Zentrum" der gesamten Freimaurerei.

Alice Baileys Mann war Freimaurer. Vielleicht hat sie auf seinem Schreibtisch die seit 1904 erscheinende Monatszeitschrift der US-Hochgradfreimaurer, das in mehreren 100 000 Auflage erscheinende "New Age Magazine", gesehen. Der Schulleiter der Arkanschule in Genf war gleichzeitig Generalsekretär der Universellen Freimaurer-Liga.


Jedenfalls sprach Bailey gerne von der Vorbereitung des Neuen Zeitalters. Ein tibetischer "Meister" diktierte ihr zahlreiche Bücher, darunter "Initiation, menschliche und solare Einweihung"(1922) und 1948 die "Wiederkunft Christi" (wobei sie freilich den Antichristus meinte). Sie hatte einen grossen Einfluss auf die Kommune von Findhorn und David Spangler (1971).

Die Arkanschule existiert heute noch im Rahmen des 1922 gegründeten Lucis-Trusts.

Gnostische Kirchen

Seit 1890 wurden allerlei sog. "gnostische" Kirchen gegründet:

Jules Doinel gründete 1890 die erste gnostische Kirche, die Ecole Gnostique Universelle, später Eglise Catholique Gnostique. Sie tat sich schon 1893 mit den Martinisten unter Papus zusammen.

Mehrere ähnliche Kirchen wurden in der Folge gegründet

  • von den Theosophen die Liberal-Katholische Kirche (1916), zurückgehend auf eine Idee von Eliphas Lévi und inspiriert von Annie Besants "Esoterischem Christentum"
  • von den Anthroposophen die Christengemeinschaft (1922); ebenfalls auf Lévi zurückgehend
  • vom O: T. O. die gnostisch-katholische Kirche (1918); sie arbeitet in Ritual und Liturgie nach Unterlagen von Aleister Crowley
  • von Jan van Rijkenborgh, einem Anhänger der Heindel-Bewegung, die Bruderschaft Lectorium Rosicrucianum (1924).

Horst Miers verzeichnet noch zahlreiche andere gnostische Vereinigungen, die sich zum Teil "die Umbildung der Sexualkraft" auf die Fahnen geschrieben haben.

Die Theosophische Gesellschaft

als Inspirator der Modernen Kunst und des Naturismus

Die Theosophische Gesellschaft trug auch wesentlich zur Entstehung der modernen Kunst bei: Kandinsky (mit seiner Studie: "Über das Geistige in der Kunst", 1912) und Mondrian gehörten zu den Anhängern von H. P. B.

Unter dem Einfluss der Theosophen standen auch kurz vor und nach 1900 der Zeichner Fidus sowie die Bewegungen der Naturisten (FKK) und des Monte Verità.

Weiterbildungen der Theosophie erfolgten durch die Ehepaare Roerich (Agni-Yoga, 1925) und Ballard (I Am, 1932), viel später noch durch die Welt-Spirale (1962).

Monté Verità

1916 gründete Theodor Reuss auf dem Monte Verità bei Ascona eine gemischte Loge des O. T. O. Erster Stuhlmeister war der Tänzer und Choreograph Rudolf Laban und eines der Gründungsmitglieder die Tänzerin Mary Wigmann. Ein Jahr später zog die Loge nach Zürich und nannte sich dort "Libertas und Fraternitas". Bald darauf traten alle Frauen aus, und man trennte sich vom O. T. O. 1925 wurde die Loge als reguläres Mitglied in die Schweizerische Grossloge Alpina aufgenommen.

Die Chronik der turbulenten Gründerjahre ist 1990 als 100seitiges hektographiertes Manuskript von Robin P. Marchev mit dem Titel "Wahrheitssucher und Schwindler" erschienen (vergleiche auch Robert Landmann: "Ascona. Monte Verità. Auf der Suche nach dem Paradies". 1973.)

Siehe auch