Hochgrade

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Das Logo des AASR Österreich. Die Embleme der 'Schotten' zeigen immer einen doppelköpfigen Adler; im Detail sind sie jedoch verschieden gestaltet. Interpretationen: Ost- und Weströmisches Reich; Herrschaft des dualistischen Prinzips in unserer Welt; Gleichzeitigkeit der diesseitigen und jenseitigen Welt. Oben: ORDO AB CHAO = Ordnung aus Chaos. Das steht letztlich für den Schöpfungsakt, der vom Men­schen immer wieder nachvollzogen wird. Unten: DEUS MEUMQUE JUS = Gott und mein Recht.
Der österreichische York Ritus: in der Mitte die drei Abstufungen 'Royal Arch' (oben), Konzil (rechts) und Komturei (links).
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Der österreichische 'Rektifizierte Schottische Ritus'. Zentrales Element ist der Phoenix aus der Asche (1779) und darunter die Devise: Solve et coagula = Löse und verbinde neu.

Hochgrade

Als Hochgrade (auch: Seitengrade) werden Logen-Systeme bezeichnet, welche die sogenannte blaue Johannis-Freimaurerei (Lehrling-Geselle-Meister) ergänzen. Es gibt verschiedene Hochgradsysteme: In Deutschland, Österreich und der Schweiz dominieren der ‚Alte und Angenommene Schottische Ritus’ (AASR), der York Ritus und der Rektifizierte Schottischer Ritus. Manche Brüder sind Hochgrad-Mitglieder; letztlich ist es aber nur eine Minderheit. Und die Hochgrade waren in der Freimaurerei immer umstritten.

Der österreichische Freimaurer und Freimaurerforscher Herwig Stage hat sich 2015 in einem ‚Baustück’ (‚Zeichnung’) mit dem Sinn der Hochgrade auseinandergesetzt und einen Überblick auf die verschiedenen Obödienzen gegeben. Er berücksichtigt darin nicht nur die Lage in Österreich sondern auch in Deutschland und in der Schweiz.

Für die Wiki-Redaktion dankt Rudi Rabe Bruder Herwig Stage für die Genehmigung, seinen Text Traktat: Herwig Stage - Hochgrade? Vertiefende Grade? Was ist das? wiedergeben zu dürfen.

Die 'Hochgrade' bei Lennhoff-Posner

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)

Vorbemerkung von Rudi Rabe: Die Hochgrade waren und sind in der Freimaurerwelt immer auch umstritten. Wie sehr, das zeigt sich auch im 'Internationalen Freimaurer-Lexikon' von 1932, das hier im Wiki ja oft zitiert wird. Dieser Eintrag ist den Hochgraden gegenüber ziemlich unfreundlich gehalten. Das hängt wohl damit zusammen, dass einer der beiden Autoren, nämlich Oskar Posner ein vehementer Hochgrad-Gegner war. Interessant ist aber, dass Eugen Lennhoff, der andere Autor, die Hochgrade befürwortete, war er doch selbst in den 1920iger Jahren nicht nur einer der Gründer des 'Schottischen Ritus' (AASR) in Österreich sondern in der ersten Amtsperiode auch dessen 'Souveräner Großkommandeur', also die Nummer Eins. Lennhoff scheint also die Formulierung des Stichworts 'Hochgrade' in freimaurerischer Toleranz seinem Ko-Herausgeber überlassen zu haben. Ebenso scheint es, dass auch Dieter A. Binder, der das Lexikon in den 1990iger Jahren überarbeitete, das Stichwort Hochgrade in der Fassung 1932 zu vorurteilsbeladen war, hat er es doch anders als bei den meisten anderen Einträgen nicht nur in die Jetztzeit verlängert sondern komplett überarbeitet.

Es folgt das Stichwort der Ausgabe 1932.

(frz- Hauts Degrés, engl. High Degrees oder auch Additional Degrees), eine der meistumstrittenen Einrichtungen der Freimaurerei. Daß der Lehrinhalt der Freimaurerei in den drei symbolischen Graden vollkommen enthalten ist, wird überall zugestanden. Die Hochgrade werden damit begründet, daß eine Weiterleitung besonders Beflissener und eine philosophische Vertiefung in einzelnen Speziallehren der Freimaurerei notwendig sei. Quartier-la Tente hat das viel erörterte Wort geprägt: "die Symbolischen Grade seien die Elementarschule, die Hochgrade die Hochschule der Freimaurerei". Das hat, mit Recht, scharfe Zurückweisung in Freimaurerkreisen erfahren. Die Hochgrade wollen eine Art Auslese aus den Vielzuvielen des Logenlebens schaffen. Diese sicherlich gute und der Freimaurerei förderliche Absicht wird durch die bestehenden Hochgradsysteme jedoch oft nicht erreicht. Die Hochgrade sind vielfach ebenso Masseninstitutionen wie die Logen, die sie durch Auslese überbauen wollen. Dieser Zweck der Auslese wird durch Engbünde zu wissenschaftlichem Zweck, gelehrte Gesellschaften, Sonderlogen, wie die der "Quatuor Coronati", die "Aeademia masonica" u. a. m. ebensogut, wenn nicht besser erzielt. Die Hochgrade des A. u. A. Schottischen Ritus widmen sich der Spezialisierung gewisser maurerischer Kardinaltugenden. Sie sind aber nicht imstande, dem Lehrinhalt der Freimaurerei etwas Neues hinzuzufügen, sie komplizieren im Gegenteile die einfachen Linien durch zahllose neue Ritualformen, Erkennungszeichen und symbolische Details, so daß zufolge der mitunter überschäumenden Phantasie der Ritualdichter (Pike) mehr verschleiert als erhellt wird.

Geht man die ganze Reihe der zahllosen Hochgradsysteme durch, so findet man nur ein einziges, das eine ungebrochene und logisch durchgeführte Leitlinie hat: das ist das Ritual der Schwedischen Lehrart, die sich aber selbst als christlichen Ritterorden bezeichnet und dadurch den Gegensatz zur Freimaurerei betont.

Soweit heute Hochgrade bestehen, sind sie großteils Reste der ritterlichen Verirrungen der Freimaurerei im 18. Jahrhundert. Man hat sie auch als erziehliches Element der Freimaurerei bezeichnet, insofern als die Erwartung der höheren Grade die Anteilnahme auch in den niederen Graden lebendig erhalten soll. Dieses Mittel ist wohl skeptisch zu beurteilen. In der heutigen Zeit sind die Hochgrade ein Anachronismus. Der Sinn der heutigen Freimaurerei geht auf Vereinheitlichung. Die Auffaserung des Lehrgebäudes durch eine, heute allerdings nicht mehr so stark in Erscheinung tretende, in einzelnen Systemen bis zu Wolkenkratzerhöhe (9O Grade!) reichende symbolische Aufstockung hemmt diese zeitgemäßen und sehr notwendigen Bestrebungen. Es kann auch nicht bestritten werden, daß durch die Hochgrade das im Freimaurertum ohnehin nie auszurottende "Menschlich-Allzumenschliche" nur vervielfacht wird, indem dem Spiele persönlicher Eitelkeiten, dem Geltungsbedürfnis und dem Hängen an Äußerlichkeiten Tür und Tor geöffnet wird.

Durch die Hochgrade ist auch eine bedauerliche Umwertung der Freimaurerei in der sie umgebenden Welt eingetreten. Sieht man von mystischen, kabbalistischen und gnostischen Zutaten ab, so bleibt als Kern fast aller Hochgrade die Templerlegende übrig, die an die Person des letzten Templer-Großmeisters De Molay und seinen durch religiöse und autokratische Unduldsamkeit herbeigeführten Tod auf dem Scheiterhaufen anknüpft. Die Legende wird eingeführt, um eine Moral, eine Lehre zu begründen, die im wesentlichen nichts anderes beinhaltet als den Kampf gegen Unduldsamkeit, die Aufforderung, als geistiger Kämpfer für Duldsankeit aufzutreten und das eigene Leben nach diesen Grundsätzen zu gestalten. Das ist ebenfalls, allerdings ohne soviel ritualistischen Aufwand, in den drei Johannisgraden vollkommen eingeschlossen.

Die ritualistische Durchführung in den Hochgraden bringt aber durch das Einfließen ritterlicher Vorstellungen symbolische Gesten und eine dekorative Ausgestaltung der Ritualhandlungen mit sich, die an sich vollkommen harmlos ist, die aber zu Mißdeutungen Anlaß geben kann. Das wird auch in breiten Freimaurerkreisen empfunden und man macht daher den Hochgraden den Vorwurf, daß durch sie die Stellung der Freimaurerei in der Welt erschwert wird, nicht weil die Hochgrade das sind, wofür sie in der profanen Welt gehalten werden, wohl aber weil sie den Anschein erwecken, als ob sie eine geheimnisvolle, der übrigen Freimaurerei übergeordnete und sie leitende Organisation seien. Ein so genauer Kenner der Freimaurerei wie Gould verwirft aber außerdem die Hochgrade, weil sie dem demokratischen Grundzug der Freimaurerei widersprechen, indem sie in ihrem hierarchischen Aufbau das Grundprinzip voller Gleichberechtigung durchbrechen und Klassen unter den Angehörigen eines auf voller Gleichheit aller Teilnehmer begründeten Bundes schaffen. Erfolge des einen oder anderen Hochgradsystems können also nicht darüber hinwegtäuschen, daß ihre, dem eigentlichen Wesen der Freimaurerei fremde Erscheinung auf unhistorischer Basis die gradlinige Bauhüttenidee durchsetzt und auch empfindlich gestört hat.


Eine Übersicht auf die verwirrende Welt der Hochgrade

2013 Hochgradvergleiche.png


Siehe auch

Links

Aufschwung und Konsolidierung der Hochgrade von 1740 bis 1999:
http://www.muellerscience.com/ESOTERIK/Freimaurerei_Geschichte/Entfaltung_Hochgrade.htm