Verräterschriften

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Verräterschriften

Quelle: Lennhoff, Posner, Binder von 1932

Für das Aufsehen, daß die Freimaurerei bei ihrem ersten Auftreten in England erregte, spricht die große Menge von bald hernach erschienenen Privatdrucken, die sich sämtlich bemühten, der breiten Öffentlichkeit das Geheimnis der Freimaurerei zu enthüllen. Da die offiziellen Rituale nicht gedruckt werden durften, so sind in diesen Verräterschriften sehr viele wertvolle Hinweise auf die ursprünglichen Ritualformen, wenn auch angenommen werden muß, dass manche von ihnen stellenweise eigene Erfindungen des Verfassers enthalten.

In einer Serie von Artikeln "Eighteen Century Catechisms" (Miscellanca Latomorum 1929), hat Lionel Vibert die derzeit wohl vollständigste Liste dieser Verräterschriften gegeben, die hier ergänzt erscheint. Die Reihe beginnt mit einem Artikel in der Londoner Zeitung "Flying Post", 11. und 13. April 1723 [ Maurerprüfung_1723 ].

Es folgt 1724 "The Grand Mystery discovered" Entdekkung des grossen Geheimnisses der Freimaurer, mit einer zweiten Auflage im folgenden Jahre.

1724 erschien eine nichtoffizielle Ausgabe der Old Charges, der sogenannte "Briscoe Text".

1725 die Schrift: "The Whole Institution of Freemasonry opened", erschienen in Dublin, von der aber nur der Titel bekanntgeblieben ist.

Schließlich 1730 eine im "Daily Journal" erschienene Verräterschrift, "The Mystery and Motions of Freemasonry discovered", "The Pucrile Signs and Wonders of a Freemason", ferner: "The Mystery of Freemasons". Diese Veröffentlichung in einer öffentlichen Zeitung wurde wiederholt von Zeitungen in London, Dublin, Pennsylvania, und erschien noch 1742 im "Westminster Journal".

Hierher gehört auch: "The Mason's Confession" in "Scots Magazine", 1755.

1730 erschien die erste Verräterschrift in Buchform: Prichards "Masonry Dissected" [deutsch: Lehrlingfragstück nach Prichard ]. Sie hatte einen derartigen Erfolg, daß noch im gleichen Jahre zwei weitere Auflagen folgten, 1737 war bereits die siebente Auflage erreicht, die unter eigenem Titel erschien ("The secrets of Masonry made known to all men by S. P."), in welcher sich auch eine englische Übersetzung aus dem Französischen: "Letter from Paris", vorfindet. Dieser Brief gibt die Veröffentlichung der französischen Rituale durch den Polizeileutnant René Herault (René_Hérault:_Réception_d'un_Frey-Maçon) wieder.

In Edinburgh erschien eine Gegenschrift: "Rélation apologique" (1738 Historische_Vertheidigung_der_Frey-Maurer-Gesellschafft). Prichard wurde 1736 ins Deutsche und 1738 ins Französische und Holländische übersetzt.

Die nächste Gruppe betrifft französische Drucke von Verräterschriften. Hier seien erwähnt: "Le Secret des Francs-Maçons" (1742). Der Druck wurde 1744 dreimal wiederholt, weitere Ausgaben erschienen 1745, 1749 und 1752. Verfasser ist der Abbé Perau (s. d.), gewidmet ist daß Buch dem Freimaurer Dr. Procope.

1744 erschien anonym in Brüssel ein Pamphlet "La Franc-Maçonne", bemerkenswert durch die Mitteilung, daß die Freimaurerei eigentlich aus sieben Graden bestehe, die den unteren Stufen nur nicht bekannt seien.

Im gleichen Jahre, neu aufgelegt, 1747: "Le Parfait Maçon", gleichfalls mit Schilderungen schottischer Hochgrade.

Das bedeutungsvollste Buch dieser Art ist "Le Catéchismedes Francs-Maçons", herausgegeben 1744 von Leonard Gabanon, Pseudonym für Louis Travenol (s. d.). Die letzteren Werke brachten auch Kupferstiche von Freimaurerzeremonien, die häufig nachgedruckt wurden.

Eine Konkurrenzschrift war die 1745 erschienene "Le Secaurompu". Der Verfasser des "Catechisme" antwortet auf diese in einer neuen: "La Désolation des Entrepreneurs modernes du Temple de Jérusalem" (1747).

Alle diese Verräterschriften wurden aber in Schatten gestellt durch die wiederholt aufgelegte und vermehrte Schrift: "L'ordre des Francs-Maçons trahi" [siehe "Links"], erste Ausgabe 1745. In dieser Schrift werden Logenpläne für die drei ersten Grade in Kupferstich gegeben, außerdem ist eine Geschichte des Mopsordens mit bildlichen Darstellungen des Logenplans und der Aufnahmezeremonie angeschlossen. Das Buch erlebte mehrere Auflagen die in Amsterdam gedruckt sind. Die Häufigkeit dieses Buches in Logenbibliotheken und in Privatbesitz spricht für seine große Verbreitung. Angehängt sind mehrere französische Freimaurerlieder, darunter die bekannte "Apologie de la Maçonnerie" von Dr. Procope. Die Quelle der meisten Verräterschriften dieser Zeit ist "L'Almanach des Coeus" (Jahrbuch der Hahnreie) Paris 1741, in welchem hinter einem äußerst lasziven Titelkupfer (homo et femina medio in coitu!) die Rede des Chevalier Ramsay [ Andrew Michael Ramsay: Die gedruckte Rede 1737 ] und die durch den Polizeileutnant Herault veranlaßte Veröffentlichung des Rituals abgedruckt sind.

Schon Früher, aus Anlaß der Bulle "In Eminenti" (1738), erschienen eine ganze Menge von Schriften gegen die Freimaurerei: "Les Vrais Juremens" (so!), "Les Fri-maçons" u. v. a.

1747 ist zu verzeichnen: "L'Adepte Maçon", gedruckt in London, 1748 "L'Anti Maçon", im gleichen Jahre "L'Ecole des Francs-Maçons". Von dem obenerwähnten "L'ordre des Francs-Maçons trahi" gibt es 1745 einen Nachdruck unter dem Titel "Les Secrets des Francs-Maçons devoi lés et mis au jour par Mr. P." (d. i. Perau, gedruckt in Frankfurt, 1745 erschienen davon auch drei deutsche Ausgaben, von denen eine - in Leipzig gedruckte - einen Br. Phidias als Autor nennt, der sich in einem eigenen Vorwort an den Leser wendet. Auch eine holländische und dänische Ausgabe ist bekannt. Die gleiche Schrift wurde 1760 für den "Master Key to Freemasonry" von Burd benützt. Das Vorwort beginnt: "Ich will euch klarlegen, daß ihr betrogen seid!" Neue Ausgaben sind bis 1778 nachweisbar. Das Buch hatte also einen ganz außergewöhnlichen Erfolg !

Die heftigen Angriffe gegen die Freimaurer zeitigten 1746 ein gleichzeitig in deutscher und französischer Sprache erscheinendes Buch von Larudan: "Les Francs-Maçons écrasés" [ Die_zerschmetterten_Freymäurer_-_1746 ]. Die Zahl der Logenpläne gegenüber dem "Trahi" ist vermehrt, der Verfasser behauptet, das Buch aus dem Lateinischen übersetzt zu haben.

Erwähnt sei ferner 1751 "Le Macon démasqué", 1753 ins Holländische übersetzt [und 1786 ins Deutsche: Der_Entdeckte_Maurer ]. Es ist identisch mit dem 1766 veröffentlichten "Salomon in all his Glory or the Master Mason". Im Titel heißt es, dass dieses Buch auf Einschreiten der Freimaurer auf Befehl des Königs von Preußen öffentlich verbrannt worden sei. T. Wilkinson druckte es 1777 nach und gab einen zweiten Teil dazu heraus: "Tubalcain" das sich aber als ein wörtlicher Nachdruck von Prichard erweist.

1760 erschienen in London die "Three distinct knocks", dem 1754 "The Freemason Examin'd" und 1757 "The Secret of the Freemasons revealed by a disgusted Brother" voraus gingen. Die Großloge von Irland wurde durch die "Three distinct knocks" derart aufgebracht, daß sie den Besitz des Buches unter Androhung der Ausschließung verbot! Der Verfasser bezeichnet sich als Deutschen, der in Frankreich und Irland die Freimaurerei kennenlernte und seine Erfahrungen veröffentlichen will.

Wie dauerhaft das Interesse an solchen Verräterschriften ist, beweist das Schicksal einer weiteren Schrift: "MiniMini3zw.jpg and MiniMini3zw.jpg" die 1762 zuerst erschien [ Jachin_und_Boaz ], und noch 1853 und später Neuauflagen erlebte. Dermott (s. d.) schrieb 1764 in seinem Ahiman Rezon, der Verfasser des MiniMini3zw.jpg und MiniMini3zw.jpg habe sich in einem Anfall von Eifersucht selbst die Kehle durchschnitten. Darauf meldet sich in der Neuausgabe von 1764 dieser totgesagte Autor und fordert Dermott auf, sich von seinem Wohlbefinden zu überzeugen. Das Buch ist illustriert. 1762 erschien eine Gegenschrift: "A Freemasonys Answer on the suspected Author of a Pamphlet entitled MiniMini3zw.jpg and MiniMini3zw.jpg".

In einer Erziehungsschrift "Every Young Man's Companion" von einem sonst unbekannten W. Gordon, zweite Auflage, London 1765, findet sich ein Abschnitt "Mystery of Freemasonry explained". Der Text ist MiniMini3zw.jpg and MiniMini3zw.jpg entnommen.

Die nächsten Jahre sind besonders fruchtbar an Verräterschriften: "Hiram or the Grand Master's Key", 1764, dritte Auflage in London 1773. "Shibboleth or Everyman a Free-mason", Dublin 1765, "Mahabone or the Grand Lodge Door opened" (1766). "The Freemason Stripped Naked" (1766). Alle diese Schriften sind Konjunkturunternehmungen, die ihre Vorgänger, wie die "Three distinct knocks", und Prichard ausschlachten.

Eingeschaltet seien hier polemische Schriften gegen diese Enthüllungsschriften, z. B. "A Defence of Masonry". erschienen 1730, und eine Polemik gegen Prichard, die dabei selbst zur Verräterschrift wird: "The Perjur'd Freemason Detected" im gleichen Jahre.

Ein französisches Werk "Les plus secrets Mysteres des Hauts Grades de la maçonnerie dévoilés", zuerst 1766 erschienen, erweitert den Kreis der Enthüllungen. Es wird auf Köppen (s. d.) zurückgeführt, der es erst französisch geschrieben haben soll. Die Deutsche Ausgabe wäre also eine Übersetzung.

Aus dem Jahre 1773 ist zu erwähnen "Le Vrai Maçon etc. par Frére Enoch".

1777 erschien "L'Adepte Moderne ou le Vrai secret des Francs-maçons". Das Buch ist ein Übersetzung eines deutschen Pamphlets . "Der neue Goldmacher oder das wahre Geheimnis der Frey-Maurer von Madame Gut" (d. i. Beaumont). Eine ungarische Übersetzung erschien 1810.

Die Adoptionsmaurerei behandeln "Vraie Maçonnerie d'Adoption", 1773, oder ein deutsches Buch: "Die drei Grade der Freimaurerei usw " 1783, schließlich "Freemasonry for the Ladies or the Grand Secret discovered"

Von deutschen Schriften dieser Zeit seien angeführt: "Die zerschmetterten Freimaurer" (1746) "Die gestürzten Freimaurer" (1747), umgearbeitet unter verschiedenen Titeln, so: "Geheime Unternehmungen der Freymaurer" (1787), "Allerneueste Geheimnisse der Freymaurer" (1766 und 1770), sämtlich zurückgehend auf die Schrift von Larudans "Les Francs-Maçons écrasés". Italienische Versionen sind "Istituzione, Ritiet Ceremonie dell'Ordine dei Francs-Maçons" Venezia 1785, mit der Druckerlaubnis des Bischofs von Padua, und "I Secreti dei Franeci Muratori scoperti intieramente" etc.

Trotz der schwer verständlichen Chiffren muß auch "The Master Key" von Browne hier genannt werden (1798), insofern, als er ein Ritual in Druck brachte. Einen amtlichen Charakter schützt die Veröffentlichung des "Archivs der Freymaurerloge zu Livorno" vor, die 1800 auf Befehl des Herzogs von Toscana aufgehoben wurde (Leipzig 1803 Lehrlings-Katechismus_der_Adonhiramschen_Frey-Mäurerey).

Die weiteste Verbreitung fand der "Sarsena oder der vollkommene Baumeister ... von einem wahren und vollkommenen Bruder" [siehe "Links"] (d. i. Karl Friedrich Ebers), 1. Auflage 1817, s. Auflage 1866), der auch noch von Ludendorff ausgiebig benutzt wurde. Aus neuerer Zeit seien noch erwähnt die Bücher Leo Taxil s. u. a. "Les Fréres Trois-Points" (ins Deutsche und viele ändere Sprachen übersetzt), "Les Mysteres de la Franc-Maçonnerie", mit zahlreichen Abbildungen, ein daraus gezogenes Handbuch "La Franc-maçonnerie dévoilée et expliquée" und "MissDiana Vaughan ou la Restauration du Paganisme".

1911 erschien von Wilhelm Nicolaus 0tto (Gale) in Cassel: "Das Geheimnis der Freimaurerei enthüllt", eine wertlose Kompilation aus älteren Verräterschriften. Auch seither hat die Flut kaum nachgelassen.

Der Zweck aller dieser Verräterschriften geht, um Ludendorff zu zitieren, darauf hinaus, die Freimaurerei durch "Enthüllung ihrer Geheimnisse zu vernichten". Anfangs dienten sie nur dem Sensationsbedürfnis der Zeit, später verfolgten sie irgendeinen religions- oder parteipolitischen Zweck. Für die historische Forschung der Freimaurerei sind besonders die alten englischen Verräterschriften von großem Wert. In der Anfangezeit der kontinentalen Freimaurerei war man für diese Verräterschriften sogar sehr dankbar, da man aus ihnen daß Ritual der Logen für den eigenen Logengebrauch entnehmen konnte. So sind beispielsweise die Tapisdarstellungen in den ältesten französischen Verräterschriften in den damaligen deutschen Logen fleißig kopiert worden. Je älter die Verräterschriften sind, desto verläßlicher und treuer sind sie in der Wiedergabe der wirklichen Logengebräuche, je späteren Datums, deste deutlicher tritt die Tendenz hervor, durch Übertreibungen den Charakter der Freimaurerei zu entstellen.

Die in den letzten Jahrzehnten [vor 1932] entstandenen Verräterschriften, wie z. B. jene Taxils, sind mit eigenen Erfindungen dermaßen durchsetzt, daß der wirkliche Brauch daneben verschwindet. Dasgleiche gilt auch von den Deutungen Ludendorffs, wobei bemerkt sei, daß dieser in seinem Literaturverzeichnis nur zwei Verräterschriften anführt: den "Sarsena" in der Ausgabe von 1851 und die im 18. Jahrhundert erschienene, oben erwähnte Schrift: "MiniMini3zw.jpg and MiniMini3zw.jpg" (1762).

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