Friedrich Hasselbacher: Feldlogen im ersten Weltkrieg - Teil 3
Sie sollte sehr kritisch gelesen werden. Zum besseren Verständnis dieser Auszüge empfiehlt es sich, zunächst die einführende Rezension von Roland Müller zu lesen: Rezension: Friedrich Hasselbacher: Feldlogen
- Friedrich Hasselbacher: Feldlogen im ersten Weltkrieg - Teil 1 Inhaltsverzeichnis
- Friedrich Hasselbacher: Feldlogen im ersten Weltkrieg - Teil 2
- Friedrich Hasselbacher: Feldlogen im ersten Weltkrieg - Teil 3
- Friedrich Hasselbacher: Feldlogen im ersten Weltkrieg - Teil 4
- Friedrich Hasselbacher: Feldlogen im ersten Weltkrieg - Teil 5
- Friedrich Hasselbacher: Feldlogen im ersten Weltkrieg - Teil 6
- Friedrich Hasselbacher: Feldlogen im ersten Weltkrieg - Teil 7
- Friedrich Hasselbacher: Feldlogen im ersten Weltkrieg - Teil 8
- Friedrich Hasselbacher: Feldlogen im ersten Weltkrieg - Teil 9
- Friedrich Hasselbacher: Feldlogen im ersten Weltkrieg - Teil 10
- Friedrich Hasselbacher: Feldlogen im ersten Weltkrieg - Teil 11
Gefangenenlogen
Quelle: Friedrich Hasselbacher: Volksverrat der Feldlogen im Weltkriege. 1941, 26-28 (= 7. erweiterte und völlig neubearbeitete Auflage von: Hoch- und Landesverrat der Feldlogen im Weltkriege. 1935)
Eine besondere Gruppe von Militärlogen stellen die sogenannten Gefangenenlogen dar. Die erste von ihnen, die sich nachweisen läßt, bildete sich - laut IFL. -
1756 unter den während des 7jährigen Krieges in England gefangen gehaltenen französischen Offizieren, die zuerst in Basingstoke, dann in Petersfield (1758) und schließlich (1759) in Leeds arbeitete. Hier verkehrten ihre Mitglieder auch als besuchende Brr. in der ortsansässigen Loge „The Talbot" (die aber heute nicht mehr in den Logenverzeichnissen zu finden ist). Mit Kriegsende wurde diese Loge 1763 aufgelöst.
1758 finden wir eine Loge kriegsgefangener französischer Offiziere, die in Magdeburg arbeitete und der Großen National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln" unterstand. Sie hieß „La Félicité". Ihr offizielles Stiftungsdatum ist der 23. Februar 1761. Aus dieser Loge ist dann die bis 1935 im Verbande der Großen National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln" bestehende Loge „Ferdinand zur Glückseligkeit" hervorgegangen.
Dies ist gewiß bezeichnend und interessant. Noch bedeutsamer aber ist die Tatsache, daß die Mitglieder dieser Gefangenenloge, weil die Großlogen in Deutschland immer das Bestreben hatten, alles, was von ausländischen Logen kam, begierig aufzugreifen, einen solchen Einfluß gewannen, daß sie das gesamte System, nach dem die „drei Weltkugeln" arbeiteten, von oben bis unten umkrempeln konnten. Sie führten Hochgrade ein, und ihre Ansichten über Freimaurerei und ihr Freimaurertum war den „deutschen" Brrn. Offenbarung und wurde kritiklos übernommen. Es wird immer soviel davon gesprochen, die Deutschen äfften alles nach und beteten alles an, was vom Ausland käme, eine Untersuchung der Freimaurerei und ihres Einflusses in Deutschland würde hierfür eine sehr überraschende Lösung bringen. Denn dieses Kopieren alles Fremden wurde auf dem Weg über die Logen den sogenannten gebildeten Ständen zuerst eingeimpft und dann von diesen dem ganzen Volk vorgemacht! Das sei hier in Kürze, aber mit aller Eindeutigkeit, klargestellt.
Der Vollständigkeit halber sei bezüglich dieser Gefangenenloge noch das hier angeführt, was das „Handbuch", 3. Aufl., Bd. 2, darüber sagt:
- „Eine der ersten Spuren solcher ambulanten Logen auf dem europäischen Festland finden wir in den Logen der französischen Kriegsgefangenen im Anfang der zweiten Hälfte des 18. Jahrh., denen Deutschland zum Teil seine Hochgrade zu verdanken hat, z. B. die 1861 in Magdeburg tätige Loge „Parfaite union", ferner die 1768 gestiftete Loge „Minerva" zu Potsdam, die anfangs nur aus Offizieren bestand, die Loge „Zum flammenden Stern" in Berlin 1770 usw."
1762 gestattete auch die Großloge von York die Bildung einer Loge französischer Kriegsgefangener.
1914 bis 1918 gab es im Weltkrieg ebenfalls Gefangenenlogen, und zwar unter den in Holland internierten englischen Soldaten, die in Groningen arbeitende Loge „Gastvryheid" sind eine weitere für englische Austauschgefangene im Haag, die „Willem van Oranje" hieß. Beide unterstanden dem Großorient der Niederlande, wurden bei Beendigung des Krieges nach England verpflanzt, wo sie als ständige Logen weiterexistieren.
1918 wurde auf der Ile Longue bei Brest unter deutschen und anderen Kriegsgefangenen die Feld- und Gefangenenloge „In Ketten zum Licht" gegründet, über die wir im Teil III, Kapitel 6, dieser Untersuchungen noch sehr viel mehr hören werden.
Feldlogen in Deutschland bis 1810
Quelle: Friedrich Hasselbacher: Volksverrat der Feldlogen im Weltkriege. 1941, 28-31 (= 7. erweiterte und völlig neubearbeitete Auflage von: Hoch- und Landesverrat der Feldlogen im Weltkriege. 1935)
Daß es auch in Deutschland zur Gründung von Feldlogen kam, hörten wir schon bei der Feststellung über die aus Franzosen bestehende Kriegsgefangenenloge.
Eine Militärloge, der aber nur Fremde angehörten, wurde 1743 in Frankfurt a. M. gebildet. Ihr Begründer war der Graf von Schmettau. Sie ging aber bereits am 17.1.1744 in Joh. Loge „Zur Einigkeit", ebenfalls Frankfurt, auf.
Zwei Feldlogen, von denen nichts Näheres bekanntgeworden ist, führt das „Handbuch", 3. Auflage, Bd. 2, an:
- „Auch zweier russischer Feldlogen wird damals gedacht, die sich 1761 und 1764 innerhalb der russischen Armee gebildet hatten, während sie in Westpreußen ihre Winterquartiere und in Marienburg ihr Hauptquartier hatte."
In Greifswald arbeitete in dem damals noch (bis 1815) nördlich der Peene schwedischen Vorpommern - also zur Zeit des Siebenjährigen Krieges - eine „schwedische" Feldloge, die 110 Brr. zählte. Sie wurde 1763 (dies Jahr gilt als ihr offizielles Gründungsdatum) unter der Großen Landesloge von Schweden eine feste Loge und trug den Namen "Zu den 3 Greifen". 1786 trat sie dem Verbande der nach dem sogenannten schwedischen System arbeitenden Großen Landesloge von Deutschland bei, kam 1800 wieder zur G. L. L. von Schweden, erhielt nun den Namen „Carl zu den 3 Greifen" und wurde 1816 wieder in die G. L. L. von Deutschland zurückgegliedert. Als solche bestand sie bis 1935. Ihr Gründer war der schwedische Generalleutnant H. J. L. von Salza.
In der Geschichte der Johannisloge „Carl zu den 3 Greifen" in Greifswald, „geschrieben und als Manuskript gedruckt (nur) für die Brr. Freimaurer", lesen wir folgende Feststellungen, die wohl keines Kommentars bedürfen:
- „Die nun folgenden Jahre (nach Jena-Auerstädt, F. H.) harter Kriegsdrangsale gingen auch an unserer Provinz nicht vorüber, ohne dieselbe schwer zu belasten. Fast schien es, daß die Br. Br. die Arbeiten einstweilen einzustellen und die Logen ganz zu schließen genötigt sein würden, zumal die Große Landesloge sämtliche Ordensakten einpacken und nach Stockholm senden sollte. Allein als man im Begriffe war, diesen Befehl auszuführen, wurde die hiesige Stadt durch den plötzlichen Einmarsch bedeutender französischer Truppenmassen überrascht, man beschloß daher, die eingepackten Akten usw. vorläufig sicherzustellen und nach Umständen weiter zu verfahren.
- Bald nahm man aber wahr, daß die feindlichen Truppen die größte Achtung (gegenüber den Freimaurern, F. H.) bewiesen, und als dann mehrere französische Br. Br. das dringende Verlangen zu erkennen gaben, an den Logenarbeiten teilzunehmen, konnte man nicht umhin, unter den obwaltenden Umständen, und da es zur Wohlfahrt der Loge (Vaterland Nebensache! F. H.) und ihrer Mitglieder gereichte, wenn keine Gelegenheit zum Mißvergnügen gegeben werde, die Arbeiten fortzusetzen und selbst suchende französische Offiziere als Mitglieder aufzunehmen ...
- Am 27. September strandete an der rügenschen Küste der mohammedanische (lies hebräische! F. H.) Kaufmann Abraham Effendi, Mitglied einer Loge in Marokko, auch ihm wurde der Eintritt in die Loge gestattet (da war ja alles beisammen! F. H.)."
Die zweite Feldloge entstand 1763 in Stralsund. Ihr Gründer war ebenfalls Generalleutnant von Salza. Sie hieß „La Charité" und ging später wieder ein. Die 1798 von der Großen Landesloge von Schweden gestiftete Loge „Gustav Adolf zu den 3 Strahlen" (1816 zur G. L. L. von Deutschland) verwahrte zwar ihre Akten, war aber nicht eigentlich ihre direkte Fortsetzung.
Die erste von „deutschen" Brrn. gegründete Feldloge finden wir 1763 in Magdeburg. Sie begann. im Oktober dieses Jahres ihre Arbeiten, bestand aus Offizieren des aus dem Siebenjährigen Kriege zurückkehrenden „Altbraunschweigischen Regiments", hatte eine eigene Hochgradloge namens „Hebron", hieß „Aux trois Colonnes" und ging 1767 wieder ein.
15 Jahre später wurde während des bayerischen Erbfolgekrieges am 24. Juni 1778 in Nimptsch (Schlesien) eine Feldloge gegründet. Dabei nahmen neben Prinz Friedrich August von Braunschweig etwa 50 Brr. teil. Näheres ist nicht bekannt.
Im selben Jahre wurde 1778 in Breslau am 3. Mai im Hauptlazarett der preußischen Armee eine Feldloge aufgezogen, die der Großen Landesloge von Deutschland unterstand und „Zum goldenen Becher" hieß. Von ihr sind Akten vorhanden. Ihr gehörte auch Johann Wilhelm Zinnendorff (Effenberger), der Gründer der G. L. L. von Deutschland an, der damals als Chef des Militär-Sanitätswesens in Breslau weilte. Bei Beendigung des Krieges wurde diese Feldloge als solche aufgelöst und mit der Loge „Zu den 3 goldenen Schlüsseln" in Berlin vereinigt.
Eine weitere Feldloge wurde 1778 in Landshut (Schlesien) konstituiert (27. 10. bzw. 9. 11.). Ihr Gründer war der Premierleutnant Joh. Rud. Ludw, von Ponikau - auch Ponigkau - (Infanterie-Regt. von Ramin), der von 1776 bis 1780 stellvertretender Stuhlmeister der Loge „Zum goldenen Pflug" in Berlin war. Diese Feldloge unterstand der G. L. L. von Deutschland und wird in deren Akten als „Armeeloge Nummer 1" bezeichnet. Die Großloge ermächtigte den Br. von Ponikau in ihrer Vollmachtserteilung vom 19. 11. 1778 auf
- „von ihm am 27. Oktober dieses Jahres getane Anfrage während der diesmaligen Winterquartiere, Freimaurerlehrlinge, Gesellen und Meister nach Vorschrift der hergebrachten Gesetze, Gebräuche und Gewohnheiten unseres Ordens auf- und anzunehmen."
Mit Beendigung des Krieges hören wir nichts mehr von dieser Feldloge.
Eine vierte Feldloge bildete sich während des bayerischen Erbfolgekrieges bei der Armee in Sachsen am 27. Oktober 1778 in Klein-SedIitz. Sie unterstand gleichfalls der G. L. L. von Deutschland, wird in deren Akten als „Armeeloge Nummer 2" geführt und hieß „Zum Wegweiser". Ihr Gründer war der ehemalige stellvertretende Landesgroßmeister der G. L. L. von Deutschland, Freiherr von der Goltz. Die Brr. dieser Feldloge waren auf ein sehr großes Gebiet verstreut.
In ihrem Gründungsprotokoll lesen wir daher u. a.:
- „Da auch aller Wahrscheinlichkeit nach die Brr. dieser neu errichteten Loge den Winter über getrennt sein würden, so war der Hochwürdige Herr Großmeister der Meinung, verschiedene von der Loge „Zum Wegweiser" abhängende Deputationsarbeiten anzuordnen, und zwar in der Lausitz unter Direktion des Hochwürdigen Bruders von Wurmb und auch in der Gegend von Wittenberg und Torgau unter Führung des Hochwürdigen Bruders Neander, als welche beide Brüder ihrer Erfahrung wegen dazu geschickt wären und den Winter über in den entfernten Provinzen die Arbeit zu dirigieren haben würden."
Das nächste Mal versammelte sich diese Feldloge am 7. Dezember 1778 in Magdeburg, das darauffolgende Mal am 1. Januar 1779 in Dresden. Von da ab fehlen weitere Angaben. Das Mitgliedsverzeichnis nennt die Namen von 38 Brr.
Als 5. Gründung der damaligen Zeit ist 1781 in Hannover ebenfalls eine Feldloge zustande gekommen. Sie ging von der Loge „Zum schwarzen Bär" aus, die unter dem damals noch in Deutschland existierenden System der sogenannten Strikten Observanz arbeitete. Zuvor wurde eine feste Loge „Zum weißen Pferd" gegründet, und diese wiederum ermächtigt, eine gleichnamige Feldloge für die Brr. des nach Ostindien abgehenden 15. und 16. Regiments der Kgl. Großbritannischen und Kur-Hannoverschen Truppen als „reisende Loge" aufzuziehen.
In der Konstitutionsurkunde vom 1. November 1781 wird ausdrücklich gesagt,
- „daß, in dem Fall beide Regimenter in solchen Standquartieren liegen, daß sie sich zu einer Loge versammeln können, sie zusammen in einer Loge arbeiten, widrigenfalls aber sich in zwei Logen zu verteilen die Macht und Befugnis haben, zu welchem Ende denn auch diese dermalige Konstitution in zwei gleichlautenden Exemplaren ausgefertigt und originalisiert worden ist".
Br. Ferdinand Runkel, dessen „Geschichte der Freimaurerei in Deutschland" (1932 Verlag Reimar Hobbing, Berlin SW 61“ ich diese Angaben entnehme, berichtet weiter:
- „Gleichlautende Urkunden erhielten die deputierten Meister: Für das fünfzehnte Regiment Major Varenius, für das sechzehnte Hauptmann von Hardenberg.
- Daß die Loge in Ostindien sehr rege gearbeitet hat, beweist ihr Rechnungsbuch, das im Jahre 1783 abgeschlossen wurde. Die Mitglieder dieser Feldloge haben sich nach Heimkehr der Truppen ihren Mutterlogen wieder angeschlossen!"
Eine weitere Feldloge, mit Namen „Johannes zum Degen", wurde von der damals noch existierenden Provinzialgroßloge der Großloge von England in Hannover 1796 in Hoya eingerichtet. Über sie ist fast nichts bekannt. Man weiß nur, daß sie bis 1801 existierte und daß ihre Brr. 1798 einige Male im Gebäude der Provinzialgroßloge in Hannover zusammenkamen.
Noch weniger wissen wir von einer anderen Feldloge, die etwa um dieselbe Zeit ebenfalls in Hannover, wahrscheinlich nach dem System der Großen Landesloge von Deutschland, arbeitete und als deren Gründer ein gewisser Georg Karl Ludwig Meißner, Kriegssekretär und Syndikus, aktenmäßig feststeht. „Ein langes Leben scheint diese Feldloge nicht besessen zu haben" (Runkel, a. a. O., Seite 101).