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Eine führende Stellung in der preußischen Freimaurerei nahm der wegen seiner liberalen Anschauungen allgemein verehrte [[Kronprinz Friedrich Wilhelm]] ein. Bei der Jahrhundertfeier der Großen Landesloge hielt er als Ordensmeister am 24. Juni 1870 eine aufsehenerregende Ansprache, in der die oft zitierten Worte vorkommen: ''"'''Nach meiner Überzeugung gibt es nur eine Freimaurerei, die nur in verschiedener Form auftritt... Möge das neue Jahrhundert wirklich eine neue Zeit werden, daß hinfort jeder in Brüderlicher Anerkennung und Achtung auch den Andersdenkenden begegne.'''"'' | Eine führende Stellung in der preußischen Freimaurerei nahm der wegen seiner liberalen Anschauungen allgemein verehrte [[Kronprinz Friedrich Wilhelm]] ein. Bei der Jahrhundertfeier der Großen Landesloge hielt er als Ordensmeister am 24. Juni 1870 eine aufsehenerregende Ansprache, in der die oft zitierten Worte vorkommen: ''"'''Nach meiner Überzeugung gibt es nur eine Freimaurerei, die nur in verschiedener Form auftritt... Möge das neue Jahrhundert wirklich eine neue Zeit werden, daß hinfort jeder in Brüderlicher Anerkennung und Achtung auch den Andersdenkenden begegne.'''"'' | ||
− | In dieser Rede betonte der Kronprinz die Einheit aller Freimaurerei, die Notwendigkeit gründlicher geschichtlicher Forschungen und die grundlegende Bedeutung der [[Johannisloge]] ([[Friedrich Kneisner|Kneisner]]). Dieser Forderung nach geschichtlicher Forschung zwecks Erhellung traditionellen Dunkels versuchte nach Angriffen Findels auf die Große Landesloge im Auftrag des Kronprinzen der Stettiner Archidiakonus G. A. Schiffmann | + | In dieser Rede betonte der Kronprinz die Einheit aller Freimaurerei, die Notwendigkeit gründlicher geschichtlicher Forschungen und die grundlegende Bedeutung der [[Johannisloge]] ([[Friedrich Kneisner|Kneisner]]). Dieser Forderung nach geschichtlicher Forschung zwecks Erhellung traditionellen Dunkels versuchte nach Angriffen Findels auf die Große Landesloge im Auftrag des Kronprinzen der Stettiner Archidiakonus Gustav Adolf Schiffmann|G. A. Schiffmann]] gerecht zu werden, stieß dabei aber auf den Widerstand der Ordensoberen der Landes-Großloge. Da er zudem einen formalen Fehler beging, indem er 1874—1876 drei Broschüren zum Teil polemischen Inhalts ohne Genehmigung der Ordensbehörde veröffentlichte, wurde er 1876 aus der Großen Landesloge ausgeschlossen. Kronprinz Friedrich Wilhelm hatte sich bereits 1874 veranlaßt gesehen, sein Amt als Ordensmeister niederzulegen, er blieb von da an stellvertretender Protektor. |
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+ | Die Anregung, die er gegeben hatte, blieb jedoch fruchtbar für die Folgezeit. Es erstanden in den altpreußischen Großlogen Historiker, wie [[Wilhelm Begemann|Begemann]], [[Ludwig Keller|Keller]], [[August Wolfstieg|Wolfstieg]] (s. diese alle), die zur Begründung exakter historischer Geschichtsschreibung in Deutschland den Grund legten. Auch die Namen der Historiker [[Johann Heinrich Felix Sonnenkalb|Sonnenkalb]], [[Johannes Bluhm|Bluhm]], [[Friedrich Kneisner|Kneisner]], sämtlich der Großen Landesloge zugehörig (s.diese alle), und [[Stephan Kekule von Stradonitz|Kekule v. Stradonitz]] ("Drei Weltkugeln") seien hier genannt. | ||
===Der Settegast-Streit=== | ===Der Settegast-Streit=== |
Version vom 9. August 2014, 18:06 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Preußen
Quelle: Lennhoff, Posner, Binder von 1932
Die Maurerei Friedrichs des Großen
deutscher Freistaat, früher Königreich Preußen
Durch die frühe Aufnahme "Friedrichs des Großen" in den Freimaurerbund (als Kronprinz in Braunschweig 14. und 15. August 1738) hatte die Freimaurerei in Preußen gleich von Anfang an eine begünstigte Stellung. Als Friedrich II. im Jahre 1740 den Thron bestieg, begrüßte ihn die "Vossische Zeitung" vom 5. Juli 1740 mit einem schwungvollen Artikel, in dem es heißt: "So werden auch die sogenannten Frey-Maurer, da man ihnen, wo nicht mehr, dennoch eine bundige Gelertheit und philosophische Honetete zugestehen muß, bei uns eine Freistatt finden." Friedrich ließ noch als Kronprinz durch den Hamburger Stuhlmeister v. Oberg auf seinem Schlosse Rheinsberg Loge halten.
Auf diese Logenarbeiten weisen, wie Kekule von Stradonitz nachweisen konnte, noch heute allegorische Wandmalereien in Rheinsberg hin.
Im November 1739 übernahm der Kronprinz selbst den Hammer und hielt dann nach seiner Thronbesteigung die erste Logenarbeit 1740 in Charlottenburg. An die von ihm geleiteten Arbeiten, bei welchen auch sein Bruder Wilhelm, die Markgrafen von Holstein und sein Schwager, der Markgraf von Bayreuth, aufgenommen wurden erinnert das bekannte Bild im Bayreuther Großlogenmuseum.
Die Loge des Königs führte keinen besonderen Namen, sondern wird als "Loge premiere" oder "Loge du Roi notre Grand Maitre" bezeichnet. Von seiten der Großloge von England wurde die Großmeisterwürde und das Recht auf Logengründung durch den jungen Preußenkönig ohneweiters anerkannt. Denn als 1741 der außerordentliche preußische Gesandte, Truchseß zu Waldburg und der Gesandte Baron von Andrié mit dem Legationsrat v. Bielfeld die Vierteljahrsversammlung der englischen Großloge besuchten, erklärte die Großloge, daß sie durch diese Einladung den königlichen Br. von Preußen ehren wolle, der als natürlicher Großmeister in seinen Staaten selbst Logen zu errichten berechtigt sei.
Der König ermächtigte ferner den Geheimen Rat Jean Etienne Jordan zur Errichtung einer neuen Loge, die am 13. September 1740 unter dem Namen "Aux trois Globes" in Berlin in Arbeit gesetzt wurde. Ihre Stifter waren Kaufleute. Ihr Mitglied Philipp Simon (1714 bis 1788), der noch in Hamburg aufgenommen war, wurde 1741 Mitstifter und Meister der Loge "Aux Trois squelettes" in Breslau sowie der Loge "Aux trois Piedestaux" in Glogau (1745). Gearbeitet wurde zunächst nach englischer Konstitution in Französischer Sprache. Die Mitglieder gehörten meist dem preußischen Adel an (Grafen von Roeder, Schwerin, Wallenrod, zu Dohna, v. Gotter, die Markgrafen v. Schwedt, v. Bayreuth, der Herzog von Holstein Beck, der englische Gesandte Lord Hindfort u. v. a.).
Die Loge in Breslau, an deren Spitze der Sonderling Reichsgraf Albrecht Joseph von Hoditz stand, verpflanzte die Freimaurerei auch nach Österreich, wo 1742 die Loge "Aux trois canons" in Wien entstand. Weitere Logengründungen erfolgten von Berlin aus in Meiningen (1741), Frankfurt/Oder (1741), Dresden (1742), Halle an der Saale (1743) und Neuchatel (1743). Im folgenden Jahre, 1744, setzte die Berliner Loge eine Schaffnerloge ein und nahm selbst die Bezeichnung "Große Königliche Mutterloge zu den drei Weltkugeln" an. Eine 1754 neubegründete Loge, "La petite Concorde", lebte in Unfrieden mit dieser. Sie sagte sich 1755 nicht nur von ihr los, sondern gründete auch eine Filiale in Magdeburg unter dem Namen "La felicité". Dieses Schisma bestand bis 1760, wo der Frieden wieder hergestellt wurde.
Französischen kriegsgefangenen Offizieren wurde gestattet, unter Führung des Marquis Gabriel Filley de Lerneu eine Militärloge, "La Fidelité", zu errichten, die jedoch keine Aufnahmen vollziehen durfte. 1752 oder 1754 gründeten dann französische Künstler, Gelehrte und Beamte, die Friedrich II. an seinen Hof gezogen hatte, eine Loge "De l'Amitié", ("Zur Freundschaft"), die dann von der Mutterloge "Zu den drei Weltkugeln" 1761 einen Stiftungsbrief unter dem Namen "De l'Amitié aux trois Colombes" erhielt, wodurch die Zahl der Berliner Logen bereits auf drei gestiegen war. Um diesen drei Logen eine gemeinsame Leitung zu geben und die oben erwähnten Mißhelligkeiten zu beseitigen, wurde über Vorschlag des Geheimrates von Printzen am 20. Mai 1761 ein Oberstes maurerisches Tribunal eingesetzt, an dessen Spitze v. Printzen als Großmeister trat. 1765 wurde in der Loge "L'Amitié" Eduard August Herzog von York, Bruder des Königs von England, aufgenommen, der das Protektorat der Loge übernahm, die sich von da an "La Loge Royal York de l'Amitié" nannte und in der Folge zur Großloge von England übertrat.
Durch die Tätigkeit des Marquis Filley de Lerneu hatte 1760 das Clermontsche System Eingang gefunden. Obermeister des sogenannten hierosolymatischen Hochkapitels in Berlin war der obenerwähnte v. Printzen, als Legat wirkte Philipp Samuel Roßa (eigentlich Dietrich Schumacher) (s.d.), der über Auftrag Printzens die Orte Norddeutschlands bereiste und dort überall Kapitel des Ritus einführte. Etwa um die gleiche Zeit ging von Berlin die von dem Kriegsrat und Kanonikus Karl Friedrich Köppen begründete Lehre der Afrikanischen Bauherren aus, die bereits 1766 in Berlin fünf Logen hatten. Besonders kräftig faßte die Strikte Observanz in Preußen Fuß. Die Mutterloge "Zu den drei Weltkugeln" nebst der Tochterloge "Zur Eintracht" schloß sich 1766 diesem Tempelherrensystem an.
In diese Zeit fällt das Auftreten einer der kräftigsten Persönlichkeiten der deutschen Freimaurergeschichte: Generalstabsarzt Johann Wilhelm Kellner von Zinnendorf. Er war 1765 Meister vom Stuhl der Großen Mutterloge geworden und hatte deren Übergang zur Strikten Observanz betrieben, trat dann aber aus und begründete auf Grundlage der von Stockholm erhaltenen sogenannten Eckleffschen Akten ein neues System, die Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland (1770).
Die Mutterloge, als Teil der Strikten Observanz, sprach dieser gegnerisch eingestellten Neugründung die Regularität ab. Von beiden Seiten wurden zahlreiche Logen ins Leben gerufen. Mehrfache Versöhnungsversuche scheiterten. Die Große Landesloge setzte sich um so leichter durch, als die Mutterloge in der Folge von den bald ausbrechenden Wirren in der Strikten Observanz stark erschüttert wurde 1773 schloß die englische Großloge mit der Großen Landesloge einen Freundschaftsvertrag, worin die Anerkennung der Regularität eingeschlossen war; 1774 folgte Friedriche des Großen Protektorium.
Zusammenbruch der Strikten Observanz
Der Zusammenbruch der Strikten Observanz auf dem Wilhelmsbader Konvent veranlaßte die Große National Mutterloge des Preußischen Staates, wie die Mutterloge "Zu den drei Weltkugeln" seit 1772 hieß, zu einer Erklärung (11. November 1783), in der sie sich selbst unabhängig erklärte und allen Freimaurerlogen in und außerhalb Deutschlands die Hand zum Frieden bot, zugleich aber die "Sekte" (die Illuminaten) in Bann tat. Diese Achterklärung hing nicht zuletzt damit zusammen, daß unter Wöllner die National Mutterloge Hort der Gold- und Rosenkreuzer, der grimmigsten Feinde des Illuminatentums, geworden war. Die Stellung der Loge "L'Amitié" schwankte zu dieser Zeit in fortgesetzten Anerkennungskämpfen.
Nachdem sie sich 1774 auf Rat der englischen Großloge der Großen Landesloge unterstellt hatte, trat sie infolge persönlicher Zwistigkeiten wieder aus, worauf ihr die Große Landesloge das Besuchsrecht sperrte, trotzdem die Loge regulär England unterstand. Der sehr persönlich geführte Streit um Zinnendorf kennzeichnet diese Periode der preußischen Freimaurerei. Erst nach seinem Tode (1782) trat eine gewisse Beruhigung ein. Sein Nachfolger, Castillon (1782—1789), mehr noch aber Johann Christoph v. Wöllner (Große National-Mutterloge) bemühten sich um den Frieden. Diese anerkennenswerte Tätigkeit wird jedoch verdunkelt durch Wöllners spätere Wirksamkeit als Justizminister und Chef des Departements für geistliche Angelegenheiten, in welcher Eigenschaft er durch daß berüchtigte zelotische Religionsedikt (1788) sowie durch seine mystische Betätigung (s. Rosenkreuzer) Preußen in ein von rosenkreuzerischen Muckern beherrschtes Land verwandelte, was ihm angesichts der geringen geistigen Qualitäten des Nachfolgers Friedrichs des Großen leicht gelang.
In jenem Jahr löste auch die Großloge von England das Freundschaftsverhältnis "wegen Intoleranz gewisser deutscher Bestimmungen". Ein Bruch, der erst 1792 wieder geheilt wurde. (Vergl. Robbins, "English speaking Freemasonry", S. 81.) 1796 bestätigte Friedrich Wilhelm II. von Preußen in einem Konfirmationspatent und Protektorium der National-Mutterloge ihre alten auf Friedrich den Großen zurückgehenden Rechte. 1797 gab sich diese, die so nach außen hin eine gesicherte Stellung erhalten hatte, eine Grundverfassung und ein Direktorium, die auch eine innere Konsolidierung bewirkten. Da nämlich der National-Großmeister Herzog Friedrich August von Braunschweig seit dem Rheinfeldzug Berlin dauernd verlassen und sein Zugeordneter v. Wöllner das Vertrauen der Brüderschaft verloren hatte, war die Großloge dem Verfall nahe gewesen.
Eine besondere Entwicklung nahm die Loge Royal York, die alte "L'Amitié". Ihr war 1796 in der Person Fesslers ein Reformator großen Stils erstanden. Auf seinen Einfluß war es zurückzuführen, daß sich die Loge am 11. Juni 1798 in vier Johannislogen teilte ("Friedrich Wilhelm zur gekrönten Gerechtigkeit", "Zur siegenden Wahrheit", "Urania zur Unsterblichkeit, "Pythagoras zum flammenden Stern"), die unter Zuziehung von früher gestifteten neun Logen des gleichen Systems die Große Loge von Preußen, genannt Royal York zur Freundschaft, begründeten.
Diese neue Großloge wurde von England sofort anerkannt, auch die Große National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“ erkannte sie an. Dagegen sprach sich die Große Landesloge dahin aus, daß sie die neue Großloge wegen der von Feßler eingeführten Ritualänderungen nicht als Freimaurerei anerkennen konne. Erst 1806 bequemte sich die Große Landesloge dazu, die neue Großloge als regulär anzusprechen.
Das Edikt von 1798
Von besonderer Wichtigkeit wurde um die Jahrhundertwende das königliche Edikt vom 20. Oktober 1798 (s. d.) "wegen Verhütung und Bestrafung geheimer Verbindungen. ..", das im §3 ausdrücklich von dem Verbote geheimer Gesellschaften "die Mutterloge ,Zu den drei Weltkugeln', die Große Landesloge und die Loge ,Royal York de l'Amitie' und die von ihnen gestifteten Tochterlogen" ausnahm, wo durch die drei preußischen (später altpreußische genannten) Großlogen eine Monopolstellung erhielten. Die in diesen Jahren zum erstenmal auftauchende Judenfrage führte zur Errichtung so genannter Toleranz- oder Melchisedekloge auch in Berlin, die sich jedoch nicht halten konnten. Der 1810 entstandene Freimaurerverein der drei Großen Logen zu Berlin sprach sich im §13 der Vereinigungsakte gegen jede Art von Zulassung von Juden, u. zw. auch als Besuchende, aus. Der aus der geistigen Not der Zeit der napoleonischen Siege geborene Verein, der eine Einigung der preußischen Freimaurerei anstrebte und monatliche Deputiertenkonferenzen abhielt, bestand bis 1823, ging dann infolge Streitigkeiten um eine Rostocker Loge in ein Stadium der Latenz über, aus dem er sich nicht mehr erholen konnte. Im allgemeinen war dann die Entwicklung auch in schwierigen Zeiten ruhig und gedeihlich.
Die Große Landesloge erhielt besondere Impulse durch Christian Carl Friedrich Freiherr von Nettelbladt (1779—1843), der ihr System ausgestaltete, die Rituale bearbeitete und 1819 einen Vertrag mit der schwedischen Großloge bewirkte, der bekundete, "daß eine Lehre, eine Abstammung, ein Geheimnis, eine Form und ein Wesen" die nordischen und die Brr. der Großen Landesloge verbinde. Die Entwicklung der preußischen Maurerei kam gelegentlich der Jahrhundertfeier Aufnahme Friedrichs des Großen (14. August 1838) in einer Festarbeit der Großen National-Mutterloge zum Ausdruck, die hierbei 90 Tochterlogen versammeln konnte. Neuerliche Einigkeitsbestrebungen führten am 28. Dezember 1839 zur Gründung des Preußischen Großmeistervereins, der allgemeine Regulative für die preußische Freimaurerei zu bearbeiten bestimmt war.
Wilhelm von Preußen
Durch die Aufnahme des Prinzen Wilhelm v. Preußen (nachmaligem Kaiser Wilhelm I.) am 22. Mai 1840, kam die preußische Freimaurerei wieder in ein innigeres Verhältnis zum Königshause. König Friedrich Wilhelm III. hatte wohl die Freimaurerei gegen Angriffe wiederholt verteidigt, er hatte auch durch seinen Kanzler Hardenberg noch auf dem Kongreß von Verona die Freimaurerei gegen die Anschläge Metternichs in Schutz genommen aber er selbst blieb den Logen fern. Er erteilte die Zustimmung zur Aufnahme seines Sohnes unter der Bedingung, daß dieser nicht einer besonderen Loge, sondern allen drei Freimaurer Großlogen des preußischen Staates angehören solle und das Protektorat über diese ausübe.
Der Großmeister Graf Henckel von Donnersmarck nahm den Prinzen im Hause der Großen Landesloge im Beisein der beiden anderen Großmeister historisch in die drei Johannisgrade auf. Die Verbindung mit dem Königshause blieb seither in Form des Protektorates eine ständige Einrichtung der preußischen Freimaurerei. Am 5. November 1853 erfolgte der Eintritt des Kronprinzen Friedrich, später Kaiser Friedrich III., der von 1860—1874 Ordensmeister der Großen Landesloge blieb. Seine Aufnahme geschah zur Zeit, als der Professor der Theologie Ernst Wilhelm Hengstenberg in seiner "Evangelischen Kirchenzeitung" 1854 und 1855 scharfe Angriffe gegen die Freimaurerei richtete.
Auch der Generalsuperintendant der Magdeburger Synode, Johann Friedrich Möller, ritt heftige Attacken gegen die Freimaurerei, die ihm nach Einflußnahme des Königs Wilhelm eine scharfe Rüge durch den Oberkirchenrat eintrugen. 1861 wurde in Potsdam der Verein Deutscher Freimaurer gegründet, gegen den sich die altpreußischen Großlogen anfangs wenig freundlich stellten. Einen Zuwachs erhielt die preußische Freimaurerei durch die Gebietserweiterung Preußens nach dem Kriege von 1866. Die Großloge von Hannover wurde auf Grund des Edikts von 1798 von der preußischen Regierung gezwungen, sich aufzulösen. Die Logen schlossen sich in der Mehrzahl der Großloge "Royal York" an. Dagegen wurde der Großen Mutterloge des Eklektischen Bundes in Frankfurt a. M. die selbständige Fortexistenz unter der Bedingung gestattet, daß sie von der Neugründung von Logen auf preußischem Boden absehen würde, wodurch sich die Zahl der preußischen Großlogen auf vier erhöhte. Die Logen in Schleswig-Holstein schlossen sich der Großen Landesloge an.
Kronprinz Friedrich Wilhelm
Eine führende Stellung in der preußischen Freimaurerei nahm der wegen seiner liberalen Anschauungen allgemein verehrte Kronprinz Friedrich Wilhelm ein. Bei der Jahrhundertfeier der Großen Landesloge hielt er als Ordensmeister am 24. Juni 1870 eine aufsehenerregende Ansprache, in der die oft zitierten Worte vorkommen: "Nach meiner Überzeugung gibt es nur eine Freimaurerei, die nur in verschiedener Form auftritt... Möge das neue Jahrhundert wirklich eine neue Zeit werden, daß hinfort jeder in Brüderlicher Anerkennung und Achtung auch den Andersdenkenden begegne." In dieser Rede betonte der Kronprinz die Einheit aller Freimaurerei, die Notwendigkeit gründlicher geschichtlicher Forschungen und die grundlegende Bedeutung der Johannisloge (Kneisner). Dieser Forderung nach geschichtlicher Forschung zwecks Erhellung traditionellen Dunkels versuchte nach Angriffen Findels auf die Große Landesloge im Auftrag des Kronprinzen der Stettiner Archidiakonus Gustav Adolf Schiffmann|G. A. Schiffmann]] gerecht zu werden, stieß dabei aber auf den Widerstand der Ordensoberen der Landes-Großloge. Da er zudem einen formalen Fehler beging, indem er 1874—1876 drei Broschüren zum Teil polemischen Inhalts ohne Genehmigung der Ordensbehörde veröffentlichte, wurde er 1876 aus der Großen Landesloge ausgeschlossen. Kronprinz Friedrich Wilhelm hatte sich bereits 1874 veranlaßt gesehen, sein Amt als Ordensmeister niederzulegen, er blieb von da an stellvertretender Protektor.
Die Anregung, die er gegeben hatte, blieb jedoch fruchtbar für die Folgezeit. Es erstanden in den altpreußischen Großlogen Historiker, wie Begemann, Keller, Wolfstieg (s. diese alle), die zur Begründung exakter historischer Geschichtsschreibung in Deutschland den Grund legten. Auch die Namen der Historiker Sonnenkalb, Bluhm, Kneisner, sämtlich der Großen Landesloge zugehörig (s.diese alle), und Kekule v. Stradonitz ("Drei Weltkugeln") seien hier genannt.
Der Settegast-Streit
Ein Geschehnis von weitreichender Bedeutung war der Settegast-Streit (s. d.) in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts, dessen Ausgang die Monopolstellung der altpreußischen Großlogen beseitigte, die sich fast 100 Jahre lang auf das Edikt von 1798 gestützt hatten. Der vor Gericht ausgetragene Kampf der Settegast-Großloge um ihre gesetzliche Existenzberechtigung endete mit der juristischen Niederlage der Altpreußen, indem das Oberverwaltungsgericht am 22. April 1893 erklärte, daß durch die preußische Verfassung vom 6. April 1848 alle Preußen ermächtigt seien, sich zu solchen Zwecken, welche den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, ohne vorgängige polizeiliche Erlaubnis in Gesellschaften zu vereinigen. Damit war das Edikt erledigt. (Es ist übrigens erst 1931 nebst zahlreichen anderen veralteten und überholten Gesetzen und Verordnungen durch die Reichsregierung gestrichen worden!)
Eine Denkschrift der drei altpreußischen Großmeister Gerhardt, Zollner und Flohr vom 19. April 1893 vermochte nichts mehr zu ändern. Seit dieser Zeit begannen auch die übrigen deutschen Großlogen in P., vor allem auch in Berlin, Logen zu gründen. Die von Settegast begründete Großloge "Kaiser Friedrich zur Bundestreue" (27. November 1892) in Berlin, die von den anderen deutschen Großlogen nicht anerkannt wurde, bestand bis 1900. Durch geschickte Vermittlung des Hamburger Großmeisters Carl Wiebe (s. d.) ging sie dann als Berliner Provinzial-Großloge an die Großloge von Hamburg über. Sie löste sich 1924 auf, wodurch ihre Logen wieder direkt Hamburg unterstehen.
Nach dem Tode Kaiser Friedrichs, 1888, änderte sich das Verhältnis der preußischen Großlogen zum Herrscherhaus nur unwesentlich. Protektor wurde Prinz Friedrich Leopold von P., eine persönlich sehr unbedeutende Erscheinung. Der Verkehr mit ihm beschränkte sich meist nur auf höfische Höflichkeitsbezeugungen anläßlich seines Geburtstages u. a. m. Nach der Novemberrevolution 1918 verschwand er recht plötzlich in der Versenkung der preußischen Freimaurergeschichte. Diese verläuft zu dieser Zeit mit der Geschichte der übrigen deutschen Freimaurerei (s. Deutschland). Ereignisse besonderer Art vor dem Weltkrieg waren noch der Besuch der altpreußischen Großmeister in London, 1912, und der Gegenbesuch des englischen Pro-Großmeisters Lord Amphtill und einer Abordnung der Großloge von England bei den altpreußischen Großlogen in Berlin, 1913.
Die neueste Zeit
Nach dem Weltkriege waren alle deutschen Großlogen den heftigsten Angriffen ausgesetzt. In den mit Offizieren, Staatsbeamten, Mitgliedern der Adelskreise und Alten Herren der zahlreichen deutschen Studentenkorporationen stark durchsetzten altpreußischen Großlogen mag dieser Frontalstoß gegen die Freimaurerei besonders peinlich empfunden worden sein. Dazu kam noch die in Deutschland immer latente Judenfrage, die von den Gegnern besonders ausgenutzt wurde. Es machte sich daher in der preußischen Freimaurerei als erstes das Bestreben geltend, diese schwachen Frontabschnitte möglichst zu versteifen. Daher wurde die Judenfrage radikal gelöst, indem auch in der seit 1872 wenigstens in den drei Johannisgraden humanitären Großloge "Royal York", die sich seit l915 "Große Loge von Preußen, genannt zur Freundschaft" nennt, das christliche Prinzip eingeführt wurde, das die beiden anderen altpreußischen Großlogen nie verlassen hatten.
Ebenso wurden die Allgemeinen Grundsätze der Freimaurerei, die der deutsche Großlogenbund 1870 und 1878 beschlossen hatte, gestrichen nicht zuletzt wegen des Punktes IV, nach dem Stand, Nationalität oder Farbe, Religionsbekenntnis und politische Meinungen kein Hindernis der Aufnahme sein sollten. Eine weitere Konsequenz war — 1922 — der Austritt aus dem Deutschen Großlogenbund. Auch gegenüber dem Verein Deutscher Freimaurer trat die Große Landesloge feindlich auf, indem sie die Mitgliedschaft untersagte, allerdings ohne in diesem Punkt bei den beiden anderen altpreußischen Großlogen Gefolgschaft zu finden. In zahlreichen Deklarationen und Manifesten haben seither die drei altpreußischen Großlogen ihren christlich-deutschen Sonderstandpunkt, der auch die "Alten Pflichten" kategorisch ablehnt, teils vereinigt, teils einzeln in der Öffentlichkeit betont.
Dabei wird die christlich-nationale Tendenz gestützt durch Ablehnung jeder internationalen Bindung und Bekämpfung pazifistischer Stromungen innerhalb der Freimaurerei.
Als letzte Konsequenz wurde 1931 von den Großlogen "Drei Weltkugeln" und "Freundschaft" der Verkehr mit der Großloge von Wien abgebrochen, weil diese international und pazifistisch gerichtet ist, ein Schritt, in dem ihnen die Groß Landesloge (diese auch in Bezug auf die Großloge "Lessing zu den drei Ringen") längst vorausgegangen war.
Die drei altpreußischen Großlogen woll[t]en bewußt die Isolierung der von ihnen vertretenen Freimaurerei von der übrigen Freimaurerei und sind[waren] bestrebt, auch zwischen sich und der humanitären Freimaurerei Deutschlands einen auch der breiteren Öffentlichkeit deutlich erkennbaren Trennungsstrich zu ziehen. Mit diesen Bestrebungen haben sie bei mehreren humanitären deutschen Logen Beifall gefunden, die zu ihnen abgewandert sind. Besonders völkisch eingestellt sind[waren] dabei die sogenannten altpreußischen Ringe (s. d.) in Bielefeld und Wetzlar, die zum Teile heute[zu der Zeit] tonangebend geworden sind.
[bitte die Entstehungszeit dieses Textes bedenken!]
Dieses Streben nach nationaler Geltung wird[wurde] allerdings nicht von allen gegnerischen Gruppen anerkannt. Wohl hat u. a der Stahlhelm für sich erklärt, daß er in die nationale Verläßlichkeit der ihm angehörenden Freimaurer keinen Zweifel setze.
Aber andere maßgebende Faktoren des völkischen Lagers sind[waren] durch keine wie immer geartete Aufklärung zufriedenzustellen. Der ehemalige Landes-Großmeister der Großen Landesloge, Graf v. Dohna, mußte sich von dieser Seite sogar den Vorwurf des Landesverrates machen lassen und bei Gericht seine Ehre verteidigen. Einige nationalistische Gruppen mach[t]en heute[zu jener Zeit] hinsichtlich ihrer Einschätzung noch einen Unterschied zwischen der Großen Landesloge und den beiden anderen altpreußischen Großlogen, welch letztere sie dem humanitären Lager gleich stell[t]en (so die Deutsche Adelsgenossenschaft). Als Gruppe der Freimaurerei betrachtet, sind die altpreußischen Großlogen eine Besonderheit der Freimaurerei auch der deutschen an sich genommen.
Ähnlich wie die skandinavische Gruppe stehen sie den übrigen Freimaurereien in ihrer Einstellung gegensätzlich gegenüber. Hier haben Milieu Verhältnisse einen bestimmenderen Einfluß, als von altpreußischen Freimaurern gewöhnlich zugegeben wird. Ganz folgerichtig geht aber hierbei nur die Große Landesloge vor. Sie nimmt von Vorgängen in der übrigen Maurerei der Welt— außer der skandinavischen — so gut wie keine Notiz mehr, während die beiden anderen durch das in ihren Blättern immer noch deutlich erkennbare Interesse an freimaurerischen Geschehnissen auch außerhalb Deutschlands das Verbindende des Freimaurernamens und des Freimaurerbrauchtums noch nicht ganz abgestreift haben und vermutlich auch nicht abstreifen werden. Es sind zeitbedingte Erscheinungen, die heute[zu jener Zeit] die altpreußische Freimaurerei in ihre "splendid isolation" hineingetrieben haben.
Daß es hierdurch zu einer Spaltung innerhalb der deutschen Gesamtfreimaurerei gekommen ist, der die Ansätze zu einer Einigung zum Opfer gebracht wurden, ist dabei vom Standpunkte deutscher Freimaurerei sicherlich sehr bedauerlich. 1912 schrieb der Altpreuße Kneisner in seiner "Geschichte der deutschen Freimaurerei" den Satz: "Das Streben nach einer allgemeinen deutschen Großloge ist bei der Verschiedenheit der grundsätzlichen Richtungen aussichtslos. In äußeren Dingen ist aber eine Einigung bei allseitigem Entgegenkommen möglich. Der geschichtliche Gang drängt danach! Kommen wird sie!" Heute[zu jener Zeit] ist[war] diese Hoffnung für lange Zeit als ganz aussichtslos anzusehen!
[bitte die Entstehungszeit dieses Textes bedenken!]
Neben der altpreußischen Freimaurerei bestehen in zahlreichen preußischen Orten Logen auch der anderen deutschen Systeme. Außerdem ist Berlin der Sitz des Obersten Rates des A. u. A. Schottischen Ritus von Deutschland (s. auch Deutschland, Hohenzollern, Berlin und die hier abgehandelten einzelnen Namen).