Leo Taxil

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Buchdeckel der Erstausgabe
Illustration aus dem Buch
Illustration aus dem Buch

Leo Taxil bei Lennhoff-Posner

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)

(Pseudonym für Jogand-Pages, Gabriel), französischer Publizist und Buchhändler, der den berühmten Taxil-Schwindel inszenierte, "der größte Lügner des 19. Jahrhunderts", * 1854 in Marseille, † 1907, wurde nach Erziehung durch Jesuiten ein in Wort und Schrift sich sehr radikal gebärdender Freidenkerführer, ließ sich 1881 in der Freimaurerloge "Le Temple de l'honneur française" aufnehmen, in der er es aber nur zum Lehrling brachte. Nach nur dreimaligem Besuch wurde er wegen Vergehens gegen die freimaurerische Ehre (unsaubere Geschäfte) ausgestoßen.

Als leidenschaftlicher Bekämpfer des Katholizismus bekannt (er gab u. a. ein antiklerikales Jahrbuch heraus), erregte es gewaltiges Erstaunen als Taxil 1885 öffentlich seine Vergangenheit abschwor und sich feierlichst zur katholischen Kirche bekehrte, mit der Ankündigung, nun für diese streiten zu wollen.

Die Bekehrung des bisherigen Todfeindes, der zuerst in ein Trappistenkloster zu gehen erklärte, wurde als gewaltiger Triumph der Sache der Kirche gewertet; der Apostolische Nuntius in Paris lud ihn ein, seine Feder in den Dienst Roms zu stellen, und niemand ahnte, daß Taxil in Wahrheit einen überdimensionalen Schwindel vorbereite, einmal, um die gehaßte Freimaurerei zu treffen, anderseits um einen Großen geschäftlichen Fischzug zu tun. Taxil erwirkte durch hochgestellte Geistliche bald nach Beginn seiner Antifreimaurerkampagne eine Audienz bei Papst Leo XIII., der kurz zuvor gegen die Freimaurerei die Enzyklika "Humanum genus" erlassen hatte, und machte ihm Mitteilung von seinen auf Vernichtung der Freimaurerei hinauslaufenden Absichten.

1885 erschien das erste seiner, diesem Plan dienenden Werke, "Les fréres Trois Points" ("Die Dreipunktebrüder"), das neben manch Richtigem — aber der wirklich interessierten Öffentlichkeit keineswegs Unbekanntem — aus dem freimaurerischen Ritual, faustdick aufgetragenen groteskesten Schwindel enthielt. Weitere Bücher gleicher Art folgten. Schon in den "Dreipunktebrüdern" enthüllte Taxil daß die Freimaurerei Teufelskult treibe, das ihr ganzes Ritual nichts als eine Verherrlichung Luzifers darstelle. Namentlich "die Areopage und Kapitel", hieß es da, "stehen unter dem Einfluß des Geistes des Bösen, Luzifer und Eblis, des angeblichen Lichtengels, mit welchen die Ritter Kadosch (die Freimaurer des XXX. Grades des A. u. A. Schottischen Ritus) durch ihre Teufelsbeschwörungen und schwarzen Künste in direkter Gemeinschaft stehen".

Phantastisches erzählte Taxil auch von sexuell-orgiastischen Vorgängen in Frauenlogen und vom "Meuchelmord in der Freimaurerei", dem er ein ganzes Buch widmete. Die Mitteilungen über die Audienz beim Papst, die in der katholischen Presse in sensationeller Aufmachung erschienen, erhöhten den Glauben an die Richtigkeit der Enthüllungen, die immer toller wurden. 1891 kam das Buch "Les Soeurs Maçonnes" ("Gibt es Frauen in der Freimaurerei?") heraus, in dem der angebliche Teufelskult der Hochgradmaurerei noch eingehender ausgemalt wurde. In den "palladistischen Satanslogen" feierte man nach Taxil wahre Unzuchtsorgien. Luzifer würde auch hier als Prinzip des Guten verehrt, der Gott der Christen als Geist des Bösen geschmäht. "Hier beginnen der Kult und die direkte Anbetung des Teufels, die progressive Vertiefung durch die Schwarze Kunst, endlich die Ehrenbezeugung an den Satan in Gestalt einer Schlange... der Adept ruft Satan als seinen Gott an... er betet ihn an in Gestalt von Baphomet (s. d.), einem infamen Götzenbild mit Bocksfüßen, Frauenbrüsten und Fledermausflügeln". Taxil ließ auch eine von ihm erfundene Sophie Walder auftreten, die "Urgroßmutter des Antichrist" und palladistische Großmeisterin.

Noch ein zweites weibliches Wesen wurde ersonnen, die "Palladistin Diana Vaughan", angeblich 1874 als Tochter des Teufels Bitru geboren, im Alter von zehn Jahren in eine amerikanische Palladistenloge aufgenommen und dem Teufel Asmodeus angetraut. Diese gar nicht existierende Dame "schrieb" unter dem Titel "Mémoires d'une Expalladiste" scheußliche Enthüllungen, die weiteste Verbreitung fanden. Mit der Welt verkehrte Diana Vaughan ausschließlich durch Taxil. Sie publizierte durch ihn Artikel mit authentischen Teufelsdokumenten, z. B. der Unterschrift des Teufels Bitru. Als sie dem Kardinalvikar Parocchi eine Spende für einen geplanten antifreimaurerischen Kongreß zukommen ließ übermittelte ihr dieser im Auftrag des Papstes den Apostolischen Segen.

Die Bücher und Artikel Taxils, die in der ganzen Welt Verbreitung fanden, wurden unterstützt durch gleichzeitige, gleichartige "Enthüllungen" von anderer, mit Taxil verbündeter Seite. "Dr. Bataille", in Wirklichkeit ein Deutscher namens Hacks, veröffentlichte in 200 Fortsetzungen das Lieferungswerk "Le Diable au 19e ciecle" ("Der Teufel im 19. Jahrhundert"), das l0.000 Abonnenten fand. Auch der Italiener Domenico Margiotta (s. d.) schrieb mehrere Bücher über den Teufelskult, wobei er namentlich sehr konkrete, wenn auch aus den Fingern gesogene Beschuldigungen gegen Crispi und die italienische Freimaurerei erhob. Der Franzose Paul Rosen ("Satan & Co." und "L'ennemie sociale") stieß in das gleiche Horn. Viele Kirchenfürsten, namentlich der Bischof von Grenoble, Favart dann der Erzbischof Leon Meurin ("La Franc-Maçonnerie — Synagogue de Satan") wurden Apostel Taxils, der den amerikanischen Freimaurer Albert Pike (s d.) zum "Teufelspapst" stempelte.

1896 fand auf Anregung von Taxil in Trient ein großer Antifreimaurerkongress (s. d.) statt, zu dem 36 Bischöfe, 50 bischöfliche Delegierte und mehr als 700 Interessenten, größtenteils Geistliche, erschienen. Tagelang wurde über "Mis Vaughan" debattiert. Deutsche Kleriker (Hauptredner: Mgr. Gratzfeld als Vertreter des Erzbischofs von Köln und Dr. Baumgartner aus Rom) traten gegen den Glauben an deren Existenz auf, andere, vor allem Franzosen, legten sich für Taxil ins Zeug. Dieser selbst griff ein, indem er auf der Rednertribüne mit einer Photographie Diana Vaughans erschien und heftige Angriffe gegen den Jesuitenpater Hermann Gruber erhob der, anfänglich selbst im Banne des Schwindels dann, nach den aufklärenden Schriften Findels und anderer, das meiste zu seiner Aufdeckung beitrug. Taxil erhielt stürmischen Abgangsapplaus, und man beschloß, das Problem Vaughan durch eine Kommission restlos klären zu lassen.

Diese Kommission erklärte diplomatisch, daß sie keinen zwingenden Beweisgrund, sei es für, sei es gegen die Existenz der Teufelstochter, habe finden können. Am Ostersonntag 1897 enthüllte dann Taxil anläßlich eines Vortrages über den Palladismus Kultus im Saal der Geographischen Gesellschaft in Paris selbst den Schwindel in seinem ganzen gewaltigen Umfang, indem er die Mystifikation aufdeckte und zynisch erklärte, daß Miss Vaughan niemals existiert und er mit seinen Machenschaften die Spitzen des Klerus zwölf Jahre lang dupiert habe.

Theodor Lessing ("Geschichte als Sinngebung des Sinnlosen", Seite 87 ff.) kommt zu einer anderen Wertung Taxils, den er persönlich gekannt hat. Er schreibt:

"Vor den Erschienenen trat er am 19. April 1897 zur grenzenlosen Überraschung der uneingeweihten Kleriker mit der lachenden Enthüllung hervor, daß er immer noch, wie in seiner Jugend, Freidenker und Kirchenfeind sei und lediglich ein zehn Jahre lang dauerndes Spiel mit dem Aberglauben und dem Fanatismus des Menschen gespielt habe. Alle Einzelheiten seiner Audienzen beim Heiligen Vater, seinen Verkehr mit den Bischöfen, die kleinen Züge des von den Jesuiten gewünschten und angebahnten Wunderschwindels, die Lebensgeschichte der Vaughan alles gab er in behaglich-komischer und derb-übermutiger Weise dem Gelächter preis."

Der Skandal zitterte manche Jahre nach. Taxil hielt während dieser Zeit Vorträge über seine Erlebnisse mit der Kirche in den französischen Städten und gab eine Fülle spöttischer, derbsatirischer Schriften heraus, die das Motto tragen ,Tuons-les par le rire' (Töten wir sie durch Gelächter!) und mit übermütigen Widmungen an die befreundeten Bischöfe oder gar an den Papst zum Danke für die ihm erteilten Segen versehen sind. "Ich habe", schreibt Lessing, "den Mann gekannt und einige Jahre mit ihm Verbindung unterhalten. Daher glaube ich zu wissen, das weder Eitelkeit, Ruhmsucht, Geldgier noch auch Fanatismus für Aufklärung und Freigeisterei die Triebfeder seines Handelns war.

Er gehörte, geborener Gascogner, zu den bewundernswert überlegenen Leuten, die an Spott und Spiel ein wahrhaft künstlerisches Vergnügen haben. Das ist ein Stück Dichtertum, frei von jedem Pathos, außer einem gewissen Pathos des Witzes."


Stichwort "Taxil Schwindel" in Wikipedia

Quelle: Wikipedia, Artikel dort: http://de.wikipedia.org/wiki/Taxil-Schwindel

Der Taxil-Schwindel war ein von 1885 bis 1897 andauernder Schwindel einer vorgeblichen Enthüllungsgeschichte geheimer satanischer Riten der Freimaurerei durch Léo Taxil (1854–1907). Nach seinem Ausschluss aus der Freimaurerei wusste er den Argwohn der römisch-katholischen Kirche gegenüber der Freimaurerei lukrativ zu nutzen, zugleich konnte er seiner Abneigung gegenüber beiden Seiten genüge tun.

Léo Taxil

Léo Taxil (sein eigentlicher Name war Marie Joseph Gabriel Antoine Jogand-Pagès) war Atheist und bereits wegen seiner Schmähschrift Die geheimen Liebschaften von Pius IX. verurteilt worden.

Am 20. April 1884 veröffentlichte Papst Leo XIII. eine Enzyklika Humanum genus, die aussagte, dass die Menschheit in zwei unterschiedliche oppositionelle Teile geteilt sei, bei der die eine standhaft für die Wahrheit und Tugend kämpfe und die andere für die Dinge, die in Kontrast zu Tugend und Wahrheit stünden. Die eine sei das Königreich Gottes auf Erden, nämlich die Kirche von Jesus von Nazaret, die andere sei das Königreich Satans, die durch die Freimaurerei angeführt oder unterstützt würde.

Zuvor weithin als Bekämpfer des Katholizismus bekannt, entschied sich Taxil nach dieser Enzyklika 1885 öffentlich vorgeblich für den Katholizismus und gab kund, dass er damit den durch ihn verursachten Schaden gegenüber dem wahren Glauben wieder zu beheben versuche. Darüber hinaus erklärte er, in ein Trappistenkloster zu gehen. Dies beeindruckte den Apostolischen Nuntius in Paris derart, dass er ihn darum bat, er möge seine Fähigkeiten als Autor doch in die Dienste Roms stellen. Taxil erwirkte zu Beginn seiner Antifreimaurerkampagne gar eine Audienz bei Papst Leo XIII. Taxils wahre Absicht lag aber darin, die Freimaurerei öffentlich zu verleumden, weil diese ihn bereits nach drei Besuchen wegen unsauberer Geschäfte ausschloss, und die Römisch-Katholische Kirche in Verlegenheit zu bringen.

Satanismus-Schwindel

Ein Plakat

Das erste Buch Les frères Trois-Points (1885) war die in größeren Passagen frei erfundene vierbändige Geschichte der Freimaurerei, die fiktive Augenzeugenberichte über eine vermeintlich androgyne „palladische Freimaurerei“ mit luziferianischen Orgien enthielt.

1891 veröffentlichte er das Buch Les Sœurs Maçonnes, in der er „palladistische Satanslogen“ ersann und Eliphas Lévis erfundenen Baphomet von 1854 aufgriff, eine Gestalt eines Götzenbildes mit Bocksfüßen, weiblichen Brüsten und Fledermausflügeln. Eine erfundene Sophie Walder sei die palladistische Großmeisterin und „Urgroßmutter des Antichrist[en]“.

Zusammen mit Taxil schrieb der Deutsche Dr. Karl Hacks unter dem Pseudonym „Dr. Bataille“ in 200 Fortsetzungen das Werk mit dem Titel Teufel im neunzehnten Jahrhundert, das 10.000 Abonnenten fand. Das Werk beinhaltet viele unplausible Märchen. Man erfand eine 1874 geborene Diana Vaughan, welche die Tochter des „Teufels Bitru“ gewesen sein soll. Mit zehn Jahren sei sie Satan geweiht und in eine amerikanische Palladistenloge aufgenommen worden. Weiter wurden ihre Begegnungen mit inkarnierten Dämonen beschrieben, dabei soll einer Prophezeiungen auf ihrem Rücken mit seinem Schweif geschrieben haben, ein anderer Dämon in Form eines Krokodils spielte Klavier. Später wäre sie ausgetreten, als sie sich eines Tages zur Verehrung von Jeanne d’Arc bekannt habe, bei deren Name die Dämonen in die Flucht geschlagen worden wären. Als Diana Vaughan publizierte Taxil ihre vermeintlichen Memoiren einer Ex-Palladistin und ein Buch mit dem Titel Eucharistic Novena, eine Sammlung von Gebeten, die vom Papst gelobt wurden. 1896 stand sie im Mittelpunkt des Trienter Antifreimaurerkongresses in der Residenz des Fürstbischofs von Trient, Eugenio Carlo Valussi. Eröffnet wurde dieser Kongress nach Erscheinen der Enzyklika Praeclara gratulationis publicae des Papstes Leo XIII. auf Antrag des Präsidenten der italienischen Antifreimaurerliga Gullino Luigi am 27. September. Zugegen waren 36 Bischöfe, bischöfliche Delegierte, Kardinäle und mehr als 700 zumeist geistliche Abgesandte.

Enthüllung

1896 entlarvte die „Kölnische Volkszeitung“ unter Hermann Cardauns Taxil als Schwindler und Miss Diana Vaughan als dessen Frau. Cardauns hielt ab 1901 öffentliche Vorträge über „Literarische Kuriosa“, bei denen er auch sehr ausführlich auf Taxil einging.Große Bekanntheit außerhalb des katholischen Lagers erlangte C. durch die Aufdeckung des Antifreimaurer-Schwindels des Franzosen Leo Taxil… In: Biografisch-Bibliografisches Kirchenlexikon, Band XXII (2003) Spalten 161–170 Autor: Gunnar Anger

Am 19. April 1897 deckte Taxil dann selbst statt eines Lichtbild-Vortrages über Diana Vaughan und den Palladismus-Kult im Saal der Geographischen Gesellschaft auf, dass seine spektakulären Enthüllungen über die Freimaurerei fiktiv seien, erklärte zynisch Eugen Lennhoff, Oskar Posner, Dieter A. Binder: Internationales Freimaurer Lexikon. 5. Auflage 2006. Herbig Verlag, Seite 831, dass Diana Vaughan nie existiert habe, und dankte der Geistlichkeit für ihre Unterstützung durch ihre Werbung für seine wilden Behauptungen.

Bis heute wird der Schwindel von verschiedenen Gruppen für wahr gehalten und gegen die Freimaurerei verwendet. So publiziert der fundamentalistisch-protestantische Verlag Chick Publications Traktate wie Der Fluch Baphomets


Spottgedicht im Kladderadatsch

15. Juli 1888: Jahrgang 41, Nr. 33, 1. Beiblatt

Der Kladderadatsch war eine deutsche politisch-satirische Wochenzeitung. Sie erschien von 1848 bis 1944.

Lebenslauf des ehrenwerten Leo Taxil

Einst schwärmt er für die Maurerei
War keck und frech in seinem Denken;
Verfallen ganz dem Gottseibei-
uns, saß er auf der Spötter Bänken.
Nur Lästerung war. was er sprach,
Stets schlimmer trieb es der Verruchte,
Bis er zuletzt, o Schande und Schmach!
Sich gar als Ponograph versuchte.
Doch als aufs Äußerste beschwert
Er lange so sein Schuldregister,
Da hat er endlich sich bekehrt,
Urplötzlich ward ein guter Christ er.
Noch zeitig hat als frommes Schaf
Den Weg zum Himmel er betreten,
Und besser denn als Pornograph
Steht er sich heute bei dem Beten.
Die Sünde, die ihn einst befleckt,
Vertilgen längst der Reue Flammen;
Nun schilt, zu hohem Dienst erweckt,
Er auf die Welt mit uns zusammen.
Er steht, wo unser Banner fliegt,
Und ungern würden wir ihn missen.
Wie sehr die Welt im Argen liegt,
Wer kann so gut wie er es wissen?!

Erläuterung:

"Taxil, Leo (eigentlich Gabriel Jogand), Schriftsteller, geb. 1854 in Marseille, gest. 30. März 1907 in Sceaux, war schon 1872 in radikalen Blättern in Paris als Journalist tätig und gründete zahlreiche Freidenkervereine (281 mit 17,000 Mitgliedern). Nach dem Erlass der Bulle des Papstes Leo XIII. gegen die Freimaurer vom 20. April 1884 erklärte er sich im »Univers« für einen reuigen Sünder und trat nun angeblich im Interesse der römischen Kirche gegen die Freidenker auf.

Er schrieb: »Vollständige Enthüllungen über die Freimaurerei« (Par. 1885, 2 Bde.), »Drei Punkte-Brüder« (deutsch von Gruber) und andre Bücher, in denen er die Freimaurer des Teufelsdienstes und schändlicher Laster beschuldigte. Mit einem Dr. Bataille (Karl Hacks) gab er das Werk: »Der Teufel im 19. Jahrhundert« (1892–94, 2 Bde.) heraus, mit einem Italiener Margiotta »Adriano Tenani, Oberhaupt der Freimaurer«.

Er erfand einen Teufel Bitru und als dessen jetzt bekehrte Dienerin eine amerikanische Miss Diana Vaughan, die in ihren Memoiren tolle Enthüllungen machte und dafür den päpstlichen Segen empfing. 1896 fand in Trient ein von 36 Bischöfen etc. besuchter Kongress statt, der Taxil wegen seiner Verdienste um die Kirche feierte. Taxil enthüllte aber 19. April 1897 in Paris selbst, dass er der römischen Geistlichkeit und Presse eine grobe Mystifikation gespielt habe. Vgl. Rieks, Leo XIII. und der Satanskult (Berl. 1897); Bräunlich, Der neueste Teufelsschwindel (Leipz. 1897)."

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

"Im Jahre 1885 „bekehrte" sich der in Frankreich sehr bekannte Schriftsteller und Freidenker LeoTaxil. Der päpstliche Nuntius in Paris nahm ihn sofort unter seine besondere Obhut und forderte ihn auf, mit seiner Feder hinfort für die Kirche Gottes zu kämpfen.

Das tat er auch und seiner emsigen Feder entströmten eine Reihe von Werken, die zwar an Wahnwitz und Teufelsspuk das Tollste enthielten, was die Phantasie aushecken konnte, nichts desto weniger oder vielleicht auch deshalb den Beifall der katholischen Presse, den der Geistlichkeit, ja sogar die Zustimmung des Papstes Leo XIII., der alle las, und enorme Verbreitung fanden. Doch das genügte dem Pfiffikus nicht, und so vereinigte er sich denn mit einem Dr. Karl Hacks, um durch etwas noch Großartigeres zu beweisen, was hundert Jahre nach Kant, im Zeitalter der Naturwissenschaften und der Technik gläubigen Gemütern alles aufgetischt werden konnte. Unter dem Namen Dr. Bataille schrieb dieser das Buch „Le Diable au 19. siècle", dessen erste Lieferung am 29. September 1892 erschien. Es ist ein in Romanform geschriebenes Reisewerk, worin Dr. Hacks die verschiedenen Länder, die er bereist hat, beschreibt unter dem Gesichtspunkt des Teufelskultus, der in ihnen getrieben wird.

So sieht der Verfasser z. B. beim Satanspapst Pike ein teuflisches Telephon, durch welches er den [S. 237] sieben großen Direktorien, Charleston, Rom, Berlin, Washington, Montevideo, Neapel und Kalkutta seine Weisungen übermittelt.

Mit Hilfe eines magischen Armbandes kann Pike den Luzifer jeden Augenblick herbeirufen. Eines Tages nahm Satan Pike sanft auf seine Arme und machte mit ihm eine Reise auf den Sirius (!). In wenigen Minuten waren über 50 Millionen Meilen zurückgelegt. Nach Besichtigung des Sternes langte Pike in den Armen Luzifers wohlbehalten wieder in seinem Arbeitszimmer in Washington an.

In London wird durch diabolische Künste ein Tisch zum Plafond gebracht und in ein Krokodil verwandelt, das sich ans Klavier setzt, fremdartige Melodien spielt und die Hausfrau durch ausdrucksvolle Blicke in Verlegenheit bringt! In diesem Stile geht es weiter.

Ein zweiter Mitarbeiter Taxils war der Italiener Margiotta, der im Jahre 1894 das Buch „Adriano Lemmi, chef supréme des Franc-Maçons" schrieb. Er verdiente damit in wenigen Monaten 50 000 Frs. und der ultramontane Verlag von Schöningh in Paderborn beeilte sich, mit diesem Erzeugnis die deutschen Katholiken zu beglücken.

Er erzählt, dass der Teufelspapst Memmi im Palazzo Borghese zu Rom einen förmlichen Satansdienst eingerichtet habe. Er ließ ein Kruzifix mit nach unten hängendem Christuskopf unter dem Rufe „Ehre dem Satan" bespeien, durchbohrte bei jedem Briefe, den er an seinem Schreibtisch schrieb, Hostien, die aus katholischen Kirchen entwendet waren, mit einer Bohrfeder, ließ bei allen Banketten der Freimaurer Satanshymnen singen [S. 238] und besondere Räume für Mopsschwestern (Frauenloge, deren Ritual Taxil in seinen „Dreipunktbrüdern", Verlag der Bonifatius-Druckerei zu Paderborn, eingehend beschreibt) einrichten, mit denen die Brüder Orgien feierten. Dabei tritt Bataille die obszönsten Dinge mit Behagen breit, in dem er sich auf höhere Weisung beruft: „Wir gehorchen ohne Hintergedanken den Befehlen des Heiligen Vaters, der will, dass wir der Freimaurerei die Maske abreißen, mit der sie sich verhüllt, und sie so zeigen, wie sie ist."

Damit nicht genug, ließ Taxil mit Hacks vom Juli 1895 bis Juni 1897 in Paris das Lieferungswerk „Miss Diana Vaughan. Mémoires d'une Expalladiste. Publication mensuelle" erscheinen. Es waren die Memoiren eines früher dem Teufel verschriebenen, jetzt bekehrten jungen Mädchens mit ihren eigenen Worten geschildert und — wie die Dame selbst — natürlich von den beiden Witzbolden erfunden.

Wie nicht anders zu erwarten, fanden die Memoiren in der katholischen Welt reißenden Absatz und begeisterte Lobredner. Sie verdienten es aber auch. Miss Vaughan war nämlich am 29. Februar 1874 geboren als Frucht einer Verbindung ihrer Mutter mit dem Teufel Bitru, dem sie schon als kleines Kind geweiht wurde. Als sie mit 10 Jahren „Meister" der Palladistenschule zu Louisville in Amerika wurde, brachte der Oberteufel Asmodeus außer 14 Legionen Unterteufeln auch den Schwanz des Löwen des Evangelisten Markus mit, den er selbst ihm abgeschnitten hatte. Dieser Löwenschwanz legte sich Diana um den Hals und gab ihr einen Kuß! [S. 239] usf., folgt eine Geschichte immer haarsträubender als die andere. So von der Sophie Walder, die am 23. September 1863 als Tochter Bitrus geboren, von ihm gesäugt und dann verfuhrt wurde, so dass Bitru ihr gegenüber als Vater, Amme und Gatte sich vorstellt!

Noch im Dezember 1895 konnte die „Germania" in mehreren Sonntagsbeilagen diese erbaulichen Geschichten ihren Lesern als Wahrheit erzählen! Die Stimmen aus Maria Laach, die Historisch-Politischen Blätter und andere angesehene katholische Organe blieben dahinter nicht zurück. Die Spekulation des Kleeblattes auf die, welche nicht alle werden, hatte durchschlagenden Erfolg.

Auf einen Brief Taxils, den er als „Miss Vaughan", Tochter Bitrus, an den Kardinalvikar von Rom, den Kardinal Parochi schrieb, in dem er ihm seine „Eucharistische Novene" und 500 Francs übersandte, antwortete dieser:

Rom, den 16. Dezember 1895.

Mein Fräulein und liebe Tochter in unserm Herrn!

Mit lebhafter und süßer Rührung habe ich Ihr Schreiben vom 29. November zugleich mit dem Exemplar der „Eucharistischen Novene", erhalten. Zunächst bescheinige ich den Empfang der mir gesandten Summe von 500 Frs., von denen 250 nach Ihrer Bestimmung für das Organisationswerk des nächsten Antifreimaurerkongresses verwandt werden.

Die andere Hälfte in die Hände Seiner Heiligkeit [S. 240] für den Peterspfennig zu legen, ist mir eine Freude gewesen. Sie (Seine Heiligkeit) hat mich beauftragt, Ihnen zu danken und Ihnen seinerseits einen ganz besonderen Segen zu schicken . . . Ihre Bekehrung ist einer der herrlichsten Triumphe der Gnade, die ich kenne. Ich lese in diesem Augenblick Ihre Memoiren, die von einem brennenden Interesse sind . . ."

Am 27. Mai 1896 schrieb der päpstliche Geheimsekretär Rod. Verzichi an die famose „Miss Vaughan" auf ausdrücklichen Befehl Seiner Heiligkeit, dass der Papst „mit großem Vergnügen" die Eucharistische Novene gelesen habe.

Vom 26. September bis 1. Oktober 1896 tagte der Antifreimaurerkongress in Trient, unterstützt durch 22 Kardinäle, 23 Erzbischöfe und 116 Bischöfe und durch einen besonderen Segen Leos XIII. gestärkt. Schon im August war Leo Taxil als einer der Vorstände des Zentralexekutivkomitees des Antifreimaurerbundes vom Papste in besonderer Audienz empfangen worden.

Am 29. September hielt im Angesicht des versammelten Kongresses der Abbé de Bessonies eine Rede, in der er mit Nachdruck aussprach, dass das antifreimaurerische Frankreich alles das für wahr halte und fest glaube, was er über die Echtheit der Vaughanenthüllungen vortrage. Leo Taxil ergriff selbst das Wort und wurde begeistert wegen seiner Verdienste um die Kirche gefeiert!

Am 19. April 1897 erklärte Taxil im Sitzungssaale der Gesellschaft für Erdkunde zu Paris sein ganzes bisheriges Tun und Treiben, seine Bücher und [S. 241] Schriften, sei ein einziger, großer, mit vollem Bewusstsein von ihm begonnener und fortgesetzter Schwindel! Er schloss seine Rede mit den an die zahlreich versammelten katholischen Geistlichen und Journalisten gerichteten Worten: „Meine hochwürdigen Väter, ich danke aufrichtig den Kollegen der katholischen Presse und unsem Herrn Bischöfen dafür, dass sie mir so trefflich geholfen haben, meine schönste und größte Mystifikation zu organisieren.""

Quelle: Max Kemmerich (1876-1932), Kultur-Kuriosa, 1910
Erster Band, Verlag Albert Langen, München, Seiten 236 - 241
https://archive.org/details/kulturkuriosa01kemmuoft


Literatur

  • Thomas Raff: Der Teufel Bitru, der Taxil-Schwindel und der „Simplicissimus“. In: Quatuor Coronati-Jahrbuch 2003, Nr. 40. S. 217-223.

Siehe auch

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